Russische Mondprogramme: E-1 bis E-3

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Hallöchen. Nachdem ich festgestellt habe, das die Allgemeinheit die viele Arbeit die in den Website-Artikeln steckt nicht mehr so würdigt (vielleicht aber auch nur eine Folge, das wahrscheinlich inzwischen Blogs mit SEO-Plugins von den Suchmaschinen besser geratet werden), habe ich die Möglichkeit erkannt eigentlich die komplette Website nochmal im Blog zu veröffentlichen, nur eben kürzer aufs wesentliche konzentriert.

Als ich darüber nachdachte, kam mir in den Sinn, das ich das ja schon mal gemacht habe und zwar bei den beiden Büchern über die Raumsonden. Also wird es nun eine lose Folge von Kapiteln aus dem Buch geben. Ich fange an mit Kapiteln über russische (korrekter: sowjetische) Raumsonden, auch weil hier im Buch einiges steht was nicht auf der Website steht weil in dem Jahrzehnt dazwischen es weitere Infos über die Missionen gab. Wenn es gefällt: Die Bücher sind noch zu kaufen, trotz massiv gestiegenen allgemeinen Preis immer noch für denselben Betrag wie 2018:

Band 1 mit den Jahren 1958 – 1992 und Band 2 mit den Jahren 1993 – 2018. Wer dem Autor was gutes tun will kauft die Bücher direkt beim Verlag – kostet dank Buchpreisbindung genauso viel wie bei Amazon Libre und iTunes, aber die Marge für mich ist höher. Für alle die es genauer wissen wollen: Hier der artikel über alle Lunas auf der Website.

E-1: Luna 1 und 2

Die ersten beiden Luna gehörten zum Programm E-1. Russland bezeichnete alle Mondsonden, unabhängig von dem Programm, als Luna. Dies ähnelt dem Marinerprogramm, in dem auch verschiedene Raumsonden eingruppiert wurden.

Die ersten Luna-Sonden ähnelten sowohl im Aussehen wie auch Konstruktionsprinzip sehr dem ersten Sputnik. Daran erinnert auch die Namensgebung, denn sie wurden anfangs „Lunik“ getauft. Luna 1 und 2 waren Kugeln aus einer Aluminium-Magnesiumlegierung, innen mit Stickstoff gefüllt, der durch einen Ventilator umgewälzt wurde. An der Hülle waren Stabantennen zur Kommunikation und ein Magnetometer an einem Ausleger angebracht. Im Inneren befanden sich Experimente zum Messen der kosmischen Strahlung und bei Luna 2 ein Mikrometeoritendetektor. Propagandistisch wichtiger waren zwei Plaketten aus massivem Metall mit eingravierten sowjetischen Hoheitssymbolen (Hammer und Sichel), die den Aufschlag der Sonden auf dem Mond überlebt hätten.

Ziel war ein Mondaufschlag. Da die Semjorka, die R-7 ICBM, die Sputnik startete, nicht die erforderliche Nutzlast hatte, entwickelte Koroljow in Rekordzeit eine neue Oberstufe. Diese Rakete wurde „Luna“ genannt und so suggeriert, es gäbe eine neue Trägerrakete. Später beförderte dieselbe Rakete nun als „Wostok“ bezeichnet, die gleichnamigen Raumschiffe in einen Erdorbit. Verglichen mit Pioneer 0 bis 4 mit ähnlichem Ziel waren Luna 1 und 2 enorm schwer. Sie wogen mehr als die Lunar Orbiter, die erst Jahre später starteten. Gemessen an ihrem Gewicht waren sie jedoch einfache Konstruktionen, die nur wenige Daten lieferten.

Zur Bahnverfolgung wurde auf der Drittstufe ein Behälter mit einem Kilogramm Natrium mitgeführt. Das Natrium wurde nach einem Drittel der Strecke freigesetzt. Natrium ist ein Element, das von der UV-Strahlung der Sonne leicht ionisiert wird. Ionisiertes Natrium leuchtet intensiv in Orange. Die entstehende Wolke wurde fotografiert und so der Kurs bestimmt. Sie war beobachtbar, bis die Wolke einen Durchmesser von 650 km erreichte. Erst danach wurden die Sonden von der dritten Stufe abgetrennt. Dem ersten erfolgreichen Start gingen drei Fehlschläge voraus, die, da sie keinen Orbit erreichten, keinen offiziellen Namen erhielten.

