Die ESA und Sierra Nevada
Sierra Nevada und die ESA haben ein Abkommen geschlossen. Die ESA wird 33 Millionen Euro in die Fertigstellung des Designs eines Docking-Adapters und ein Flugmodell investieren. Dieser Adapter wird beim ersten Koppeln des Dream Chasers eingesetzt werden. Weitere müsste Sierra Nevada dann selbst finanzieren. Die ESA hat schon 20 Millionen Euro in den Docking Adapter investiert. Weiterhin soll ein Start des Dream Chasers mit einer Ariane 5 weiter untersucht werden. Das hat Wörner als er noch Chef der DLR war schon vorgeschlagen.
Was ist davon zu halten. Nun oberflächlich wohl sicher die Fortsetzung der „Wir wollen Astronauten im Orbit“ Politik des DLR die auch dazu führte das Deutschland bei allen bemannten Programmen aber auch beim ATV Hauptfinanzier war. Nun ist Ex-DLR Chef Wörner ESA Chef geworden. Mit dem Dream Chaser, der ursprünglich ja bemannt starten sollte und sich beim CCDev beworben hat, käme man so doch noch zu einem Gefährt. Die Pläne für ein bemanntes ATV musste man ja begraben, weil die anderen europäischen Länder nicht mitzogen.
Aber sehen wir es mal genauer an. Zuerst einmal begrüße ich die Wahl des Dream Chasers als Transportvehikel. Das Orbital und SpaceX wieder dabei sein würden, war mehr oder weniger schon klar. Jeder Neuankömmling hat selbst, wenn die NASA die Auswahl ohne Berücksichtigung von CRS1 trifft, den Nachteil das die Transporter von Orbital und SpaceX existieren, ein neues Gefährt aber erst entwickelt werden muss und da gab es sowohl bei Orbital wie SpaceX drei Jahre Verzögerung. So war klar, dass die beiden wieder zum Zuge kommen. Schon um die Versorgung eines Minimum zu sichern. Das CST100, nun „Starliner“ getauft wäre auch verfügbar gewesen, bis die Transporte stattfinden sollten. Doch die Fracht Kapazität ist zu klein. Einzig der Dream Chaser ist schon zumindest in einem Prototypstadium. So fiel wohl die Wahl auf ihn.
Ich halte den Dream Chaser für wichtig aus zwei Gründen: Zum einen sollte man nicht die Technologie eines Gleiters verdammen, nur weil der erste Anlauf mit dem Space Shuttle zu teuer war. Der Dream Chaser erlaubt einen zweiten Blick auf einen kleineren Gleiter, der nicht das können muss was jede Trägerrakete auch kann (unbemannte Satelliten starten) und er profitiert von den Erfahrungen mit dem Shuttle und der heutigen Technologie. Als zweites ist der Gleiter ideal für die Versorgung: er ist wiederverwendbar, anders als die meisten anderen Gefährte. Die Dragon soll es angeblich sein, doch ich traue dem genauso viel wie der Wiederverwendung der Falcon 9 – in der Theorie ja, praktisch hat es SpaceX noch nicht beweisen. Wenn ja ob sie wirtschaftlich ist ist eine andere Frage. Zudem ist der Einsatz des Dream Chasers ungefährlich – es wird nur Fracht transportiert.
Ob Sierra Nevada noch einen zweiten Adapter braucht, wird sich zeigen. Wenn die Firma intelligent ist braucht sie keinen zweiten Adapter außer sie baut zwei Gefährte. Er kann auch im Gefährt und nicht im Cargo Modul eingebaut werden. Das Cargo Modul soll nach Angaben ein Verlustgefährt sein. Mit weiteren Aufträgen als Belohnung für die Vorinvestition würde ich also nicht rechnen.
Kann man mit Ariane 5-Startaufträgen rechnen? Meiner Ansicht wohl kaum. Genaues weiß man nicht, aber folgendes ist bekannt:
- Die bemannte Dream Chaserversion wiegt 11,3 t
- die unbemannte hat ein Cargo Modul, das vor dem Wiedereintritt abgetrennt wird und mit maximal 3.250 kg Müll verglüht.
- Es transportiert 5000 kg unter Druck und 500 kg ohne Druck zur ISS und 1750 kg zurück zur Erde.
Nun eine kleine Überschlagsrechnung. Die MPLM nahmen 9,4 t Fracht bei 4,5 t Masse auf. Die 500 kg ohne Druckausgleich kann man sicher fest im Frachtraum anbringen. Bleiben die 5 t mit Druckausgleich. Dafür bräuchte man, wenn man die Masse der MPLM anlegt, ein 2,4 t schwere Frachtmodul. Wenn man einen Teil vorne unterbringt (der Platz steht ja für 1.750 kg Fracht zur Bergung zur Verfügung) auch ein kleineres. So kommt man auf eine maximale Startmasse von <19,1 t. Wahrscheinlich weniger, weil eine unbemannte Dream Chaser alle Systeme weglassen kann die man für eine Besatzung braucht. Das liegt nahe bei den 18,8 t Maximalnutzlast einer Atlas 551 in den LEO (der schwere Dream Chaser wird die 552 Version einsetzen, doch für die gibt es keine Nutzlastangabe). Die Ariane 5 könnte 20,75 zur ISS entsenden. Das wären 1,6 t mehr wobei etwa 1 t als Nutzlast ankäme. Mit einem etwas größeren Frachtmodul also auf den ersten Blick verführerisch.
