Staatsverschuldung

Da das Thema nun ja mindestens einmal in der Woche in den Hauptnachrichten kommt, egal ob wir von Griechenland, Spanien oder den USA reden – nahezu alle Länder der Erde sind verschuldet. unterschiedlich stark, aber doch verschuldet, wie ein Blick auf diese Karte zeigt. Ich glaube viele der Entwicklungsländer, die auf der Karte weis oder grün (für wenig verschuldet) sind, wären sicher auch höher verschuldet, wenn sie Kredite bekämen. Ich will das Thema mal aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Zuerst einmal warum verschulden sich Staaten immer stärker.

Bei uns ist es relativ klar: Politiker werden für vier Jahre gewählt. Sie reden dann zwar immer vom Abbau der Staatsverschuldung und dass man den Enkeln keine Schulden hinterlassen darf, aber in der Praxis wollen sie wiedergewählt werden. Würden sie Schulden abbauen, so wäre der Anteil der Steuereinnahmen der für andere Zwecke zur Verfugung steht kleiner. Man müsste also kürzen. Das gibt Probleme entweder mit Wählern (Kürzungen von Beamtengehältern, Zuschuss an die Rentenkasse) oder der Bevölkerung allgemein (Steuererhöhung um mehr Geld zur Verfügung zu haben, Sparen bei Infrastrukturmaßnahmen) oder Lobbyvertretern die den Wahlkampf finanzieren (Subventionsabbau, höhere Steuern auf Unternehmen, die aus diesem Grund kaum Steuern zahlen). Es werden ja eigene Gesetze beschlossen wie niedriger MwSt.-Satz für Hoteliers oder ein neues Gesetz das den Zusammenschluss von Porsche und VW begünstigt wenn gerade mal eine Aktie ausgetauscht wird. (2011 verabschiedet, zwei Monate später erfolgte die Übernahme). Daneben und das ist verhängnisvoll, pflegen Politiker auch neue Schulden zu machen wenn die Konjunktur lahmt, dabei ist beweisen, dass von dem Geld für Konjunkturprogramme wenn sie gut überlegt sind, maximal 25 bis 50% in Form von mehr Steuern wieder rein kommt. Wenn man so was auflegt, wie Abwrackprämien, dann können es aber auch 0% sein.

Es gibt also für Politiker keinen Anreiz keine Schulden zu machen, außer es gibt plötzlich keine neuen Kredite mehr. Dann plötzlich fängt man doch an nachzudenken.

Das zweite ist, warum Staaten so einfach Kredit bekommen. Es scheint hier ein Zwiespalt zwischen Privatpersonen und Staaten zu geben. Nehmen wir mal Deutschland als Beispiel. Wenn sie zur Bank gehen und einen Kredit haben wollen, wird ihre Kreditwürdigkeit geprüft. Also entweder ob sie ihn mit ihrem Gehalt abzahlen können oder ob sie Eigentum haben das man verkaufen könnte wie eine Immobilie. Übertragen wir das auf die Staaten. Natürlich hat auch ein Staat Einnahmen. Doch der größte Teil ist fest verplant. Man kann ja nicht einfach alle Beamten entlassen oder die Bundeswehr abschaffen. Ich glaube der Staat hat weniger Spielräume als eine Privatperson und einfach Steuern erhöhen um neue Einnahmen zu generieren geht auch nur begrenzt. In jedem Falle gibt es schon hier ein Ungleichgewicht: Deutschland hat 2011 277,9 Milliarden im Bundeshaushalt als Einnahmen ausgewiesen, aber die Staatsverschuldung betrug 2011 insgesamt 1680 Milliarden Euro (nur Bund). Das ist also 600% der Gesamteinnahmen. Kein Normalbürger würde einen Kredit über 600% seines Jahreseinkommen bekommen, egal ob wir Brutto oder Netto nehmen, da er ihn nie zurückzahlen könnte und wir zahlen ja auch keine Schulden zurück – wir machen ständig neue. auch das ist ein Novum. Wenn eine Privatperson so weit ist, dass sie neue Schulden macht, um die Zinsen und alte Schulden zu begleichen, dann ist sie kurz vor der Privatinsolvenz,