E-1 Nr.1 startete am 23.9.1958, weniger als ein Jahr nach Sputnik 1, 27 Tage nach der ersten US-Sonde Pioneer 0. Bald nach dem Abheben geriet die Luna-Trägerrakete in eine sich selbst verstärkende Resonanzschwingung um die Längsachse der Außenblöcke. Nach 93 s wurde das strukturelle Limit erreicht und die Rakete explo­dierte. Genauso war es beim zweiten Start am 11.10.1958, rund 15 Stunden nach dem Start von Pioneer 1. Auch diesmal gab es Resonanzschwingungen bei den Außenblöcken, die 104 s nach dem Start zur Explosion der Trägerrakete führten.

Nach zwei Fehlstarts durch dieselbe Ursache bei nahezu gleichem Zeitpunkt analysierte man das Problem und befand, dass die neue Oberstufe, die rund 8 t Gewicht addierte, den Schwerpunkt der Rakete verschoben hatte. Man besserte nach und versuchte am 4.12.1958 einen erneuten Start. Es verlief alles problemlos, bis nach 245 s das Triebwerk der Zentralstufe vorzeitig abschaltete. Die dritte Stufe wurde gar nicht erst gezündet. Die Untersuchung zeigte, dass eine Dichtung im Kühlsystem der Turbopumpe undicht war. Die Turbopumpe überhitzte und schaltete ab.

Am 2.1.1959 glückte schließlich der Start von Lunik 1. Erst 1963 wurde sie in Luna 1 umbenannt. Ziel war ein Mondaufschlag. Die Steuerung richtete die letzte Stufe aber falsch aus. So verpasste Luna 1 den Mond um 5.955 km. Russland benannte die Sonde sofort in „Metschka“ – Traum um, anspielend auf den Menschheitstraum, die Erde endgültig zu verlassen. 34 Stunden nach dem Start passierte Lunik 1 den Mond. Bis 62 Stunden nach dem Start gab es Funkkontrakt. Dann waren die Batterien als Stromquelle erschöpft. Sie befindet sich in einer 0,98 × 1,32 AE-Bahn um die Sonne.

Russland ließ sich nun Zeit. Da am 3.3.1959 auch die letzte Pioneer-Sonde nicht den Mond erreichte, gab es keinen Grund zur Eile. Erst nach fünf Monaten hob die nächste Rakete ab. Sie musste nach 153 s gesprengt werden, als ein Gyroskop der Steuerung ausfiel und die Rakete vom Kurs abkam. Die letzte Sonde startete am 12.9.1959. Diesmal klappte alles und Lunik 2 schlug nach zweieinhalb Tagen auf dem Mond auf.

Nachdem diese zweite Erstleistung erbracht war, gab es keine weiteren Starts und Russland ging an das nächste Programm: E-2 mit dem Ziel die Mondrückseite zu fotografieren. Von den sechs Sonden des Programms E-1 verließen nur zwei die Erde, nur eine schlug auf dem Mond auf.

Datenblatt Luna 1 und 2

Start:

23.9.1958 Luna 1A (Fehlstart)

11.10.1958 Luna 1B (Fehlstart)
4.12.1958 Luna 1C (Fehlstart)

2.1.1959 Luna 1

18.6.1959 Luna 2A (Fehlstart)

12.9.1959 Luna 2

Ankunft:

3.1.1959 Mondpassage von Luna 1 in 5.955 km Abstand

14.9.1959 Mondaufschlag von Luna 2 bei 29,1 Grad Nord, 0 Grad Ost.

Mission:

Mondaufschlag

Gewicht:

Luna 1: 361,3 kg, Luna 2: 390 kg

Abmessungen:

Kugeldurchmesser: 1,45 m (Luna 1) bzw. 1,90 m (Luna 2)

Instrumente:

Vier bzw. fünf Instrumente:

  • Magnetometer. Messbereiche 600 und 3.000 nT, Genauigkeit 47 nT.

