Wiederverwendung zum erneuten Mal – Teil 2

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Die Wirtschaftlichkeit

Dieser Teil schließt an den ersten Teil von gestern an, bei dem es um die technische Seite des Aspekts geht, heute geht es um den wirtschaftlichen Aspekt.

Schlussendlich will man bei einer Wiederverwendung Geld sparen und nicht das Gegenteil, was durchaus der Fall sein kann, dazu später noch mehr. Da sich nun sicher wieder SpaceX Fans einfinden, fange ich bei den Grundlagen an, und zwar mit einem Beispiel aus dem täglichen Leben: Man kann Schuhe von der Stange kaufen oder sich diese Maßanfertigen lassen. Der Preisunterschied ist enorm, maßgefertigte Schuhe können mehrere Tausend Euro kosten. Das liegt nur zum Teil an besseren Materialien oder mehr Sorgfalt, selbst das Maßnehmen und das Herstellen der individuell angepassten Leisten fällt nicht so ins Gewicht, wie man denkt. Maßanfertigung ist die Produktion eines Einzelstücks. Jedes Einzelteil wird von Hand zugeschnitten, vernäht etc. Das dauert und Arbeitszeit eines Schustermeisters ist teuer. Hat ein Schuster viele Kunden, so kann er daran denken weitere Personen einzustellen und die beste Möglichkeit die Preise zu senken ist die, das jede Person nur noch eine Aufgabe hat, also nicht mehr den ganzen Schuh macht, sondern z.B. nur zuschneidet, nur vernäht oder nur Löcher für die Schnürsenkel stanzt und mit Nieten versieht. Sehr bald ist sie da schneller als der Schuster, weil sie mehr Übung hat. Sie muss auch nicht die Arbeit unterbrechen und dann eine andere Tätigkeit ausführen und sie muss nicht den ganzen Prozess beherrschen, es reicht also eine angelernte Kraft und die verdient weniger als ein Schustermeister. So produzierte Schuhe können billiger sein als Einzelexemplare. Bei noch höherer Nachfrage kann der Schuster daran denken Maschinen einzusetzen, zum Nähen, Schneiden oder stanzen. Dann geht es noch schneller und die Kosten sinken weiter, denn wir alle wissen: Arbeitszeit ist teuer und wenn Maschinen Menschen ersetzen hat man zwar anfangs hohe Anschaffungskisten, spart dann aber bei den laufenden Ausgaben. Bei noch höherer Nachfrage kommen wir dann zu einer Serienproduktion in einer Fabrik, aber eben nach Maßtabelle ohne individuelle Anpassung.

Das gilt natürlich auch bei Raketen. Die meisten Träger erreichen pro Jahr nicht einmal eine zweistellige Startzahl, sodass wir hier bei einer Einzelfertigung sind. Je mehr Raketen man pro Jahr produziert, um so mehr lohnt sich die Investition in Maschinen. Dann werden auch Arbeitsabläufe umstrukturiert. Ein Beispiel kann die Fertigung von OneWeb Satelliten bei Airbus sein. Normalerweise wird ein Satellit nacheinander zusammengebaut und ein Team kümmert sich darum, verstärkt bei den einzelnen Stationen dann jeweils um Spezialisten für die einzelnen Subsysteme. Bei Oneweb sollten über 600 Satelliten in wenigen Jahren gebaut werden und ein Satellit durchlief hier feste Stationen. Jede Station mit einer Mannschaft hatte einen Arbeitstag um ihr Pensum umzusetzen, dann wanderte der Satellit weiter. Wir haben also auch hier eine Vorgehensweise wie beim Automobilbau wo ein Team die Scheiben einbaut, ein anderes den Motor etc.

Aber auch wenn wir von wenigen Starts pro Jahr reden, sodass es andere Abläufe gibt, gibt es trotzdem Unterschiede in der Fertigung und die sieht man beim Zusammenbau. Es gibt mehrere Verfahrensweisen: Legt man eine Rakete nur für wenige Starts aus, so kann man sie am Startplatz aus den Stufen und der Nutzlastspitze zusammenbauen. Das ist bei der Vega so und war schon bei der Ariane 1 am selben Startplatz so. Für wenige Starts brauche ich kein eigenes Integrationsgebäude, das spart Mittel, aber die Startrampe ist eben über Monate blockiert. Bei Ariane 4 ging man daher dazu über, die Rakete in einem Gebäude zusammenzubauen, den Satelliten in einem anderen Gebäude in die Nutzlastspitze einzubauen und beides erst am Startplatz zusammen mit den Feststoffboostern (aus Sicherheitsgründen) zu montieren. So konnte man zwei Starts parallel abwickeln und Ariane 4 konnte so auch viel häufiger starten.