Bleibt Kriterium zwei. Was hat ein Land als Aktiva um für Kredite zu bürgen? Nun es gibt Grundbesitz, Infrastruktur, öffentliche Einrichtungen. Doch wie wir von Griechenland wissen kann man Inseln nicht verkaufen und mit dem Großteil des Grundbesitzes der BRD wäre es genauso. Autobahnen könnte man verkaufen an Mautbetreiber, doch damit bekommt man wahrscheinlich nicht mal deren Baukosten rein. Dann gäbe es noch die Möglichkeit Infrastruktur wie die Wasserversorgung zu privatisieren. Davon bleiben wir hoffentlich verschont. In England hat man das gemacht und die neuen Betreiber haben nur noch kassiert aber nichts mehr repariert. Ich glaube, man würde mit Verkäufen niemals die Staatsverschuldung ausgleichen können.

Warum bekommt Deutschland wie auch andere Staaten dennoch Kredite? Weil die Banken meinen, die BRD zahlt sie zurück, was sie ja auch bisher getan hat. Doch sie orientieren sich nicht an der wirtschaftlichen Situation, sondern nur an dieser Erwartungshaltung bzw. der Vergangenheit. Das ganze System fällt zusammen wenn dieses Vertrauen wegfällt oder Banken aufgrund eigener Krise keine Kredite geben. Griechenland hat ja nun die Staatsverschuldung nicht erst 2008 aufgebaut, aber die Bankenkrise führte dazu, dass das Land nun keine neuen Kredite mehr bekam.

Wie kann nun dann ein Land die Schulden zurückzahlen? Der einfachste Weg ist es das Geld zu drucken. Der unangenehme Nebeneffekt, es ist nun mehr Geld im Umlauf als es Werte gibt – die Inflation steigt an und auch die Kreditzinsen, also werden neue Schulden noch teurer. Nicht nur für die Wirtschaft und die Einwohner eine schlechte Entscheidung. Er muss anfangen zu sparen und zwar wirklich zu sparen, was dann zu Protesten bei der Öffentlichkeit sorgt – zurecht, denn die haben die Schulden ja nicht gemacht.

Das ganze System hat sich schon etabliert. Das sieht man schon daran, das man die Staatsverschuldung je nach Laune als Anteil des Bruttoinlandsproduktes (BIP) oder pro Kopf der Bevölkerung ansieht. In beiden Fällen tut man so, als wäre die Bevölkerung oder die Gesamtwirtschaft für die Verschuldung verantwortlich. Das BIP ist die Summe aller Wirtschaftsleistungen und natürlich viel größer als die reinen Steuereinnahmen des Bundes. (etwa zehnmal so hoch). Da sind es dann eben keine 600% Verschuldung sondern nur noch 60%. Aber zurückgezahlt werden sie mit den Staatseinnahmen, warum also der Bezug auf das BIP? Genauso der Bezug auf die Bevölkerung. Das suggeriert, als würde dann jeder einzelne die Verschuldung des Bundes begleichen müssen. Aber auch dem ist nicht so. Wenn ein Staat bankrottgeht wie dies schon bei Argentinien passierte, dann geht der Staat bankrott, das hat auch Auswirkungen auf die Bevölkerung, aber niemand muss die Staatschulden zurückzahlen.

