Mondlander früher und heute

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In den letzten Jahren haben wir etliche neue unbemannte Mondlandungen gesehen. Die meisten davon kommerzieller Natur. Ich schreibe „kommerziell“ weil das im englischen Sprachgebunden genutzte „private“ bei uns eine andere Bedeutung hat: während es dort signalisiert, dass ein Unternehmen die Mission nach eigenem Gutdünken (als Gegensatz zu einer Mission die die Regierung durchführt oder zumindest überwacht) durchführt. Bei uns bezieht man „privat“ dagegen eher auf Personen.

Da diese Firmen praktisch nichts über ihre Raumsonden schreiben, brauche ich mir die Mühe nicht machen, Artikel über sie zu schreiben, aber auffällig ist doch eines: die meisten dieser kommerziellen Missionen scheiterten. Daher will ich sie mal mit den Surveyor und Luna Missionen vergleichen, obwohl zwischen diesen ein halbes Jahrhundert liegt.

Surveyor und Luna

Beide Supermächte strebten Mitte der Sechziger Jahre die unbemannte Mondlandung an. Bei den USA war Surveyor ein Apollo-Vorbereitungsprogramm. Man wollte mit der Mission wichtige Daten über die Mondoberfläche sammeln – wie sieht sie unterhalb der Auflösung, die man auf dem Orbit gewinnen kann, aus? Wie heiß ist sie? Am wichtigsten: trägt der Boden auch den Mondlander? Die Sowjetunion hatte dagegen zwei Programme, obwohl beide unter der Bezeichnung „Luna“ liefen. Luna 4-9 und 13 waren einfache batteriebetriebene Lander, deren primäre Aufgabe es war die Erstleistung der Landung vor den USA zu erbringen. Luna 15-24 dagegen ein Programm mit der primären Zielsetzung unbemannt Bodenproben zu gewinnen und zur Erde zurückzuführen. Vier der Sonden des zweiten Programms wurden umgebaut um als Orbiter zu dienen oder ein Mondfahrzeug auszusetzen.

Surveyor

Surveyor musste schon während der Entwicklung abspecken, weil die Centaur Oberstufe nicht die Performance lieferte, die geplant war. So hatten die Sonden nur eine minimale Experimentensuite. Das wichtigste waren Kameras, daneben gab es Sensoren, welche die Oberflächeneigenschaften messen sollte. Um die Tragfähigkeit des Mondbodens zu testen wurde eine der Sonden nach der Landung noch einmal angehoben, indem die Triebwerke noch einmal gezündet wurden. Von den 7 Surveyorsonden gingen 2 und 5 – verloren, dies erfolgt jedoch schon vor der Landung in beiden Fällen durch ein gescheitertes Midkurs- Manöver. Dagegen klappten alle 5 Landungen.

Luna 4 bis 9

Ganz anders da ist bei den Lunas aus. Die Sowjetunion versuchte seit Luna 4 die Landung und benötigte mehrere Anläufe bis es bei Luna 9 erstmals klappte. Danach wurde das Programm abrupt beendet und nur noch der letzten verfügbare Lander als Luna 13 etwas später gestartet.

Lässt man die Fehlstarts weg, die damals relativ häufig waren, dann bleiben noch die Missionen Luna 4 bis 9, von denen nur die letzte erfolgreich auf dem Mond landete. Die ersten drei Lunas gingen schon auf dem Weg zum Mond durch Fehler der letzten Stufe oder mit Midkursmanöver verloren. Luna 7 und 8 gingen bei der Landung aus unterschiedlichen Gründen verloren. Erst mit Luna 9 gelang diese. Luna 13 wiederholte sie dann noch einmal.

Luna 15 bis 24

Einige Jahre später startet die Sowjetunion ein neues Mundprogramm , diesmal mit wesentlich größeren Sonden, die mit der Proton anstatt Sojus-Trägerrakete gestartet wurden. Inzwischen war klar, dass man im bemannten Raumfahrtprogramm die USA nicht schlagen würde können, so setzte man alles auf die Karte vor den USA unbemannten Mondproben zu ersetzen zurückzubringen. Während Surveyor und Luna 9 direkt auf dem Mond landeten, das heißt ohne vorher in eine Umlaufbahn einzuschwenken, ging man bei Lunar 15 so vor wie bei Apollo: zuerst schwenkt die Sonde in eine Mondumlaufbahn ein, passt diese denn an und leitete dann den Abstieg ein. Auf der Mondoberfläche wurden mit einem Greifer später auch mit ein Bohrgestänge Bodenproben übernommen in eine kleine Kapsel auf einer Rückstartstufe überführt, und diese dann direkt zurück zur Erde geschickt.

