Die ISS und die bemannte Marslandung

Früher preiste man die Raumstation als notwendig für eine bemannte Marslandung. Als man Freedom, den Vorläufer der ISS konzipierte, war gedacht, dass man dort dann die Hardware für die Marslandung zusammenbauen und auf den Weg bringen sollte. Das war zu einer Zeit, als man die Arbeit im Weltraum beträchtlich unterschätzte, auch Freedom erforderte nach den Planungen enorm viele Montagestunden im All. Als sich dies nach ersten Erprobungen von Arbeiten im Shuttle-Nutzlastraum als zu aufwendig herausstellte legte man ISS einfacher aus, weniger Montagestunden erfordernd. Von der Montage von Equipment mal ganz zu schweigen.

So war der Stand auch noch bis heute. Die NASA macht seitdem immer wieder Untersuchungen im Abstand einiger Jahre, wie die Marslandung basierend auf den heutigen Möglichkeiten der Technik ablaufen könnte und alle diese Untersuchungen gehen von dem Start kompletter Module mit Schwerlastraketen von der Erde aus. Eine Raumstation kommt in ihnen gar nicht vor.

Nun ist etwas Bewegung hereingekommen. Den Anfang machten der Start der neuen ISS Besatzung, die nun ein ganzes Jahr an Bord der Station bleiben soll. Bisher blieben die Astronauten maximal 180 Tage an Bord. Verwendet man chemische Energie für den Antrieb, aber sofern es nicht enorm viel ist, auch elektrische Energie, so dauert eine Marsexpedition aus himmelsmechanischen Gründen rund 33 Monate, davon typisch 220 bis 260 Tage für den Hin oder Rückflug und der Rest dann beim Mars (in der Umlaufbahn oder auf dem Boden). 360 Tage sind also nur etwas mehr als ein Drittel der Gesamtdauer. Es sollen dann noch Flüge folgen, bei denen die Besatzung solange wie in der interplanetaren Phase an Bord der Station ist, getrennt durch eine Phase von eineinhalb Jahren auf der Erde (soll die Landung auf dem Mars simulieren).

Nun gibt es nicht nur die erneut aufgekommene Marsbegeisterung für diese Pläne. Zumindest der jetzige 360 Tage Flug wurde von Russland durchgeboxt, die längere Aufenthalte an Bord der ISS wollte, damit sie mehr Weltraumtouristen starten kann. Das musste sie nach Fertigstellung der ISS und der Stammbesatzung von 6 Personen vor 5 Jahren einstellen. Die gerade gestartete Mission bietet zwei Sitzplätze. Einer wurde schon an die Sopranistin Sarah Brightman vergeben.

Es scheint der NASA aber nun auch etwas an der Vorbereitung einer Marslandung zu liegen. Sie hat neue Pläne für die Zeit nach 2020, wenn nach derzeitigen Beschluss die ISS Nutzung ausläuft. Die UA wollen bis 2024, eventuell 2028 weitermachen, seitens Russland gibt es auch eine Absichtserklärung bis 2024 doch Japan und Europa haben sich noch nicht zu einer weiteren Verlängerung durchgerungen. Nach Vereinbarungen mit den Raumfahrtbehörden müssen dann ihre Module abgekoppelt werden . Die NASA hat Untersuchungen angestellt wie man die Raumstation danach sinnvoll nutzen kann, schließlich entfallen zwei drei Labormodule. Ein umsetzbarer Vorschlag ist es, die schon teilweise fertiggestellten Module (CAM und US-Wohnmodul) zu starten und anzukoppeln. Das Zentrifugenmodul CAM könnte soweit umgebaut werden, dass man mit der Zentrifuge nicht nur kleine Bioproben sondern auch Menschen rotieren kann. Der Durchmesser ist zwar zu gering, um 1 g zu erreichen, doch 0,5 g an dem Ende und 0,2 g an der Mitte (korrespondierend mit Füßen und Kopf bei normaler Lage) werden erreicht und das könnte sich nach Ansicht der NASA schon positiv auswirken, wenn man die Zentrifuge ein bis zwei Stunden pro Tag nutzt. Auf jeden Fall will man es ausnutzen. Als zweiter Schritt könnte man eine größere Zentrifuge in einem aufblasbaren Modul starten. Der für 1 g notwendige Durchmesser von 7 m wäre in herkömmlichen Modulen nicht unterbringbar. Die Technologie von aufblasbaren Modulen will die NASA mit einem von Bigelow kostenlos gestarteten Modul nächstes Jahr erproben. Es wird als zusätzlicher Passagier bei einem CRS-Versorgungsflug mitfliegen. Bigelow plant Module mit 12,8 m Durchmesser, also erheblich mehr als man für eine Zentrifuge braucht.

