Die Lösung für ein überflüssiges Problem – das Kühlen durch Verdunstungskälte

Bei der Hitze setze ich abends immer, wenn ich auf dem Sofa liege, eine Spitzflasche ein, das ist eine ehemalige Glasreiniger-PVC Flasche mit Wasser gefüllt. Der feine Wassersprühnebel legt sich auf die Haut und kühlt, ist aber beim ersten Kontakt doch unangenehm kalt und die Feuchte mag auch nicht jeder. Nun gibt es Klimaanlagen, die auf dem Prinzip der Verdunstungskälte setzen, ich wollte aber mal feststellen, ob es mit der Methode auch möglich ist „händisch“ einen ganzen Raum abzukühlen.

Spezifische Wärmekapazität

Wird einem Material, egal ob fester Körper, Flüssigkeit oder Gas Energie zugeführt so wird, es wärmer. Um wie viel das hängt von Stoffeigenschaften ab und für jeden Körper gibt es eine spezifische Wärmekapazität, die aussagt, wie viel Energie in Joule man zuführen muss, um 1 Kilogramm des Stoffs um 1 Grad Celsius zu erwärmen. Für Luft beträgt diese 1,005 J / kg / K, für flüssiges Wasser 4,184 J / kg / K.

Das Phänomen nutzt man auch in Kaloriemetern, um die Energiemenge von Nahrung festzustellen, indem man sie verbrennt, und misst um, wie viel sich die Wasserhülle um den Brennraum erwärmt. Der krumme Wert von Wasser ist daher auch der Umrechnungsfaktor der berüchtigten Kalorie (1 Kalorie = 4,184 Joule).

Verdampfungsenthalpie

Geht ein Stoff vom flüssigen in den gasförmigen zustand über, so müssen die Bindungen die zwischen den Molekülen aufgelöst werden, den in Gasen ist jedes Molekül einzeln unterwegs. Dafür benötigt man viel Energie. Wasser hat sehr starke Bindungen zwischen den Molekülen, sogenannte Wasserstoffbrückenbindungen. Sie sind auch für die Wasserspannung verantwortlich: auf der Wasseroberfläche können kleine Tiere wie Insekten und Spinnen aber auch einige Eidechsen gehen. Die Energie, die ein Stoff benötigt um vom flüssigen in den gasförmigen Zustand überzugehen nennt, man Verdampfungsenthalpie und sie beträgt beim Wasser 2.260 J/kg / K. (nahe verwandt aber nicht dasselbe ist die Verdampfungswärme, sie ist etwas geringer, weil sie nicht die Arbeit berücksichtigt die entsteht, wenn durch das Gas sich der Druck ändert). Sie ist also in etwa um den Faktor 500 größer als die Energie, die man braucht, um Wasser um 1 Grad zu erwärmen. Daraus folgt: man benötigt weitaus weniger Energie um das Wasser von Raumtemperatur auf fast 100°C zu erwärmen als es bei 100°C zu verdampfen. Konkret braucht man um von 25 Grad Celsius Wasser zu verdampfen 2.444 J/kg, bei 99 Grad Celsius aber immer noch 2.260 J/kg.

Energiebilanz

Nach dem Energieerhaltungssatz geht keine Energie verloren. Wäre unser Raum also ideal, das heißt ohne Stoffaustausch mit der Außenwelt und ideal gedämmt, sodass auch die Wände keine Energie aufnehmen, dann würde die Wärme, die man braucht, um Wasser zu verdampfen aus der Luft genommen werden, die dadurch abgekühlt wird.

Damit kann man eine Rechnung anstellen.

1 m³ Luft wiegt bei Normalbedingungen 1,25 kg. Die Luft in einem 30 m² großen Wohnzimmer mit einer Deckenhöhe von 2,50 m (67,5 m³) also 84,4 kg. Will man diese um 10 Grad abkühlen, z.B. von 30 auf 20 Grad so muss ihr eine Energie von

E = 1,005 J / kg / K * 84,4 kg * 10 K = 848,2 J entzogen werden.

1 l Wasser von 25 Grad benötigt 2444 J/kg, um zu verdampfen, das heißt es reichen:

M = 848,2 J / 2444 J/kg = 0,347 kg

Das wäre bei fleißigem Einsatz der Spritzpistole also zu schaffen.

Luftfeuchtigkeit

Das Wasser geht ja nicht verloren. Es steigert die Luftfeuchtigkeit, allerdings nur bis diese 100 % erreicht, dann ist die Luft maximal mit Wasserdampf gesättigt und sei nimmt keine weitere Feuchtigkeit auf, kühlt sie aus anderen Ursachen ab (z.B. weil es nachts kühler wird) so sinkt die Wassermenge, die sie aufnehmen kann und die Luftfeuchtigkeit kondensiert aus. Ein Phänomen, das wegen der entstehenden Feuchtigkeit nicht gewünscht ist und dann zu Schimmelbildung an den betroffenen Stellen führen kann.