Diesmal gelangten alle Sonden zumindest in einem Mondorbit. Es gelang die Bodenprobengewinnung bei Luna 16, 20, 24. Luna 15 ging bei der Landung verloren, entweder schlug sie auf einen Berghang auf oder der Radarhöhenmesser wurde durch den Berghang gestört sodass sie mit zu hoher Geschwindigkeit landete. Luna 18 verbrauchte bei der Landung zu viel Treibstoff und schlug hart auf. Luna 23 landete erfolgreich, aber auf einem unwegsamen Gelände, sodass sie schräg zur Ruhe kam und keine Bodenbrummgewinnung möglich war.

Neuere Mondmissionen

Beginnend ab 2019 mit B’reshit gibt es nach längerer Pause – Luna 24 landete 1976 – wieder Mondlandungen, insgesamt 12:

Startdatum Nutzlast Trägerrakete Nation Hersteller Gewicht Erster Orbit
01.12.2013 17:30:00 Chang’e-3 Chang Zheng 3B Zhongguo Zhongguo kongjian jishu yanjiu yuan 3780 210 × 389.019 km × 28,50 °
07.12.2018 18:23:00 Chang’e-4 Chang Zheng 3B Zhongguo Zhongguo kongjian jishu yanjiu yuan 3640
23.11.2020 20:30:22 Chang’e-5 Guidao Qi Chang Zheng 5 Zhongguo Shanghai hangtian jishu yanjiuyuan 3406 201 × 392.981 km × 21,32 °
22.02.2019 01:45:00 B’reshit Falcon 9 Yisra’el IAI/SPAIL 585 668 × 69.021 km × 27,01 °
22.07.2019 09:13:00 Chandrayaan-2 LVM3 India ISRO Satellite Center 2379 201 × 71.729 km × 21,59 °
11.12.2022 07:38:13 Hakuto-R M1 + Lunar Flashlight + Rashid + SORA-Q Falcon 9 Nippon ISPACE/ADSL 1050 293 × 1.134.167 km × 29,10 °
14.07.2023 09:05:17 Chandrayaan-3 + Chandrayaan-3 PM + Pragyan LVM3 India ISRO Satellite Center 1724 138 × 36.305 km × 21,30 °
10.08.2023 23:10:57 Luna-25 Soyuz-2-1B Rossiya NPO Lavochkin 1800 343 × 400.000 km × 49,90 °
06.09.2023 23:42:11 SLIM + LEV-1 + LEV-2 H-IIA 202 Nippon Ucyu Koku Kenkyu Kaihatsu Kikou 700 334 × 98.657 km × 30,32 °
08.01.2024 07:18:00 Peregrine Mission One + Colmena 1 + Colmena 2 + Colmena 3 + Colmena 4 + Colmena 5 + Iris Vulcan Centaur VC2S USA Astrobotic Technology Inc. 1283 498 × 381.617 km × 30,11 °
15.02.2024 06:05:37 IM-1 Odysseus + EagleCam Falcon 9 USA Intuitive Machines LLC 1908 223 × 411.633 km × 28,60 °
03.05.2024 09:27:29 Chang’e-6 Guidao Qi + ICUBE-Q Chang Zheng 5 Zhongguo Shanghai hangtian jishu yanjiuyuan 3406 267 × 386.843 km × 24,51 °
15.01.2025 06:11:00 Blue Ghost + Resilience Falcon 9 USA Firefly Aerospace 1500 189 × 322.453 km × 35,04 °
27.02.2025 00:16:30 IM-2 Athena + Chimera GEO 1 + Lunar Trailblazer + Odin + Grace + MAPP + Yaoki + Cubesat Falcon 9 USA Intuitive Machines LLC 2120 211 × 367.501 km × 28,52 °

Ich habe da mein Programm bei der Ausgabe der Missionen natürlich auch die von staatlichen Stellen durchgeführten Missionen Chinas, Indiens, Japan und Russland aufführt auch diese aufgenommen und die Tabelle bis zur ersten Mondlandungsmission von Chang’e-3 im Jahre 2013 erweitert. Auffällig ist aber, das von 12 Missionen acht in den letzten zwei Jahren durchgeführt wurde.

