Stratolaunch: Das Trägerflugzeug

Heute erneut ein Gastblog, diesmal von „Flugzeugkarle“ zum Konzept des Trägerflugzeugs von Stratolaunch. Passend dazu gibt es auch folgende Meldung:

Im November 2012 gab Stratolaunch bekannt, das OSC an die Stelle von SpaceX als Zulieferer der Trägerrakete treten soll. SpaceX hat Probleme in den Produktionsstraßen zwei Versionen gleichzeitig zu produzieren und die Änderungen an der Falcon 9 sollen so gravierend sein, dass es zwei Versionen sind. Das wurde von SpaceX unterschätzt.

Die Trägerrakete von Stratolaunch soll 220 t wiegen. OSC verfügt derzeit über die Antares, die 60 t schwerer ist und die Minotaur IV/V die aber viel leichter sind (83,4 t schwer). Die einfachste Lösung für das Gewichtsproblem dürfte ein „Propellant off-loading“ sein, also weglassen von Treibstoff in der ersten Stufe. Ähnlich ging man auch bei den kleinen Versionen der Ariane 4 (40 und 42P) vor, weil diese mit vollen Tanks nicht abheben konnten. Wie allerdings die von Stratolaunch angegebene Nutzlast von 6 t so erreicht werden soll, wenn schon die normale Antares bei nur 5,1 t liegt ist zweifelhaft. Alleine der Verlust an Geschwindigkeit durch das Offloading ist höher als der Gewinn durch einen Start in großer Höhe und bei Mach 0,6.(Quelle)

Konfiguration & Bauweise

??????So ungewöhnlich die Anordnung der einzelnen Komponenten auf den ersten Blick wirkt, so logisch erschließt sie sich aus der Aufgabe. Die Nutzlast hängt in der Mitte, im Schwerpunkt des Fluggeräts. Dadurch vermeidet man Schwerpunktsprobleme nach dem Ausklinken. Schließlich wiegt die Rakete fast die Hälfte des kompletten Geräts. Für die erforderliche Bodenfreiheit der Rakete ist der Flügel als Hochdecker ausgeführt, was zusätzlich den Vorteil hat, durchgehende Flügelholme bauen zu können.

Zur Unterbringung des imposanten Fahrwerks und als Leitwerksträger bietet sich folglich die Doppelrumpfkonfiguration an. Man kann davon ausgehen, dass die Rümpfe in erster Linie leer und unbedruckt sind; also keine Druckkabine haben. Nur das aufgesetzte Cockpit hat eine Druckkabine notwendig. Das macht die Rümpfe leicht. Der Rest der Rumpfstruktur gibt die Lasten des Fahrwerks an den Flügel weiter, stellt den Strukturverbund zu den Leitwerken her und wirkt ansonsten als aerodynamische Verkleidung für das Fahrwerk.

Die sechs Triebwerke werden von zwei ausgeschlachteten B747-400 verwendet. Die Maschinen wurden von United Airlines (UA) gekauft, es muss sich laut Internetrecherche also um Pratt-Whitney PW4062 Triebwerke handeln. Die Motoren hängen – klassisch – unter dem Flügel. Dadurch wird der Flügel entlastet (Gewichtseinsparung) und die Motoren sind gut zugänglich. Es steht zu vermuten, dass auch gleich die Triebwerksaufhängungen (Pylons) von den B747s mit übernommen werden.

Der Flügel hat einen einfachen Doppeltrapezgrundriss. Er ist ungepfeilt; also wird die maximale Flugmachzahl in der Gegend von M0.6 liegen.

Die Bauweise der Primärstruktur wird in Scaled-üblicher Art und Weise als Kohlefaserverbund ausgeführt werden (siehe unten). Die einzelnen Strukturbauteile werden in Negativformen gebaut und dann verklebt. Das ist für Großflugzeuge ungewöhnlich, für den Prototypenbau und Kleinserien allerdings recht praktikabel, zumal es einiges an Gewicht spart. Alle Scaled Flugzeuge sind so gebaut. Für die spätere Analyse ist das insofern wichtig, als dass man gegenüber konventionellen Verkehrsflugzeugen nochmal an der Gewichtsschraube nach unten drehen darf.

