Der DAV und das Fernsehen

Heute mal wieder etwas Abwechslung und kein Raumfahrtaufsatz. Mir fallen auch andere Dinge negativ auf, vor allem „So Called Verbrauchersendungen“. Mein absoluter Liebling ist Yvonne Willicks, die durch ihre profunde Vorbildung (studierte vier Jahre lang Sozialpädagogik, brach das Studium ab und machte schließlich eine Lehre zu Hauswirtschaftsmeisterin richtig geeignet ist für Sendungen über Lebensmittel und Ernährung. Und da kam wieder ein von ihr diesmal mit fachkundiger Unterstützung von jemand, der dumme Fragen stellte (Jon Christoph Berndt, hat Politologie studiert und arbeitet nun als Unternehmensberater, ist also noch höher qualifiziert als Willicks) und einer Gruppe ausgesuchter DAV. Als Mitglied der Tschernobyl und Harrisburg-Generation weiß ich natürlich, was ein GAU ist. Später lernte ich als Programmierer noch den DAU, den Dümmsten Anzunehmenden User kennen und seit ich Verbrauchersendungen anschaue, kenne ich noch den DAV – den dümmsten anzutreffenden Verbraucher. Dort werden Selbstverständlichkeiten als Sensation aufgebaut und alles ist Betrug. Das geht soweit, dass solche Sendungen monieren, das Kalbsleberwurst keine Kalbsleber enthält – das hat sie noch nie, obwohl das Rezept traditionell ist, mindestens seit 1953 in der ersten Ausgabe der Leitsätze steht, wahrscheinlich aber noch älter Kalbleberwurst heißt so, weil sie Kalbfleisch enthält. Das ist so erfolgreich, das es tatsächlich inzwischen Kalbsfleisch-Leberwurst im Supermarkt gibt. Ein Tipp: Bierwurst (auch Bierwecken) enthält kein Bier, Teewurst keinen Tee und Jägerwurst keine Jäger. Damit kann Willicks noch drei Sendungen füllen.

Diesmal ging es wieder um zwei Dauerbrenner das eine waren Werbeversprechen auf Lebensmittel und das zweite waren Lebensmittel mit „Zusatznutzen“ oder Functional Food wie man auch dazu sagt. Zu letzterem Originallaut Berndt (ja der heißt so): „Da steht: Mit Antioxidantien, wissen sie, was das ist?“ Natürlich wusste keiner der anwesenden DAV, was Antioxidantien sind. Also viel gestelzter ging es nicht mehr. Sorry, aber nach Jahrzehnten, in denen die Industrie den Leuten erfolgreich eingebeult hat, das Antioxidantien gesund sind und je nach Auslegung Erkältungen heilen, Krebs vorbeugen oder das Altern verzögen – keine der Behauptungen ist übrigens wissenschaftlich belegt – noch Leute zu finden, die noch nie den begriff „Antioxidantien“ gehört haben ist schon eine Leistung. Weitere Leistungen des Comoderators bei einem der „üblichen Verdächtigen“ (einem Lebensmittel das garantiert in jeder zweiten Verbrauchersendung auftaucht) Cornflakes für Kinder war die Frage „30 Prozent weniger Zucker als Was?“ Ja als was wohl. Der Mann meint, die Aussage wäre sinnlos, jeder normale würde wohl auf die richtige Antwort kommen: Weniger als normale Cornflakes. So ist das sogar EU-weit sanktioniert. Man muss nicht angeben weniger als was, sondern gemeint ist immer das herkömmliche Produkt. Bei solchen Sendungen beschleicht mich immer das Gefühl, die gängige Vorstellung, dass der IQ einer Gausschen Verteilungskurve folgt, kann nicht stimme, das passt auch zu meiner Beobachtung – es gibt definitiv mehr Doofe als Schlaue. Ich meine, ja der IQ gehorcht der Geschwindigkeitsverteilung bei Gasen (Maxwell-Bolzmannverteilung), das ist eine Kurve, bei der der Mittelwert nicht beim häufigsten Wert liegt, sondern links davon. Die Kurve läuft spitz aus, was sehr seltene Hochbegabungen erklärt – wäre der IQ wie eine Gausskurve verteilt so müsste es für einen IQ von 150, der ab und an vorkommt auch einen mit 50 als Gegengewicht geben.