Doch es hängt stark vom Startpreis ab. Die Atlas hat einen hohen Grundpreis. Mehr Booster kosten wenig mehr. 2011 zahlte die NASA 190 Millionen Dollar für die Atlas 551 die Juno transportiere, zwei Jahre später 187 Millionen für eine Atlas 401. Nun will ULA den Startpreis dieser kleinsten Version auf 100 Millionen Dollar senken. Da erscheint ein Start mit Ariane 5 (160 bis 170 Millionen Euro) selbst bei mehr Nutzlast unvorteilhaft. Für Sierra Nevada dürfte wichtiger sein, dass man ein Backupvehikel hat.
Die ESA könnte trotzdem profitieren – wenn sie über ihren schatten springt. Als letzte an der ISS beteiligte Raumfahrtbehörde hat die ESA einer Verlängerung ihrer ISS Beteiligung bis 2024 zugestimmt. Das kleine Problem: für die Jahre ab 2021 muss sie Kompensationsleistungen erbringen. Von 2007 bis 2017 waren dies fünf ATV. Für 2018 bis 2020 zwei Orion Servicemodule. Doch glaube ich nicht, dass die NASA die Servicemodule nun dauerhaft in Europa kaufen wird. Wenn man aber den Dream Chaser mit einer Ariane 5 starten kann, warum nicht mit ihm die Fracht als Europas Beteiligung transportieren? Die ESA musste 28 t Fracht für 10 Jahre Betrieb transportieren. Vier Jahre von 2021 bis 2024 wären dann 11,2 t. Das wäre mit zwei Dream Chaser Starts zu schaffen. Man müsste zwar das Gefährt von Sierra Nevada mieten, aber zumindest die Trägerrakete baut man selbst. vor allem ist es sicher billiger als nochmal ein ATV 2.0 zu bauen mit neuen Entwicklungskosten. Die Beteiligung Europas kann in Form von Leistungen (Fracht) erfolgen oder durch Zahlung – dann wären es 150 Millionen Euro pro Jahr. Ich glaube kaum, das zwei ATV die man neu konstruieren müsste, für 600 Millionen Euro zu starten sind. Der letzte kostete 450 Millionen Euro. Wenn ein gemieteter Dream Chaser mit Modul weniger als 140 Millionen Euro kostet, macht man sogar Gewinn. Und natürlich kann man die Lösung auch weiterhin einsetzen. Die USA haben sich ja schon für einen Betrieb bis 2028 entschieden. Wenn die Ariane 6 ab 2021 zur Verfügung steht wird der Start sogar billiger und dann kann man auch mit der Atlas konkurrieren.
Zuletzt könnte, wenn einige Frachtflüge erfolgreich absolviert wurden, man ja erneut über den bemannten Einsatz nachdenken. Sierra Nevada verlangte bei CCDev 2,55 Milliarden Dollar für die Entwicklung einer bemannten Version. Das wäre ein Preisschild das sich auch die ESA leisten könnte, zumal damit auch die Entwicklung des Dream Chasers mitfinanziert wird, nicht nur eine „Manned“ Version. Ich würde schätzen, das eine bemannte Version der Frachtversion weniger als 2 Milliarden kosten könnte, vielleicht auch nur 1 Milliarde. Dann hätte auch Europa die Möglichkeit mehr Astronauten zur ISS zu entsenden.
Das setzt natürlich voraus das man betriebswirtschaftlich denkt und nicht wie bisher nach dem Schema „wir machen alles selbst auch wenn es viel mehr kostet als die Leistung einzukaufen“. Das dürfte wohl das größte Hindernis sein. Das ATV wurde aufgegeben, weil man das Nachbauen von Transportern als technologisch nicht herausfordernd genug empfand. Diese Haltung hat übrigens auch Wörner kritisiert. Recht hat er.
diese Video zeigt mission Ablauf einer Unbenannten Cargo Flug zur ISS
https://www.youtube.com/watch?v=eHvBUqfWDRs
Ein teil der Nutzlast ist extern am Adapter montiert und muss mit robot arm der ISS geborgen werden.
der angeben Start preis von SNC is utopisch, es sei SpaceX schafft es ihre Falcon heavy wiederverwendbar machen können.
(Die bis jetzige lande versuche sind nach SpaceX nur versuche in wieder Verwendbarkeit)