Die Space Shuttle Testflüge (2)
Weiter geht es bei meiner kleinen Serie über die ersten Space shuttle Testflüge. Heute über die ersten beiden Starts STS-1 und STS-2. Gestern ging es um die Vorgeschichte zu den Flügen und es folgen dann noch die Start von STS-3 und 4.
STS-1
STS-1 war die erste Space Shuttle Mission, ursprünglich für den März 1979 geplant. Die verschiedenen technischen Probleme verzögerten den Start jedoch laufend, sodass er über zwei Jahre immer weiter verschoben wurde. Alleine die Raumfähre Columbia verbrachte über eineinhalb Jahre im Montaggebäude, dem ehemaligen VAFB der Saturn V. Für die Astronauten war dies ein Glücksfall, denn das Space Shuttle war erheblich komplexer als jedes Raumfahrzeug bevor. John Young, der Kommandant und Pilot meinte, dass wenn man im März 1979 gestartet wäre, man nur die Hälfte des Trainings absolviert hätte. Man sieht die Komplexität auch an den Handbüchern die mitflogen – 22 Stück, die zusammen 29 kg wogen. Die Verzögerungen waren aber so groß, das schon gelästert wurde, die Besatzung wäre die best-trainierte die es bisher im Programm gab.
John Young hatte Alan Shepard als Leiter des Astronaut Office abgelöst, als dieser ausschied. Er nominierte sich so selbst zum Kommandanten. Es gab aber auch niemanden der ihm diese Rolle streitig machte, denn er war der einzige der bisher vier Raumflüge (Gemini 3 und 10, Apollo 10 und 16) absolviert hatte und die meisten Astronauten der Gemini und Apollojahre hatten die NASA verlassen, weil das Space Shuttle Programm für sie zu weit in der Zukunft lag. Es gab denn auch von 1975 bis 1981 keine Flüge. Robert „Bob“ Crippen hatte noch keinen Raumflug absolviert, war aber auch nicht neu. Er gehörte zur Mol-Astronautengruppe die das Militär 1966/67 rekrutiere für eine militärische Raumstation, eben das MOL, die aber 1969 eingestellt wurde.
Im Vorfeld starben drei Arbeiter bei den Startvorbereitungen. Am 19. März wurde der Triebwerkstreich mit reinem Stickstoff geflutet, um toxische Gase auszutreiben, die der Orbiter ausgaste. Phne eine Sauerstoffversorgung war das Betreten so lebensgefährlich. Drei Arbeiter gingen in den Bereich ohne Sauerstoffversorgung und wurden bewusstlos, ein vierter entdeckte sie, alamierte aber niemanden, sondern wollte sie retten und wurde so selbst ein Opfer. Von den vier Arbeitern starben die ersten drei dann in den folgenden drei Wochen. Es waren die ersten Toten bei der NASA die direkt an einem Raumflug beteiligt waren.
Am 4. Dezember 1980 wurden nach einer Zündung über 591 Sekunden – eine Dauer die nur bei einem Notfall eintritt – alle drei Haupttriebwerke der Columbia für den Start qualifiziert. Jedes Triebwerk hatte bis dahin schon 3200 Betriebssekunden auf dem Buckel. Danach wurde die Columbia am 29. Dezember 1980 vom VAFB zum 5 km entfernten Startkomplex LC 39A gefahren. Am 6. Januar übteb John Young und Bob Crippen die Rettung von der Stadtrampe über eine Seilbahn, die in einen mehreren hundert Meter entfernten Bunker führte. Am selben Tag wurde auch der Sprinklersystem zur Reduktion des Schalldrucks getestet. Dabei werden pro Sekunde 60 Kubikmeter Wasser abgegeben. Am 18. Februar 1981 fand die letzte Probezündung der Haupttriebwerke über 20 Sekunden statt.
