Da habt ihr das Schlamassel

Der Start einer Ariane 5 vor knapp zwei Wochen wird der letzte in diesem Jahr sein, das eigentlich ja erst zu dreiviertel rum ist – genug Zeit bei bisher 5 Starts für einen oder zwei weitere. Warum Arianespace pausieren muss: Es gibt für die Hauptnutzlast keine passende Zweitnutzlast. Dies wird in den nächsten Jahren nicht das einzige mal sein, wie SpaceNews berichtet.

Seit es Ariane gibt, lebt sie von dem Transport von zwei Nutzlasten. Wenn diese schwerer werden, dann muss Ariane mitwachsen. Das führte zur Evolution der Ariane 1 zur Ariane 4 wobei sich die Nutzlast um über 100% erhöhte, und entsprechendes war und ist auch für die Ariane 5 geplant. Heute erreicht Ariane 5 über 10 t Nutzlast, als sie 1996 Indienst gestellt wurde, waren es noch 6,8 t.

Allerdings sollten es noch mehr Nutzlast sein, denn als die ESA 1999 das Ausbauprogramm der Ariane 5 beschloss, sah es neben Veränderungen an den Boostern und der Zentralstufe auch die Entwicklung von zwei neuen Oberstufen vor. Die ESC-A, welche aus der H10 der Ariane 5 entstand als Zwischenlösung und die Endlösung ESC-B mit dem neuen Triebwerk Vinci.

Als 2002 die Ariane 5 EC-A beim Jungfernflug scheiterte, benötigte man Gelder für eine erneute Qualifizierung und einen weiteren Testflug. Sie kamen aus den 700 Millionen Euro, die eigentlich für die Entwicklung der ESC-B vorgesehen waren, die nun beginnen wurde. Diese Entwicklung wurde eingefroren und sollte später wiederaufgenommen werden.

doch dazu kam es nie. Weder 2005 noch 2008 konnten sich die forschungs- und Technologieminister bei ihrem ESA Konzil für eine Neuauflage der Entwicklung erwärmen. Aus der Übergangslösung ESC-A ist eine Dauerlösung geworden. Doch nun reicht sie nicht mehr aus, um weiter Doppelstarts durchführen zu können, obwohl ihre Nutzlast durch Upgrades an den Boostern und der EPC von anfangs 9,2 auf 10,1 t gesteigert wurde.

Das die Entwicklung nicht wieder aufgenommen wurde, ist um so unverständlicher, weil im gleichen Zeitraum die europäische Industrie Subventionen bekam. Von 2005 bis 2006 960 Millionen Euro in fünf Jahren und nun in den letzten beiden Jahren weitere 240 Millionen Euro. Sie sollten Verluste bei der Vermarktung abfangen und die Produktion effizienter machen. Sie wären nicht nötig, wenn es die ESC-B schon gäbe. Sie soll bei gleichem Startkosten die Doppelstart-Nutzlast von 9,3 auf 10,7 t erhöhen. Bei dem Umsatz von Arianespace von 1 – 1,1 Milliarden Euro pro Jahr entspräche dies einem Gewinn von 150 – 165 Millionen Euro, wenn sich diese höhere Nutzlast adäquat durch höhere Preise vermarkten lässt. Alleine so wären also in den vergangenen sechs Jahren so etwa 900 Millionen Euro eingespart worden, wenn es die ESC-B schon gäbe, womit die 1999 auf 700 Millionen Euro geschätzte Entwicklung sich schon finanziert hätte. (Mittlerweile wird sie auf 1,5 Millionen Euro geschätzt, weitere 400-500 Millionen wurden schon ausgegeben).

Aber die ESA hat für andere Dinge durchaus Geld. So finanzierte sie den Startkomplex für die Sojus im CSG mit 220 Millionen Euro mit. Diese kann mit 3,2 t Nutzlast dann auch noch der Ariane 5 ESC-A ihre Zweitnutzlast abjagen. Derzeit wird überlegt, wie man sich an dem verlängerten ISS Betrieb beteiligen kann. Da sich die Anforderungen gewandelt haben, wird es drauf hinauslaufen das ATV neu zu entwickeln, was natürlich dann auch noch eine Stange Geld zusätzlich zu den benötigten neuen Transportern und den Aufwendungen für die ISS hinausläuft.

Der einzige Teil der europäischen Raumfahrt der auch Einnahmen generiert, wird dagegen nicht gefördert. Ich bin natürlich nicht weltfremd. 2002 gab es nach dem Ausfall der EC-A Variante sicher nicht den Wunsch nun eine neue Stufe zu entwickeln, die dann zur Verfügung steht wenn die ESC-A ihren zweiten Flug absolviert (geplante Indienststellung 2006/7). Doch als die Ariane 5 EC-A wieder auf Kurs war, hätte man die Entwicklung wieder aufnehmen sollen. Dann wäre die ESC-B 2009/10 zur Verfügung zu stehen.

Nun wird spätestens beim nächsten ESA Konzil (vielleicht 2012?) darüber entschieden werden. Die Folge: Vor 2018 wird sie nicht kommen und ich wage zu prognostizieren, dass bis dahin die europäische Industrie weitere Subventionen braucht.

Mann kann noch aus anderer Sicht nicht mit der Stufe zufrieden sein. Als sie projektiert wurde, ging die ESA von rund 24 t Treibstoff und einem Schub von 150 kN aus. Nun sind es 28 t Treibstoff und 180 kN. Doch die Nutzlast ist trotzdem nicht angestiegen. Anstatt 12 t sind nun nur noch 11,3 t anvisiert. Sie weist wie ihre Vorgängerin eine sehr hohe Trockenmasse auf. Es ist unverständlich, warum die ESA nicht darauf drängt, diese zu verringern um das noch 1999 anvisierte Ziel von 12 t zu erreichen, auch weil sonst bald die nächste Erweiterung absehbar ist. Möglichkeiten gibt es genug. Ersatz der nun schon recht betagten Legierung 2219 durch eine neue, die schon bei den Space Shuttle Tanks viel Gewicht einsparte, Druckstabilisierung um die Wandstärke zu verringern. Ein Vibrationsdämpfungssystem im Stufenadapter um die Oberstufe leichter fertigen zu können.

Doch stattdessen wird inzwischen schon offen über eine neue Rakete geredet, die nun nur noch Einzelstarts durchführen soll. Natürlich wird das alle Probleme lösen….

One thought on “Da habt ihr das Schlamassel

  1. Wenn das so weitergeht, daß man erst aufwacht wenn der voraussehbare Schaden auch wirklich da ist, wird auch die neue Rakete für Einzelstarts zu klein.
    Was wirklich nötig wäre ist bei der Entwicklung vorauszudenken, und nicht nur immer hinterherzuhinken. Aber bring das mal einen Politiker bei, der gewohnt ist solange zu warten bis sich die Probleme von selbst erledigt haben…

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