Die Lösung für ein überflüssiges Problem: Wo benötige ich mehr Energie – für eine Mars oder Mondlandung?

Hallo Miteinander, ich bin noch immer beim Kunden am Programmieren, sodass es auch diese Woche nur einen Blog gibt, vielleicht nächste Woche mehr, da müsste ich fertig werden. Es geht in dem heutigen Blog um – wie der Titel schon sagt – überflüssige Frage, wofür man mehr Energie benötigt: für eine Marsmission oder eine Mondmission. Normalerweise scheibe ich ja Geschwindigkeit, weil die ein Raumschiff erreichen muss und sie nach e=1/2 mc² mit der Energie zusammenhängt. Aber weil man zwischendurch Bremsen und Beschleunigen muss, fand ich das etwas verwirrend.

Die Frage ist deswegen überflüssig, weil man die Missionen nicht vergleichen kann. Man kann zum Mars nicht mit einer Kommandokapsel wie bei Apollo fliegen und dort nicht mit einem Lunar Module landen. Für die Reise wird man mehr als einige Kubikmeter Platz brauchen und eine andere Versorgung mit Verbrauchsgütern und Energie. Und das Lunar Module würde den Atmosphäreneintritt nicht überleben. Aber ich denke es ist eine ganz schöne Aufgabe für einen Blog.

Annahmen

Fangen wir mal mit den Annahmen an. Beide Körper haben elliptische Bahnen, der Abstand von der Erde schwankt also. Für den Mond habe ich 384.400 km vom Erdzentrum (378.000 km von der Erdoberfläche) angenommen. Für den Mars 227,7 Millionen km, das ist der mittlere Abstand des Mars von der Sonne.

Für beide Himmelkörper gibt es mehrere Missionsablaufmöglichkeiten. Will man nur die Gesamtenergie vergleichen, so bleibt nur die direkte Landung übrig. Bei jedem anderen Szenario haben wir zwei Raumfahrzeuge, wobei die Endmasse dann von der genauen Gewichtsverteilung zwischen diesen beiden abhängt. Die direkte Landung beim Mond gab es bei Surveyor. Beim Mars wäre der Mars-direct Plan von Zubrin ein Gegenstück.

Der spezifische Impuls der Raketenantriebe soll 3200 m/s betragen, leicht im Vakuum mit lagerfähigen Treibstoffen erreichbar. Der Strukturfaktor 10, ebenfalls ein konservativer Wert.

Die Mission beginnt in einem Erdorbit mit einer Startmasse von etwa 140 t bei 20 t Leermasse der letzten Stufe.

Geschwindigkeiten

Beide Missionen müssen zuerst in eine Transferbahn zum Mond. Beim Mars ist dies eine Sonnenumlaufbahn

mit einem Aphel in 227,7 Millionen km Entfernung. Zugleich muss man die Inklination der Bahn ändern. Um wie viel hängt ab, wo der Mars bei der Ankunft ist. Ich habe 0,92 Grad als die halbe Inklinationsdifferenz angenommen. Der Zusatzaufwand beträgt für diese Sonnenumlaufbahn 3200 m/s. Da man aber von einer Gravitationsmulde aus startet, ist er kleiner. In einer 200-km-Erdumlaufbahn beträgt die Fluchtgeschwindigkeit 11.018 m/s. Mit 11.473 m/s, also nicht mal 500 m/s mehr, ist man schon zum Mars unterwegs.

Beim Mond ist es etwas anders. Man muss ihn gar nicht erreichen. Es reicht bis zu dem Punkt zu gelangen, in dem die Mondgravitation die Erdgravitation überwiegt. Da die Kraft im Quadrat zum Abstand abnimmt und der Mond 1/81 der Erde wiegt, ist dies in 1/10 des Abstands der Fall, also 38.440 km vom Mondmittelpunkt oder 339.600 km von der Erdoberfläche entfernt. Die Geschwindigkeit in einer Ellipse mit einem Perigäum von 200 km Entfernung beträgt dann 10.914 m/s, etwa 100 m/s unter der Fluchtgeschwindigkeit.

Bei den Körpern angekommen, werden die Raumschiffe von den Körpern angezogen. Sie haben schon beim Erreichen der Übergangszone, wo die Gravitation von Mond bzw. Mars überwiegt, eine Geschwindigkeit, die der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Raumschiff und Körper entspricht und fallen dann, erreichen dann die Fluchtgeschwindigkeit plus einem Überschuss, der von der Ankunftsgeschwindigkeit abhängt. Man kann die Geschwindigkeiten nicht addieren, weil man sonst den Energieerhaltungssatz verletzt, sondern, muss die Zielgeschwindigkeit über die Gesamtenergie berechnen. Beim Mond hat die Sonde eine Restgeschwindigkeit von 1.074 m/s, beim Mars sind es 2.648 m/s. Beim Mond beträgt dann die Landegeschwindigkeit ohne Abbremsung 2.612 m/s. Beim Mars wären es 5.695 m/s.

Nur wird eine Sonde beim Mars zuerst durch einen Hitzeschutzschild abgebremst und dann ein Fallschirm eingesetzt. Selbst wenn es keinen Fallschirm gibt, erreicht ein Körper beim freien Fall nur eine Geschwindigkeit von etwa 100 m/s. Diese Geschwindigkeit müssen dann Raketentriebwerke abbauen.

In beiden Fällen kommen noch Verluste hinzu. Während die Triebwerke arbeiten, zieht der Körper das Raumschiff weiter an, so erhöht sich der Geschwindigkeitsbedarf um mindestens die Brennzeit der Triebwerke mal der lokalen Gravitationskonstante. Bei Surveyor waren so 350 m/s mehr veranschlagt. Bei Marsmissionen sind es typischerweise 250 m/s.