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Gewichtsabschätzung

Eine erste Abschätzung des Leergewichts macht man mit Hilfe des maximalen Abfluggewichts (Maximum Take-Off Weight, MTOW). Scaled gibt dieses mit 1.2 Millionen Pfund an, also 545t. Damit ergibt sich aus der statistischen Regression für Großraumverkehrsflugzeuge ein Leergewicht von 247.4t, ohne die Rakete, versteht sich.

Diese Zahl lässt sich durch eine Abschätzung der Komponentengewichte überprüfen:

Die Triebwerke und Pylons (Triebwerksaufhängungen) gehen recht einfach – die sind von der B747 und der entsprechende Wert lässt sich finden. Ähnlich einfach ist es beim Fahrwerk: Diese wiegen immer 4% vom MTOW. Für die Systeme (Elektrik, Hydraulik, Flugsteuerung, etc.) kann man sich wieder der Statistik von Verkehrsflugzeugen bedienen.

Das Gewicht von Rümpfen und Leitwerken kann man über Flächengewichte (kg pro qm) abschätzen. Entsprechende Werte findet man wieder bei großen Verkehrsflugzeugen, wobei man für die Rümpfe natürlich Flächengewichte außerhalb der Druckkabine der Verkehrsflugzeuge verwenden muss. Der schwierigste Teil ist schließlich der Flügel. Es gibt schlicht keinen 117m Flügel der 545t Auftrieb liefert. Man muss darum etwas tiefer einsteigen und den Flügel in seine Bestandteile (Primär- und Sekundärstruktur) zerlegen. Mit einem Biegebalkenansatz kann man schließlich die Primärstruktur von einem bekannten Flugzeug ausgehend auf die Stratolaunch Dimensionen hochskalieren.

Aufgrund der aufwändigeren Leichtbauweise (Kohlefaser, ggf. Sandwichbauweise, verklebt statt vernietet) kann man zusätzlich Gewichtseinsparungen von 10% bei Rumpf, Leitwerken und Flügel erreichen, was beileibe nicht so wenig ist wie es sich anhören mag. Der Flügel kommt damit auf ca.133.2t und ist somit deutlich das schwerste am Gerät. Es handelt sich jedoch um ein echtes Leichtgewicht, wenn man bedenkt, dass ein A380 Flügel 80t wiegt, aber 30% weniger Spannweite hat (die mehr als quadratisch ins Gewicht eingeht).

Der Gewichtsaufbruch nach Komponenten ist damit:

Flügel 133.2t
Rümpfe 39.3t
Leitwerke 3.1t
Triebwerke 34.9t
Pylons 5.0t
Fahrwerke 21.8t
Systeme 13.2t
Leergewicht 250.5t

Damit liegt das Leergewicht nach Komponenten recht nahe an dem statistisch abgeschätzten Wert von 247.4t. Ein Fehler von kleiner 2% ist bei diesem Informationsstand ein sehr guter Wert.
Das Gewicht der Rakete gibt Bernd mit 220t an, also nochmal so viel wie das Trägerflugzeug wiegt. Damit ergibt sich ein Rüstgewicht von 442.9t. Bei dem publizierten maximalen Abfluggewicht MTOW von 545t verbleiben somit ca. 100t für Treibstoff. Grob geschätzt benötigt man ca. 50t für die reine Absetzmission (siehe Kapitel unten). Wofür könnten die verbleibenden 50t sein?

Möglich Gründe:

  • Es wurde geplant mehr Sprit zuzuladen, um größere Distanzen zum Absetzgebiet fliegen zu können. Mit 100t Sprit inklusive Reserven wären ca. 2000 nm fliegbar; also etwa 1000 nm hin und zurück (1 nm = 1,852 km)
  • Nutzlastreserven, sprich schwerere Rakete. Macht mit Sicherheit einen gewissen Teil aus, würde aber auch zu einem etwas höheren Leergewicht führen
  • Ungenaue Abschätzung des Leergewichts. ± 10t Fehler könnten ohne Weiteres drin sein.

