Die Bundeswehr, Aufrüstung und das 5 Prozent Ziel (2)
So, nun der zweite Teil meiner Gedanken zur geplanten Aufrüstung der Bundeswehr. Teil 1 erschien gestern.
Die Ausrüstung
Bei der Beschaffung neuer Ausrüstung sehe ich zwei Schwerpunkte. Zum einen eine Koordination in Europa, zum anderen Lehren aus dem Ukainekrieg zu ziehen. Fangen wir mit dem ersten an, das ja auch die EU auf dem Schirm hat, dort will man nicht nur 800 Mrd. Euro für die Rüstung locker machen, sondern auch die Beschaffung koordinieren. Das geht relativ einfach bei der Munition, die ist ja standardisiert. Bei Raketen und Lenkwaffen kann man die Bestellungen bündeln. Aber ich denke, es sollte weiter gehen. Derzeit ist es noch so: Jede Nation beschafft nicht nur selbst, sondern entwickelt auch selbst. Bei Großsystemen wie Kampfflugzeugen und Panzern gibt es aus Kostengründen und Stückzahlen ja nur wenige Modelle europaweit. Beim Eurofighter produziert man auch europaweit verteilt. Bei anderen Systemen halte ich eine Absprache für sinnvoll: Ziel ist es das wir möglichst wenige Waffensysteme in der EU haben. Das erhöht zum einen die Stückzahl und damit sinkt der Preis pro Einheit. Zum anderen denke ich ist die Zusammenarbeit bei Manövern oder gar bei einem Krieg einfacher, wenn man weiß was der andere technisch kann, weil er dieselben Systeme wie man selbst einsetzt. Und nicht zuletzt wird es in einem Konflikt Verluste geben. Da ist es von Vorteil, wenn Länder die nicht direkt betroffen sind wie Portugal, Spanien, Italien, Frankreich Ausrüstung an Staaten liefern, die im Krieg sind.
Darin liegt auch eines der Hauptprobleme. Denn weder in der NATO noch EU haben wir einen Konsens. Wir haben eigentlich drei Gruppen: Die Länder, die direkt an Russland angrenzen oder sich zumindest nun bedroht frühen wie die baltischen Stataen, Polen, Schweden, Finnland und eben Deutschland. Die Länder, die meinen sie wären von einem Angriff nicht betroffen, wie alle Staaten in Westeuropa. Und einige Staaten, die eigentlich an Russlands Peripherie liegen, sich aber nicht bedroht fühlen wie Ungarn oder die Slowakei. Hier einen Konsens hinzubekommen wird schwierig werden. Schon bei der Ukrainehilfe sieht man dies. Seit 2022 hat die BRD über Waffen, Infrastrukturhilfen und humanitäre Hilfe in einer Höhe von 17 Mrd. Euro geleistet. Frankreich mit einem größeren Militär nur 0,8 Mrd., das kleine Dänemark dagegen 8,4 Mrd. Euro, was gemessen an den Staatseinnahmen sicher die Spitze ist.
Vor allem aber denke, ich sollte man bei der Beschaffung die Lehren aus dem Ukrainekrieg und Trump ziehen. Trump hat als er Selenskyj vorgeführt hat nicht nur eigene Hilfen gestoppt, sondern auch Waffen aus den USAn die von den Europäern bezahlt wurden. Und er hat auch keine Informationen mehr geliefert. Kann man noch unter dem Aspekt Waffensystemen aus den USA kaufen? Wasn wenn es einen Konflikt gibt und wieder ein Präsident an der Macht ist, der Russland gewogen ist? Meiner Ansicht nach müsste bei allen zukünftigen Käufen gewährleistet sein, dass die Produktion in Europa stattfindet, um sich dagegen abzusichern. Besser wäre es, aber wenn wir europäische Lösungen einsetzen. Das geht bei vielen Teilbereichen wie Luftabwehr mit Raketen und Transportflugzeugen heute noch nicht, aber man kann ja in den nächsten Jahren hier Lösungen entwickeln. Speziell für die Bundeswehr wäre auch mal nett, wenn man etwas von der Stange kaufen würde, anstatt immer Sonderwünsche zu haben, die alles teurer machen. Heraus kommen dann Waffen die technisch komplex sind. In Friedenszeiten kann man die Soldaten für solche technisch komplexen Waffen schulen, da hat man die Zeit dazu. Aber es gibt auch Verluste durch Verwundung und Tod, die Soldaten die nachrücken haben nicht die Zeit für eine aufwendige Schulung daher kommt ein Bericht, der den Einsatz der gelieferten Ausrüstung in der Ukraine beurteilte auch zu dem Schluss, die Bundeswehr wäre nur bedingt kriegsbereit.