Bei noch höheren Startzahlen lohnt sich die horizontale Integration. Die Rakete liegt also auf der Seite. Sie benötigt so nur eine Halle und kein Gebäude, das so hoch ist das die Rakete mit 50 oder mehr Metern Höhe komplett reinpasst. Das spart Aufwendungen für die Gebäude, hat aber den Nachteil, dass man weniger gut an die Stufen und Verbindungen herankommt und die Kräfte beim Zusammenbau eben nicht in dieselbe Richtung wie beim Aufrichten zeigen. Russische Träger, aber auch die frühen US-ICBM, von denen in kurzer Zeit viele in Dienst gestellt wurden, werden so zusammengebaut. Es gibt sogar einen seltenen Fall, wo man beide Formen einsetzte. In Bremen wurde die zweite Stufe der Ariane 1-4 zusammengebaut, vertikal integriert. Als die Ariane 4 Gestalt annahm, sollte Bremen auch die mit flüssigen Treibstoffen angetriebenen Booster fertigen. Eine Ariane 4 hatte eine zweite Stufe aber bis zu vier Booster. Durch die höhere Stückzahl schwenkte man bei ihnen auf die horizontale Integration über. Es ist also durchaus nicht so, dass Firmen nicht versuchen die Kosten zu senken. Ariane 1 war inflationsjustiert genauso teuer wie die derzeitige Ariane 6, hatte aber nur ein Sechstel der Nutzlast, das ist doch eine große Leistung.

Trotzdem gibt es sicher eine Mindestzahl an Trägern pro Jahr, ab der die Produktion nicht gestreckt werden kann, also Personal zeitweise keine Arbeit hat. Ich würde dies bei 3-4 Trägern pro Jahr ansetzen, weil es einige Beispiele gibt, wo Träger recht teuer waren, die selten starteten. Japan brachte es nie so weit, für die H-II/A/B die Startfrequenz so zu erhöhen, dass die sehr zuverlässigen Träger für kommerzielle Kunden auch finanziell attraktiv gewesen wären, ich kann mich nur an wenige Aufträge aus dem Ausland erinnern. Bei der Titan setzte ab Mitte der Achtziger Jahre mit dem Auslaufen des Modells ohne Booster eine drastische Verteuerung ein. Bis heute bezahlen NASA, DoD und NRO US-Hersteller dafür, dass sie in Zeiten einer Flaute nicht Mitarbeiter entlassen und so Erfahrung verloren geht, was die Firmen sonst tun würden. Im Folgenden gehe ich davon aus, das die minimale Startrate für eine rationelle Produktion bei 4 Starts pro Jahr liegt und diese auch bei der Wiederverwendung von einer Stufe nicht unterschritten werden sollte.

Kommen wir daher zu einer der Folgen der Wiederverwendung für die meisten Hersteller von Trägerraketen – dem Absinken der Startzahl. Wird eine Stufe nur zweimal eingesetzt, so halbiert das die Startzahl. Setzen wir 4 Exemplare pro Jahr als untere Grenze für eine rationelle Produktion, so müssen mindestens 8 Starts (zweimalige Verwendung) pro Jahr erfolgen. In den letzten fünf Jahren hatten nur sechs Träger im Mittel 8 oder mehr Starts pro Jahr: die Falcon 9, Sojus, Electron und die Chang Zheng 2/3/4 die zudem Varianten des Basismodells Chang Zheng 2 sind. Würde ein Hersteller, der nicht unter dieser Liste ist, daher anfangen nur die erste Stufe zweimal wiederzuverwenden, so würde für diesen Teil der Rakete die Stückzahl unter die kritische Grenze von 4 Exemplaren/ Jahr drücken. Die genannten Hersteller kommen dagegen auf eine so hohe Startzahl, dass diese Grenze nicht gerissen wird und haben im Falle von China und der Electron auch eine Bergung getestet. Für die meisten Hersteller ist das, weil sie nicht Arbeiter entlassen und nach Monaten wieder neue einstellen können, keine intelligente Vorgehensweise.

Interessanterweise haben gerade die Maßnahmen, die den Trägerpreis in den letzten Jahrzehnten deutlich senkten einen die Wiederverwendung hindernden Effekt: Wenige schubstarke Triebwerke sind billiger in der Produktion als viele schubschwache. So haben die meisten Träger eben ein oder zwei Haupttriebwerke und nicht vier oder noch mehr Triebwerke. Feststoffantriebe sind in der Herstellung günstiger als Stufen, die flüssige Treibstoffe nutzen, aber ihre Wiederverwendung ist deutlich aufwendiger. Bei Ariane 5 barg man die Booster anfangs um sie zu inspizieren, was schlussendlich auch eine Verbesserung für die Evolution Variante ermöglichte, aber sie erneut zu verwenden lohnte sich nicht. Später stellte man die Bergung ganz ein.

Hat man wie bei einigen neuen Trägern in der ersten und zweiten Stfe dasselbe Triebwerk, dann benötigt man wegen des Schubüberschsses und der Startmasse zwar in der ersten Stufe sehr viele Triebwerke, 6-12 je nach Stufenverhältnis, aber man kommt so auf eine ausreichende Stückzahl auch bei der Wiederverwendung. Kleines Beispiel: Eine Rakete die acht Triebwerke in der ersten und eines in der zweiten Stufe hat und achtmal pro Jahr eingesetzt wird benötigt 72 Triebwerke pro Jahr. Bei zweimaligem Einsatz der ersten Stufe sinkt das auf 24, was genauso viel ist, wie bei einer Rakete mit zwei Triebwerken in der ersten Stufe und derselben Startzahl. Ebenso sorgt ein durchgängiger Durchmesser dafür, das die Teile des Tanks die sich aus den Tankdomen und zylindrischen Zwischenstücken zusammensetzen, in ausreichender Menge gefertigt werden.