Aerodynamik/Widerstandsabschätzung

Um möglichst viel Auftrieb zu gewinnen wird das Trägerflugzeug „so schnell wie möglich“ fliegen, da der Auftrieb quadratisch mit der Geschwindigkeit wächst. Zunächst gilt es also die Auslegungsgeschwindigkeit herauszufinden. Typische Verkehrsflugzeuge mit ungepfeiltem Flügel (z.B. Dornier Do328jet) haben eine maximale Flugmachzahl von Mmo=0.65. (M: Machzahl, abhängig von der Temperazur/Höhe am Erdboden ca. 1235 km/h = 343 m/s und in 10 km Höhe 1080 km/h = 300 m/s) Die Reiseflugmachzahl liegt typischerweise ca. 5% unter Mmo, das wären dann M0.63. Ab hier steigt der Widerstand aufgrund von Überschalleffekten am ungefpeilten Flügel stark an (transsonischer Widerstandsanstieg). Die Abschätzung des Widerstands basiert im Wesentlichen auf den umspülten Oberflächen und der fast-elliptischen Auftriebsverteilung am hochgestreckten Tragflügel. Basis für die Ermittlung der umspülten Oberflächen ist die Draufsicht des Stratolaunch Flugzeugs bei wikipedia. Dabei handelt es sich jedoch um eine hochskalierte Zeichnung des WhiteKnightTwo.

Als Ergebis der Widerstandsabschätzung errechnet man die maximale Gleitzahl bei M0.63 zu L/D = 24.3. Das sind ca. 25% mehr als bei Verkehrsflugzeugen. Hier zahlt sich die immense Spannweite von Stratolaunch aus.

Für Absetzmissionen ist neben der Flugggeschwindigkeit die maximale Steighöhe interessant. Diese wird unter Anderem durch das sogenannte High-Speed-Buffet begrenzt. Dabei handelt es sich um eine Auftriebsbegrenzung durch Überschalleffekte am Flügel. Dieser Effekt lässt sich nicht ohne Weiteres abschätzen. Als erste Näherung kann man den Effekt von bekannten Flugzeugen über die Flügelpfeilung übertragen. In gewissen Grenzen lässt sich diese Grenze aber noch anheben, z.B. durch anpassen der Flügeldicke, welche noch unbekannt ist.

Triebwerke

Die PW4062 liefern ca. 60klbf Schub in Meereshöhe – pro Stück! In 31000ft (9450 m) sind davon noch etwa 11klbf übrig. Das detaillierte Schubverhalten sowie die Abschätzung des Treibstoffverbrauchs modelliert man über die Skalierung entsprechender Triebwerksdatensätze.

Maximale Steighöhe

Mit den Widerstandskurven, den Triebwerksdaten und den Fluggeschwindigkeiten kann man schließlich iterativ die maximal mögliche Steighöhe errechnen. Bei einem Start mit maximalem Abfluggewicht MTOW=545t erhält man in etwa 31000ft (9450 m) als maximale Steighöhe. Das zugehörige Steigflugprofil entlang der Zeitachse ist im unten links als Schaubild abgebildet, zusammen mit dem Fluggewicht. Es liegt in der Natur der Sache, dass man die Hälfte der Zeit für die letzten 10% Höhe benötigt – und 50% des Sprits. In dem Steigprofil wurde das High-Speed Buffet (siehe Kapitel Aerodynamik) ignoriert, da die genaue Grenze nicht bekannt ist.