Was bleibt? An den Schulden kann man nichts ändern, aber am System. Es gibt nun ja Druck der Troika bei Griechenland, doch wo der fehlt, da werden munter neue Schulden gemacht. So auch dieses Jahr trotz höherer Einnahmen. Merkel lobt sich selbst, dass die Arbeitslosigkeit gesunken sei (als hätten Merkel und Co irgendwas dafür getan) und macht weiter wie bisher. Es muss eine Grundgesetzänderung her, in der Art, dass jede Regierung die Schulden abtragen muss. Mit einem vorgegebenen konstanten Betrag. Wir haben sie in 60 Jahren aufgebaut, will man sie in 60 Jahren abbaue,n so müssten es 28 Milliarden pro Jahr sein, was schaffbar ist. Mein Vorschlag: Das kommt so ins Grundgesetz, Landesverfassung oder kommunale Satzungen. Kann eine Regierung dies nicht, so muss sie zurücktreten und kein Kabinettsmitglied darf für 4 Jahre ein neues Amt bekleiden (nicht das die Partien dann das ganze neu aufstellen, nur mit etwas anders zugeschusterten Ämtern). Das trifft dann die Politiker an dem wo sie empfindlich sind – dem Machtverlust. Man könnte auch an Neuwahlen denken, doch befürchte ich könnte man dies dann ausnützen.  Aber da solche Gesetze von Politikern beschlossen werden müssten, wird es nie dazu kommen…

12 thoughts on “Staatsverschuldung

  1. Es gibt doch schon eine Schuldenbremse im Grundgesetz! – Siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Schuldenbremse_(Deutschland)

    Ansonsten hier noch einige Gedanken zum Thema Staatsschulden und Sparen die in der allgemeinen Berichterstattung eher selten oder gar nicht zu finden sind.

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14003 : „Sparzwang“ in Zeiten des Nullzinses?

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=13332 : Können sich Volkswirtschaften aus der Krise sparen?

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14462 : Warum und wie der Sozialstaat ins Gerede kam

    Und schliesslich noch der Ideengeber hinter dem ganzen Schlamassel, auf dem viel von dem heutigen Elend in Europa beruht.

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14397 : 30 Jahre Lambsdorff-Papier

  2. Moin Bernd,

    ich weiß, Du hällst nicht viel von Wirtschaftswissenschaften.

    Aber das (Staats)Schuldenproblem sitzt erheblich tiefer. Schulden sind das Schmiermittel des Kapitalismus. Aber ich werde etwas weiter zurückgreifen. Zunächst allgemein:

    Zunächst war Marx. Laut ihm geht der Kapitalismus von selber zu Grunde. Die Kapitalisten akkumulieren den Mehrwert, durch den Produktionsfortschritt werden immer weniger Arbeiter gebraucht. Diese können immer weniger Produkte kaufen. Und das System bricht von selber zusammen.

    Dann kam Keynes und die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, um einen Ausweg aus dem Marx-Dilemma zu zeigen. Der Staat muss nur einfach antizyklisch agieren, d.h. in Boomzeiten die Steuer erhöhen um den Mehrwert abzugreifen, in Kriesenzeiten Schulden aufnehmen um staatlichen Konsum zu generieren, und die ganze Zeit Geld umverteilen, um Arbeitslosen einen Konsum zu ermöglichen. Schulden zurückzahlen, oder Steuern senken ist nicht vorgesehen.

    Dann kam Laffer und zeigte dass ab einem bestimmten Punkt eine Erhöhung des Steuersatzes zu weniger Steuereinnamen führt.

    Die meisten (hoch-verschuldeten) Staaten sind an diesem Laffer Peak. Als in Griechenland die Steuern erhöht wurden, hatte der Staat weniger Einnamen. Das heißt das einzig mehr Staatsschulden, oder ein Krieg der alles zerstört, damit wieder mit Null-Kapital, bei niedrigen Steuern von vorne angefangen werden kann, den Zusammenbruch, den Marx vorhergesagt hat aufhalten kann.

    Dann zum konkreten Euro-Zonen Problem. Die (Staats)schulden der Südstaaten sind aus einem Handelsbilanzdefizit entstanden. Deutschland ist Exportweltmeister, und ein großer Teil dieser Exporte (ca 60%) ging in die Eurozone. Wenn wir mehr exportieren als importieren heißt das, dass andere Staaten oder deren Banken bei unsern Banken schulden haben.