Die Wiederverwendung der zweiten Stufe, wie beim Starship geplant, halte ich für unwirtschaftlich aus zwei Gründen: Zum einen kompensiert bei der oben beschriebenen Architektur mit nur einem Triebwerk bei beiden Stufen und einem durchgehenden Durchmesser die Oberstufe bei der Produktion Ausfälle durch die nun niedrige Stückzahl der Unterstufe, ja es kann sogar sein, das durch einen geringeren Preis die Startzahl ansteigt und man so wieder zu größeren Stückzahlen kommt. Wird nun auch die Oberstufe erneut verwendet, so hat man eine Einzelfertigung, die unwirtschaftlich ist. Der zweite Grund liegt in dem im ersten Teil skizzierten enormen Nutzlastverlust, der beim Space Shuttle bei 2/3 bis 3/4 der Nutzlast eines Systems lag, bei dem der Orbiter durch eine Raketenstufe ersetzt worden wäre. Die Oberstufe ist zwar im Verhältnis zu ihrer Masse viel teurer als die Unterstufe, aber nicht so teuer.

In jedem Falle muss auch bei Wiederverwendung der ersten Stufe die Rakete größer sein als bei einer nicht wiederverwendbaren Version. Eine nicht wiederverwendbare Falcon 9 hätte je nach Zielorbit nur 66 – 75 % der Startmasse einer Falcon 9. Die technisch sehr ähnliche Zenit wog 473 t bei 6 t in den GTO, die Falcon 9 wiegt 549 t bei 5,5 t in den GTO. Das ist auch ein Grund, warum man die zweite Stufe nicht wiederverwenden sollte denn dann reden wir von einer viel größeren Rakete. Das aktuelle Starship (Stand Juni 2025) hat nach der Masse der Starlink-Simulatoren bei den Starts 7 bis 9 in etwa die Nutzlast einer Falcon 9, wiegt aber achtmal so viel.

Der Versuch einer Berechnung

Ohne belastbare Zahlen, die natürlich die Firmen nicht rausrücken, ist es schwierig eine Berechnung zu machen, aber ich will es versuchen, sage aber sofort das dies meine persönliche Einschätzung ist. Die Fakten, auf denen ich die Abschätzung mache will ich aber angeben.

Es gibt sogar eine offizielle Zahl, wenngleich sie alt ist: Die erste Stufe macht 70 bis 75 % des Herstellungspreises aus. 2016 erwartete SpaceX nach Shotwell, dass die Wiederverwendung der ersten Stufe (die damals auf 10 Einsätze geschätzt wurde) 30 Prozent der Kosten ausmacht. Man würde erwarten, dass wenn sie nur ein zweites Mal verwendet wird, es die Hälfte der 70 bis 75 Prozent wären also 35 bis 37,5 Prozent und bei zehnmaligen Einsatz sogar 63 bis 65 Prozent. Den Preis für eine Oberstufe 12 Millionen Dollar und die Nutzlastverkleidung (6 Millionen Dollar) kennen wir. Unbekannt ist, was SpaceX an Gewinnen einstreicht, wie viel die Startvorbereitung kostet und die Bergung und die danach anstehende Inspektion und Reparatur. Ich würde darauf tippen, das Shotwell in dem Interview von 2016 nicht von zehn Einsätzen ausgeht, sondern fünf. Teilt man die Zahl der bisher produzierten Erststufen durch die Flüge so kommt man auf etwa 5 Einsätze im Mittel. Es können ja auch Stufen verloren gehen was in der Anfangszeit auch oft vorkam und wenn die Reparaturen nach einem Einsatz stark zunehmen, lohnt es sich eine Stufe durch eine neu produzierte zu ersetzen. Bei 5 Einsätzen kann man die Bergungskosten auf etwa 14 bis 15 Prozent des Gesamtpreises schätzen. Gerne hätte ich alles konkretisiert, aber es gibt von Spacex und Elon Musk nur wirklich wenige konkrete Angaben, dafür um so mehr Schätzungen selbsternannter Experten. Die Angaben von SpaceX widersprechen zudem anderen Erfahrungswerten. So ist die kleine Nutzlastverkleidung der Falcon 9 mit 6 Millionen dollar sehr viel teurer als die viel größere einer Ariane 5/6. Bei Stufen macht das Triebwerk oft den Löwenanteil aus, doch SpaceX beziffert die Kosten der Oberstufe einer Falcon 9 auf 12 Millionen Dollar, das Merlin Vakuum soll aber nur 2 Millionen Dollar kosten.

Die 30 Prozent Kostenersparnis müssen natürlich mit den 25 bis 33 Prozent Nutzlasteinbuße gegengerechnet werden. SpaceX hätte eine kleinere Rakete bauen können. Da ein Merlin 1,5 Millionen Dollar kostet und man auf drei Triebwerke verzichten könnte (Einsparungen bei den Tanks ignoriert) wäre eine nicht wiederverwendbare Falcon mit derselben Nutzlast auch um 4,5 Millionen Dollar billiger, sodass die reale Einsparung beim damaligen Preis von 61,2 Millionen Dollar pro Start bei etwa 20 Prozent liegt. Da ist klar, das dies nicht der große Gamechanger ist und auch warum andere Firmen sich so schwertun, das zu übernehmen.