Die maximal erreichbare Steighöhe (Ceiling) hängt vom Gewicht ab. Startet man leichter als mit dem maximalen Abfluggewicht MTOW, so kann man höher steigen. Die maximal erreichbare Steighöhe je nach aktuellem Fluggewicht (Endgewicht nach Steigflug) ist im Diagramm unten rechts dargestellt. Hier ist als gestrichelte Linie ebenso der Einfluss des abgeschätzten High-Speed Buffet eingezeichnet. Das High-Speed Buffet kostet demnach ca. 2000ft.
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Für den abgebildeten Steigflug inklusive Start mit MTOW verbraucht Stratolaunch ca. 29t Treibstoff. Außerdem wird eine Strecke von ca. 600nm zurückgelegt (man kann selbstverständlich auch in einer großräumigen Spirale direkt über dem Startflugplatz aufsteigen). Der Treibstoffverbrauch verteilt sich auf die einzelnen Missionsphasen wie folgt:

Rollen, Start und Anfangssteigen 3t Start mit MTOW=545t auf 1500ft
Steigflug auf Ausklinkhöhe 29t Zielhöhe 31000ft bei Fluggewicht=525t, Geschwindigkeit M0.6 (181 m/s), max. Entfernung 600nm
Rückflug zum Landeplatz (10t) (falls die maximalen 600nm zurückgelegt wurden)
Abstieg 3t (bei Ausklinken über Startflughafen)
Anflug, Landung, Rollen 2t
45min Reserven 10t
Mitzuführender Treibstoff ca. 47t – 57t Je nach Distanz Absetzgebiet – Startflughafen

Bei maximalem Abfluggewicht von 545t, einem Spritbedarf von etwa 50t und einem Leergewicht von 250t könnten also 245t auf 31000ft mit 181m/s transportiert werden.

Die bisher geplante Rakete wiegt laut Bernds Quellen ca. 220t. Das bedeutet, man würde nicht mit MTOW starten, sondern 25t leichter (250.5t + 220t + 50t = 520.5t). Nach Abzug des Treibstoffbedarfs für den Steigflug ergibt sich in diesem Fall das Ausklinkgewicht zu ca. 490t. Das Schaubild mit der maximalen Steighöhe oben rechts zeigt, dass bei 490t in etwa 2000ft mehr Steighöhe drin sind, also insgesamt 33000ft. (10000 m)

Damit liegt die projektierte Absetzhöhe von Stratolaunch für eine 220t Rakete in dem Höhenband 31000ft – 33000ft. Dies stimmt mit den Angaben auf der Stratolaunch Homepage von 30000ft-35000ft überein.

Start/Landung

Das übliche Betriebsgelände für Stratolaunch sind die ausgedehnten Salzseen in der Mojave-Wüste und die unendlichen Weiten in New Mexico (SpacePort America). Aber das muss nicht so sein, denn als „normales“ Flugzeug könnte der Träger theoretisch von jedem beliebigen Flughafen der Welt starten. Geht das auch praktisch?

Zunächst soll die Startstrecke analysiert werden. Diese wird mit 12,000ft (3660 m) angegeben. Skaliert man die Startstrecken einer B747-400 oder einer A380-800 mit den relevanten Parametern auf Stratolaunch-Größe, so ergibt sich die Startstrecke zu 11,000-14,000ft. Damit liegt Stratolaunch am oberen Ende dessen, was große Verkehrsflugzeuge haben (<11,000ft ~ 3400m).

Ein weiterer Punkt ist die Landung bzw. die Anfluggeschwindigkeit. Sie bestimmt die Landestrecke und anhand von ihr wird das Flugzeug von der Luftverkehrskontrolle in den anfliegenden Verkehr „einsortiert“. Für Stratolaunch errechnet man eine Anfluggeschwindigkeit von 165kts-175kts (305-324 km/h), falls das Trägerflugzeug mit Rakete wieder landen muss (die hohe Streuung liegt an der unbekannten Art des Hochauftriebssystems). Das sind sehr hohe Werte. Gegenwärtige Verkehrsflugzeuge sind normalerweise unter 150kts (278 km/h), die MD-11 und die B747 kommen an die 160kts. (296 km/h)

Damit erscheint prinzipiell möglich, Stratolaunch von jedem großen Flughafen auf der Welt aus zu betreiben. Während des normalen Flugverkehrs wird es eher nicht machbar sein, wogegen ja auch Sicherheitsbedenken sprechen. Aber ein Start in der Nacht bei wenig Verkehr, oder aber von wenig frequentierten Militärflugplätzen ist sehr wohl vorstellbar.