    Bis zur Einführung des Euros war dies kein so extremes Problem. Die Südstaaten hatten eine höhere Inflation, werteten regelmäßig ihr Währung ab, und konnten damit dem Deutschen Exportdruck ausweichen. Mit dem Euro jedoch haben die Staaten einen der wichtigsten Punkte ihre Souveränität aufgegeben. Sie können nicht mehr einfach Geld drucken, um Schulden in ihrer eigenen Währung abzubauen, und sie können nicht mehr einfach ihre Währung abwerten, um ihren Binnenmarkt vor Importen zu schützen, und bei Exporten billig zu sein.

    Verschärft wurde dies durch die Agenda 2010 der Verbrecherbande Schröder, Hartz, Riester, Allgemeiner Wirtschaftsdienst. Die hat zu einer extremen Senkung der Deutschen Lohnstückkosten geführt, so dass Deutschland noch aggressiver exportieren kann. Die Agenda 2010 heißt Lohndumping und damit Preisdumping bei Exporten.

    Das Problem ist, dass Deutschland gar kein Interesse daran hat die Eurokrise zu beenden! Durch diese Eurokrise ist aus Deutscher Sicht der Euro unterbewertet. Unsere Exporte in die Eurozone sind auf unter 50% gesunken, dafür sind unsere Exporte außerhalb der Eurozone extrem gestiegen.

    Eine mögliche Lösung wäre die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland. Diese würde die Binnennachfrage stärken, und die Lohnstückkosten erhöhen, und den anderen Staaten in der Eurozone erlauben ihr Handelsbilanzdefizit abzubauen. Eine Alternative dazu ist nur die Abkehr vom Euro, und die Wiedereinführung von nationalen Währungen, am besten mit einem großen Krieg, damit danach alles Kaputt ist, und wieder von vorne bei niedrigen Steuern angefangen werden kann.

    ciao,Michael

  3. Hallo Bernd,
    hier sind einige sachliche Fehler in deinen Ausführungen.
    1. Es gibt keinen Beweis, daß Schuldenbasierte Konjunkturprogramme wenn sie gut gestaltet sind nicht funktionieren. In den meisten Ausarbeitungen dazu wird nämlich nach der ersten Ebene abgebrochen. Natürlich ist dann noch keine Selbstfinanzierung erreicht.

    2. Staaten und Privatpersonen haben unterschiedliche Möglichkeiten um Einnahmen zu generieren, deshalb trägt z.B. das vielzitierte Beispiel der schwäbischen Hausfrau auch nicht für eine Volkswirtschaft, da die Ausgaben der Hausfrau normalerweise nicht automatisch höhere Einnahmen generieren.

    3. Die Kredite (Schatzbriefe) sind zeitlich festgelegt auf eine bestimmte Laufzeit. Wenn ich ein Haus mit dreijahrigem Kredit baue, muß ich im Normalfall auch diesen Kredit mit einem Nachfolgekredit ablösen.

    3. Es muß kein Druck a la Troika aufgebaut werden, sondern die Orientierung der Politik muß wieder auf das Wohl der Mehrheit gerichtet werden, und nicht auf das Wohl der Geschäftsfreunde und Kumpel.

    In den letzten Jahren hat eine neoliberalistische Umdeutung stattgefunden, die zu Lasten der Bevölkerung geht. Es wird z.B. behauptet, daß wenn es den Unternehmen gut geht, diese automatisch Arbeitsplätze schaffen und es deshalb der Bevölkerung auch gut geht. Es ist in sofern verkürzt, als kein Unternehmen Arbeitsplätze schafft wenn keine Nachfrage nach den Produkten besteht, und außerdem nicht jeder Arbeitsplatz gut für die Bevölkerung ist (Minilohn, Aufstocker). Leider wird dann mit diesen Begründungen fleißig Politik betrieben wird (Verteilung von Subventionen, Steuerentlastung, Entlastung von Lohnkosten und Energiekosten etc.), die zu Lasten der Bevölkerung geht.