Viel bedeutsamer ist das wir durch die Konstellationen einen rapiden Anstieg der Startrate haben. SpaceX startete 2024 insgesamt 132 Falcon 9, davon waren 89 Starts, also mehr als 2/3 für das eigene Starlinknetz. Einen großen Auftrag für eine Konstellation hat auch ULA mit 47 Starts der 83 Starts für Kuiper erhalten. Alleine durch die Erhöhung der Startrate kann man die Startkosten stärker senken als durch die Wiederverwendung. 2016 als die Wiederverwendung klappte, startete die Falcon 9 insgesamt achtmal, letztes Jahr 132-mal. Wenn SpaceX die Produktionsmethoden angepasst hat, so müssten sie den Startpreis massiv gesenkt haben. Viel stärker als durch die Wiederverwendung.

Ein Kriterium aus der Betriebswirtschaft zur Abschätzung wie Serienproduktion ein Produkt verbilligt ist folgende Formel:

K = Np/N * K0

K = Kosten pro Stück

K0 = Kosten bei Einzelproduktion

N = Anzahl der pro Zeitraum gefertigten Exemplare (Serie)

p = Erfahrungsfaktor, typisch 0,7 bis 0,8

Vergleicht man nur N=8 für 2016 und N=132, da wir K0 ja nicht kennen und nehmen für p den Wert 0,75 als Mittel zwischen 0,7 und 0,8 so kommt man darauf das alleine die höhere Stückzahl die Produktionskosten halbiert hat. Ähnliches dürfte auch für den bei einer Rakete ebenfalls signifikanten Anteil der Startkosten gelten, denn die Mannschaften dürften eingespielter sein und vor allem kommt SpaceX bei den 132 Starts mit drei Startrampen aus, das sind zwar dreimal so viele wie 2016, aber die handeln die 16-fache Startzahl.

Andere Launch Service Provider können davon nur träumen, denn selbst wenn man alle kommerziellen Starts und Starlink abzieht, kam SpaceX letztes Jahr noch auf 22 Starts für die US-Regierung, zu denen nur US-Firmen Zugang haben. Das sind, weil die USA ungefähr fünfmal so viel Geld für Weltraumfahrt ausgeben wie die gesamte EU, eine sichere Einnahmequelle die SpaceX auch nur zum Teil mit ULA teilen muss (neun der 22 Starts waren die einer Dragon, entweder für Frachttransport oder Mannschaftstransport oder kommerzieller Tourismus). Lediglich China hat noch ein so umfangreiches Raumfahrtprogramm, das ihre Träger auch auf so hohe Startzahlen kommen.

Trotzdem hoffe ich für die Allgemeinheit, dass diese Konstellationen sich nicht durchsetzen werden. Die vielen Satelliten erhöhen das Risiko, dass der Orbit durch das Kessler-Syndrom einmal unnutzbar wird und auch natürlich auch dabei die meisten schon derzeit genutzten Satelliten ausfallen enorm. Dies für den kleinen Nutzen eines Internets überall auf der Welt. Da Lücken durch einen terrestrischen Ausbau immer kleiner werden, bin ich da optimistisch. Eine terrestrische Lösung ist immer billiger als ein Satellit, außer vielleicht bei sehr unzugänglichen Gebieten. Die sind dann aber auch meist dünn besiedelt sodass man hier nicht auf die Nutzerzahl kommt die ein solches Netz braucht. Nicht zuletzt zeigen bisherige Erfahrungen, dass sich die Hoffnungen nicht erfüllen können. Zur Jahrtausendwende wurde als analoges Netz nur für Mobilfunk Iridium und GlobalStar aufgebaut, durch den terrestrischen Ausbau der Mobilfunknetze gerieten beide Anbieter in Schwierigkeiten, Iridium stand zeitweise vor dem Bankrott. Neue Satelliten für bede Systeme werden kaum noch gestartet. Andere Netze, die damals geplant waren, wie von ICQ und Teledisk wurden gar nicht erst umgesetzt. Auch Oneweb, Pioneer vor SpaceX kam in Schwierigkeiten, wurde von der britischen Regierung gerettet und dann von Investoren übernommen. Deren Netz steht, aber hört keine Nachrichten über einen Weiterausbau, für den man ja Mittel durch Erlöse bräuchte. Elon Musk hat selbst gesagt, das Starlink auf Basis der Falcon 9 (erste Ausbaustufe mit 200 bis 250 kg schweren Satelliten) auf finanziell schwachen Füßen steht. Wenn selbst der sonst so optimistische SpaveX-CEO das sagt dann gibt es doch die Chance das die Gewinnerwartungen an die weitere Ausbaustufe für das SpaceX dann das starship benötigt, sich nicht so erfüllen und man den Ausbau irgendwann stoppt. Da die Starlink Satelliten nur eine Designlebensdauer von 5 Jahren haben (sehr wenig für Kommunikationssatelliten) dürfte dann das Problem in ein paar Jahren weg sein, vorausgesetzt SpaceX kann alle Satelliten auch sicher deorbitieren. Ansonsten bleiben sie lange im Orbit. In bis zu 560 km Höhe je nach Bahnebene sicher über ein Jahrzehnt, es können aber auch mehrere Jahrzehnte sein. Viele der Starlink V1 Satelliten befinden sich derzeit aber noch in niedrigeren Orbits. Geplant sind aber noch weitere Shells in bis zu 1.114 km Höhe. Satelliten in dieser Höhe brauchten Jahrhunderte bis Jahrtausende. bis sie verglühen. Die genannten 5 Jahre Design-Lebensdauer scheinen auch wirklich die Maximalbetriebszeit zu sein. Von den stand heute (17.6.2025) 4.714 gestarteten Starlink Satelliten der ersten Generation, deren letzter Start am 16.7.2023, also vor nicht einmal zwei Jahren war, sind nur noch 3.651, also 77 Prozent aktiv, dabei war der erste operative Start erst am 24.5.2019. Lediglich 541 Satelliten der Starlink-Konstellation sind seit mindestens 5 Jahren im Orbit. Die Ausfallrate ist also deutlich höher, als bei einer Lebensdauer von 5 Jahren zu erwarten ist.

