Neue Booster für die SLS

Mein letzter Artikel brachte mich auf die Idee, mir mal Gedanken zu machen über neue Booster für die SLS. Die SLS soll ja „iterativ“ entwickelt werden. Das heißt, zuerst entsteht eine zweistufige Version („Block I“). Da diese nicht den Mond erreichen kann, sondern mit zwei Stufen nur eine Erdumlaufbahn werden die ersten Flüge mit einer Delta IV Zweistufe (DCSS) stattfinde. Die DCSS ist so leicht, dass sie mit der Nutzlast in eine Erdumlaufbahn gelangt. Dort ist ihr – vergleichen mit der Gesamtmasse – kleiner Schub dann kein so großer Nachteil. Diese Version soll 26 t zum Mond befördern.

Später soll die EUS als Oberstufe entstehen, deutlich größer, mit vier anstatt einem RL10 Triebwerk. Das J-2X Triebwerk wurde als zu schubstark verworfen, wahrscheinlich um die Zertifizerungskosten zu sparen. Das ist dann die „Block 1B“ der SLS. Erst danach geht die NASA daran, neue Booster welche die derzeit eingesetzten SRB (verlängerte RSRB aus dem Space Shuttle Programm) ersetzen. Wann diese neuen Booster kommen ist ungewiss.

Doch das soll mich nicht daran hindern, Gedanken über diese Booster zu machen. Ich kam wie schon gesagt deswegen drauf, weil die RS-25 so teuer sind, weil Aerojet nach Einstellung diverser Raketen praktisch kaum noch neue Triebwerke baut. Die Fixkosten werden also auf wenige Triebwerke umgelegt. Also dachte ich mir – hmmm wenn man in den Boostern nun das AR-1 oder RS-68 einsetzen würde, Triebwerke die Aerojet im Programm hat, dann wäre die Stückzahl höher und die Kosten pro Triebwerk – auch für die RS-25 geringer. Doch wie viele Triebwerke braucht man für die Rakete?

Ich habe mir drei Triebwerke rausgesucht:

AR-1 (LOC/Kerosin)

RS-68 (LOX/LH2)

Raptor (LOX/Methan)

Theoretisch könnte man auch die RS-25 verbauen. Allerdings sind die Triebwerke teuer und wegen des kleinen Schubs braucht man relativ viele davon. Diese Möglichkeit habe ich daher nicht betrachtet.

Anstatt dem Raptor könnte man auch das BE-4 nehmen, der Schub des BE-4 liegt in derselben Größenordnung und wahrscheinlich auch der spezifische Impuls.

Die wesentlichen technischen Daten sind zum Teil spekulativ, weil Schub und spezifischer Impuls genau (nicht ungefähr) nur vom RS-68 bekannt sind. Beim Raptor geht inzwischen sogar die Wikipedia auf Distanz und schreibt „Goal“ hinter die Werte, weil sie doch sehr von Erfahrungswerten oder mit CEA“ errechneten Werten abweichen.

Für die Größe der Booster habe ich mir folgendes gedacht:

Die Rakete sollte beim Start mit 1,25 g abheben können. Da der Schub jedes Triebwerks bekannt ist, habe ich die Triebwerkszahl pro Booster so lange variiert, bis bei einer Simulation die Nutzlast in der Gegend der heutigen SLS ist. Für mehr Nutzlast kann man dann mehr Triebwerke nehmen und größere Booster einsetzen. Nun die Ergebnisse:

  • AR-1: 4 Triebwerke, Boostermasse: 444 t, Voll/Leermasse=20
  • RS-68: 3 Triebwerke, Boostermasse: 430 t, Voll/Leermasse=10
  • Raptor: 4 Triebwerke, Boostermasse: 390 t, Voll/Leermasse=15

Die Nutzlasten liegen dann leicht über der SLS:

Typ

Nutzlast Fluchtgeschwindigkeit

SLS EUS 40 t (NASA-Angabe: 37 t)
SLS RS68 Booster 48 t
SLA AR1 booster 44 t
SLS Raptor Booster 45 t

Ein Triebwerk mehr

Nimmt man jeweils ein Triebwerk pro Booster hinzu, so sieht die Rechnung so aus:

Typ Nutzlast Fluchtgeschwindigkeit Masse Booster
SLS EUS 40 t 733 t
SLS RS68 Booster 61 t 610 t
SLA AR1 booster 55 t 620 t
SLS Raptor Booster 53 t 520 t

Gegenüber der normalen SLS ist der Gewinn trotz immer noch kleinerer Masse als die SRB deutlich, das liegt daran, dass die SRB einen schlechten spezifischen Impuls mit einer hohen Leermasse kombinieren. Die höhere Leermasse der Booster die Methan und LH2 (Strukturfaktoren von 20, 15 und 10 wurden angenommen) verwenden, nivelliert auch etwas den höheren spezifischen Impuls.

Ob es sich auch finanziell lohnt weiß nur die NASA. Ich bin da mit einer Schätzung etwas vorsichtig, da auch die SRB nicht mehr so preiswert sind. Bei den Boostern mit Aerojettriebwerken müsste man die höheren Kosten einer Rakete mit Triebwerken anstatt den einfacheren Feststoffboostern dagegen rechnen, dass derzeit die NASA bei wenigen Rs-25 praktisch die gesamten Fixkosten von Aerojet trägt.