Größere Pläne hat man für das bisher nur als Druckhülle vorliegende US-Wohnmodul vor. Es sollte ursprünglich mal die Mannschaftskabine mit Küche bilden. In ihm will man eine Luftschleuse am Ende anbringen und einen großen 3D-Drucker installieren. Der mit dem vorletzten ATV gestartete 3D-Drucker der ESA funktioniert prächtig an Bord der Raumstation und wird schon genutzt um abgebrochene und defekte Plastikteile zu ersetzen. Der im Labor eingebaute wird aber nicht Plastik nutzen, sondern Aluminiumpulver und er wird das ganze Labor ausfüllen. Er kann so bis zu 05 x 0,7 x 1,3 m große Teile fertigen. Gedacht ist am ersten Schritt an die Stützstrukturen die man außen hat wie z.B. die Rahmen von Solarpaneelen. Sie sollen dann von der Besatzung mit Solarzellen belegt werden und man will so erproben ob man diese funktionieren indem man sie außen installiert und mit dem Stromnetz verbindet.

klappt dies so wird in einem weiteren Schritt (noch offen, bestimmt erst nach 2024) dieser 3D-Drucker die Teile für einen größeren 3D-Drucker fertigen, der von Astronauten an der Außenseite der Station montiert wird. Dieser könnte die Rahmen- und Stützstrukturen größerer Bauteile für die Marsexpedition fertigen. So ist die Größe aller Landebauteile derzeit durch den Durchmesser der Trägerrakete vorgegeben. Das ist ein ziemliches Handicap für den Transport von Mannschaftsquartieren, wie auch sperriger Ausrüstung zumal der Hitzeschutzschild nicht die völlige Nutzung des Durchmessers erlaubt. Aufblasbare Schilde wurden schon vorgeschlagen, halten die Temperaturbelastung aber nicht aus. Mit einem 3D Drucker kann man die Stützstruktur für einen großen Hitzeschutzschild erstellen und ihn dann mit auf der Erde gefertigten Kacheln belegen. Man wird so zwar nicht Masse einsparen, aber viel Aufwand den man sonst treiben müsste um Equipment möglichst kompakt zu fertigen.

Den Abschluss werden dann eine Reihe von Missionen mit der Orion bilden. Diese soll an ein US-Modul ankoppeln, es ablösen und mit den Treibstoffvorräten einen elliptischen Orbit erreichen, der bis zu 5.000 km von der Erde wegführt. Dabei durchquert die Besatzung den inneren Van-Allen Gürtel rund zehnmal pro Tag. Sie erhält eine Strahlendosis die dreimal höher als auß0erhalb des Erdmagnetfeldes. 70 Tage in diesem Orbit entsprechen dann der Hin- oder Rückreise. Eine zweite Mission wird 160 tage dauern und die 500 Tage auf dem Mars mitsimulieren (bedingt durch die Oberfläche reduziert sich die Strahlenbelastung auf die Hälfte, die Atmosphäre hilft auch noch etwas). Eine letzte, 230 Tage lang dauernde Mission, wird dann die komplette Strahlenbelastung einer Marsexpedition simulieren. Durch die Treibstoffvorräte der Orion ist nur mit diesem Vehikel diese Mission möglich. Gleichzeitig dient sie als Rettungsboot, wenn die Messungen zeigen, dass das Risiko für die Besatzung zu groß werden.

Kritiker werfen der NASA vor mit diesen Vorhaben nur den betrieb der ISS zu finanzieren auch wenn sie nicht mehr international ist. So werden alle Mittel für den 3D-Drucker aus dem Ressort Space and Technologie kommen und die Flüge in den Van Allen Gürtel werden aus dem Exploration Budget finanziert, also dem Budget das derzeit am stärksten wächst und mit dem SLS und Orion finanziert werden.

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