Meine Meinung

Wiederverwendung lohnt sich bei der ersten Stufe nur, wenn man genügend Starts pro Jahr hat. An dem Kriterium scheitern schon die meisten Anbieter. Nur Anbieter aus den USA kommen durch die garantierten Regierungsaufträge in diese Region. Es bleibt spannend zu sehen ,wie das bei der Vulcan und New Glenn verläuft. Beide Firmen haben eine Bergung angekündigt. Blue Origin hat sie auch versucht, bei ULA blieb es bisher bei vagen Plänen. Für SpaceX dürfte der wichtigste Nutzen der Wiederverwendung keine Kosteneinsparung sein, sondern ein anderer: Als Musk von Boeing die Fabrikhalle übernahm, war sie eigentlich zu groß für sein Unternehmen, damals sprach er von einer Produktionskapazität von 40 Cores (Zentralstufen: Falcon 9 eine Core pro Rakete,, Falcon Heavy drei) pro Jahr. Heute produzieren sie immer doch da, ohne das Werk zu erweitern, nur eben nur wenige Cores (bisher 95 produzierte in 14 Jahren) dafür im letzten Jahr 132 Oberstufen, die nur ein Drittel der Länge haben und daher viel weniger Platz einnehmen. Ohne Wiederverwendung würde die Fabrik sicher nicht ausreichen auch noch 132 Erststufen für die Falcon 9 plus weitere für die Falcon Heavy zu produzieren.

Auf die Idee zu Starlink kam Musk erst Jahre nach den ersten wiederverwendeten Raketen, Oneweb war wohl der Ideengeber, denn die kündigten ihr Netz ein Jahr vor SpaceX an. Nur mit Wiederverwendung können sie die Startzahl schaffen, da ihr Netz viel mehr Satelliten umfasst. Sollte das Starship scheitern, so können sie bei 89 Starts pro Jahr (wie 2024) bei den derzeit pro Start transportierten 26 Satelliten in fünf Jahren – dann müssen Satelliten spätestens ersetzt werden – 11.570 Satelliten starten, also weniger als die genehmigten 12.000, zudem dürfen dann keine vorzeitig ausfallen oder gar nicht erst den operativen Orbit erreichen.

22 thoughts on “Wiederverwendung zum erneuten Mal – Teil 2

  1. Hmm….du behauptest also, dass doch die Gefahr eines Kessler Syndroms besteht.

    Die Musk Fans, auf die ich getroffen bin, behaupten immer das Gegenteil, weil die Orbits „zu niedig“ wären.

      1. SpaceX arbeitet erfolgreich an der Wiederverwendung des Starships. Jetzt kommt man an die Trümmerteile, ohne weit zu reisen oder gar zu tauchen, leichter heran.
        Man braucht sie nur noch vor Ort einsammeln, kann sie einschmelzen und ihnen ein zweites Leben in Form eines Tesla Cybertrucks geben 😉

      2. Ja sie entwickeln sich wieder rückwärts, wie bei den ersten Tests, da explodierte das Ding ja auch schon auf dem Teststand. Fehlt nur noch das Ship 37 wie ein Vorgänger einfach in der Fabrikhalle zusammenbricht. Sie scheinen bei jeder Änderung von vorne anfangen zu müssen, ich sag ja MurksX oder „Starflopper“, das hat mir von euren Bezeichnungen (aufruf siehe: https://www.bernd-leitenberger.de/blog/2025/05/28/nachlese-ift-9/) am besten gefallen.

        Übrigens bei Vanguard 1 titelte eine Zeitung mit „Explodenik“, finde ich angesichts des starships inzwischen ziemlich unfair.

    1. Bei jeder Kollision gibt es Bruchstücke die beschleunigt und andere die abgebremst werden. Alle bisher absichtlich herbeigeführten Kollisionen (Ant-Satellitentests) haben auch bei niedrig fliegenden Satelliten Tausende neuer Trümmer erzeugt, warum soll das bei Starlink-Satelliten anders sein. Im Gegenteil mit den großen Antennen sind sie besonders große Ziele.

      Ach ja, SpaceX Fans haben keine Ahnung von Raumfahrt, sonst wären sie nicht SpaceX-Fans.

        1. nun ja, Haters gonna hate. Meist sind dann immer die anderen die Hater.

          Witzigerweise mag ich die F9, ich finde, SpaceX hat da ihr Konzept perfekt ausgereizt und haben ein gutes Arbeitspferd geschaffen. (Crew)Dargon-Kapseln funktionieren sehr gut. Für mich bisher die „Sojus des 21. Jahrhunderts“, das ist ein Kompliment. Dazu sind die Doppel-Booster-Landungen sexy.