15 thoughts on “Stratolaunch: Das Trägerflugzeug

  1. sehr guter Beitrag
    zu den möglichen 50 Tonnen Treibstoff Spekulation im träger Flugzeug.
    vielleicht soll das Trägerflugzeug zwischen Missionen als Transport Flugzeug dienen.
    mit 200 Tonnen Cargo Behälter unter Flügel
    wahre von Leistung zwischen der Galaxy C-5 und der An-225.

  2. Die WhiteKnightTwo soll ja zwischen den Einsätzen als Trägerflugzeug auch für Parabelflüge eingesetzt werden. Möglicherweise ist das hier auch geplant. Das würde aber eine größere und schwerere Druckkabiene erfordern. Damit wäre das höhere Gewicht erklärbar.

  3. @Elendsoft:
    Das halte ich für unwahrscheinlich. Ich meine…das Gerät ist RIESIG. Da gibts handlichere Sachen für Parabelflüge.

    @Michel:
    Danke, schön dass dir der Artikel gefällt.
    Rein von den üblichen Frachtdichten her ist die Nutzlast vielleicht interessant, aber der zur Verfügung stehende Stauraum doch recht klein. Kommerzielle Fracht wiegt in etwa 160kg/m³. Das ist in etwa ein Sechstel der Dichte von Raketentreibstoffen. D.h. um 200t übliche Fracht fliegen zu können bräuchte man ungefähr 5-6mal so viel Stauraum, wie die Rakete an Volumen einnimmt. Baut man einen Nutzlastbehälter mit diesem Stauraum, so hat er auch eine entsprechend große Oberfläche und damit mehr Widerstand. Schwups ist die Reichweite dahin 😉
    Zwei weitere Gründe, die gegen den Einsatz als Frachter sprechen:
    – Die Nutzlast ist zu groß für einen kommerziell relevanten Einsatz. Nicht umsonst betreiben Spezialfrachtunternehmer die An124 und nicht die An225 als Frachter.
    – Die Reichweite ist zu gering. 4000nm mit 50t sollte man schon schaffen.
    Ein guter Teil von den 40t-50t wird wahrscheinlich wirklich für ein weiter entferntes Absetzgebiet vorgehalten. Stratolaunch schreibt ja auch was von 2400km Reichweite, was in der Tat dafür spräche, dass eben Sprit bzw. Nutzlast vorgehalten wird und nicht das Leergewicht höher projektiert ist als von mir abgeschätzt.

  4. Nicht nur das Gerät ist riesig, die Kosten sind es sicher auch. Ob sich das für eine Handvoll Starts pro Jahr lohnt, ist fraglich. Da wäre eine zusätzliche Einnahmequelle recht nützlich.
    Andererseits: Daß man gebrauchte Triebwerke einbaut, spricht eher dafür daß man mit nicht all zu vielen Flügen rechnet.

  5. Wozu für ein paar Flüge ein eigenes Flugzeug entwickeln?

    Eine An-225 zu chartern ist für Stratolaunch wohl einfach zu wenig spektakulär. Dieses Flugzeug war ursprünglich dazu entwickelt, Buran Spaceshuttles und Energija- Zentralstufen zu transportieren. Wenn es – wie fast alle sowjetischen Transportflugzeuge – im Flug Lasten abwerfen kann, wäre die Rakete so bis zum Start im Laderaum geschützt vor Fremdeinwirkung, im Gegensatz zur Mitnahme als Aussenlast beim Stratolaunch-Konzept

  6. Na ja die Buran wurde auf dem Rücken transportier, ist 100 t leichter und hat Flügel die Auftrieb liefern. Ob man eine 220 t schwere Rakete im Flug abwerfen kann waage ich mal zu bezweifeln. Ich denke mit einem konventionellen Flugzeug wird man das Konzept zumindest mit der angestrebten Rakete nicht umsetzen können.