    Ein Hauptargument was häufig gebracht wird um die Einnahmenseite der Staatsfinanzen aus der Diskussion auszublenden ist die Belastung der „Leistungsträger“. Dabei wird einseitig angenommen, daß die Bezahlung und das Vermögen heute noch in irgendeinem sinnvollen Zusammenhang zur persönlichen Leistung steht. Ich sehe aber noch nicht den Leistungsmehrwert, den einer bringt, der schon im ersten Monat seiner Arbeit das Lebenseinkommen eines normalen Arbeiters erhält. Was spräche dagegen, daß dieser wegen der Steuern dann 3-4 Monate für das Lebenseinkommen eines Arbeiters arbeiten muß? Was spräche dagegen, daß jemand der das 10 fache des Lebenseinkommens eines Arbeiters erbt davon 10% abgeben muß? Was spräche dagegen, daß jemand, der nur aus den Einnahmen seines Vermögens lebt davon einen Teil abgeben muß zur Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben.
    Warum nicht auch dem Leistungsträger am unteren Ende der Lohnskala wenigstens das Einkommen für einen armutsfreien Lebensabend geben? Dann wären viele Probleme mit Altersarmut und Aufstockung gelöst, die Staatsfinanzen entlastet, die Rentenkassen gefüllt, und viele Probleme in anderen Euroländern wären ebenfalls kleiner.

  4. Praktisch alles, was seit der Wende in Deutschland als „Wirtschaftsförderung“ verkauft wurde, hatte nur ein Ziel: Senkung der Löhne und damit Zerschlagung von Kaufkraft. Nun lernt aber Jeder, der irgendwann mal etwas von Betriebswirtschaft hört als erstes, daß man mit einem Produkt nur dann Gewinn macht, wenn man es verkauft. Also weniger Kaufkraft – weniger Gewinn – weniger Steuern.
    Kein Problem – wir haben ja den Export. Nur wenn der wegbröckelt, haben wir den Salat. Auf zwei Beinen steht man nun mal fester als auf einem. Aber nicht wenn eins angesägt ist.

    Unsere Regierung macht genau das, weswegen sie die Griechen anzählt: Schulden. Natürlich verspricht sie, daß irgendwann in der Zukunft diese Schulden wieder zurückgezahlt werden. Nach dem Prinzip „Soll sich doch mein Nachfolger damit unbeliebt machen“. Der schimpft auf seine Vorgänger, und verschiebt als Erstes die Rückzahlung weiter nach hinten. Soll sich doch mein Nachfolger…
    Und schon haben wir die schönste Endlosschleife. Bis zum Systemabsturz.

  5. Bei aller berechtigten Kritik an der weltweiten wie nationalen Finanzpolitik:

    Eines wird nicht verstanden: Die Schulden des einen sind die Guthaben des anderen.
    Das ist auch der wesentliche Unterschied zwischen Deutschland und Griechenland.
    Während die Griechen vor allem im Ausland verschuldet sind, sind wir es bei uns selbst. Das tröstet natürlich keinen HartzIVler, sorgt aber dafür, daß wir bei unserem exorbitanten Schuldenstand frisches Geld zu einem negativen Zinssatz bekommen, während die Südeuropaer 6 % und mehr zahlen müssen.

    Was das wirkliche Fatale ist, daß der Produktionsfaktor Kapital massiv weniger an den staatlichen Lasten beteiligt wird als die Produktionsfaktoren Arbeit und Boden.
    Will sagen, bei den Löhnen und der Realwirtschaft wird der komplette Mehrwert abgefischt (Sowohl Staat wie die Finanzwirtschaft) während die Finanzwirtschaft selbst weiter fröhliche Urständ feiert (Nicht nur Ackermann und Co sondern auch Ottonormalverbraucher, dem 2,5% bei der Sparkasse viel zu wenig sind).

    DAS wird den Staat und den sozialen Zusammenhalt über kurz oder lang zerrütten.

