Die rein amerikanische Alternative zur Antares

Da nun ja erst Mal die Antares gegrounded ist, und ich befürchte für längere Zeit, wäre es mal an der Zeit sich Gedanken über eine rein amerikanische Alternative zu machen. Seit dem Frühjahr hat man in den USA ja plötzlich festgestellt, dass man russische Triebwerke verwendet. Wer weiß, bei so viel spontaner Intelligenz kommt man ja in einigen Jahren vielleicht darauf, dass sie Politik seit 2001 nur dazu führte überall auf der Welt Terrorismus entstehen zu lassen.

Aber zurück zu Orbital. Die sind ja seit dem Frühjahr mit ATK fusioniert und heißen nun Orbital ATK. ATK hat anders als Orbital auch größere Feststoffantriebe im Angebot. Aus den Shuttle-SRM könnte man eine erste Stufe basteln. Es gibt sie in Halbsegmentabstufungen ab 1 Segment Größe. Damit sollte man doch die erste ukrainisch-russische Stufe ersetzen können. Da die Stufe eine höhere Trockenmasse und einen schlechteren spezifischen Impuls hat, aber auch um die Spitzenbeschleunigung zu minimieren bietet es sich an eine zusätzliche – zweite Stufe einzuführen. Der Castor 120 wäre dann die offensichtlichste Wahl.

Befördern müsste der Träger 6 t in einen LEO Orbit. Nimmt man dessen Geschwindigkeitsbedarf zu 9.400 m/s (mit Verlusten) an, so erzielt man mit einem 2-Segment RSRM eine Punktlandung (noch mit den Daten des Castor 30A, vom größeren Castor 30XL kenne ich leider nicht das Leergewicht, er dürfte die Performance etwas anheben. Man kann diese Rakete leicht in der Leistung steigern. Ein halbes Segment mehr z.B. erhöht sie auf 7 t Nutzlast.

Rakete: RSRM 2 Castor 120/30

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Verkleidung
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
399439 6067 972 7900 1600
Stufe Anzahl Name Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez.Impuls (Vakuum)
[m/s]
1 1 324600 42230 2760
2 1 53100 4376 2805
3 1 14700 1224 2952

Rakete: RSRM 2.5 Castor 120/30

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Verkleidung
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
469139 7067 972 7900 1600
Stufe Anzahl Name Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez.Impuls (Vakuum)
[m/s]
1 1 393300 46940 2760
2 1 53100 4376 2805
3 1 14700 1224 2952

Wahrscheinlich wird es aber dazu nicht kommen. Orbital hat ja ein russisches Triebwerk als Ersatz selektiert. So viel Auswahl gibt es ja nicht. Denn anders als Kommentatoren suggerieren, kann man nicht einfach jedes Triebwerk nehmen. Es muss in den Schubrahmen passen und das engt meistens die Wahl auf Triebwerke derselben Größe und Anzahl. Sonst kann man Schubgerüst, Leitungen etc komplett umbauen. Das gleiche ist genauso wie wenn man in einem Auto ja sicher die Reifen auswechseln kann – aber eben durch vier Reifen und nicht zwei oder acht ohne das Auto umzukonstruieren.

Wie wird es wahrscheinlich weitegehen? Nun wenn ich bei Orbital wäre würde ich auf eines setzen: die Spezifikation der NK-33, die eine Lebensdauer von 16.000 s ohne Überholung und 25.000 s mit haben. Da die Triebwerke in der Antares nur 214 s lang arbeiten, kann man es sich leisten sie vor dem Start mehrmals über volle Laufzeit zu testen und so sollte man die selektieren können die nicht ausfallen. Orbital – so meine Prognose wird das Testprogramm das bisher aus 54 Sekunden Testbetrieb vor dem Einbau besteht, intensivieren.

Das wars von mir. Wie letzte Woche habe ich nächste Woche viel zu tun und programmiere bei einem Kunden. So wird es auch zur Landung von Philae am 12.11. keinen Blog geben. Aber ich wage eine Prognose. Es gibt zur Landung einige Bilder und eine Meldung und dann schweigt die ESA über das Projekt, so wie es bei Rosetta schon abläuft. Offensichtlich waren die Wissenschaftler die beteiligt sind alle mal in der Friedensbewegung und haben den Slogan „Stell Dir vor es gibt eine Raumfahrtmission und keiner bemerkt es“, bzw. „Wissen Schaffen mit weniger Medienwaffen“ in die Praxis umgesetzt. Nach einer Quarks Sendung letzten Dienstag zur Rosettamission sehen sich ja die Wissenschaftler (Fred Goesmann) als „Kinder, als Träumer“ und da will man das Spielzeug nicht mit anderen Kindern teilen.

Wer informiert sein will, dem rate ich das Gleiche was ich tue: Skyweek 2,0 als eine der Startseiten festzulegen. Bei mir ist es die einzige deutschsprachige Raumfahrtseite die dies geschafft hat und sie lohnt sich auch, anders als andere die nur englische Originalseiten übersetzen. Daniel Fischer hat sehr oft auch Informationen die man sonst kaum findet und scheint akribisch das ganze Web nach Raumfahrt/Astronomienachrichten abzusuchen.