Nach mehreren Verzögerungen sollte der Start am 10. April 1981 stattfinden und der Countdown lief auch herunter bis er kurz vor dem Start abgebrochen wurde. Das neue Konzept der Bordcomputer die unabhängig dasselbe Programm abarbeiten und sich dann regelmäßig synchronisieren versagte. Der Backup-Rechner war bei dem letzten Programmschritt als die vier identischen primären Rechner bei der Synchronisation und so waren die Ergebnisse nicht identisch. Vor dem Start war dies ein Grund für einen Abbruch, nach dem Abheben wäre der Rechner abgeschaltet worden. Die Lösung war jedoch ein einfacher Softwarepatch. So konnte der Start zwei Tage später am 12. April 1981 – genau 20 Jahre nach dem ersten bemannten Raumflug von Juri Gagarin auf Wostok 1 erfolgen. So schnell wie in diesen zwanzig Jahren entwickelte sich seitdem die Raumfahrt nicht mehr, im Gegenteil, vierzig Jahre später bekommt SpaceX nicht mal nach sieben Testflügen ihr Starship in den Orbit geschweige, denn das es bemannt eingesetzt werden kann.
Der Start von STS-1 am 12 April 1981 erfolgte dann problemlos. Besonderes Vorkommnis beim Start war, dass der Schalldruck viel höher war als angenommen und es zu Beschädigungen der Stadtrampe wie auch des Flügels kam. Das Gefährt wog 2022 Tonnen beim Start wovor noch 95 Tonnen im Orbit ankam. 89.933 kg betrug das Trockengewicht bei dieser Mission. Erreicht wurde nach einer Zündung der OMS Triebwerke zur Anhebung der Bahn nach einigen Stunden eine Bahn mit einer Höhe zwischen 274 und 277 Kilometer bei einer Bahnneigung von 40,3 Grad.
Die Feststofftriebwerke brachten die Columbia auf einen steileren Pfad, sodass die erste Bahn 6 km über dem Plan von 240 km lag. Große Diskussionen lösten Fernsehaufnahmen aus, die Young und Crippen durch die Fenster vom Nutzlastraum machten. Es war deutlich zu sehen, dass einige Kacheln am Heck fehlten. Das war unkritisch, dieser Teil des Space Shuttles ist nur mit Kunststoffließen als Thermalschutz bedeckt, selbst wenn sie fehlen wird es dort nie so heiß, als das die Struktur des Orbiters leiden würde. Doch man konnte nicht unter die Columbia sehen. Auf der Flügelunterseite und an den Kanten traten viel höhere Temperaturen auf. Waren dort auch Kacheln verloren gegangen und wenn ja wie viele? Einzelne verlorene Kacheln wären unkritisch, über eine kleine Lücke würde das Plasma durch die gewölbte Form der Flügel nur hinüber zu streichen. Aber mehrere verlorene Kacheln an einem Ort erlaubten es das Plasma bis an die Orbiterhülle kommen würde. Wie sich später zeigte, mussten hier nur wenige Kacheln ersetzt werden. Nach der Landung waren 400 Kacheln zu ersetzen oder zu reparieren. Es gab einem 2-3 cm tiefen und 20 cm langen Riß auf der Unterseite, doch der entstand schon beim Start als Eis vom Tank auf die Columbia prallte.
Verschiedene Parameter waren nach der Auswertung des Flugs mit weniger Sicherheitsmargen zu versehen, was bei den folgenden Flügen zu insgesamt 1.200 kg mehr Nutzlast führen würde. Beide Feststoffbooster konnten geborgen werden, allerdings hatten sich bei beiden nur zwei der drei Fallschirme entfaltet. Insgesamt gab es 70 Anomalien bei diesem ersten Flug. Um die Beschädigung an der hinteren Flügelunterkante und beim Starttum zu vermeiden wurde das Sprinklersystem komplett überarbeitet und es spritzte nun viel mehr Wasser beim Start frei.