    [Ironiemodus] Wenigsten sind es die Finanzwirtschaftler, die dann als erstes an die Wand gestellt werden [/Ironiemodus]

    Ansonsten im wesentlichen wie Martin_M

  6. Moin bernie,

    > Was das wirkliche Fatale ist, daß der Produktionsfaktor
    > Kapital massiv weniger an den staatlichen Lasten beteiligt
    > wird als die Produktionsfaktoren Arbeit und Boden.

    Das ist ein Problem auf Grund der Laffer Kurven. Für jede Steuerart gibt es eine andere Kurve, und einen anderen Punkt ab dem höhere Steuersätze zu niedrigeren Einnamen führen.

    Das (internationale) Kapital hat es nun mal erheblich leichter vor der Steuer zu flüchten als der normale Arbeiter. Daher kann Arbeit extrem besteuert werden. Wenn ich mal Arbeitslosengeld, Krankenkasse, Rente und MwSt zusammenzähle komme ich auf bei einem Normalverdiener auf über 50%. Als Unternehmer gründe ich einfach eine LIC in Irland, melde ein (trivial)Patent an und zahle an meine LIC die Patentlizenzen. Schon bin ich bei 0 Steuern.

    ciao,Michael

  7. @Michael K:
    Schön die Sympthome beschrieben.
    Reicht das als Rechtfertigung für die Politik?
    Zu Zeiten des kalten Krieges hat auch die Finanzpolitik mitgespielt, da sie Angst um die eigenen Existenz hatte.
    Es ist also möglich, dne Produktionsfaktor Kapital wie die anderen Faktoren dem Wohl des ganzen unterzuordnen.
    Man muss es nur wollen.
    Ein Nationaler Alleingang bringt natürlich nichts. Wenn die Gruppe aber groß genung ist.
    Auch die Finanzbranche verdient ihr Geld in der ersten Welt. Alleine wirtschaften in Zentralafrika würde ihr nichts bringen.

    Bernd

  8. Leute, Ihr habt es besser zusammengefasst als ich, aber genauso sehe ich es auch. Nur von dem Herrn Laffer hab ich bisher noch nichts gehört. Aber das klingt irgendwie nach so einer Theorie im Kielwasser von Milton Friedman und seinen Chicago Boys. Und dessen Theorie war bzw. ist ja der grosse Gegenentwurf zu der von Keynes, der gerade auch global getestet wird. – D.h. es wird nicht nur getestet, sondern versucht, den bis zur letzten Konsequenz umzusetzen. Begleitet natürlich mit einer bestens organisierten Propaganda, die sämtliche alternativen Denkansätze möglichst unter den Teppich kehren will…

  9. Zunächst einmal bleibt als Gegenpol zu aller berechtigten Kapitalismuskritik festzuhalten: Durch Finanz- und Währungskrise verlieren vor allem die, die haben, weniger die, die nicht haben. Selbst, wenn die von vielen befürchtete Währungsreform kommt, ob nun in Form eines „Euro 2“ oder eines Euro-Ausstiegs Deutschlands und anderer wirtschaftlich stabiler Länder: Es ist recht wahrscheinlich, dass danach schnell ein neues Währungssystem aufgebaut wird, und dass danach ein Geringverdiener ungefähr so viel hat wie vorher, nämlich gerade genug, um sich ein Dach über dem Kopf, Heizung, Strom, Essen, Telekommunikation, Gesundheits- und Altersvorsorge (in Form der Pflichtversicherungen) und eine gewisse Teilnahme am sozialen Leben leisten zu können.

    Einkommensmillionäre müssen da deutlich mehr Abstieg fürchten. Zwar dürften auch sie bei einer Verschärfung der wirtschaftlichen Verwerfungen in der oberen Schicht bleiben, aber statt des 20-fachen eines Durchschnittsverdienst bleibt denen nachher vielleicht nur das doppelte.