          Allerdings haben F9 und F9 Heavy schon Limitierungen durch ihren Durchmesser und Payload-Bereich und eben der Kerosin-Zweitstufe. Da hat die Konkurrenz schon mehr Potential, oder?

          Nicht wirklich überzeugt bin ich von Starlink, was ich als Lösung für Militär (siehe Ukraine) und eher USA sehe… in vielen Teilen der Welt frage ich mich: wofür??? Also hat da wohl SpaceX selbst den Bedarf für die Wiederverwendung geschaffen?

          Gar nicht überzeugt das Starship. Ich finde, das ist ein so extremes, komplexes Konzept für eine so extrem komplizierte Aufgabe. Ich glaube die genannten Anforderungen wie Mars, 1000 Starts pro Jahr, billig, Wiederverwenbarkeit, riesige Kapazitäten usw. sind zu ambitioniert (haha, Euphemismus des Jahres 🙂 ), nein sie sind weltfremd und wohl eher für Investoren gedacht (meine Unterstellung!) Auch bestimmte Ideen wirken einfach nicht gut: 15 Flüge oder so eines Riesentrums wie das Starship (Auftanken) für einen Flug zum Mond? Das klingt doch schon nicht gut.

          Aus meiner Sicht: auch wenn es nicht sexy ist: SpaceX hätte für die F9 Heavy eine Alternative bauen sollen, auf Basis des F9 Konzepts aber mehr so in Richtung New Glenn Größe, da heißt stärkere, weniger Triebwerke, bessere Zweitstufe vielleicht mit LH oder Methan, etwas größerer Durchmesser und Payload-Fairings.

          Danke Bernd, für die netten Artikel, immer schön.

          1. Wenn sie bei der F9 nachgedacht hätten, bräuchten sie kein Starship. Die Weiderverwendungsexeperimente begannen ja mit der ersten Version, etwa 300 t schwer. Da haben sie gemerkt das sie abbremsen müssen und das Nutzlast kostet. Die Lösung war einfach die Rakete zu strecken. So kommt man auf eine Spargelrakete, die aber keine lange Nutzlastverkleidung mehr tragen kann, weil sonst die aerodynamischen Kräfte einfach zu groß werden. Die heutige Verkleidung ist sogar um 2 m kürzer als die für V1 angekündigte. Für die Falcon 9 reichts, aber eben nicht für die Falcon Heavy mit der dreifachen Nutzlast. Mit einer längeren Verkleidung könnte die die Nutzlasten des starship übernehmen, das ja inzwischen in der nutzlast hinter der FH liegt. Die ganzen so herausgestellten Tricks wie unterkühlte Treibstoffe sind nur nötig weil man die F9 nicht mehr verlängern kann, aber die Nutzlast sonst nicht ausreicht. Also Planung und Nachdenken war noch nie bei SpaceX wichtig, nur klappte das wenn man die Technik der 60-er Jahre einsetzt eben noch ganz gut und nun eben nicht mehr

      1. „Viele der Starlink V1 Satelliten befinden sich derzeit aber noch in niedrigeren Orbits. Geplant sind aber noch weitere Shells in bis zu 1.114 km Höhe.“

        Oh Bernd, Starship bittet doch genug Angriffsfläche, da kannst Du doch mit wahren Informationen SpaceX schlecht darstellen (ist auch ok). Beim Thema Sarlink ist es offenbar anders, hier erzeugst Du offenbar „F*ck News“, ist es wirklich nötig? Eigentlich wollte ich die falschen Nachrichten, die Du immer wieder verbreitest, nicht mehr berechtigen. Ich habe sogar den Verdacht, dass Du dies absichtlich tust, um die Diskussion zu beleben. Wie auch immer, gerade habe ich etwas Zeit.

        SpaceX betreibt keine Starlink Satelliten oberhalb von 620 KM, Pläne so was zu tun wurden vor vielen Jahren verworfen. Hunderte Satelliten oberhalb von 1000 KM-Höhe zu platzieren wäre auch wegen dem Kessler-Effekt tatsächlich absolut unverantwortlich.
        Satelliten In der Höhe von 300 km bleiben zirka 6 Monate im All, ein Satellit in 1000 km Höhe weit über ein Jahrhundert. Die Wahrscheinlichkeit für deinen Zusammenstoß zwei Satelliten wächst natürlich mit der Zeit, die ein Satellit im All verbringt. Deswegen ist es bzgl. Kessler-Effekt viel besser, wenn die Satelliten-Konstellationen eher tief fliegen, vor allem nicht wesentlich höher als 600 km.

        Bedeutet das, dass niemand auf die Idee kommt, Konstellationen mit Hunderten Satelliten oberhalb von 1000 km zu bringen? Leider nicht. One Web platzierte seine Satelliten in 1200 km Höhe, bei einem Ausfall wird es Jahrhunderte dauern, bis so ein Satellit in der Atmosphäre verglüht, sehr viel Zeit um den Kessler-Syndrom anzustoßen bzw. zu verstärken. Leider auch von der EU geplante IRIS²-Konstellation soll auf Satelliten in 1200 km höhe basieren.
        SpaceX plant in der Zukunft weitere Satelliten in der Höhe von 300 km zu betreiben, hier besteht keine Gefahr für das Kessler-Syndrom.

        Jetzt kennen die Leser die wahre Geschichte.

