Ein überflüssiges Problem und seine Lösung – Teil 3: Mit dem Weltraumlift den Müll entsorgen

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Der Weltraumlift geht wohl nur in der Theorie, bisher haben wir keine Materialien um ihn zu bauen. Das Problem ist, das ganz einfach: Wenn ein Seil sagen wir mal 1000 km lang sein kann bevor es unter seinem eigenen Gewicht reist, dann muss man es bevor man 1000 km erreicht an ein anderes Seil verbinden das dicker ist und für das die gleiche Gesetzmäßigkeit gilt. Nimmt man 500 km und ein doppelt so starkes Seil, so kann man leicht ausrechnen das man für ein Seil in den GEO (rund 36000 km Höhe) 72 Verbindungen hat und das Seil dann am Schluss 2^72 mal dicker ist. – das ist eine Zahl mit 21 Stellen und daher nicht machbar und kein Material das wir kennen hat eine Reislänge von 1000 km. Die besten Fasern liegen bei rund 500 km.

Doch nach diesem kleinen Vorgeplänkel zum Problem. Mein Namensvetter der sich auch Bernie nennt, meinte ja in meinem letzten Blog mit dem Weltraumlift:

„Also erstmal das ganze Geld sowohl für bemannte wie unbemannte Raumfahrt streichen und umleiten: In die Realisierung des Weltraumlifts!
DAS wäre dann eine ganz andere Voraussetzung und die Menschheit (Nein, natürlich nicht die ganze) könnte ihre Wiege verlassen.“

Nun ich habe das letztere wörtlich genommen, wenn wir etwas auf Fluchtgeschwindigkeit beschleunigen, dann verlässt es die Erde und das ist mit einem Weltraumlift leicht möglich.

Der Zusammenhang ist ganz einfach: Der Weltraumlift rotiert synchron mit der Erde da er an der Oberfläche angebracht ist, das Ende durchläuft in 24 Stunden einen Kreis. Der Kreis wird um so größer je länger das Seil ist. Da die Geschwindigkeit entsprechend ansteigt müsste ein entsprechend langer Lift irgendwann die Fluchtgeschwindigkeit überschreiten die netterweise abnimmt, je weiter man sich von der Erdoberfläche entfernt. Im geostationären Punkt gilt Kräftegleichgewicht: hier halten sich Zentrifugalkraft durch das rotierende Seil und Gravitationskraft die Waage, darunter würde ein Seil wieder zum Boden Fallen und wenn man weiter oben was abtrennt, vollzieht es zuerst eine Ellipsenbahn die nach weiter außen führt, der erdnächste Punkt liegt in Abtrennungshöhe. Irgendwann wird die Ellipse immer weiter und man erreicht die Fluchtgeschwindigkeit und dann hat man schließlich hyperbolische Bahnen, verlässst die Erde also mit Überschussgeschwindigkeit. Wird der Aufzug dann in dieser Höhe nicht verschlossen so fliegt der Inhalt auf Nimmerwiedersehen weg. Eine tolle Möglichkeit die Wiege zu verlassen (Reduktion der Überbevölkerung indem man 5 Milliarden Leute mal Lift fahren lässt …) oder man kann auch Müll entsorgen. Bei geschickter Wahl des Startzeitpunktes kommt man so auch zum Mars – ganz ohne Rakete.

Doch wie lange muss das Seil dafür sein?

Nun es gilt für Die Geschwindigkeit auf einem Kreisbogen:

vk = 2 * pi * r / t

r = Radius des Seils

t = Rotationsperiode

t ist schon bekannt: 1 Tag also 86400 s

Die Fluchtgeschwindigkeit ist wiederum definiert mit:

vf = √ (2 * Me * γ/r)

Me ist die Erdmasse (5,976e24 kg)

γ ist die Gravitationskonstante 6,672 x 10E-11 m³/kg*s²

Wenn wir nun vf und vk gleichsetzen, so erhalten wir die Distanz r, bei der die Fluchtgeschwindigkeit erreicht wird:

2 * pi * r / 86400 = √ (2 * Me * γ/r)

Quadrieren wir auf beiden Seiten:

4 * π² * r² / 86400² = 2 * Me *y / r

Multiplizieren mit r um r auf eine Seite zu bekommen:

4 *  π² * r³ / 86400² = 2 * Me *y

und nun noch die anderen Faktoren auf die andere Seite:

r³ = Me *y * 86400² / 2 π²

und die dritte Wurzel gezogen:

r = (Me *y * 86400² / 2 π²)^1/3

Wenn man nun die Zahlen einsetzt, kommt man auf 53,227,3 km (vom Erdmittelpunkt aus gerechnet), das sind rund 46850 km Höhe. In dieser Höhe umkreist das Seil die Erde mit 3,871 m/s die Erde. Die Fluchtgeschwindigkeit beträgt dort netterweise auch 3870 m/s. Macht man es nur etwas länger, z.B. 50.000 km über der Erdoberfläche, so rotiert man mit 4.100 m/s, die Fluchtgeschwindigkeit beträgt in dieser Entfernung aber nur noch 3761 m/s. Das sind nach dem Energieerhaltungssatz satte 1632 m/s Überschuss, mit denen der Inhalt des Aufzugs entschwindet. Noch etwas länger und man hat die rund 3-4 km/s die man relativ zu Mars und Venus braucht und kann so leicht die Planeten erreichen (na ja ohne Kurskorrekturmöglichkeit eher theoretisch, weil dazu doch die Bahnen von Erde, Mars und Aufzug genau passen müssten, aber mit kleinem Treibstoffaufwand bestimmt über 4 Wochen während eines Startfensters.

Ich schlage vor, man baut so einen Lift und weiht ihn mit hochrangigen Politikern ein. Ich hätte da auch konkrete Vorschläge wer die Jungfernfahrt machen sollte …

15 thoughts on “Ein überflüssiges Problem und seine Lösung – Teil 3: Mit dem Weltraumlift den Müll entsorgen

  1. „Ich schlage vor, man baut so einen Lift und weiht ihn mit hochrangigen Politikern ein. “

    Der Test wird immer positiv ausgehen:

    Hält der Lift, dann war das Werk gut. Hält er nicht, dann wars ein gutes Werk.

  2. Tja, mein Beitrag sollte einen leicht ironischen Ton haben, ist aber wohl nicht ganz angekommen.

    Trotzdem verstehe ich deinen Pessimismus nicht ganz.
    Als Kennedy anno ’61 seine Rede an der Rice-University hielt, war die Theorie der Mondlandung lange gelöst, aber die meisten Ingenieure bestanden drauf, das die Menschheit da technologisch (noch lange) nicht in der Lage zu ist.
    Gut 8 Jahre später setzte Neil Amstrong seine Fuß auf den Mond…..

    Das einzige ungelöste Problem am Weltraumlift ist das Material mit ausreichender Zugfestigkeit. Da hat es in den letzten Jahren enorme Fortschritte gegeben. Irgendwo hab ich letzten übrigens gelesen, daß man eher von einem (tatsächlich konischen) Band ausgeht, nicht von einer Röhre bzw. Kabel.

    Nach Auskunft von Ingenieuren sind Hummeln überhaupt nicht in der Lage zu fliegen und Kängurus in dem Tempo und mit der Weite zu springen. Nach Auskunft von Ingenieuren…..

    Also Lösungen suchen, nicht an der Gegenwart verzweifeln!

    Bernd

    PS: Und wenn wir schon dabei sind. Weltraumlift: der einzige vernünftige Grund jetzt eine Schwerlastrakete zu entwickeln. Der erste wird im Wortsinn verdammt schwer 😉

  3. Das einzig ungelöste Problem am Antimaterieantrieb ist auch die Antimaterie in nennenswerten Mengen zu erzeugen … Klar, wenn Du die wichtigste technische Hauptherausforderung als „einziges Problem“ ansiehst, dann ist vieles möglich: Beamen, inteerstellare Raumfahrt, Marskolonisation etc….

  4. @bernie: Deshalb fragt man auch keine Ingenieure, sondern Physiker. Ein Physiker wird dir glücklich mitteilen, dass eine Hummel sehr wohl fliegen kann; wenn ich mich recht entsinne hatte das was mit dem Luftkisseneffekt zu tun, den unter anderem Hubschrauber beim Landen berücksichtigen müssen.

    @Bernd: ich hatte mal einen Gastbeitrag zu Stringtheorie versprochen. Den habe ich nicht vergessen, nur ist mir momentan meine Promotion dazwischen gekommen. Ich habe ihn nicht vergessen!

  5. @Bernie: „Das einzige ungelöste Problem am Weltraumlift ist das Material mit ausreichender Zugfestigkeit. “

    Echt? Da muß ich einiges verpaßt haben, eklär mir doch mal bitte wie das Problem mit der Überschneidung von Satellitenbahnen oder ganz schlicht Debris gelöst wurde. Das hab ich versäumt….