5 thoughts on “Die rein amerikanische Alternative zur Antares

  1. Hallo,

    Ich möchte mal einen wichtigen Punkt gegen Feststoffraketen anbringen.
    Ich bin in der Raumfahrt tätig und kümmere mich unter anderem um die mechanischen Designs, Montage und Strukturberechnungen von optischen Instrumenten auf Erdbeobachtungssatelliten.
    Daher mag ich Feststoffraketen überhaupt nicht! Wir haben gerade ein Gerät, das mit der VEGA starten soll und die Random- und Schockbelastungen sind um einiges höher als bei Flüssigraketen. Ein anderes Gerät hätten wir, im Falles des zunächst geplanten VEGA-Starts, nochmal umdesignen müssen. Zum Glück fliegen wir jetzt mit PSLV.
    Im Cygnus wollten wir übrigens auch demnächst etwas zur ISS schicken. Die Startbeslastungen dort sind sehr gering und aus meiner Ingenieurssicht sehr angenehm.

  2. > Orbital hat ja ein russisches Triebwerk als Ersatz selektiert.

    Geniale Idee, die Abhängigkeit von den Russen durch ein anderes russisches Triebwerk zu beseitigen.

  3. „im Falles des zunächst geplanten VEGA-Starts, nochmal umdesignen müssen. Zum Glück fliegen wir jetzt mit PSLV.“
    Warum ist die PSLV so eigentlich so viel besser? Dämpft die im Vergleich zur VEGA deutlich größere Oberstufe wirklich so viel mehr?

  4. Auf jeden Fall gibt es bei der Antares keine Stufe oberhalb des Castors. Aber die Cygnus selbst wird wohl dämpfen.

    Das Problematische bei Feststofftriebwerken sind vor allem niedrigfrequente Spitzenbelastungen die die Nutzlast kräftig durchschütteln. Sie werden auch als Grund für das enorme Trockengewicht der ESC-B angeführt (bei der Oberstufe der Ariane 6 komischerweise aber nicht)

  5. Die relevanten Schüttellasten treten üblicherweise zwischen 20 und 2000Hz auf mit unterschiedlicher Intensität bei verschiedenen Frequenzen. Dieses sog. Rauschspektrum (oder Power Spectral Density PSD) wird immer vom Betreiber der Rakete gegeben. Das Spektrum kann zu einer Zahl – der g_rms – zusammengefasst werden. Bei der PSLV z.B. liegt der bei 4.5g, bei Sojus/Fregat bei 5.6g und bis zu 11.4g bei Atlas V.
    Obwohl wir mit Arianespace wegen eines VEGA-Starts verhanndelt haben und sogar extra nach Paris gefahren sind, haben wir diese Zahlen nicht bekommen. Das was kurz vor dem zweiten Qualifikationsflug; es hätten also schon echte Messwerte vorliegen müssen. Selbst im aktuellem Users Manuel (April 2014) sind diese Werte nicht zu finden. Unter anderem deswegen und wegen des Preises haben wir uns dann gegen VEGA entschieden.
    Meist bauen wir aber Instumente. Da kommt das PSD von Satelliten und ist abhängig von der Satellitenkonstruktion, der Position des Instumentes auf dem Sat. usw. Üblich sind hier Werte zwischen 6 und 14g. (In der Dragon z.B. gemütliche 4g) Bei unserem aktuellem VEGA-Projekt sind es 25g!!
    Das ist für Optiken besonders unangenehm, weil sie aus verschiedenn Gründen isostatisch aufgehängte Komponenten haben. Diese Aufhängungen verstärkten die Anregung noch. Wir kommen aktuell auf Werte bis zu 200g.
    Kurz: wir Instrumentenbauer mögen Feststoffraketen überhaupt nicht.

    Der Hauptvorteil ist der im Vergleich zu Flüssigraketen regelrecht primitive Aufbau. Diese geringere Komplexität wirkt sich auf die Zuverlässigkeit und den Preis aus. Das Know-How liegt hier aber im Treibstoff.
    Der wohl größte Nachteil aber ist, dass Feststoffmotoren nicht regelbar sind. Sie sind noch nicht mal ohne weiteres abschaltbar!! Man könnte theoretisch eine große Öffnug an der Seite aufsprengen, wodurch der Druck stark abfällt und die Verbrennung gestoppt wird. Ob das bei Ariane möglich ist, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht wie der Schubabfall aussehen würde.
    Wenn die Kerze angezüdet wird gibt es kein Halten mehr. Die Feststoffbooster der Ariane V liefern über 80% des Schubes. Wenn nur eine der Booster zünden sollte, oder mit einer Verzögerung, dann zerreist es die Rakete. Das ist noch nicht pasiert (zum Glück auch nicht beim Shuttle), weil die Zuverlässigkeit sehr hoch ist, aber dagegnen kann nichts getan werden.
    Die Zündung erfolgt mit einem kleinen Feststoffmotor innerhalb der Treibstoffblocks. Die heißen Gase entzünden dann den Feststoff.

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