Daneben ist auch anderes wichtig. Diese Booster könnte man bei Problemen abschalten und den Fluchtturm auslösen – das geht auch bei den SRB, doch bei laufenden Boostern ist dies deutlich riskanter und vergessen wir nicht – beim Challenger-Unglück hat man das Versagen nicht bemerkt, obwohl Kameraaufnahmen bei der Nachauswertung die Flammen neben dem Booster schon Sekunden vorher zeigten. Heute wäre das durch mehr Messsonden und Computerüberwachung, die automatisch abbricht vielleicht verhinderbar, aber wenn man Triebwerke abschalten kann hat man immer mehr Möglichkeiten, z. B. auch sich normal von der Rakete lösen ohne den Fluchtturm zu aktiveren. Daneben könnte man auch nur einzelne Triebwerke abschalten und so eine Mission vielleicht retten oder zumindest bis in den Erdorbit bringen.

Die Herstellungskosten der Triebwerke sind nur ein Aspekt, bedeutender sind wohl die Entwicklungskosten denn wir reden ja von wenigen Flügen.

Als Nebeneffekt hat man dann auch Erststufen mit 390 bis 620 t Masse, also etwas größer als eine Atlas V bis doppelt so schwer. Die könnte man auch als Trägerraketen einsetzen, ähnlich wie Russland das bei den Boostern der Energija bei der Zenit machte. Für die größeren Versionen – man wird ja sicher nicht Booster mit der gleichen Nutzlast wie der SLS bauen, habe ich dies mal mit der DCSS als zweiter Stufe für einen GTO-Orbit ausgerechnet.

Version Nutzlast GTO
Mit AR-1 Triebwerken 12 t
Mit RS-68 Triebwerken 18,5 t
Mit Raptor Triebwerken 17,5 t

Der Nachteil dieser Stufen, die ja einen hohen Schubüberschuss haben, sind enorme Spitzenbeschleunigungen zum Brennschluss von 444 bis 570 m/s. Das könnte man aber reduzieren, indem man vorher Triebwerke abschaltet. Man könnte auch Triebwerke ausbauen, da sie eine Startbeschleunigung von 18 bis 19 m/s haben, wäre das problemlos möglich, sofern die Schubassymetrie ausgeglichen wird.

Eine zur Größe passende Oberstufe wäre die EUS, daher dieselbe Berechnung nochmal mit der EUS:

Version Nutzlast GTO
Mit AR-1 Triebwerken 22,5 t
Mit RS-68 Triebwerken 34 t
Mit Raptor Triebwerken 27 t

In einen niedrigen LEO Orbit würde etwa die doppelte Nutzlast befördert werden. Damit ergeben sich einige interessante Möglichkeiten:

Man (mit zwei Oberstufen) eine Rakete mit einer Nutzlastkapazität im Bereich der Delta 4 Heavy und Falcon Havey und darüber hinaus – die derzeitige Entwicklung, die von der USAF mitfinanziert werden, wären so nicht nötig und man käme zu größeren Stückzahlen der Booster und EUS – niedrigere Stückkosten. Die EUS Versionen – bei den RS-68 Triebwerken auch die DCSS Version, sind ausreichend um die Nutzlast der SLS für eine Mondtransferbahn in einen Erdorbit zu befördern. Damit könnte man das Konzept der Ares I und Ares V aufgreifen:

Bei diesem startete die Ares I die bemannte Orion und die Ares V den Altair Mondlander und eine Stufe. Das erhöhte nicht nur die Nutzlast für die Mondmisssion, sondern bedeutete auch, das nur die Ares I die strengen Kriterien für einen bemannten Träger erfüllen musste und das macht die Ares V billiger. Entsprechendes gilt dann für die SLS: Die Zentralstufe müsste dann nicht für bemannte Einsätze qualifiziert sein. Die RS-68 / EUS Version erreicht 63 t in den LEO. Eine SLS mit RS-68 Boostern könnte weitere 27 t in den Leo bringen und noch genügend Treibstoff in den Tanks haben, um mit den angekoppelten 63 t noch eine Mondtransferbahn zu erreichen, zusammen gelangen so also 80 t in die Mondtransferbahn, das ist ein komfortables Polster für anspruchsvolle Missionen. Oder man nimmt die etwas kleineren Booster mit jeweils einem Triebwerk weniger und hebt durch den separaten Start der Orion die Nutzlast an.

2 thoughts on “Neue Booster für die SLS

  1. Wen man jetzt wirklich RS-68 Triebwerke mit LH2/LOX für die Booster nehmen würde, würde man Dan nicht Probleme mit der Größe der Booster bekommen?
    Die Tanks der neuen Booster währen ja weitaus größer als die bisherigen Booster das wäre ja Dan wieder ein gewichtsnachteil und müsste man den ganzen Aufbau der Rakete wegen den vuluminöseren Boostern Dan nicht auch überarbeiten?

    1. Die Zentralstufe hat knapp 980 t Masse, bei 8,4 m Durchmesser. Bei 610 t Masse und gleicher Länge kommt man so auf 6,6 m Durchmesser – sicher groß, aber nicht riesig. Das ist der Durchmesser der S-IVB.

      Nimmt man nur drei RS-58 so kommt man mit einem Durchmesser von 5,4 m bei leichter Verlängerung aus, und dafür existieren Fertigungsanlagen für die Delta CBC.

      Den Gewichtsnachteil habe ich mit einem Voll/Leermasseverhältnis von 10:1, also deutlich schlechter als bei der Zentralstufe der SLS schon miteinkalkuliert.

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