Maximal sollte man also die Sättigung von 100 % bei niedriger Temperatur erreichen, ich habe mal 15 Grad angenommen, als Nachttemperatur einer Sommernacht, liegt die Nachttemperatur wesentlich tiefer dann ist es tagsüber meist auch nicht so heiß das man kühlen muss. In den letzten heißen Tagen zeigte meine Wetterstation immer 40 bis 50 % Luftfeuchtigkeit an, nehme ich 50 % als höheren Wert, so kann ich maximal 50 % der Sättigungsmenge aufnahmen. Die Sättigungsmenge beträgt etwa 13 g/m³ (der Zusammenhang ist nicht linear, man muss den Wert einem Diagramm entnehmen). 50 % davon sind also 6,5 g, ich rechne mit 6 g/m³ um etwas Sicherheitsspielraum zu haben. Bei 67,5 m³ sind es also:

M = 67,5 m³ * 6 g/m³ = 405 g, also leicht oberhalb der Wassermenge, die man durch Verdunstung zuführt. Natürlich hat man dann auch ein Raumklima mit fast 100 % Luftfeuchtigkeit, was auch nicht so angenehm ist. Aber das wäre auch ein Extrembeispiel, denn wenn es draußen tatsächlich 15 Grad hätte, dann würde man einfach das Fenster öffnen und die kalte Luft (mit niedriger Luftfeuchtigkeit) von außen reinlassen. In der Praxis wird man also diese hohe Luftfeuchtigkeit nicht erreichen und bei 20 Grad sind es beim obigen Beispiel nur noch 30 % Luftfeuchtigkeit, die so hinzukommen, also von 40 bis 50 % auf 70 bis 80 %, was in etwa die Bedingungen sind, die in einem Badezimmer herrschen und das ist doch erträglich.

5 thoughts on “Die Lösung für ein überflüssiges Problem – das Kühlen durch Verdunstungskälte

  1. Und weshalb brechen die Wasserstoffbrückenbindungen spontan? Eigentlich würde man ja erwarten, dass der Zustand niedrigster (potentieller) Energie eingenommen wird, wenn man nur die Energie betrachtet.. Weshalb also verdampft dann Wasser?

    1. Weil man Energie zuführt. Jede Bindung auch nicht „feste“ die zum Molekülzerfall führen würden, haben Bindungsenergien und die muss aufgebracht werden.Die Energieverteilung ist nie so dass alle Moleküle die gleiche Energie haben, sondern einige deutlich mehr und die können dann verdampfen, meistens sind das die die der Energiequelle am nächsten sind (beim Erhitzen von Wasser mit einem Kocher am Boden, daher die Gasblasen, beim Verdampfen durch Sonne oder heiße Luft an der Oberfläche).

      1. wenn man aktiv Energie zuführt: ja. Aber auch bei konstanter Temperatur unterhalb des Siedepunkts verdampft Wasser (trocknet Wäsche), wobei dem Wasser genausoviel Wärme zugeführt wird, wie es an die Umgebung abgibt. Hier ist die Entropiezunahme beim Verdampfen entscheidend.

        1. Nein, der springende Punkt ist, das nicht alle Moleküle dieselbe Energie haben. An der Oberfläche, besonders wenn es ein dünner film ist können durch Energieübertragung einzelne Moleküle so viel Energie erhalten das sie in den Gaszustand übergehen. Das ist dasselbe Phänomen weshalb die Erde alle leichten Gase wie Wasserstoff oder Helium verliert obwohl die Durchnsittsenergie eines Atoms viel zu klein ist um die Fluchtgeschwindigkeit zu erreichen. Es gibt aber einen kleinen Bruchteil sehr energiereicher / schneller Atome. Die Entropie macht bei der Enthalpie zwar etwas aus, aber das alleine reicht nicht aus.

  2. Bei der Verdunstung von Wasser in Luft gibt es noch weitere Effekte, weswegen man am Besten das Enthalpie (Mollier-h-x)-Diagramm nutzt und klassisch die Zustände einzeichnet. Leider musste ich soeben feststellen, dass mir das gar nicht mehr so flüssig von den Fingern geht, sonst hätte ich es schnell anhand deiner Daten gezeigt.
    Wenn du aber wie in deinem Beispiel noch lüftest, kann sich aufgrund der Verdunstung abkühlende Luft minimal bei der „Temperatur des feuchten Thermometers“, „Feuchtkugeltemperatur“ o.Ä (gibt verschiedene Begriffe) einfinden. In der Realität geringer, da wie du schreibst 100% Luftfeuchtigkeit sehr unangenehm ist. Daher ist diese Temperatur ein schneller Weg mögliche Effekte zu quantifizieren.

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