Die SLS-Schnappsidee

Die SLS, noch hat sie ja keinen besseren Namen bekommen, wird sich trotz Rekordzuwendungen von (beantragt 3441 Millionen $ für Orion und SLS) im nächsten NASA-Budget weiter verspäten. Verwundern tut das keinen Experten, denn das Modell der gleichmäßigen Finanzierung anstatt des typischen Anstiegs bis zum Ende der Entwicklung hat noch nie funktioniert. Es kam unabsichtlich öfters zum Einsatz, wenn man die beantragten Summen nicht bekam und sich so die Entwicklung verlängerte. Immer wurde es teurer als geplant.

Nun hat die NASA eine wirkliche Schnapsidee. Anstatt das erste Orion mit einer SLS zu starten sollen es nun kommerzielle Raketen richten. Das Dumme nur: es gibt keine die die notwendige Nutzlast hat. Die NASA gibt die Masse eines voll befüllten Orion mit 57.000 US-Pfund, 25.848 kg an. Das ist das Maximum, das man je nach Mission aber nicht braucht. Die unterste Grenze ist ein Umfliegen des Mondes, wofür man nur wenig Treibstoff braucht. Rechnet man 200 m/s für Kurskorrekturen, so kommt man bei einer Kapsel von 10.387 kg und einem Trockengewicht des Servicemoduls von 8000 Pfund (3.630 kg) auf eine Startmasse von etwa 15 t, so viel wogen auch die Apolloraumschiffe im Erdorbit. Schwenkt man in eine Mondumlaufbahn ein, so braucht man meiner Rechnung nach, aber das volle Gewicht.

Die 15 t müsste eine Falcon Heavy gerade noch wuppen können, glaubt man der SpaceX Webseite. Nimmt man dagegen die von Führungspersönlichkeiten herausgeleakten Daten, dann kommt die Falcon Heavy ohne jede Bergung, gerade auf 15 t in den GTO, das würde also auch nicht reichen. Jede andere Rakete benötigte in jedem Falle mehrere Starts.

In Frage kämen sowieso nur leistungsfähige Raketen, denn selbst wenn man das Servicemodul im Orbit nicht auftankt, muss die Minimalnutzlast in einen Erdorbit 14,1 t betragen, wenn man es aufgetankt startet, sind es dann 26 t, was derzeit nur die Falcon Heavy transportieren kann. Doch das reicht nicht. Dann muss es ja den Erdorbit verlassen. Also müssen weitere Starts folgen, mit denen es zum Mond gelangt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie eine die letzte Stufe an der Orion belassen und dann aufzutanken oder sukzessive neue Stufen an das Orion ankoppeln, zünden und den Orbit schrittweise aufweiten. Da die Nutzlast für einen Mondorbit typisch ein Drittel bis ein Viertel der Nutzlast in den Erdorbit ist, macht das mindestens zwei, eher drei Starts nötig.

Dabei muss man dann Dinge beherrschen, die man noch nie gemacht hat, wie das Andocken einer Stufe an ein Servicemodul. Das ist etwas komplett anderes als das Andocken an die ISS. Dort gibt es Kopplungsadapter mit Anschlüssen und einer Führung des Sporns, der sich dann verhakt. Hier müsste man an den Abschluss der Tanks des Servicemoduls ankoppeln, ohne die Führung die es bei Kopplungsadaptern gibt und mit der Düse des Triebwerks als Hindernis. Wenn die Stufe angekoppelt bleibt und mehrfach aufgetankt werden soll müsste man an diese ankoppeln, und sie auftanken. Ebenfalls etwas was man noch nie gemacht hat. Zudem müsste sie ziemlich lange ihren Treibstoff kalt halten – die letzten Stufen aller US-Raketen haben ja keine lagerfähigen Treibstoffe mehr.