    Ich halte aber Stratolaunch auch so für nicht durchführbar, dazu ist die Nutzlast zu unrealistisch und selbst wenn sehe ich keinen Vorteil gegenüber einem Start vom Boden aus.

  7. Bei den Russen gab es mal Überlegungen, Trägerflugzeuge für Raketenstarts zu verwenden. Das Problem dabei: Wenn die Rakete halb aus dem Rumpf ragt, kippt das Heck der Rakete nach unten weg, sie verkantet sich und bleibt im Flugzeugrumpf stecken. Um das Problem zu umgehen, sollte die Rakete im Parabelflug von einem kleinen Bremsfallschirm aus dem Rumpf gezogen werden.
    Mit der AN-225 wäre das allerdings nicht möglich, weil dort die Ladeluke im Bug ist, statt wie üblich im Heck.

  8. Eine zig Meter lange und über 200t schwere Rakete im Flug aus einem Flugzeug abzuwerfen ist praktisch unmöglich. Zum Einen müsste das Flugzeug riesige Leitwerke haben, um in dem Moment, in dem die Rakete über die Rampe rutscht noch steuerbar zu bleiben.
    Zum Anderen sind die Lasten (Kräfte) sowohl auf die Rakete als auch auf die Struktur des Flugzeugs in diesem Moment sehr, sehr hoch.
    Nene, es hat schon seinen Grund, dass man Nutzlasten ab einer bestimmten Größe und Länge nicht „hinten rausrutschen“ lässt, sondern als Ganzes abwirft.
    Siehe auch den ersten Abschnitt meines Artikels: Das muss so sein, darum machens auch alle so.

    @Thomas: Auch wenn ich dir prinzipiell recht gebe: WhiteKnightOne & Two sind das Gegenbeispiel zu deiner Aussage. Und die An225 ebenso. Zugegebenermaßen keine reinen Erfolgsmodelle, aber die Leute, denen wir eine gewisse Intelligenz nicht absprechen möchten, sahen es für besser an, für diese singulären Zwecke was Neues zu entwickeln.

  9. Die Rakete soll ja schwerelos rausschweben, nicht rausrutschen. Theoretisch müßte das funktionieren, aber praktisch ist das noch nicht ausprobiert worden.
    Dazu kommt noch ein Problem: Bei Stratolaunch soll ja eine Rakete mit flüssigem Treibstoff verwendet werden. Das wird recht problematisch, wenn Treibstoff verdampft oder ausläuft. Bei einer Außenlast ist das unkritisch, da wird der einfach weggeblasen. Bei einer Rakete im Laderaum bildet sich dann ein explosives Gasgemisch. Ein Absetzen aus dem Laderaum wäre darum wohl nur bei Feststoffraketen mit vetretbarem Risiko möglich.

  10. Man hat mal eine Minutemann aus einem Frachtflugzeug mit einem Fallschirm rausgezogen. Irgendjemand hatte mir vor Jahren dam mal Fotos zugeschickt, doch das geschah mit einem Fallschirm, der die Stufe abgebremst hat und eine Minuteman wiegt nicht mal 30 t.

  11. @Bernd: Die verwendete Minuteman I besass bei dem Testabwurf nur eine echte Stude, die erste, dürfte also weniger gewogen haben. Der Abwurf diente nur zur Demonstration der Durchführbarkeit des Konzepts. Man plante damals eine Anzahl von Minutemanraketen als Zweitschlagsreserve in der Luft zu halten, das wurde dann aber aus mehren Gründen ad acta gelegt. Zum einen die Enorm hohen Kosten, die Gefahr von Unfällen und Abstürzen, die Vergeringerung der ohnehin nicht all zu grossen Treffsicherheit der Minuteman I. Daneben machten die raschen Fortschritte bei den SLBM die Sache obsolet.