In der Sendung ging es auch um Versprechen, die nun ja weitestgehend von der EU gekippt wurden und um „Gesunde Lebensmittel“ und die Kennzeichnung. Immerhin hat man dort erkannt, dass die „Ampel“ keine Lösung ist. Schlicht, und einfach weil Lebensmittel zu unterschiedlich sind und selbst von Ernährungsorganisationen empfohlene Lebensmittel bei der Ampelkennzeichnung einige Rote Marken bekommen würde, wie Käse z.B. für Salz, Fett und gesättigte Fettsäuren. Stattdessen sollen nach Ansicht einer Ernährungswissenschaftlerin nun auch die positiven Stoffe ausgezeichnet werden – macht es dann wieder kompliziert und die Ampel soll ja gerade alles vereinfachen. Aber die hat das ja auch studiert und ist daher für eine solche Sendung völlig ungeeignet als Berater. Aber es geht ja um gesunde Produkte.

Ja wirklich: „Gesundes Essen“. Alle DAV bitte nun aufhören zu lesen, ihr könntet was lernen: Es gibt kein gesundes Essen. Alles ist gesund, auch Schokolade, Chips und rotes Fleisch. Es kommt nur auf die Menge an. Wasser baucht jeder zum Leben. Ohne Wasser stirbt man nach wenigen Tagen während man auf die meisten Lebensmittel Wochen oder monatelang bei vielen lebenslang, verzichten kann. Man kann sich aber auch in kürzester Zeit mit Wasser umbringen. So schon mehrmals bei Trinkwettbewerben geschehen. Trinkt man zu viel Wasser in zu kurzer Zeit, so können die Nieren es nicht mehr ausscheiden und man stirbt. Auch andere so als gesund postulierte Lebensmittel sind nicht so gesund wie gedacht. Man hat einmal in einem Experiment rausfinden wollen, in wie weit wir uns in der Ernährung von unserem nächsten Verwandten den Menschenaffen entfernt haben und ob wir noch mit deren Kost zurechtkämen. So bekamen Probanden das Gleiche wie die Schimpansen im Zoo: rohe Früchte und Gemüse. Also Dinge, die ganz gesund sind und die wir doch viel und häufig essen sollen. Die DGE hat sogar eine eigene Kampagne dazu laufen. Das Experiment musste bald abgebrochen werden. Alle Probanden hatten verschiedene wenn auch leicht unterschiedliche Bauch- und Armbeschwerden. Die Wissenschaftler kamen zu zwei Schlüssen: Erstens die Probanden konnten die für die Energieversorgung notwendige Menge gart nicht essen – bei den 8400 kJ die man für eine 60 kg schwere Frau als Normbedarf angibt, sind das bei typisch 150 bis 300 kJ pro 100 g Energiegehalt von Obst rund 2,5 bis 5 kg am Tag, bei Gemüse, das unterhalb von 100 kJ pro 100 g liegt noch mehr. Der Kauapparat ist nicht für diese Mengen an roher Nahrung ausgelegt. Das wundert nicht: kochen wir doch die Nahrung seit Hunderttausenden von Jahren und Werkzeuge zum Zerkleinern gibt es noch länger. Doch abbrechen musste man, weil das Verdauungssystem mit den Nahrungsmengen nicht fertig wurde. Es kann hier daran liegen, dass man die Nahrung nicht ausreichend zerkleinert hat und so die Passagezeit zu lang war, aber die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass unser Körper auch bei püriertem Obst nicht mit der Menge zurechtkommt. Also: zu viel Obst und Gemüse ist nicht gesund!

Umgekehrt, mal als Tipp für die Hersteller von den von diesen Sendungen als „Bäh-Produkte“ gebrandmarkten, wie hier die Cornflakes von Vitalis: Belegt eure Aussagen einfach mal wissenschaftlich. Ihr braucht dazu nur ein Flüchtlingscamp, am besten eines, wo Hungerflüchtlinge sind, z. B. aus Äthiopien, es gehen aber auch andere Flüchtlinge, die schon Strapazen und eine Odyssee hinter sich haben. Die Anwesenden teilt ihr in zwei Gruppen ein, die Versuchsgruppe und die Kontrollgruppe. Die Kontrollgruppe bekommt ihre UN-Nahrungsration und die Versuchsgruppe nun noch zusätzlich das Produkt, dass ihr bewerben wollt, wie Knuspermüsli, Chips, Joghurts mit lebenden Kulturen. Ihr untersucht regelmäßig den Gesundheitszustand und bestimmt elementare Blutwerte. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn die Versuchsgruppe nach kurzer Zeit nicht besser dasteht. Ganz einfach weil die Rationen gerade mal den Mindestbedarf decken. Für Leute, die schon Gewicht verloren haben oder unter Mangelernährung leiden, sind diese so von Willicks und Berndt gebrandmarkten Produkte nämlich höchst „gesund“. Und die nehmen gerne auch das Müsli mit normalem Zuckergehalt. Das dürfte sogar noch „gesünder“ sein als das mit reduziertem – zumindest bei dieser Personengruppe. Die Formen könnten dann mit wahren, wissenschaftlich abgesicherten Botschaften werben, wie „Hilft Mangelernährung vorzubeugen“.