Kurzum: ich halte das für eine ausgesprochene Schnapsidee. Es fehlen die Verfahren das durchzuführen. Die müssten erst entwickelt werden, was ebenfalls Zeit kostet und vor allem kostet es auch Geld. Das Geld fehlt dann bei der SLS. Dadurch verzögert die sich dann noch weiter. Vor allem sehe ich keinen Grund zur eile. Es gibt ja keine Deadline wie bei Apollo, die Mission ist wissenschaftlich sinnlos, eine reine Testmission. Wann sie stattfindet, ist also egal. Die NASA will dagegen die Lösung schon in 15 Monaten haben – man kann froh sein, wenn man nur eine Trägerrakete bestellt und die ist nach 15 Monaten verfügbar. Üblich sind Vorlaufzeiten von 24 Monaten. Ich halte das technisch und zeitlich für fast unmöglich und zudem überflüssig. Eben eine Schnapsidee. Kann es sein, das die NASA die Veröffentlichung zeitlich falsch platziert hat und sie für den 1. April geplant war? Für einen Aprilscherz wäre es eine großartige Idee.

11 thoughts on “Die SLS-Schnappsidee

  1. Verstehe sowiso nicht wofür die NASA SLS und Orion braucht. Das Geld wäre doch sinnvoller in den Dragon 2 und CST-100 investiert das man endlich wieder selber ins All kommt. Wen man Dan jemals über den LEO hinaus will wird man die kapseln ja dafür weiterentwickeln können. Und durch entsprechende Bündelung von Falcon 9 oder Vulcan Erstufen wird man auch auf die SLS Nutzlast kommen. Eventuell noch eine Wasserstoffoberstufe für die Falcon 9 durch die NASA finanziert wäre doch um Welten billiger. Und die entsprechende Nutzlast würde man auch erreichen sie wäre auch noch besser skalierbar (1-7 Eratstufe)

    1. Das ganze Orion / SLS Programm ist ohne Ziel. Selbst bei optimistischen Schätzungen gibt es alle zwei Jahre gerade mal eine Mission, Mittel für die Oberstufe gibt es nicht, Ziele ebenfalls nicht. Was soll man denn machen ohne Mondlander? Den Mond umrunden?

      Eine LOX/LH2 Oberstufe für die Falcon 9 gibt es bereits. Die heißt Centaur oder auch DCSS. Nützt nichts wenn SpaceX nur selbst entwickeltes einsetzen will.

      1. Für eine Centaur oder DCSS als Oberstufe der Falcon würde man noch zusätzliche Infrastrukturen am Boden brauchen. Die Falcon tankt bisher ja „nur“ Flüssigsauerstoff und RP1, die Centauer aber statt RP1 Wasserstoff.
        Sicherlich machbar, aber bestimmt nur, wenn die NASA das wollen und finanzieren würde 😉

  2. Was für eine Nutzlast hätte den eine Falcon 9/heavy centaur? Und wäre es möglich eine Centaur auf die relativ große 2. Stufe einer Falcon 9 zu setzen um so eine dreistufige Rakete zu erhalten? Wie würde sich das auf die Nutzlast auswirken?

  3. Man macht es wie bei Gemini, nur in umgekehrter Reihenfolge. Erst wird die Gemini, spricht Orion auf die Reise geschickt, die kann notfalls Tagelang die Erde umkreisen, dann wird die Agena spricht die Kickstufe gestartet. Wie bei Gemini/Agena reicht eine einfache mechanische Befestigung zwischen den beiden Flugkörper und die Kopplung kann voll automatische durchgeführt werden, dies wurde bei der Dragon Demo Mission 1 durchgeführt.

    1. War das nicht eh das Konzept bei Constellation? Nur, das mit der Deparment Stage auch noch der Mondlander auf der Ares V gestartet worden wäre und die Orion (auf einer Ares I) bemenscht.
      Btw. könnte man ja dann selbst EM-2 so realisieren. Nur die Besatzung müsste noch extra mit einer CST-100/Crew Dragon starten, da weder Delta IV, noch FH manrated sind …

    2. Bei allen Gemini Missionen fand der Start des Targets 90 Minuten vor dem von Gemini statt. Mehrmals mussten die Astronauten wieder aussteigen weil er scheiterte.

