Vor dem siebten Start einer Falcon 9

Nein ich nenne es nicht den Jungfernflug, da ja selbst SpaceX die Version nur „v1.1“ nennt, also ist es nichts neues. Daher erwarte ich auch das der Start klappt. Ich wünsche es sogar für MDA, die den Cassiope Satellit gebucht haben. Sie haben lange drauf warten müssen. 2005 taucht der Start erstmals bei SpaceX auf, damals angekündigt für das dritte Quartal 2008. Sie haben also 5 Jahre warten müssen, obwohl ihre Nutzlast damals noch auf einer Falcon 1 gebucht war und wiegt ja auch nur 500 kg.

Wer fünf Jahre wartet, obwohl die Firma ja jedes Jahr erklärt im nächsten Jahr erheblich mehr Starts durchzuführen. der sollte doch belohnt werden. Denn von den anderen Starts im Manifest von 2005 ist nichts geblieben. Lediglich Rakhsat wurde gestartet, alle anderen sind abgesprungen, auch der 100 Millionen Dollar Auftrag der Air Force hat sich erledigt.

Ich wünsche mir dagegen dass der nächste Satellit misslingt. Er soll ja einen Satelliten von SES starten. SES, die die Astra Satelliten betreibt ist ja eine Gesellschaft mit dem Firmensitz in Luxemburg. In einem Herzogturm, dessen Hauptwirtschaftszweig die Banken sind. Angesichts dessen kann man nicht viel Loyalität erwarten, denn von Griffelspitzern ist nur Gewinnmaximierung zu erwarten. Das dürfte dann auch allen Plänen für viele GTO-Starts ein Ende bereiten. Bislang ist die kommerzielle Bilanz ja übersichtlich: ein versicherter Start, ein Totalschaden.

Was wohl interessanter ist, ist, dass SpaceX erneut eine Bergung plant. Noch keine weiche Landung,a aber immerhin eine Wasserung. Diesmal anders als früher nicht durch einen Fallschirm, sondern eine Triebwerkszündung gebremst. Ob sie gelingt? Bei allen Falcon 1 Flügen scheiterte sie. Bei einer Falcon 9 hat man es nur bei dem Jungfernflug versucht und da zerlegte es die Stufe schon in der oberen Atmosphäre, sodass nur eine Trümmerwolke ankam. Da die Falcon 1.1 ja angebliche Rekord im Verhältnis Voll/Leermasse aufweist, habe ich da meine Zweifel.

Dafür wird (wie fast alles bei SpaceX) der schon 2011 geplante Gang an die Börse wieder mal verschöben. Nicht ein bisschen, sondern in eine ungewisse Zukunft: „No near term plans to IPO @spacex. Only possible in very long term when Mars Colonial Transporter is flying regularly.“.

Nun ja da selbst SpaceX selbst wenn sie alle weltweiten Starts durchführen würden, niemals eine Marskolonie finanzieren könnten, heißt das wohl nie. Aber man wird es wie mit Ankündigungen von SpaceX machen – ab in den Papierkorb. SpaceX Ankündigungen haben mit der Wirklichkeit so viel zu tun, wie die 5-Jahrepläne in der DDR, nach denen man immer in den nächsten 5 Jahren in allen Belangen die BRD überholt hat.

Das SpaceX nicht an die Börse geht hat einen anderen Grund. Es gibt drei Gründe an die Börse zu gehen. Das eine ist um an Geld zu kommen. Durch die Aktien kann ich viel Geld in die Kasse spülen. Das war und ist die Grundlage des neuen Marktes, wobei man von Vorschusslorbeeren und Hoffnungen auf Gewinne lebt. So ging es bei Tesla Musks zweitem Unternehmen, das ja seit es an der Börse ist nur Verluste macht.

Das zweite ist, dass man ein florierendes Unternehmen hat und so seine Beteiligung versilbern kann. Das beste Beispiel dafür ist Apple. Der Börsengang machte Jobs und Wozniak über Nacht zu Multimillionären und ihr Aktienpaket verhundertfachte sich in den nächsten zwei Jahren, als Mikrocomputer vor allem von Apple sich verkauften wie warme Semmeln. Mein verdacht war, dass Musk auch darauf spekuliert, wird doch SpaceX „Börsenwert“ schon auf 5 Milliarden Dollar geschätzt, obwohl die Firma gerade mal für die Hälfte Aufträge hat. Nur zum Vergleich: der Börsenwert von OHB liegt bei 300 Millionen Euro, und die Firma hat Aufträge im Wert von mehr als 800 Millionen Euro.

Das Problem ist, wenn man darauf spekuliert bevor man an die Börse geht muss man einen Bericht vorlegen der auch eine aktuelle Bilanz enthält. Und dann sieht man wie profitabel SpaceX wirklich ist. Wenn man den Börsengang mehrfach verschiebt scheint diese Bilanz nicht ganz so zu sein, wie Musk sich das wünscht.