Kurzum: ob etwas gesund ist oder nicht hängt von der Menge ab und vom eigenen Gesundheitszustand. Das hat schon Paracelsus erkannt der wusste, dass nur die Dosis ein Gift ausmacht und heute nutzen wir viele Gifte als Medikamente von Botulinus-Toxin über Digitalis bis zu Atropin. Es kommt nur auf die Dosis an. Etwas zu viel Botulinis-Toxin und man hat eingefrorene Mimik und viel zu viel und man ist tot.

Schön für die „So called Verbrauchersendungen“, dass es den DAV gibt. So kann man ganze Sendungen über Selbstverständlichkeiten machen, und weil der DAV das Erinnerungsvermögen eines Goldfisches hat, kann man das wiederholen – nichts von den Themen in dem reißerischen Titel „WDR-Achtung Mogelpackung! Yvonne Willicks deckt irreführende Gesundheitsversprechen auf“ war neu. Leider bedeutet der Erfolg dieser Sendungen, dass man immer mehr solcher Sendungen mit einem Informationsgehalt bekommt, der gegen Null geht. Ich möchte nicht wissen, wo das Fernsehen in 20 Jahren ist? Da wo heute schon RTL II ist oder noch etwas tiefer?

Vielleicht sollte ich das auch mal probieren. Blogs schreiben mit dem Titel: „ Achtung Mogelpackung! Bernd Leitenberger deckt irreführende SpaceX-Versprechen auf“ und dann ganz banales schreiben, wie das die Falcon Heavy schon 2013 starten sollte. Aber dann würde ich mich wohl nur auf das Niveau der DESA (Dümmste existierende SpaceX Anhänger“ begeben …

5 thoughts on “Der DAV und das Fernsehen

  1. Ist zwar offtopic, trotzdem:

    Noch eine „Aufklärungssendung“ made by Bernd für WDR (Auf RTL II Niveau sinken wir mal nicht):

    Skandal: Elektro-Autos sind in normalen Garagen verboten! Müssen die ÖKOs alle Laternenparken?

    Tatsächlich eigentlich schon, denn in der normalen Kfz-Garage dürfen Akkus ab einer
    gewissen Größe nicht mehr abgestellt werden…

    Ach ja, in einem Zigeunerschnitzel ist nur ein Anteil von 0,00000000001% von Zigeunern zu finden! (Außer ein Zigeuner hat das Schnitzel gebraten!)

  2. Das gilt nur für Deutschland.
    Bei uns in der Überbaueng in Norwegen, gibt es zahlreiche Elektroautos in der Garage. Wir haben auch eine Regelung, was man tun muss um einen Ladepunkt an seinem Platz installieren zu können.

  3. „Zigeunerschnitzel“ – darf man das überhaupt noch so nennen? Muss es nicht Romaschnitzel heißen (obwohl da auch wenig Rom drinnen ist), analog zu den Schokoküssen die ja auch nicht mehr Mohrenköpfe und Negerküsse heißen dürfen.

  4. Die Kasperei mit unerwünschten Worten ist auch so ein Idiotenwitz. Ich warte schon seit Jahren darauf, daß man das Drogenproblem dadurch lösen will, daß man das Wort „Drogerie“ verbietet. Das bringt zwar absolut nichts, aber man kann (mit viel Rummel) so tun als ob man etwas getan hat.

  5. Zum Thema Ernährung:

    https://www.youtube.com/watch?v=9rWjb7t8cfo&list=PLuKg-WhduhkksJoqkj9aJEnN7v0mx8yxC

    „Gesund“ ist halt inzwischen ein „First World“ Begriff geworden.

    Und die Leute fallen halt auf jeden schmuss rein ,wo „natürlich“ raufgestempelt wird.

    (Aktuelles U.S. Beispiel: Sognannte „Lotusgeburten“, wo die Nabelschnur nicht sofort abgeklemmt wird. Soll angeblich besser fürs Immunsystem des Babies sein. Ob die jeweilige Mutter anschließend ihr Kind mit „Super Foods“ umbringt, ist eine andere Frage.)

    Und über „Paleo“ will ich gar nicht erst reden ,das ist ja auch inzwischen das neue „Vegan“….

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