  6. Die Frage nach der Überschneidung mit den (polaren) Satellitenbahnen hab ich mir auch schon gestellt. Und das Problem mit dem ganzen Weltraummüll ist ja noch keineswegs gelöst, denn das kostet ja Geld. Dass will man derzeit aber anscheinend nicht ausgeben, oder jedenfalls nicht dafür. (Waffengeeschäfte und Kriege erscheinen gerade profitabler.) Mich beschäftigt aber noch eine andere Frage: Vorausgesetzt, man hätte ein geeignetes Material, wo soll man den Lift dann bauen? – Da er am Äquator „stehen“ muss, kommen als Standorte nur Afrika (Kenya, Kongo, Gabun) und das nördliche Südamerika (Brasilien, Kolumbien, Equador) in Frage. Okay, in Asien könnte man vielleicht auch auf Sumatra oder Borneo was manchen, die beide zu Indonesien gehören. Ansonsten müsste man das Ding im Ozean verankern, was es zusätzlich teuer machen würde. Aber gerade bei den Standorten ist es ja auch noch eine Frage, ob die Gegend politisch Stabil ist, was ich in Afrika in den ensprechenden Gegenden derzeit eher bezweifele. Und in Südamerika wäre man zumindest in Brasilien wieder mitten im Dschungel (oder dem, was davon noch übrig ist), also auch keine gute Idee. Die beiden indonesichen Inseln halte ich für so ein Projekt schlicht für zu klein, bzw. geologisch ungeeignet, wobei das aber eher so ein Gefühl ist, und nicht auf sachlichen Erkenntnissen beruht.

    Ach ja, dann wären da noch die vielen kleinen und grossen Steine, die da noch so im Orbit herum schwirren, auch als Meteoriten bekannt…

  7. neben dem Werkstoff sehe ich den Mond als größtes Hinderniss an.

    Die Gezeitenkräfte des Mondes würden das Seil an der dünnsten Stelle zerreißen.

    Ohne Mond könnte ich mir eine Konstruktion Vorstelen die am Erdboden nur einen Milimeter Dick ist und ander dicksten stelle vielleicht 10cm.

    Angenommen das System wäre im Gleichgewicht, dann kommt der Monddurchgang und der Zug auf die Dünnste stelle würde alles zerreißen.

  8. Leute, ich bin ein wenig enttäuscht!

    Abgesehen davon, daß ich nicht gesagt habe, daß der Weltraumlift nächsten Dienstag fertig sein könnte gibt es bei technischen Problemen zwei grundlegende Typen:
    a) „hier gibt es noch keine technische Lösung für“ und
    b) „da müssen nochmal die Ingenieure ran“

    Das allergrösste Problem ist natürlich die Finanzierung. Hier muss es einen breiten Konsenz und den festen Willen geben. Ist bei ALLEN Weltraumprojekten im Moment natürlich nicht erkennbar. Aber dann…

    Fangen wir mal mit Bernds Anmerkungen an:

    Beamen.
    Ist in der Theorie nicht gelöst. Theoretisch denkbar ist allenfalls eine Art Copy-and-Paste. Da stehen wir aber vor 2 Problemen. Denkbar wäre alle Informationen auf subatomarer Ebene auszulesen, zu übertragen und diese Information auf Materie an andrem Ort zu Übertragen. Da stehen Heisenberg und die Informationsmenge dagegen. Außerdem hätten wir ein moralisches Problem. Für „echtes“ beamen müsste die Source ja vernichtet werden. Welches Individium möchte das?

    Interstellare Raumfahrt
    Da ist das Problem die Geschwindigkeit. Überlichtgeschwindigkeit ist nicht möglich, selbst bei Unterlichtgeschwindigkeit kommt uns E = mc^2 in die Quere. Also ist selbst Centauri im besten Fall Jahrzehnte entfernt. Bleiben nur Generationenraumschiffe (innerhalb einer Million Jahre könnte damit die komplette Milchstrasse besucht werden) und damit ist das eigentliche Problem ein Ressourcenproblem

    Marskolonisation
    Musk Pläne wären vom rein technischen Standpunkt machbar. Nur wer möchte das und wer möchte das vor allem finanzieren?
    Aber genau hier fängt ja die Geschichte des Weltraumlifts an. Wenn ich statt 100 kg aus dem Schwerkraftschacht der Erde heben zu müssen um 1 Kg in den Schwerkraftschacht des Mars zu versenken nur noch 2 oder von mir aus 5 Kg von der Erde heben muss, sieht die Geschichte schon ganz anders aus.