Die staatlichen Missionen

Herausragend ist hier China, die mit Chang’e-3 und 4 eine Landung mit einem Rover durchführten – Chang-e 3 auf der Mondvorderseite und Chang’e-4 auf der Rückseite. Diese dienten primär der Erprobung der Technik, bei Chang’e-4 auch der Kommunikation über einen eigenen Satelliten. Danach holten die Chinesen mit Chang’e-5 und 6 jeweils Bodenproben und brachten sie zurück zur Erde, was vorher nur Russland gelang, auch hier nach demselben Muster: Zuerst von der Mondvorderseite, dann der Mondrückseite.

Die Landesonde von Chandrayaan 3, Indiens Mondlander landete erfolgreich, anders als SLIM auch senkrecht und setzte einen kleinen Rover ab, der die Sonde fotografierte. Anders als SLIM überlebte sie die Mondnacht aber nicht, die Temperaturen sinken dann so weit ab, dass Batterien einfrieren und permanenten Schaden nehmen. Indien hatte dasselbe vorher mit Chandrayaan 2 probiert, war damit aber gescheitert. Ein Softwarefehler führte zum harten Aufschlag des Landers.

Deutlich schlechter war das Ergebnis der beiden anderen Staaten. Am besten schnitt noch Japans Raumfahrtbehörde JAXA ab, die den Mondlander SLIM (Smart Lander for Investigating Moon). Er landete und funktionierte auch über mehrere Mondnächte, aber da eine Düse beim Endanflug abbrach, landete er praktisch auf dem Kopf mit den Triebwerken in das All ragend. Gut, das die Solarpaneele beidseitig belegt waren.

Luna 25 reiht sich dagegen in eine Reihe von Fehlschlägen ein, die man bis zu den Missionen Phobos 1+2 im Jahre 1988/89 zurückführen kann. Mars 96 verließ nicht einmal die Erdumlaufbahn, genau sowenig wie Phobos Grunt zehn Jahre später. Luna 25 war eine reine Landesonde, ohne Rover oder Bodenprobenentnahme. Beim letzten Manöver vor der Landung – der Absenkung des mondnächsten Punktes der Bahn auf 18 km Höhe schaltete der Antrieb nicht nach 84 Sekunden ab, sondern arbeitete 127 Sekunden lang. Der Mondnächste Punkt lag so unter der Mondoberfläche und die Sonde schlug wenige Minuten später auf der Oberfläche auf.

Aber: von acht staatlich durchgeführten Landungen waren fünf voll erfolgreich, eine teilweise und nur zwei scheiterten. Ganz anders sieht es bei den kommerziellen Starts aus. Es gab sechs kommerzielle Missionen, Intuitive Machines LLC machte sogar zwei Versuche. Davon gelang nur einer. Den Anfang machte B’reshit auch Bereshit genannt, ein von der israelischen Firma IAI entwickelter Mondlander, der den Google Lunar X-Price gewinnen wollte, aber dessen Deadline 2018 verpasste. er wurde dann 2019 als Sekundärnutzlast mit einem Kommunikationssatelliten gestartet. Kurz vor der Landung riss der Funkkontakt ab, weiteres ist nicht bekannt.

Drei Jahre später probierte es die japanische Firma ISpace mit ihrem Haktuo-R. Finanziert wurde die Mission dadurch das Hakuto-R einen Rover der Vereinigten Arabischen Emirate und andere Nutzlasten zur Mondoberfläche bringen sollte. Man hatte im Vorfeld den Landeort verändert, allerdings nicht die Bordsoftware richtig angepasst. Als die Sonde im Endabstieg einen hohen Kraterrand überflog, wähnte sie sich näher der Oberfläche, als sie tatsächlich war und schaltete auf den Sinkflug um, bei dem die Sonde die letzten Meter konstant fällt. So ging ihr aber der Treibstoff aus, bevor sie den Boden erreichte und sie schlug mit über 550 km/h auf.