  • Drei Gasentladungsdetektoren für ionisierende Strahlung, verschiedene Abschirmung. Empfindlich für Elektronen mit mehr als 350, 650 und 1.100 keV.

  • Tscherenkow-Szintillationsdetektor

  • Ionenfalle

  • Nur Luna 2: Mikrometeoritendetektor

Ergebnisse:

Kein Magnetfeld des Mondes nachweisbar, ebenso kein Strahlengürtel bis in einer Höhe von 55 km über der Oberfläche. Luna 1 bestimmte die Geschwindigkeit des Sonnenwindes zu 400 km/s.

E-2A / E-3: Luna 3

Das nächste Programm, das zeitgleich mit dem Programm E-1 (Aufschlag auf dem Mond) gestartet wurde, war E-2A. Es hatte das Ziel, die Mondrückseite zu fotografieren. Der Mond rotiert synchron, d. h., er braucht für eine Rotation genauso lange, wie für eine Umrundung der Erde. Damit heben sich beide Bewegungen auf und wir sehen nur eine Seite. Die erdabgewandte Seite war bis 1959 unbekannt.

Eine Sonde, die den Mond bei der Passage fotografiert, ist naturgemäß erheblich komplexer, als ein einfacher Metallkörper mit Sendern, der nur aufschlägt. Daher wurden die Programme E-1 und E-2 parallel gestartet, um genügend Zeit für die Entwicklung zu haben. Nach dem Start hieß die Sonde Lunik 3. Erst 1963 wurden alle Mondsonden (auch die schon gestarteten) in Luna umbenannt.

Luna 3 war erheblich komplexer als ihre Vorgängerinnen. Sie bestand aus einem mit Stickstoff gefüllten Zylinder. In ihm befanden sich Elektronik und Kamerasystem. Vorne und hinten war der Zylinder mit halbkugelförmigen Domen abgeschlossen. Ein Ring oben war mit Solarzellen bedeckt. Dort befanden sich die Antennen, das Objektiv der Kamera sowie ein Mikrometeoritendetektor. Unten befanden sich die Düsen des Lageregelungssystems. Luna 3 wurde nach dem Start durch Rotation um ihre Längsachse stabilisiert. Geriet der Mond in das Sichtfeld eines lichtempfindlichen Sensors, so wurde die Rotation gestoppt.

Das Kamerasystem bestand aus zwei Objektiven mit Brennweiten von 200 mm und 500 mm. Das 200-mm-Objektiv konnte die gesamte Mondrückseite abbilden, das 500-mm-Objektiv nur einen Ausschnitt. Beide belichteten 35 mm Luftbildfilm. Dieser wurde wie bei Lunar Orbiter an Bord entwickelt, fixiert, getrocknet und dann fotoelektrisch abgetastet und als Faksimile übertragen. Die Aufnahme wurde automatisch ausgelöst, wenn eine Fotozelle neben dem Objektiv das Licht des Mondes registrierte. Maximal 40 Bilder konnten gemacht werden. Nach dem ersten Foto wurden mit festem Intervall Bilder abwechselnd mit Belichtungszeiten von 1/200 und 1/80 s aufgenommen. Die Abtastung erfolgte durch eine Kathodenröhre als Lichtquelle hinter dem Film und einem Photomultiplier als Detektor. Es gab zwei Datenraten. Eine für niedrige Datenrate für die Übertragung aus Mond­entfernung und eine höhere Übertragungsrate in Erdnähe.