      Der Unterschied zu Konstellation ist, das die Ares V ausgereicht hätte beides zu Starten. Der Ares I Start war aus Sicherheitsgründen und die Orion konnte an den Altair ankoppeln, beide hatten ja Koppeladapter

  4. Deswegen (*) ist übrigens die AtlasV meine Lieblingsrakete:
    * Atlas voll die „Kalte Krieg“-Raketenhistorie
    * Centaur die(!) us-amerikanische Oberstufe
    * und dazu russische Triebwerke, die einem sowjetischen Design entspringen und sicher auch Teil des Kalten Kriegs waren
    * und Feststoff-Booster auch noch…
    * und der „Oberhammer“ war dann der Flug mit einem privaten Transportanbieter und der Cygnus.

    Und wenn jetzt damit ein SpaceX-Dragon zur chinesischen Station geschickt werden würde… ein Traum für einen Mulit-Kulti-Spacken wie mich.

    Anyway: warum wurde die AtlasV nie kommerziell erfolgreich? Ist sie zu teuer? Warum? Politische Gründe? Es ist doch aus meinem Laienverständnis her eine wunderbare, vielseitige Rakete.

    PS: Europäer fehlen.
    PPS: zum Thema: ja, stimme zu. Sollte man nicht tun.
    (*) Deswegen, wegen Nutzung der Centaur.

    1. Bei der Atlas V gab es mehrere Gründe. Da ist mal der Anfangsfehler, dass man zwei Träger für dieselbe Nutzlastklasse hat, obwohl eine alleine es auch tut. Angeblich wegen Absicherung. Aber vorher haben die USA es 50 Jahre lang mit nur einem geschafft und das bei mehr Starts, also nicht logisch nachzuvollziehen. Es gab ja auch keinen Ausfall eines Trägers in den letzten 20 Jahren. Trotzdem sollen die neuen Vehikel die gerade entwickelt werden erneut redundant sein.

      Hätte man nur die Atlas genommen als preiswertere, so gäbe es mehr Starts, also geringere Stückkosten.

      Man setzte auch auf kommerzielle Starts, als diese ausblieben, das war schon ein Problem der Atlas II in den letzten Jahren, dann wurde quer subventioniert, damit Lockheed nicht Personal entlässt das DoD/NASA gerne hätten, um die Qualität zu sichern. Das hebt ja auch nicht gerade das Bestreben, die Preise zu senken. Das wurde erst gemacht als SpaceX als innenamerikanischer Konkurrent auftauchte. Zwischendurch hatten sich ja auch Boeing und Lockheed zu ULA zusammengeschlossen und da US-Behörden anders als europäische immer nur Starts an US-Unternehmen vergeben ist das natürlich ein Monopol.

      Zwischendurch wurden die RD-180 viel teurer als in Russland die Inflation anstieg und dann auch noch die RL10 als bei Rocketdyne die Produktion des SSME wegfiel und die RL10 die einzigen verbliebenen Triebwerke waren.

      Kurz es gibt viele Gründe, warum die Atlas V so teuer ist.

  5. Es gibt Großprojekte, die sind von ihren Machern nicht dafür bestimmt, fertig zu werden. Denn je länger sie dauern, desto mehr Geld kann man mit Nachträgen verdienen. Meist beginnen solche Projekte in der Außenkommunikation damit, dass es etwas schon gibt, man es aber nun viel besser, schöner und größer bauen will. Zweiter Schritt ist dann, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass „viel besser“ leider auch „viel teurer“ bedeutet.

    Beispiele sind die Galileo-Satellitennavigation, der Großflughafen Berlin-Brandenburg oder das SLS.

Schreibe einen Kommentar zu rumme Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.