Die Lösung für ein überflüssiges Problem – die Landung auf einem Himmelskörper mit Ionentriebwerken
Derzeit laufen die Vorbereitungen für zwei Landungen mit Bodenprobenentnahmen auf zwei Planetoiden: Bennu (OSIRIS-REx) und Ryugo (Hayabusa 2). Diese sind sehr klein, beide unter einem Kilometer Durchmesser. Entsprechend gering ist ihre Schwerkraft. Da stellt sich mir die Frage, wie klein ein Himmelskörper sein muss, damit man nur mit Ionentriebwerken landen kann. Genauer gesagt, geht es um das Abheben nach der Landung. Denn es gilt folgender einfache Spruch aus der Luftfahrt: „Runter kommt man immer“.
Es gilt folgender einfache Zusammenhang:
Für das Abheben einer Raumsonde mit einer Bodenprobe gilt: Die Beschleunigung des Raumschiffs muss größer als die lokale Gravitation g sein:
a > g
Beide Größen sind wiederum von anderen abhängig. Die Beschleunigung a ist abhängig vom Schub F und der Masse m des Raumfahrzeugs:
a = F / m
Die Gravitation von der Masse des Körpers M und seines Radiuses R, sowie der Gravitationskonstante G:
g = G M / R²
Die Masse des Körpers M wiederum von seiner Dichte D und dem Radius sowie der Kreiskonstante π (Pi)
M = 4 / 3 * π * R³ * D
Innerhalb dieser Gleichungen sind π (3.14….), G (6.67..x10-11) Konstanten. Die Dichte D ist variabel, es gibt als Extreme Himmelskörper, deren Kern aus Eisen und Nickel besteht (Dichte > 3,3 g/cm³). Gestein hat in etwa eine Dichte von 2,2 bis 2,5 g/cm³. Es gibt aber Körper mit Hohlräumen oder Porosität wie z.B. die Marsmonde Phobos und Deimos (Dichte 1,47 und 1,88 g/cm³). Im Kuipergürtel, wo die Körper vor allem aus Eis bestehen, liegt die Dichte dann bei 0,9 bis 1. Wenn man sich aber auf eine bestimmte Klasse wie Gesteinsmeteoriten beschränkt, kann man die Dichte als konstant ansehen.
Setzen wir die Gleichungen ineinander ein:
a > g
wird zu
F / m > G * (4 / 3 * π * R³ * D) / R²
bzw. wenn man R² und R³ herauskürzt:
F / m > G * (4 / 3 * π * R * D)
Wenn G, 4/3, π, D zu einer Konstante zusammengefasst werden (für Dichte D = 2,5 g/cm³ und den Faktor 1.000 für 1.000 kg = 1 m³ Volumen bei Dichte 1) ist sie 6,98 x 10-7), dann kann man die Formel verkürzen zu:
F / m > C * R
Da für ein Raumschiff der Schub und die Masse gegeben sind, kann man so leicht den Radius des Himmelskörpers berechnen:
R = C / (F/m)
Eine kleine Beispielsrechnung:
Für eine Raumsonde die 1.000 kg wiegt und einen Schub von 0,3 N hat (entspricht in etwa Ionentriebwerken mit 8 bis 9 kW Leistungsaufnahme) ist F/m = 0,0003.
Dann folgt für den Radius: 430 m. Damit liegt man in der Größenordnung, welche die beiden Asteroiden haben, die derzeit besucht werden (Bennu: 492 m Durchmesser, Ryugo: 900 m Durchmesser, beide aber mit kleinerer Dichte (0,97 bzw. 1,19 g/cm³). Damit könnte eine Raumsonde auf beiden Körpern landen und wieder abheben. Das gilt natürlich auch für andere Körper in dieser Größenordnung.
In der Praxis ist die Gravitation so klein, das selbst die Landung extrem lange dauern würde, wenn man sich nur auf sie verlässt. Die Sonden werden daher aktiv abgebremst, indem man Triebwerke gegen die Flugrichtung zündet, damit sie mit definierter Geschwindigkeit auftreffen. Umgekehrt benötigt man für das Abheben dann auch nur eine kleine Kraft. Beim Größeren der beiden Körper Ryugo beträgt die Kreisbahngeschwindigkeit etwa 0,26 m/s. Nach 866 s Betriebszeit der Triebwerke hätte die Raumsonde so einen Orbit erreicht. Es würde aber auch ausreichen ein 10 N Triebwerk – das sind die kleinsten serienmäßig verbauten Triebwerke – 26 s lang zu zünden. Klar ist aber auch, das ohne aktive Abbremsung die Raumsonde maximal mit Fluchtgeschwindigkeit = √2 * Kreisbahngeschwindigkeit = 0,367 m/s = 1,32 km/s auftreffen würde, was ihr sicher nicht schaden würde – auf der Erde entspricht das einem Fall aus 0,7 cm Höhe.
Mit Ionentriebwerken wäre so eine Landung auf kleinen Himmelskörpern mit einem Durchmesser von etwa 1 km oder kleiner möglich. Man könnte sie sogar benutzen, um zu schweben – dann könnte man den Landeplatz vor der Landung studieren und verschieben. Dabei kostet das fast keinen Treibstoff.
Kleine Himmelskörper stellen wegen ihrer geringen Gravitation Raumsonden vor Herausforderungen. So schwenken diese in der Regel nicht in eine Umlaufbahn ein. Die Gravitation von kleinen Planetoiden ist so klein, dass schon geringe Störkräfte oder Ungenauigkeiten die Sonde wieder aus der Umlaufbahn katapultieren. Selbst ohne andere Himmelskörper und ihre Gravitation als Störkraft gibt es diese: die Körper sind nicht rund, die Masseverteilung ist unregelmäßig, damit auch die Gravitationskraft. Rosetta flog einen Dreieckskurs um den Kometen Churymasov-Geramisenko, das heißt sie beschleunigte geradlinig, stoppte an einem Endpunkt, drehte um 60 Grad und bewegte sich zum nächsten Punkt. Es entsteht dann eine Bahn die im Plot einem Dreieck entspricht mit dem Körper in der Mitte. Die zweite Methode ist das die Raumsonde den Körper nur begleitet. Sie hat also dieselbe Bahn wie er nur eben einige Kilometer versetzt. Da selbst kleine Asteroiden rotieren kann man auch so die ganze Oberfläche aufnehmen.,