Der letzte Punkt ist wohl der der SpaceX an die Börse bringen wird: wenn man die Mitarbeiter nicht verprellen will, Es gab schon mal ein Unternehmen das hat mies bezahlt, es gab massig Überstunden und der Chef lebte in einem abgeschlossenen Universum und beschimpfte seine Angestellten. Sie bleiben trotzdem bei dem Unternehmen: sie hatten Aktienoptionen, die sie verloren, wenn sie es wieder verließen. der Firmenchef und Mitbegründer dachte nicht daran an die Börse zu gehen. Sein Unternehmen war durch einen glücklichen Zufall Marktführer geworden. Verdiente sich dumm und dämlich weil ein Produkt von ihm für den Betrieb jedes PC notwendig war und warum sollte er nun an die Börse gehen, wenn er so genug Geld hatte und sich Ärger mit Bilanzen, Miteigentümern etc. an den Hals holen? Nun weil sein Unternehmen eine Grenze überschritt: Es gab 500 angestellte mit Aktien Optionen und nach einem Gesetz von 1934 musste er da dann an die Börse gehen. Das Unternehmen war Mikrosoft. Das Gesetz ist sinnvoll, denn sonst würde Microsoft wohl heute noch so arbeiten.

Die Grenze wurde inzwischen auf 2000 Personen (Shareholders) hochgesetzt, doch angeblich hat bei SpaceX jeder solche Optionen. Interessant ist, das als ich nach der Mitarbeiterzahl suchte, die Quelle das CRS-2 Presskit von SpaceX gelöscht wurde. Dabei handelt es sich immerhin um das Presskit einer offiziellen NASA Mission. Es scheint so als wöllte man mit allen Mitteln verhindern das bekannt wird, dass die Firma mehr als 200 Shareholder hat und damit an die Börse gehen muss.

10 thoughts on “Vor dem siebten Start einer Falcon 9

  1. Naja Bernd, ich teile zwar deine Skepsis bezüglich der technischen Umsetzbarkeit der vielen Versprechen von SpaceX und genauso wie du betrachte ich die SpaceX-Informationspolitik und deren ständiges Verkaufen von völlig utopischen Träumen als Unverschämtheit. Dennoch gönne ich es den Jungs von SpaceX sollte es ihnen gelingen zumindest teilweise eine Wiederverwendbarkeit ihres Trägers hinzukriegen, schon alleine weil es eine technische Innovation darstellt und den weltweiten Trägermarkt aufwirbelt.
    Also auch wenn Elon ein großer Blender ist, ein Misslingen eines SpaceX-Starts sollte sich niemand wünschen der Interesse an Raumfahrt hat.

  2. Ich kann Tain da nur zustimmen. Auch wenn SpaceX sicherlich mehr Schein als Sein ist, so ist das doch kein Grund der Firma Schaden zu wünschen. Und eine Raumfahrtfirma aus dem Boden zu stampfen, verdient auch mit der bisherigen Erfolgsbilanz respekt.

  3. Ob sie eine Wiederverwendbarkeit mit ihrer Methode hinkriegen, ist fraglich. Mit Sicherheit verringert sich dadurch aber die Nutzlast. Und das ist typisch für Spaßnix: Statt daran zu arbeiten, die versprochene Nutzlast zu erreichen, wird sie für Traumtänzereien noch weiter verringert.

  4. Zur Wiederverwendbarkeit/Wasserung der ersten Stufe: SpaceX gibt auf der Website selber an, dass sich die von der ersten Stufe erreichte Geschwindigkeit von Mach 10 auf Mach 6 reduziert, wenn sie wiederverwendet werden soll, beim Abtrennen also genügend Resttreibstoff vorhanden sein soll, um die Stufe nicht nur abzubremsen, so dass sie die aerodynamischen Belastungen beim Wiedereintritt übersteht, sondern sogar wieder so zu beschleunigen, dass sie zum Startplatz zurückfliegt. Vermutlich wird man dabei die komplette Horizontalgeschwindigkeit schon VOR dem Wiedereintritt abbauen bzw. ins (leichte) Gegenteil verkehren, während man die Vertikalgeschwindigkeit natürlich belässt, damit man genügend Zeit für das Manöver hat, bevor die Gravitation die Oberhand gewinnt.

    Mit dieser Wiederverwendungsvariante wird auch Musks „Engine-Out-Fähigkeit“ wahrscheinlich Realität. Denn die Unterstufe hat dann ja genügend Reserven, um auch nach dem Ausfall eines Triebwerks und entsprechend steigenden Gravitationsverlusten länger zu brennen und die Oberstufe auf eine energetisch gleichwertige Bahn zu bringen wie für den Aufstieg ohne Triebwerksausfall geplant. Natürlich hat dann die Unterstufe nicht mehr genügend Treibstoff für den Rückflug zur Startrampe. Statt also Sekundärnutzlasten werden künftig bei Triebwerksausfall die Unterstufen geopfert. Gar nicht so doof!

    Beim ersten Flug der v1.1 wird man sicher nicht bis zur Startrampe zurückfliegen, sondern zu einem Zielpunkt über Wasser. Gelingt dort eine simulierte vertikale Landung, dann wird die NASA sicher das OK geben, dass man beim nächsten Versuch zu einer Betonfläche in der Nähe der Startrampe zurück fliegt.