    Das Verrückte ist nun, dass gerade diese Einkommensmillionäre mit ihrer Weigerung, ihr Geld den strukturell schwachen Staaten und Banken weiterhin für vernünftige Konditionen zu leihen, genau die Destabilisierung befeuern, die deren exponierte Stellung gefährdet. Dasselbe gilt sinngemäß auch für Steueroasen wie die Schweiz oder Luxemburg: Was nutzen die aufgehäuften Billionen an elektronischen Guthaben, wenn diese über Nacht für wertlos erklärt werden? Den griechischen Schuldenschnitt mit 0,1 Billionen hatten wir ja schon. Warum sollte nicht ein Schuldenschnitt der gesamten Euro-Zone folgen? In der US-Dollar-Zone ist ein solcher Billionenschnitt sowieso unvermeidbar, denn die steht strukturell als ganzes ähnlich mies da wie Griechenland, und Besserungen sind nicht in Sicht. Nur hätten die USA gerne weiterhin, dass die „EURO“päer zuerst den Billionen-Schnitt tun, und deswegen werden die Säue (neudeutsch: PIIGS) weiterhin durchs Dorf getrieben.

    Was wir brauchen, ist recht einfach zu benennen: Höhere Steuersätze für „Reiche“, parallel mit einer Austrocknung von Steueroasen, und das auch innerhalb der EU (Luxemburg, z.T. Irland). Und natürlich Politiker, die das ihnen anvertraute Steuergeld sparsam einsetzen.

    Andererseits werden die Staaten nie auf null Schulden kommen. Denn, wie schon geschrieben: Die Schulden des einen sind die Guthaben des anderen. Und da jeder lieber Guthaben als Schulden auf dem Konto hat, muss es eine Art „Generalschuldner“ geben, und das sind die Staaten. Nur müssen sich die Politiker, wenn sie sich z.B. gemeinsam 60 % BIP als Schuldengrenze setzen (das berühmte „Maastricht-Kriterium“), eben auch dran halten, und schon bei 50 % BIP anfangen, gegenzusteuern, und nicht erst bei 150 % BIP.

    Kai

  10. Moin Kai,

    > nämlich gerade genug, um sich ein Dach über dem Kopf, Heizung, Strom, Essen, Telekommunikation, Gesundheits- und Altersvorsorge (in Form der Pflichtversicherungen) und eine gewisse Teilnahme am sozialen Leben leisten zu können.

    Dies ist als das eherne Lohngesetz bekannt. Das heißt unabhängig vom Lohnniveau bleiben nach Abzug der laufenden Kosten gerade mal genug zum Essen. z.b. in der Schweiz sind Löhne höher, Steuern geringer, dafür sind die Mieten und Lebensmittel teurer.

    Hier sind jedoch noch zwei Punkte zu beachten: Zum einen gilt das eherne Lohngesetz nur für die, die Arbeit haben. Zum anderen hat sich das Zusammenleben seit dem 19ten Jahrhundert geändert, in der Form dass Großfamilien nicht mehr üblich sind, und Einpersonenhaushalte typisch sind. Das heist der Balancepunkt ist jetzt: Der Lohn reicht gerade mal für einen Alleinstehenden, nicht jedoch um eine Familie zu gründen.

    ciao,Michael

  11. Noch ein wesentlicher Punkt: Der relativ hohe Lebensstandard in Deutschland war letzten Endes ein Produkt des kalten Krieges. Sowohl in der BRD wie auch in der DDR war der deutlich höher als in den entsprechenden Nachbarländern. Praktisch ein Schaufenster für die Gegenseite. Wer will schon Sozialismus, wenn er sieht daß er ohne besser leben kann als mit?
    Seit es den Sozialismus nicht mehr gibt, ist er aber auch keine Gefahr mehr, und die Schaufenster-Funktion wird nicht mehr gebraucht. Also runter mit dem Lebensstandard. So lange, bis es echt weh tut und die Leute wieder nach dem Sozialismus schreien.

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