        1. Wikipedia und meine Recherchen zeigen nichts von einer Rücknahme des FAA-Antrags für die Shell in 1113 km Höhe. Wo ist der Link für ein offizielles Statement das der Antrag zurückgezogen wurde?

          Selbst in 500 bis 600 km Höhe reden wir noch über eine Lebensdauer in Jahrzehnten nicht wie bei denen Beispielen von Wochen in 250 km Höhe. Und das Kollisionsrisiko steigt primär mit der Satellitenanzahl und da haben wir 648 zu über 7.000 für heute.

          1. „Wikipedia und meine Recherchen zeigen nichts von einer Rücknahme des FAA-Antrags für die Shell in 1113 km Höhe. Wo ist der Link für ein offizielles Statement das der Antrag zurückgezogen wurde?“

            Du solltest Dich bei der Recherche nicht nur auf die deutschsprachige Wikipedia beschränken. In dem englischen Wikipedia-Starlink-Beitrag kannst Du folgendes finden:
            „SpaceX initially requested to lower the first 1584 satellites, and in April 2020 requested to lower all other higher satellite orbits to about 550 km (340 mi).“

            Auf Deutsch:
            “SpaceX beantragte zunächst die Absenkung der ersten 1584 Satelliten und im April 2020 die Absenkung aller anderen höheren Satellitenbahnen auf etwa 550 km (340 Meilen).”

            Quelle:
            https://en.wikipedia.org/wiki/Starlink

            Eigentlich ist das die erste Stelle, wo man suchen kann.

            Weiteres findest Du unter:
            https://spacenews.com/spacex-seeks-fcc-permission-for-operating-all-first-gen-starlink-in-lower-orbit/

            Abgesehen davon müsstest Du als Raumfahrt-Experte wissen, dass SpaceX gar keine Motivation hat Starlink-Satelliten so hoch zu platzieren. So hohe Orbits sind nur nötig, wenn man eine relativ geringe Anzahl Satelliten betrieben kann, jeder Satellit kann dann eine viel größere Fläche versorgen. Dieses Problem (geringe Anzahl der Satelliten) hat SpaceX definitiv nicht.
            Stattdessen wirbt SpaceX mit einer geringen Latenz (Ping) bei der Internet-Nutzung, die Latenz sinkt mit der Höhe der Satelliten, das ist auch ein Grund für die Bestrebung die 300 Km Orbis zu nutzen, auch wenn man dann mehr gegen steigenden Rest-Luftwiederstand arbeiten muss.

      2. „Bei jeder Kollision gibt es Bruchstücke die beschleunigt und andere die abgebremst werden. Alle bisher absichtlich herbeigeführten Kollisionen (Ant-Satellitentests) haben auch bei niedrig fliegenden Satelliten Tausende neuer Trümmer erzeugt, warum soll das bei Starlink-Satelliten anders sein.„

        Schon wieder ein Beispiel für eine Halbwahrheit, mit der ein falsches Bild der Wirklichkeit gezeichnet wird. Es kling so, als ob es keinen Unterschied machen würde, wie hoch ein Zusammenstoß stattfindet. Wie sieht die Wirklichkeit aus? Hier der einfachheitshalber an zwei Beispielen dargestellt:

        Am 21. Februar 2008 wurde in der in 247 km Höhe der Satellit USA 193 absichtlich zerstört, dabei entstanden selbstverständlich viele Türmer. Ein Problem mit dem Kessler-Effekt? Nein, das letzte bekannte Objekt von „USA 193“ verglühte am 9. Oktober 2008, Quelle:
        https://de.wikipedia.org/wiki/USA_193

        Wie sieht es aus, wenn der Zusammenstoß wesentlich höher stattfindet?
        Am 11. Januar 2007 wurde in über 800 km Höhe der Satellit Fengyun-1C absichtlich zerstört. Die über 40.000 Trümmerteile von über einem Zentimeter Durchmesser werden noch viele Jahrzehnte die Erde umkreisen, Beitrag zum Kessler-Effekt durchaus möglich: Ein Bruchstück (NORAD 30670) kollidierte nach Berechnungen durch das Programm SOCRATES am 22. Januar 2013 um 03:08 UTC höchstwahrscheinlich mit dem Kleinsatelliten BLITS (NORAD 35871). Das dabei entstandene größte Bruchstück wird unter der Norad-Katalognummer 39119 geführt, Quelle:
        https://de.wikipedia.org/wiki/Fengyun-1C

        „Ach ja, SpaceX Fans haben keine Ahnung von Raumfahrt, sonst wären sie nicht SpaceX-Fans.“
        Offenbar hast Du Bernd tatsächlich Ahnung von der Raumfahrt, Deine Bücher beweisen es. In dem Blog schreibst Du aber ab und zu Unwahrheiten, die den Verdacht nähren, dass Du ein SpaceX-Hater bist, der sogar bereit ist falsche Informationen zu verbreiten, nur um SpaceX möglichst schlecht aussehen zu lassen. Schade eigentlich.

        1. USA 193 wurde abgeschossen damit er nicht selbst explodiert. Wenn man dies absichtlich tut kann man die Zahl der Trümmer minimieren oder maximieren, das letzte tut man wenn man den Effekt der Waffe demonstrieren will wie bei Fengyun. Das hängt im wesentlichen von den Winkeln zwischen Satelliten und Waffe ab. Aber bei einer zufälligen Kollision kann man dies nicht beeinflussen. Zudem ignoriert Du völlig das bei Starlink sich weitere Satelliten auf derselben Bahnebene befinden die besonders gefährdet sind, weil sich die Trümmer um die ursprünglichen Bahnebene herum verteilen. Wikipedia als Referenz ist ghut, erklärt aber nichts und wenn man das Hintergrundwissen nicht hat kommt man zu den falschen Schlüssen.