    Daneben: Warum sollte man eine Trägerrakete mit einem Fallschirm abwerfen ? Raketenstarts von Flugzeugen haben nur zwei Vorteile, der eine das man von einem Fixen Startplatz unabhängig ist und man die Fluggeschwindigkeit beim Abwurf als Bonus (in Form von Nutzlast) bekommt. Bei nem Fallschirmabwurf ist der Bonus dahin, und bei einer 200 Tonnenrakete kann ich mir nicht vorstellen, das die Vorteile und eines Luftstarts bezüglich der Unabhängigkeit von einem Startplatz in irgendeinem realistischen Verhältnis zu den Risiken, dem Nutzlastgewinn oder nicht benötigtem Startplatz stehen. Wäre dies so, hätte man sicherlich die schon vorhandene Pegasus Familie dahin gehend weiterentwickelt. Ein solches Projekt dürfte mit einem Feststoffantrieb deutlich einfacher durch zu führen sein als mit Flüssigkeitsantrieb und müsste noch nicht mal so viel Leistungsschwächer sein bei Ausreizung der heutigen Möglichkeiten.

  12. Nicht mit einem Fallschirm abwerfen, nur mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug ziehen. Sobald die Rakete drausen ist, kann der abgeworfen werden. Für die ganze Aktion dürfte ein Geschwindigkeitsverlust von 1 bis 2 m/s ausreichen.

  13. Unterschätz mal nicht den nötigen Sicherheitsabstand. Wenn du die Rakete mit einem Fallschirm rausziehst, ist sie nicht in einer definierten Flugposition sondern zeigt höchstens „ungefähr in die richtige Richtung“. Als Pilot des Trägerflugzeugs möchte ich dann aber ausreichend Abstand, damit dir mir nicht das Heck abbrennt.

    Tippe da eher auf 20 m/s und vor allem 1000 m Höhenverlust.

    Bernd

  14. In der Tat erscheint das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen hier eher klein. Nicht mal Treibstoff wird gespart, denn den 60 Tonnen, die weniger in die Antares geladen werden, stehen die 50 Tonnen Flugzeugtreibstoff gegenüber. Vom Herstellungsaufwand her dürften 60 Tonnen RP-1 und Sauerstoff etwa gleich 50 Tonnen JET A-1 sein. Preislich ist der Jet-Treibstoff natürlich günstiger.

    Mit einer teilbetankten Rakete und darin schwappendem Treibstoff ein Flugzeug zu starten, ist sicher ambitioniert. Ebenso ist die Frage, ob das der Rakete gut tut. Vernünftigerweise verkleinert man also die Erststufe der Antares gleich mit, oder verkleinert zumindest die Tanks. Damit hat man aber faktisch eine komplett neue Stufe: Andere Dimensionen, vollkommen andere Kräfte durch die mittige Aufhängung und den Transport mit dem Flugzeug. SpaceX hat vernünftigerweise abgeblasen; OSC hat wohl so desolate Finanzen, dass sie diesen Auftrag annehmen müssen.

    Zu den Vorteilen der höheren Startgeschwindigkeit und -Höhe sowie der Äquatornähe kommen wahrscheinlich noch verringerte Gravitationsverluste durch die (weitgehend) horizontale Flugphase nach dem Abwurf und dem Start des Raketentriebwerks hinzu: Wenn die Rakete mit dem richtigen Anstellwinkel fliegt, erfährt sie recht hohen aerodynamischen Auftrieb. Da geht natürlich der höhere Luftwiderstand gegen, dennoch dürfte der aerodynamische Flug bis Mach 2 oder 3 günstiger sein als der ballistische.

    Warum finden sich dennoch Investoren für ein solches Konzept? Nun, Investitionsentscheidungen haben zwar oft einen rationalen Kern („Ich brauche ein neues Auto“ oder „Ich will die Transportkosten in den Weltraum reduzieren“), sind am Ende aber emotional („Ich will einen Porsche“ oder „So ein Raketen-Start-Flugzeug sieht cool aus“).

    Kai

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