    Kai

  5. Noch zwei Nachträge: Ist es nicht erst der sechste Start einer Falcon 9, der ansteht?

    In vieler Hinsicht beeindruckend ist der Vergleich zwischen der ESC-A Oberstufe der Ariane 5 und der Oberstufe der Falcon 9 v1.1: Bei vergleichbarer Leermasse kann die Falcon-9-Oberstufe die mehr als vierfache Treibstoffmasse tanken und entwickelt den mehr als zehnfachen (!) Schub. Entsprechend weniger Gravitationsverluste hat man, und kann so zumindest zum Teil den niedrigeren Isp (RP1/LOX vs. LH2/LOX) ausgleichen. Am Ende einer Mission muss das Triebwerk der Felcon-Oberstufe sogar stark gedrosselt werden. Andernfalls würde z.B. ein 4t schwerer Satellit kurz vor Brennschluss mit knapp 10g belastet …

    Kai

  6. Es macht nur Sinn gleiches mit gleichem zu vergleichen. Das wäre bei der Oberstufe eine mit demselben gewicht in etwa derselben Dichte beim Treibstoff und demselben Schub. Wenn Du Dir also eine raussuchst aus dem ariane Programm, dann landest Du bei der L33 und da sehe ich keinen so großen Unterschied mehr.

    Ich kann auch die shuttle SRB mit der EPC vergleichen oder der S-IC, sinnvoll ist das nicht,

  7. Also Kai, das klingt bei dir ja so, als wäre es ein todsicheres Geschäft mit wiederverwendbaren 1. Stufen zu arbeiten. Aber allen Versprechungen von SpaceX zum trotz drängen sich hier einige Fragen auf, die erst geklärt sein müssen, ehe eine wiederverwendbare Stufe verwendet werden kann:
    1. Überlebt die Stufe überhaupt das Manöver?
    2. Wie hoch sind die Nutzlasteinbußen?
    3. Wie aufwändig ist die Wartung und Instandsetzung an der Stufe vor dem nächsten Start? (Zerlegen der Stufe, Überprüfung der Komponenten, Austausch von Verschleißteilen insb. an den Triebwerken, Test der Triebwerke in McGregor, Montage der Stufe)
    4. Wie hoch sind die Einbußen bei der Zuverlässigkeit?
    5. Wie häufig kann die Stufe / die Triebwerke wiederverwendet werden?

    Erst wenn man für ALLE diese Fragen akzeptable Anworten gefunden hat gehts zu alles entscheidenden 6. Frage:
    6. Ist das Konzept einer wiederverwendeten Stufe deutlich günstiger als die Nutzung von Wegwerf-Stufen?

    Über viele der oberen Punkte wurde ja schon viel geschrieben, aber aus meiner Sicht ist die Frage des Instandsetzungsaufwands zwischen den Flügen die große Unbekannte! Man denke hier an das Space Shuttle. Zwar ist es heute kein Problem mehr Staustrahl-Triebwerke in Kampfflugzeugen (und auch die Flugzeuge selbst) über mehrere hundert Stunden ohne große Instandsetzungsmaßnahmen zu betreiben, aber davon sind Raketentriebwerke, alleine schon wegen ihrer deutlich höheren Belastung noch ein ganzes Stückchen entfernt. Wenn sich SpaceX jetzt brüstet mit dem Merlin D neue Rekorde beim Schub-Gewichtsverhältnis zu erreichen deutet dies auf entsprechend knapp kalkulierte strukturelle Reserven hin. Also mal abwarten wie viel Aufwand SpaceX in die Merlin D zwischen den Flügen stecken muss…

    Wenn nur eine der Fragen nicht befriedigend beantwortet werden kann ist SpaceX als gut beraten, und da muss ich Elendsoft vollkommen recht geben, lieber den Träger zu optimieren, anstatt sich den enormen Aufwand eines wiederverwendbaren Systems ans Bein zu binden.

    Auf der anderen Seite, und hier verlässt mich der technische Sachverstand und es spricht ganz der Träumer: Hey, wenns klappt, genial! Frei nach dem Motto von Bernds Blog vor einigen Wochen: Da es noch keiner gemacht hat, müsst mans mal erfinden!

  8. Der geplante Start am 5. September – fand der nun statt?
    Wie ist es denn ausgegangen?
    Ich finde bei raumfahrer.net und bei spaceflightnow.com auf den ersten Blick nichts.
    Angaben bei SpaceX hierzu – auch nichts. Hat sich wohl in Wohlgefallen aufgelöst.
    Wer weiß mehr?

  9. Derzeit für den 14.ten geplant.

    Übrigens hat SpaceX wieder mal einen 200 Millionen Subvention bekommen und die NASA hofft, dass nun Orbital doch bitte schnell die ISS versorgt. Von SpaceX: kein Kommentar
    Siehe:
    http://www.spaceflightnow.com/antares/cots1/130904frr/#.Uimr4MYbZzM
    http://www.spaceflightnow.com/tracking/index.html
    http://www.spacenews.com/article/launch-report/37077pressure-mounts-on-orbital-sciences-with-spacex-likely-unavailable-for

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