Die wichtigere Lektion ist aber wie der Ukrainekrieg verlief. Klassisch tragen Panzer und Kampfflugzeuge maßgebend zum Erfolg bei. Panzer sind durch Drohnen aber leicht aufspürbar und Russland hat hohe Verluste während der ersten Kriegsjahre zu beklagen. Inzwischen versuchen sie die Panzer durch improvisierte Schilde von oben zu schützen oder nutzen sie nur noch als Taxi um Infanterie nach vorne zu bringen. Flugzeuge spielen zumindest über die Ukraine noch weniger eine Rolle. Wenn ,dann steigen sie in Russland auf und werfen dort Gleitbomben ab. aber das Bombardement das täglich auf die Ukraine niedergeht, besteht vor allem aus Raketen und Drohnen. Viel wichtiger ist dagegen die Artillerie im Konflikt.
Bei der ersten Bestellung, dem „Doppel-Wumms“ von Scholz hat die Bundeswehr dagegen noch bestellt wie vorher. Neue Leos, F-35 Kampfflugzeuge. Was fehlt, ist zum einen eine wirksame Luftabwehr. Wir sehen ja wie die Ukraine jeden Tag angegriffen wird. Und da sind Ziele die Infrastruktur und nicht Militärbasen. Was würde bei uns passieren würden wie so angegriffen werden? Es würde wohl vieles zusammenbrechen und derzeit kann die Bundeswehr gerade mal eine Fläche von der Größe Berlins mit Luftabwehr absichern. Meiner Ansicht nach sollte man hier mehr investieren und auch schauen das dies kostengünstig geht, einfach weil man sehr viele Systeme braucht. Der Gepard hat sich in der Ukraine bewährt für den Objektschutz also z.B. von Kraftwerken, obwohl technisch veraltet. Aber Drohnen und Raketen weichen eben nicht aus. Also sollte man neue Systeme dieser Art anschaffen und zwar in großer Zahl. Die könnten dann auch von der Heimatarmee, die ja nun als zweites Standbein aufgebaut wird, bedient werden. Die Patriots sind gut, aber auch extrem teuer und noch weniger gibt es für Deutschland die Notwendigkeit eines weitreichenden Abschirmsystems wie dem Iron Dome wo ein Milliardenauftrag aus dem 100 Mrd. Paket an Israel ging.
Stattdessen würde ich auf mehr Drohnen und allgemein unbemannte Vehikel setzen. Nicht nur als Einmal-Waffe, sondern als Ergänzung zu Kampfpanzern und Flugzeugen. Was macht die Besatzung in einem Kampfpanzer oder Flugzeug? Sie beobachtet die Umgebung und Instrumente und feuert dann Waffen ab. Das kann man auch von einer Zentrale aus, Laderoboter für die Munition bei Panzern haben russische Panzer schon lange. Das hat einige Vorteile: So kann man mit Kameras einen Rundumblick haben. denn die Besatzung nicht hat. In einer Zentrale kann sich auch nicht nur ein Pilot die Bilder anschauen, sondern mehrere Personen viele Kameras überwachen. Ein ferngesteuerter Panzer bräuchte keinen Platz und Schutz für die Besatzung und wäre somit kleiner, schwerer treffbar und billiger. Für die Luftabwehr denke ich an große bewaffnete Drohnen mit Lenkwaffen die wie Passagierflugzeuge bei Unterschallgeschwindigkeit lange in der Luft bleiben. In typisch 12 km Höhe kann eine Maschine mit Radar einen Radius von über 300 km abdecken. Sie wäre damit weit genug entfernt, um sie bei Bedrohung durch Kampfflugzeuge zu landen oder abzuziehen, könnte mit Raketen aber anfliegende Drohnen abfangen. Diese könnten zur Kosteneinsparung zuerst von der Drohne gesteuert werden und erst im Endflug dann einen Wärme- oder Radarsuchkopf aktiveren. Die USA haben mit der MQ-9B schon eine Drohne die bis zu 40 Stunden in der Luft bleiben und bis zu 2 t Waffen tragen kann. Damit könnte man die Luftverteidigung auch in der Fläche umsetzen und solche unbemannten, aber nicht autonomen, sondern ferngesteuerten Systeme hätten auch den Vorteil, dass man wohl leichter Personal findet, denn im geizten Zimmer lebt es sich besser, als im lärmenden Panzer im Matsch, vom Risiko verwundet oder getötet zu werden ganz zu schweigen.
Die neue Rolle der Artillerie hat man ja erkannt. Mit dem RCH-155 einer mobilen Haubitze auf dem Boxer-Fahrgestell hat man ein mobiles System das hat sich als wichtig bei Ukrainekonflikt erwiesen. Für die Ukraine wegen des Geländes nicht optimal, aber bei uns wo es überall Wege und Straßen gibt eine billige Alternative zur Panzerhaubitze 2000.
Weltraumsegment
Neben Waffen hielten die USA auch Geheimdienstinformationen zurück. Die wichtigste Quelle für sie sind Satelliten. Die USA haben nicht nur eigene Aufklärungssatelliten, die NRO ist auch der beste Kunde bei kommerziellen Betreibern von hochauflösenden Satelliten wie Digiglobe. Sie sichern sich zum einen die Bildrechte an ganzen Regionen, zum anderen dürfen die Aufnahmen der höchsten Auflösung nur herunterskaliert an andere Kunden weitergegeben werden. Dazu kommt Starlink, das sich als essenziell für die Steuerung von Drohnen erwiesen hat, denn irgendwie müssen diese ja ihre Bilder übertragen und feste Mobilfunkmasten dürften ein vorrangiges Ziel sein.