STS-2
Nach dem nach der Landung verbrachte die Columbia 103 Tage im Montagegebäude OPF. Für den ersten Start dauerte er die gleiche Vorbereitung noch 612 Tage. 370 Kacheln wurden ersetzt. Diesmal gab es noch mehr Stadtverzögerungen als beim ersten Start. Am 22. 9 1981 wurde von dem Treibstoff Stickstofftetroxyd einige Liter über dem Hitzeschutzschild verschüttet. So musste eine beträchtliche Anzahl von Kacheln ausgetauscht werden. Der neue Termin am 5. November verschob sich wiederum zweimal, zuerst weil Hydraulikflüssigkeit austrat, schließlich wurde der Start nur 3 Sekunden vor dem Abheben gestoppt. Diese Startabbrüche nach der Zündung der Haupttriebwerke kamen in dem Programm noch öfters vor. Der Grund waren Sensoren die signalisieren sollten ob Parameter im Triebwerk Grenzen überschritten und diese meldeten das ofters, obwohl der Wert in Ordnung war. Der Triebwerkskontroller schaltete daraufhin das Triebwerk ab, bzw. vor dem Abheben alle Triebwerke. Später sollten diese Sensoren dann auch eine (unnötige) Triebwerksabschaltung während des Flugs 51-F als bei der Erschallen das zentrale Triebwerk nach 346 Sekunden abgeschaltet wurde und dies einen Abort to Orbit als Notfallszenario auslöste.
Die NASA prüfte den Vorfall und startete somit er erst am 12. November 1981 um 16:10 Uhr im MEZ, ebenfalls mit 10 Minuten Verzögerung. Die beiden Piloten waren Joe Engle, der vom x 15 Raketenflugprogramm zur NASA kam und Richard Truly. Beide hatten schon mit dem Space Shuttle schon Flug- und Landetests im Jahre 1977 gemacht. Nutzlast war die Erdbeobachtungssuite OSTA. Die Columbia war schon beim Start 5 t schwerer als bei STS-1, davon entfielen 2.542 kg auf OSTA-1. OSTA-1 war die erste Nutzlast die transportiert wurde, bei STS-1 war der Nutzlastraum noch leer. Doch kurz nach dem Start häuften sich die Probleme. Zuerst fiel einer der drei Hydraulikeinheiten aus, mit denen Mechanik bewegt wurde wie die Landefahrwerke oder Flügelklappen. Das war noch unkritisch, denn diese APU waren dreifach redundant vorhanden.
Schon wenige Stunden nach dem Start wurde eine der drei Brennstoffzellen instabil und musste nach einem fünfstündigen Leistungsabfall komplett abgeschaltet werden. Das bedeutete nach den Sicherheitsvorschriften eine Reduktion der Mission von 5 auf 2 Tage. Dank Stromeinsparungen und Nachtabschaltungen bestimmter Systeme gelang es die Experimente trotzdem vollständig durchzuführen. Das SAR-Radar beschrieb zum Beispiel 960 von 1000 Meter Film. Auch bei den anderen mit optischen Kameras Erdbeobachtungen betrug die Ausbeute 50 Prozent. Erstmals wurden einige Tests mit dem von Kanada entwickelten Greiferarm durchgeführt. Sie mussten, weil sein Backup-Betriebssystem versagte, aber auch von 15 auf 4 Stunden reduziert werden. Die Landung fand am 14. November 1981 um 22:22 Uhr MEZ auf Piste 23 der Edwards-Luftwaffenbasis statt. Die Flugdauer wurde von 124 auf 54 Stunden reduziert, die Betriebszeit von OSTA-1 von 88 auf 36 Stunden.
Die Landungen der frühen Flüge erfolgte nicht wie später im Kennedy Space Center sondern in White Sands, einer US-Luftwaffenbasis. Sie hatte auf einem ausgetrockneten Salzsee die längsten Landebahnen der USA. Da man nicht genau wusste, wie viel Strecke der Orbiter zum Ausrollen braucht, war dies der sichere Weg, auch wenn man dann die Columbia huckepack auf einer Boeing 747 wieder zurück zum Kennedy Space Center fliegen musste. STS-2 war der letzte Flug mit einem weiß angestrichenen Tank. Die Farbe wurde bei allen folgenden Flügen eingespart, das reduzierte nicht nur die Kosten, sondern erhöhte auch die Nutzlast um 272 kg. Seitdem sind die Tanks in orange-rostrot, die äußere Schicht ist Polyurethan dessen orangene Farbe auch von Bauschaum bekannt ist.
Inks:
https://www.nasa.gov/history/40-years-ago-sts-2-to-fly-the-first-space-shuttle-payloads/
https://nssdc.gsfc.nasa.gov/nmc/spacecraft/display.action?id=1981-111A