    Dann kommen wir zu den trivialeren Problemen in Bezug auf den Weltraumlift.

    Satelittenbahnen?
    Aktive Satellitten kann man steuern. Da der Weltraumlift einwandfrei den grösseren Mehrwert bringt ist das zumutbar.
    Tote Satellitten, Debris etc: Zu Apollo-Zeiten musste man auch komplette Nebenprogramme starten um das Hauptziel zu erreichen, siehe Surveyor und in teilen Ranger. Zum Weltraumlift gehört halt auch das Programm Space-Putze. So what?

    Mikrometeoriten? Ist seit Jahrzehnten gelöst. Hat man erst mal ein Material, das die passende Zugfestigkeit aufweist, ist es nur eine Sache der Skalierung um da auch ein Mikrometioritenschild anzubringen.

    Standort: Siehe Schätzing; „Limit“. Von diesen Inseln gibt es genug.

    Bleiben grössere Meteoriten. Nun, im begrenzten Mass kann man den Weltraumlift über die Coreoliskraft steuern. Außerdem wird mir jetzt klar, warum eher an ein zweidimensionales Band als ein dreidimensionales Kabel gedacht wird: So kann man die Trefferfläche extrem verkleinern und im Trefferfall den beschädigten Querschnitt. Wahrscheinlich müsste man auch noch in allen möglichen Höhenleveln Abwehrstationen dranhängen.

    Nochmal zusammengefasst:
    Die Innovationen, die zum Weltraumlift fehlen sind ein ausreichend Zugfestes Material daß in ausreichender Länge hergestellt werden kann. Alles andere sind lösbare Ingenieursprobleme.

    Das allergrößte Problem ist natürlich der Wille der Menschheit es zu tun und zu finanzieren!
    Aber für mich ist es der nötige Schritt, die Raumfahrt auf den nächsten Level zu heben und sie aus der Sachgasse zu holen in der sie steckt.

    Für die Verzagten: https://www.youtube.com/watch?v=ouRbkBAOGEw Der berühmte Satz bei ca. 8:30, aber auch der Rest ist interessant.

    Bernd

  9. Graphen ist eine nur eine Atomlage dünne zweidimensionale Struktur von Kohlenstoffatomen. Innerhalb der Schicht ist die Festigkeit gewaltig. Bei einem Seil wäre aber der Zusammenbau sehr vieler Schichten nötig. Zwischen den Graphen-Schichten ist aber die Festigkeit extrem gering. So gering, daß Grafit (besteht aus sehr vielen Graphen-Schichten) sogar als Schmierstoff verwendet wird. Genauso gut könnte man also vorschlagen, ein Seil aus Schmieröl zu bauen.

    Trotzdem wäre so ein Raumlift eine gute Sache, und sobald er wirklich machbar ist, sollte der auch gebaut werden. Ein hier noch nicht angesprochenes Problem ist eine Einschränkung bei den Einsatzmöglichkeiten: Die Zielbahn eines damit beförderten Objekts hat die Bahnneigung 0°. Für Nachrichtensatelliten genau passend, für polare Umlaufbahnen aber unbrauchbar.

  10. Naja, da oben ist es aber wohl ernergetisch nicht mehr so aufwendig grössere Inklinarionsänderungen durchzuführen… Und überhaupt, das wäre doch noch das kleinste Problem an dem ganzen Hirngespinst 😀

  11. Drehimpuls: Ein Weltraumlift spart nicht den Raketenantrieb ein, denn die Nutzlast, die an ihm hochfährt, wird ja immer weiter in Rotationsrichtung der Erde beschleunigt. Dieser Drehimpuls muss irgendwo her kommen – bei der klassischen Weltraumrakete kommt er daher, dass diese die meiste Zeit horizontal feuert. Ein Weltraumlift bräuchte also ein Ionentriebwerk oder ähnlich, das diesen Drehimpuls erzeugt.

    Hinzu kommen die Probleme durch das Wetter: Stürme zerren am Seil, Blitze schlagen ein etc. pp. Die Gezeitenkräfte des Mondes haben andere auch schon erwähnt. Auch die Sonne übt Gezeitenkräfte auf das Seil aus.

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