Lebensmittel unter der Lupe: Erkältungssmoothie

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Gestern habe ich beim Radiohören meines Haussender SWR1 Baden-Württemberg wieder gehört, das man nun bei dem erhöhten Erkältungsrisiko mehr Vitamine zu sich nehmen sollte. Wie immer, kam da Vitamin C und Zink zur Sprache und wie immer die falsche Aussage, das Vitamin C und Zink bei Erkältungen helfen.

Das ist einer der ältesten Ernährungsirrtümer, 1930 behauptete das ein US-Konzern zur Verkaufsförderung nachdem er erstmals Vitamin C (chemisch: L-Ascorbinsäure) in Großmengen produzieren konnte. Seitdem wurde das jahrzehntelang ungeprüft weitergegeben, bis 2013 eine Studie des Cocrane Insitituts mit rund fast 10.000 Teilnehmern das Gegenteil bewies.

Um das wichtigste Ergebnis der Studie vorab zu sagen: Wenn man eine Erkältung hat helfen Vitamine, Zink & Co nichts. Aber wenn der Serumspiegel vor einer Erkältung zu gering ist, ist die Ansteckungsgefahr größer und die Erkältungssymptome werden schlimmer. Also präventiv kann man was für die Versorgung tun um den Seruemspiegel auf 100 Prozent zu halten. Man sollte sich nach der Radioredakteurin einen „Smoothie“ machen, ohne aber auf dessen Zusammensetzung einzugehen.

Wäre ja auch zu komplex fürs Radio gewesen. Immerhin wurde darauf hingewiesen das man praktisch nicht überdosieren könnte, aber mehr als der Tagesbedarf eben auch nicht hilft. Daher hole ich das nach. Im Radio wurden neben Vitamin C und dem Mineralstoff Zink noch andere Wirkstoffe erwähnt, nämlich das Mineral Selen, Vitamin E und Vitamin D.

Ich vermute eine Folge der allgemeinen Verseichtung die auch Radioredakteure erfasst. Vitamin E und Selen wirken wie Vitamin C und Zink antioxidativ, aber sie sind nicht für das Immunsystem wichtig. Vitamin E ist nötig für den Schutz der Zellmembranen vor Oxidation und Selen ist Bestandteil von antioxidativ wirksamen Enzymen wo es den Schwefel in Aminosäuren ersetzt. Vitamin D hat nun überhaupt nichts mit dem Immunsystem zu tun als vielmehr mit dem Knochenstoffwechsel und ist wohl auf den Fokus der Redakteurin geraten, weil man vor allem im Winter einen erhöhten Bedarf hat – im Sommer wird es aus dem so „bösen“ Cholesterin durch die UV-Strahlung der Sonne in der Haut gebildet. Es wird daher diskutiert ob Vitamin D überhaupt ein Vitamin ist, denn die Hälfte des Jahres benötigt man keine Nahrungszufuhr.

Die Redakteurin vom SWR hat es sich auch einfach gemacht, denn einen Smoothie der alle Stoffe die sie aufzählte enthält, den möchte ich mal sehen – Vitamin D und E sind fettlöslich, also in den meist fettfreien Zutaten eines Smoothies nicht enthalten. Vitamin D findet man nochdazu zudem in tierischen Lebensmitteln häufiger, das wäre auch bei einem rein pflanzlichen Smoothie ein Problem.

Also ein Smoothie der mit einer Portion den Tagesbedarf an Zink und Vitamin C steckt, wenn möglich auch Selen. Das ist die Aufgabe.

Beim Vitamin C ist das einfach: zahlreiche Zitrusfrüchte enthalten L-Ascorbinsäure in großer Menge, so Mandarinen, Zitronen, Orangen und Grapefruits. Die kann man als wohlschmeckende Basis nehmen. Es gehen übrigens auch Säfte:

Lebensmittel Vitamin C Gehalt pro 100 g Portion für den Tagesbedarf (Mann 75 kg), 110 mg
Orangen 50 mg 110 g
Mandarinen 32 mg 350 g
Zitronen 53 mg 200 g
Grapefruit 40 mg 250 g
Johannisbeernektar schwarz 32 mg 350 g

Es gibt noch zahlreiche andere Obstsorten die reich an Vitamin C sind wie Erdbeeren, aber die gibt es im Winter eher selten, ebenso wird man Vitamin c reiche Gemüse wie Spinat oder Paprika kaum zu Smoothies verarbeiten, die ja auch schmecken sollen. Bei Johannisbeeren ist der Gehalt an Vitamin C so hoch, dass ich hier den gesüßten Nektar genommen habe. Wer mag kann auch Paprika pürieren, die enthalten viel Vitamin C aber nur wenig Energie.