Der Rückstart ist dann eigentlich eine Umkehrung der Landung. Beim Mond ist es ganz einfach – bei derselben Brenndauer erhält man denselben Geschwindigkeitsaufwand. Es kann sogar etwas weniger sein, weil man nicht zum Ende hin die Geschwindigkeit reduzieren muss. 250 m/s müssten ausreichen, das reicht für eine Brennzeit von 156 s, bei einer Beschleunigung mit 17 m/s erreicht man so die Endgeschwindigkeit.

Beim Mars ist es komplizierter. Neben der schon ermittelten Geschwindigkeit von 5695 m/s gibt es ebenfalls Gravitationsverluste und den Luftwiderstand. Die Gravitationsverluste sind höher wegen der viel längeren Brennzeit und der Luftwidderstand zwar klein aber nicht vernachlässigbar. Beim Mars ermittelte ich in einer Simulation bei einer Beschleunigung von anfangs 1 g Gravitationsverluste von 707 m/s. Bei 1,5 g sind es 419 m/s. Nehmen wir den höheren Wert von 700 m/s, so wären 6.395 m/s zu erreichen.

Beide Raumschiffe kommen mit hyperbolischen Geschwindigkeiten bei der Erde an. Man wird nicht erst in eine Erdumlaufbahn eintreten, sondern direkt landen, dann wird aber rein durch Fallschirme abgebremst, das heißt, für den Rest ergibt sich kein Bedarf eines Antriebs.

Bilanz

Fast man alle Daten zusammen, so kommt man auf folgende Tabelle.

Parameter Mond Mars
Übergangsbahn aus 200 km Erdumlaufbahn 3.124 m/s 3.683 m/s
Landung 2.962 m/s 250 m/s
Rückstart 2.862 m/s 6.395 m/s
Summe 8.948 m/s 10.328 m/s

Eine Marsmission wäre nach der Rechnung nur um 1.400 m/s „kostspieliger“ als eine Mondmission – wenn man denn die Kapsel auf dem Mond landen würde, wofür man eine Rakete in der Größe der Nova (200 t Nutzlast in einen Erdorbit) gebraucht hätte.

Freilich ist auch das nicht ganz korrekt. Denn anders als beim Mond muss man die Landestufe in eine aerodynamische Hülle verpacken. Die Kapsel selbst könnte wohl direkt landen, doch aus praktischen Gesichtspunkten wird sie auf der Raketenstufe stehen, die man braucht, um den Mars zu verlassen. Bisherige Marslander hatten nach der Landung noch etwa die Hälfte der Masse, die sie beim Atmosphäreneintritt hatten. Der Rest ist Treibstoff für die Endphase, Fallschirme, vor allem aber die Hülle und der Hitzeschutzschild. Bei einer Raketenstufe mit Kapsel mit viel größerer Masse und kleinerem Volumen (hohe Dichte der Treibstoffe) denke ich, sind 2/3 der Startmasse als Landemasse ohne Probleme erreichbar.

Massenbilanz

Damit kann man eine Rechnung anstellen. Ich gehe mal von 60 t in die Mondtransferbahn aus, das entspricht, wenn die letzte Stufe LOX/LH2 einsetzt, 50 t zum Mars (bei 20 t Trockenmasse und einem spezifischen Impuls von 4400 m/s). Daraus errechnet sich dann folgende Tabelle:

Parameter Mond Mars
Übergangsbahn aus 200 km Erdumlaufbahn 60 t 50 t
Landung 23,77 t 36,7 t (2/3 der Startmasse)
Rückstart 8,07 t 4,97 t
Nettomasse ohne Stufe 6,77 t 1,45 t

Der Unterschied ist deutlich. Das liegt an der hohen Trockenmasse der Marsstufe. Beim Mond kann man ja die Abstiegsstufe auf dem Mond zurücklassen. Modelliert man das Gefährt zweistufig, Startbeschleunigung jeweils 1,5 g Startbeschleunigung, so komme ich bei 36,3 t Startmasse auf eine Nutzlast von 3,8 t immerhin halb so viel wie beim Mond und nahe an der Trockenmasse der Apollokapsel.

Fazit

Könnte man die Astronauten monatelang in einer kleinen Kapsel einsperren, man käme mit einer Schwerlastrakete für die Marsmission aus. Da es aber nicht so ist, gehen die meisten Pläne von mindestens drei Starts aus, oft auch vier bis fünf, das hängt auch von der Nutzlast der Rakete ab.

2 thoughts on “Die Lösung für ein überflüssiges Problem: Wo benötige ich mehr Energie – für eine Mars oder Mondlandung?

  1. So weit alles richtig und schön aufgeführt.

    Der Vollständigkeit halber sollte man noch erwähnen, dass es noch etliche Varianten gäbe die hier nicht berücksichtigt wurden.

    Z.b. eine Rückkehrstufe, welche im Orbit bleibt (hilft vor allem beim Mars, muss dafür in den Orbit gebracht werden und Docking kostet Gewicht und komplexität…)‘

    Und vor allem wird ein Auftanken (insbesondere auf der Marsoberfläche) außer acht gelassen.
    Gerade zum Mars wird es sehr schnell über ISRO laufen. Gerade weil der Rückflug so viel Energie braucht und der Treibstoff dort anscheinend recht gut vorhanden ist 😉

  2. Dazu muss aber erstmal eine Treibstoffproduktion auf den Mars gebracht werden. Dazu Energieversorgung, Tanklager und Kühlanlagen, die auch wieder Energie brauchen…
    Bis das alles wirklich läuft, muss es erstmal ohne Marstankstelle gehen. Zumindest bei den ersten Flügen muss also der Sprit für die Rückkehr von der Erde aus mitgeschleppt werden.

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