Ziel muss es sein, das Europa auch in einem Konflikt autonom ist. Die derzeitigen Satellitensysteme sind ausgelegt langfristige Veränderungen zu beobachten. Neue Militärlager, neue Ausrüstung, aber nicht Aufmärsche, Truppenverlagerungen etc. Dafür braucht man eine engmaschige Aufklärung, also neue Satelliten. Genauso wie bei der Rüstung sehe ich hier die Chancen zur Zusammenarbeit. Drei Länder in Europa betreiben eigene militärische Satelliten. Deutschland und Italien Radarsatelliten und Frankreich optische Satelliten. Also wäre es sinnvoll, hier anzuknüpfen und die bisherigen Systeme (Plejades, Cosmo Skymed, SARAH) durch weitere Satelliten zu verstärken. Ich denke aber auch, ein kommerzieller Ansatz wäre sinnvoll. Kurz gesagt: man könnte ausschreiben, dass man eine bestimme Anzahl von Aufnahmen in einer vorgegebenen Auflösung abnimmt und Unternehmen können dann die Satelliten nach eigenem Gutdünken bauen. Dies würde auch die europäische Trägerindustrie stärken. Denn durch die US-Zölle sind die Falcons plötzlich sehr teuer geworden. Gezahlt werden müssen ja die 10 % Zölle nicht auf den Raketenstart, sondern die Satelliten, die für den Start eingeführt werden und die sind viel teurer als der Start selbst.
Mit IRIS² entsteht ja eine europäische Alternative zu Starlink und mit Galileo haben wir schon ein eigenes Navigationssystem. Interessant wäre es zu wissen ob dieses genauso wie das US-System GPS durch Russland gestört werden kann, denn praktisch alle Waffen, die ihren Kurs ändern können, nutzen GPS.
[Edit]
Erschien heute in den Nachrichten und passt zum Thema:
ESA seeks funding for ‘security and resilience’ satellite program
Zur Bestellung der F-35. Diese zu bestellen war unter den gegebenen politischen Vorgaben militärisch alternativlos. Politische Vorgabe ist „weiter machen mit der Nuklearen Teilhabe mit den USA“. Man hat wie immer mit der Entscheidung und Mittelzusage viel zu lange gewartet also ist eile nötig.
Militärisch sieht es dann so aus. Tornado muß dringend ersetzt werden.
Flugzeuge die in Frage kommen sind Eurofighter, F/A-18 und F-35.
Eurofighter, Europäisches Produkt und bei der Luftwaffe im Einsatz. Grundsätzlich also der perfekte Ersatz. Die B61 Atombomben könnten Technich auf jeden fall integriert werden, aber die USA würden dafür mehr oder weniger volen zugriff auf die Konstruktionsunterlagen/Software/Leistungsdaten des EF erhalten, dazu würden die dafür viel Geld verlangen und hätte in den USA wohl auch nicht höste dringlichkeit.
F/A-18, theoretisch billiger als die F-35. Technologisch auf dem Stand des EF oder leicht darunter. B61 noch nicht intergriert aber auch grundsätzlich machbar wenn man den USA einige Dollar mehr bezahlt.
F-35 technologisch klar über dem EF, vor allem wenn es um Bodenangriffe geht. Relativ billig da in großen Stückzahlen gebaut. Wird von diversen Europäischen Ländern angeschafft. B61 bereits interegriert.
Die andere Frage ist natürlich ob die Nukleare Teilhabe so wie sie ist noch sinn macht. erst mal Militärisch. Die einzige Waffe die dafür noch zur Verfügung steht sind B61 Freifallbomben. Man muß also fast über das Ziel herüberfliegen. Mir fällt kaum ein Szenario ein wo da ein Einsatz sinn macht. Man kann sie nur einsetzen in Gebieten in denen man die feindlichen Flugabwehr größtenteils unterdrückt hat. Andere Waffensysteme Marschflugkörper, Kurz oder Mittelstreckenraketen währen meiner Meinung nach die deutlich besserer Abschreckung. Dazu auch noch billiger.
Politisch ist es zumindest zweifelhaft ob eine USA unter Trump (aber nicht nur unter ihm) bei einem begrenzten Nuklearschlag auf Europa die Schlüssel für die A-Waffen freigegeben würden. Europa wird für die USA strategisch immer unwichtiger. Asien ist wichtiger. Mir währe woher mit einer wie auch immer gearteten Nuklearen Teilhabe mit Frankreich.
Gerade das was Du anzweifelst zweifele ich auch an. Trump hat ja gesagt das er Europa komplett alleine stehen lässt auch bei einem konventionellen Angriff, obwohl das ein Verstoß gegen Artikel 5 der NATO (Beistandspakt) wäre, aber er wollte ja schon in der letzten Amtszeit aus der NATO raus.
Billig sind die 30 F-35 nicht, weil viel umgebaut werden muss kosten die 10 Mrd. Euro