Am 4.10.1959 fand der Start von Luna 3 statt. Das war der zweite Jahrestag des Starts von Sputnik 1. Der Start gelang auf Anhieb. Russland bezeichnete Luna 3 erstmals als „Interplanetare automatische Station“. Beim Empfang der ersten Daten stellte man fest, dass das Signal nur halb so stark war wie erwartet und die Temperaturen anstiegen. Luna 3 war falsch ausgerichtet. Man stoppte die Rotation, richtete Luna 3 neu aus und die Temperaturen sanken von 40 auf 30 Grad – geplant waren 25 Grad. Luna 3 gelangte in eine Erdumlaufbahn mit einem Apogäum in 450.000 km Entfernung. Der Mond zog Luna 3 an. Die Sonde passierte die Mond­rückseite in 6.200 km Entfernung. Als sich Luna 3 am 7.10.1959 dem Mond auf 70.000 km näherte, sprang das Stabilisierungssystem an und stoppte die Rotation. Danach wurde das Kamerasystem ausgelöst und machte während 40 Minuten zwischen 63.700 und 66.700 km Entfernung 29 Aufnahmen.

Die Übertragung der Bilder scheiterte am 8.10.1959. Die Passage hatte das Perigäum auf 45.600 km angehoben. Als das Perigäum durchlaufen wurde, startete man am 18.10.1959 einen erneuten Versuch, die Bilder auszulesen. Schon am 22.10.1959 ging der Funkkontakt zu Luna 3 verloren. Bedingt durch Störungen der Bahn durch den Mond verglühte Luna 3 am 28.4.1960 in der Erdatmosphäre. Je nach Quelle wurden 12 oder 17 Bilder übertragen. Nur sechs wurden veröffentlicht. Sie zeigten 70 Prozent der Mondrückseite. Die Bilder waren von schlechter Qualität. Erkennbar war, dass es wenige Mare auf der Mondrückseite gab. Auffällige Formationen wurden von der sowjetischen Akademie der Wissenschaften benannt. Einige Namen, wie der auffällige Krater Ziolkowski, wurden von der Internationalen Astronomischen Union offiziell übernommen.

Russland hatte zur Sicherheit drei Sonden gebaut und startet am 15.4.1960 die Zweite. Jedoch erreichte die dritte Stufe nicht die Zielgeschwindigkeit. So erreichte die Sonde nur eine Bahn mit 200.000 km Erdferne. Am Tag darauf startete man die letzte Sonde, doch hier endete die Mission nur 10 s nach dem Start in einer Katastrophe, als die Booster nur 75 Prozent des Schubs entwickelten, sich von der Rakete ablösten und die Rakete explodierte. Diese beiden Sonden des Programms E-3 hatten verbesserte Sender und ein anderes Kamerasystem, das Russland parallel entwickelt hatte. Das dazugehörige Sondenprogramm E-2 wurde aber gestrichen. Ansonsten waren sie weitestgehend identisch mit Luna 3.

Datenblatt Luna 3

Start:

4.10.1959 Luna 3

15.4.1960 Luna 3A (erreicht nur 200.000 km maximale Erdentfernung)

16.4.1960 Luna 3B (Fehlstart)

Ankunft:

7.10.1959 Luna 3 passiert den Mond in 6.200 km Entfernung.

Missionsende:

Funkkontakt am 22.10.1959 verloren. Luna 3 verglüht am 28.4.1960 beim Wiedereintritt.

Mission:

Mondvorbeiflug und Fotografie der Mondrückseite

Gewicht:

278 kg

Abmessungen:

1,30 m Länge, maximaler Durchmesser 1,20 m. Durchmesser des Zentralteils: 0,,95 m

Instrumente:

  • Yenisey-2  Kamerasystem mit zwei Objektiven mit 500/9.5 und 200/5.6 mm Brennweite. Aufnahme auf 35 mm isochromen Film. Variable Abtastrate mit bis zu 1.000 Zeilen/Bild. Übertragungsrate 1,25 Zeilen/s aus Mondentfernung, 50 Zeilen/s in Erdnähe. Gewicht 32 kg.

  • Mikrometeoritendetektor

  • Detektor für kosmische Strahlen

Ergebnisse:

70 % der Mondrückseite fotografisch in grober Auflösung erfasst

Die Mondrückseite ist stärker verkatert als die Mondvorderseite, es gibt mehr Hochländer.


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