Der Zinkbedarf ist (neben dem Energiebedarf) stark abhängig von einem zinkbindenden Pflanzeninhaltsstoff der Phytinsäure. Phytinsäure, ein Ballaststoff, findet sich in Hülsenfrüchten, Getreide und Ölsaaten. Sie bindet auch andere Mineralstoffe wie Calcium. Bei Zink habe ich weil ja pflanzliche Lebensmittel immer Ballaststoffe enthalten, den höchsten Bedarf als Referenz genommen. Zink ist vor allem in tierischen Nahrungsmitteln vorhanden, die bei einem Smoothie der ja auch für Vegetarier sein soll ausscheiden. Immerhin einige wenige Lebensmittel, die es auch im Winter gibt und die rein pflanzlich sind habe ich gefunden:

Lebensmittel Zink-Gehalt pro 100 g Portion für den Tagesbedarf (Mann 75 kg), 16 mg
Weizenkeime 12 mg 125 g
Haferflocken 9,3 mg 173 g
Rosenkohl 0,85 mg 1882 g
Kokosnuss 0,5 mg 3200 g
Paranuss 4 mg 400 g
Pistazie 1,7 mg 940 g

Wie man sieht wird es schwierig. Rosenkohl kann man pürieren, aber 1,9 kg? Wohl kaum! Weizenkeime und Haferflocken wird man eher in ein Müsli tun als in einen Smoothie und bei den hohen Energiegehalt dieser Getreide wäre der Smoothie, das auch so energiereich wie eine richtige Mahlzeit. Die Nüsse haben ich wegen dem Selengehalt hinzugenommen.

Bei Selen ist es schon schwer überhaupt Lebensmittel-Analyseergebnisse zu finden, auch weil man Selen lange Zeit als nicht-essentielles Element einstufte. Der Bedarf ist gering. Selen ersetzt in den Aminosäuren Cystein und Methionin manchmal den Schwefel. Das geht weil es im Periodensystem direkt unter dem Schwefel steht also die gleiche äußere Elektronenschalenkonfiguration hat. Aber es ist weniger Elektronegativ wodurch diese selenhaltigen Aminosäuren in Enzymen die Redoxreaktionen katalysieren wichtig sind. Der Bedarf ist mit 60 bis 70 µg auch für Spurenelemente sehr ging. Zink als Vergleich wird in mehr als der 100-fachen Menge benötigt.

Lebensmittel Selen-Gehalt pro 100 g Portion für den Tagesbedarf (Mann 75 kg), 70 µg
Jogurt 1,5 µg 4700 g
Haferflocken 9,3 µg 750 g
Paprika 4,3 µg 1627 g
Paranuss 100 µg 70 g
Pistazien 450 µg 16 g
Kokosnuss 810 µg 9 g

Wie man sieht wird es mit pflanzlichen Lebensmitteln kompliziert. Selen steckt noch mehr als Zink vor allem in tierischen Lebensmitteln. 4,7 kg Jogurt oder 1,6 kg Paprika zu essen ist nicht praktikabel und die Haferflocken haben mehr Energie als der Tagesbedarf. Einzig alleine einige Nussorten enthalten zum Teil hohe Gehalte an Selen. Andere Nussorten wie Mandeln, Erdnüsse, Haselnüsse und Wahlnüsse dagegen kaum Selen. 70 g Paranüsse – die Menge für den Tagesbedarf an Selen liefern auch 17,5 des Tagesbedarfs an Zink.

Aufgrund der Einschränkungen der Lebensmittel wirds wohl kein Smoothie werden. Aber Müsli mit Weizenkeimen, dazu einige Pistazien oder Paranüsse, und ein Glas Orangensaft als Beilage das deckt einen guten Teil des Selen- und Vitamin C Bedarfs und einen Teil des Zinkbedarfs.