Die folgenden Missionen wurden dann alle durch das CLPS Programm finanziert. Dieses NASA-Programm hat ein Budget von 2,6 Mrd. Dollar, dafür könnte also die NASA selbst etliche Mondlander entwickeln. Die Firmen können ihre Mondlander selbst entwickeln, sie müssen nur Nutzlasten, die die NASA stellt, erfolgreich zur Mondoberfläche bringen. Es sind Festpreisabschlüsse, ich habe aber leider nicht herausfinden können, ob nur bei einer erfolgreichen Landung bezahlt wird, so wie ich die NASA kenne ,aber eher nicht. Aber da der Kurs von Intuitive Machines LLC nach dem letzten Fehlschlag von über 22 auf unter 8 Dollar fiel, nehme ich an, wird erst mit einer erfolgreichen Landung der letzte Betrag Summe fällig. Das CLPS Programm geht bis 2028 und umfasst 14 Firmen, sodass wir mit weiteren Missionen zu rechnen haben.

Die 80 Millionen Dollar teure Peregrine Mission auf dem Jungfernflug der Vulcan Centaur kam nicht einmal bis zum Mond. Sie wurde erfolgreich von der Trägerrakete in eine translunare Umlaufbahn geschossen, hatte danach aber ein Treibstoffleck und begann zu taumeln, sodass man die Mission beendete. Am 18. Januar 2023, zehn Tage nach dem Start trat sie wieder in die Erdatmosphäre ein und verglühte. Intuitive Machines bekam von der NASA 77 Millionen Dollar für ihren NOVA-C Lander. Das erste Exemplar landete am 22.2.2024 auf dem Mond, kippte allerdings um. Die mitgeführten Instrumente konnten teilweise Daten liefern, sodass dies IM als einen partiellen Erfolg ansah. Der baugleiche Nachfolgelander IM-2 der mehrere kleine Rover neben anderen bezahlten Nutzlasten mitführen sollte, landete erneut auf der Seite, diesmal aber so, dass keine dauerhafte Kommunikation möglich war, da diesmal die Solarzellen nicht beschienen wurden, sodass nach 19 Stunden die Batterien erschöpft waren. Ursache soll in beiden Fällen falsche Angaben des Höhenmessers gewesen sein, doch auch ohne diese ist die Mission sehr riskant ausgelegt: während die früheren Raumsonden relativ breit waren, mit einem niedrigen Schwerpunkt hat der Lander von IM eine Höhe von 6,7 m bei einem maximalen Durchmesser von 1,8 m. Zudem sind beim Landezeitpunkt die unten liegenden Treibstofftanks leer, sodass der Schwerpunkt weit oben liegt und damit landet man dann auf unebenem Grund. Zwei weitere Missionen von IM sind noch geplant. Für IM-4 zahglt die NASA z.B. 117 Millionen Dollar.

Die einzig voll erfolgreiche Mission des CPLS war die Landung von Blue Ghost wenige Wochen vorher. FireFly Aerospace bekam 94 Millionen Dollar für die Mission, um verschiedene Experimente abzusetzen. Blue Ghost war nicht ausgelegt über mehr als einen Mondtag zu arbeiten, die Experimente arbeiteten vom 2 bis 16. März über 346 Stunden, bis die Sonne unterging. Anders als der Lander von Intuitive Machines sieht der von Firefly auch eher wie ein Mondlander der früheren Generationen aus und ist 3,05 m breit, aber nur 1,98 m hoch.

Fazit

Meine persönliche Meinung: Die NASA hat nur für die Unternehmen bei diesen Missionen im Schnitt 100 Millionen Dollar ausgegeben, dazu kämen dann noch die eigenen Kosten für die Experimente. Zusammen kommt man bei vier Missionen dann schon auf die Finanzmittel, die eine Discovery Class Mission bekommt. Die läuft aber über Jahre und nicht 14 Tage. Daneben hat man Geld in Experimente gesteckt, die nie auf dem Mond ankamen. Wenn die Erfolgsbilanz nicht entscheidend besser wird, ist das ein Armutszeugnis. Das weiß auch die NASA, denn sie schätzte die Erfolgsaussicht der IM-1 Mission auf nur 50 Prozent ein. Die NASA hätte das Know-How einen Langzeitlander oder Rover zu konstruieren, dann würden RTG-Peletts verhindern, dass er in der Mondnacht zu stark auskühlt, auch wenn er dann inaktiv wäre, ähnlich wie dies bei den Mars Rovern Sprit und Opportunity durchgeführt wurde. Das dies geht, zeigten die Sowjets schon mit den beiden Lunochods die über Monate arbeiteten.

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