Hier noch eine kleine Erklärung der angesprochenen Vitamine und Mineralstoffe:

Vitamin C

Das Vitamin C hat im Körper verschiedene Wirkungen, die wichtigste ist die als Faktor für die Bildung und Erhaltung von Bindegewebe und Knorpeln. So ist der klassische Vitamin C Mangel geprägt durch mangelnde Heilung von Wunden und Abbau des Bindegewebes unter Blutung. Weitere Funktionen betreffen das Immunsystem, so stimuliert Vitamin C die Fresszellen des Blutes. Das Absinken des Vitamin C Gehaltes in der Nebenniere und damit ein Verschieben des Hormonhaushaltes bei Müdigkeit und Infektionen führte zu der Empfehlung bei Infektionen mehr Vitamin C zuzuführen. Daraus schlossen manche Zeitgenossen, Vitamin C wäre ein gutes Mittel bei der Vorbeugung und Abwehr von Erkältungskrankheiten. Inzwischen ist belegt, das ein Vitamin C Mangel die Schwere von Erkältungen beeinflusst, aber hat man erst eine Erkältung so helfen auch hohe Vitamindosen nichts. Speziell zu hohen Vitamindosen gibt es diesen Artikel auf der Website.

Eine Wirksamkeit von Megadosen als Radikalfänger (Krebsvorbeugung) Dosierungen konnte nicht belegt werden. Derart hohe Mengen an Vitamin C werden nur zu einem kleinen Teil überhaupt aufgenommen. Größere Mengen führen zu Durchfall.

Vitamin D

Das Vitamin D ist mitverantwortlich für die Einlagerung von Calcium in die Knochen. Ein Mangel führt vor allem bei Kleinkindern zur Knochenerweichung, der Rachitis, bei Erwachsenen wird diese Krankheit als Osteomalazie bezeichnet. Bei ausreichender Calcium Versorgung ist dies bei Erwachsenen vor allem bei Schwangeren und Stillenden beobachtet worden.

Vitamin D kommt in der Natur in zwei Formen vor, dem pflanzlichen Ergocalciferol (Vitamin D3) und dem tierischen Cholecalciferol (Vitamin D1). Daneben kann es der menschliche Körper in der Haut durch UV Bestrahlung aus Cholesterin bilden.

Heute wird diskutiert ob das Vitamin D für alle Bevölkerungsgruppen ein Vitamin ist. Der Bedarf ist mit 2,5 µg/Tag sehr gering, bei Kleinkindern, Schwangeren und Stillenden mit 10 µg/Tag schon erheblich höher. Vieles spricht dafür, das der Körper beim Erwachsenen zumindest in den Sommermonaten den Vitamin D Bedarf aus dem Körper eigenen Cholesterin decken kann.

Vitamin E

Das Vitamin E fungiert im Körper als Radikalfänger und schützt so körpereigene Substanzen vor oxidativen Veränderungen. Die Radikalfängerwirkung ist isoliert ausführlich erforscht. Doch wo und wie es genau im Körper wirkt, ist jedoch noch weitgehend unbekannt. Darüber hinaus scheint das Vitamin E einige Spezialaufgaben zu haben, die jedoch noch unzureichend erforscht sind.

Der Vitamin E Bedarf ist von der Fettzufuhr abhängig, wobei man pro 1 g doppelt oder mehr ungesättigte Fettsäuren mit 1 mg Vitamin E rechnet. In der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie wird Vitamin E (chemisch als Tocopherole bezeichnet) zum Schutz von Lebensmitteln und Kosmetika gegen Veränderungen durch den Luftsauerstoff zugesetzt.

Zink

Zink ist Bestandteil zahlreicher Enzyme sowie Proteine und somit an einer Vielzahl von Reaktionen im Körper beteiligt, z. B. an Zellwachstum und Wundheilung, an verschiedenen Stoffwechselvorgängen, im Immunsystem und bei der Fortpflanzung. Der Zinkbedarf ist stark abhängig von einem zinkbindenden Pflanzeninhaltsstoff der Phytinsäure. Sie findet sich in Hülsenfrüchten, Getreide und Ölsaaten und ist Bestandteil der Ballaststoffe. Phytinsäure bzw. ihre Salze, die Phytate binden im Darm zahlreiche Mineralstoffe und reduzieren so ihre Aufnahme.

Selen

Selen kann anstatt Schwefel Baustein von Aminosäuren sein. Selen ist darüber hinaus auch Bestandteil eines wichtigen Enzyms, dass im Körper Fettsäuren vor der Oxidation durch Radikale schützt. Dieses Enzym ist sehr wichtig für den Körper. Der Selen Gehalt des Bodens variiert sehr stark von Region zu Region. Dadurch schwankt auch die Menge des Selens das in Getreide und in Fleisch enthalten ist.

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