          Ich habe mich gegen den Satz gewandt:
          „Die Musk Fans, auf die ich getroffen bin, behaupten immer das Gegenteil, weil die Orbits „zu niedig“ wären.“
          Auch das ignorierst Du. Die Aussage war die Orbits sind zu niedrig als das es zum Kessler Syndrom kommen kann und das ist definitiv falsch.

          Klar sind Trümmer aus niedrigen Bahnen tendenziell schneller wieder verglüht. Aber für das Kessler Syndrom reicht es aus wenn nur ein Teil einen weiteren Satelliten trifft und die Zahl ist immer erhöht. Zudem ist kein Starlinksatellit in 250 km Höhe, sondern etwa doppelt so hoch, später sogar in Bahnen höher als der Fengyun.

          1. „Wenn man dies absichtlich tut kann man die Zahl der Trümmer minimieren oder maximieren, das letzte tut man wenn man den Effekt der Waffe demonstrieren will wie bei Fengyun.“

            Beim Fengyun ging es darum zu zeigen, dass man einen Satelliten zerstören kann, nicht darum zu zeigen, dass man viele Trümmerteile erzeugen kann. Für die Trümmererzeugung braucht man keine Satellitenkollision, ein großer explodierender Satellit würde völlig ausreichen, dazu ist automatisch jeder fähig, der große Satelliten starten kann, das muss man durch eine Kollision nicht demonstrieren. Die vielen Trümmerteile beim Fengyun waren eher „Kollateralschaden“ die man leider in Kauf genommen hat.

            Was die Trümmerteile beim „USA 193“ betrifft, ob mehr oder weniger, es sind eigentlich immer zu viele. Irrelevant ist es nur dann, wenn der Satellit so tief fliegt, dass der Wiedereintritt bald stattfindet, ob in einem Stück oder 1000 ist dann egal, weil die Gefahr für Kessler-Effekt praktisch Null ist. Falls die Gefahr besteht, dass ein Satellit in Teilen den Wiedereintritt überlebt und auf der Erde Schaden entstehen, dann kann eine Explosion (natürlich tief genug wegen Kessler) sinnvoll sein. Das war auch der offizielle Grund für den Abschuss von „USA 193“.

          2. Laut Celestrak befinden sich zurzeit 7846 Starlink-Satelliten im Erdorbit, dazu kommen dann noch baugleiche Plattformen die für andere Einrichtungen unterwegs sind. Und wenn man jetzt noch die Starlink-Satelliten nimmt die seit 2019 gestartet und wieder in der Erdatmosphäre eingetreten sind, auf jeden Fall es ist eine Menge von möglichen Unfallrisiken. Aber es ist bislang nichts passiert. Und die Anzahl von Starlink-Satelliten die Celestrak als Lost Objects führt ist auch sehr gering und dabei muss man auf die große Anzahl von Satelliten achten.

          3. „Argumente sind gut. Wissenschaftliche Arbeiten sind besser“

            Ja, Wissenschaftliche Arbeiten sind besser, zumindest dann, wenn man über die seltene Fähigkeit verfügt sie zu verstehen und richtig zu interpretieren. In der hier angegebenen Arbeit finden wir folgende Einschränkung: „The model in this paper assumed that the Starlink satellite does not have an autonomous collision avoidance system“ auf deutsch: „Das Modell in diesem Papier geht davon aus, dass der Satellit Starlink nicht über ein autonomes Kollisionsvermeidungssystem verfügt.“ Mit anderen Worten, die Arbeit ist zwar wissenschaftlich interessant, bildet die real existierende Situation in All nur unzureichend ab: Die Starlink-Satelliten verfügen über Antrieb und aktive Systeme, um Kollisionen zu vermeiden, haben also sehr wenig mit dem Modell der Arbeit zu tun.

            Unabhängig davon ist es trivial richtig, dass mehr Satelliten automatisch Kollisionswahrscheinlichkeit erhöhen, darum geht es aber nicht.

            Damit das klar wird, nehmen wir ein Beispiel aus einem anderen Bereich: Flugfahrt. Wenn Hr. Mustermann im Jahr 2024 ein Mal von Hamburg nach München und zurück fliegt, im Jahr 2025 aber fünfzig Mal, dann steigt dadurch sein Risiko beim Flugzeugunglück zu sterben von 2024 auf 2025 um das 50-fache, damit kann man sagen „enorm“. Wenn er aber deswegen auf das Fliegen verzichtet, dann ist das trotzdem keine rationale Entscheidung, sondern eher Flugphobie, vor allem wenn er stattdessen Auto fährt.

            Bei Starlink geht es also nicht darum, ob eine Kollision absolut unmöglich ist. Es geht darum, ob die Kessler-Effekt-Wahrscheinlichkeit niedrig genug bleibt, also „ausreichend nahe Null“. Die relativ niedrige Höhe der Satelliten führt dazu, dass die sehr unwahrscheinlichen Zusammenstöße ausreichend selten auftreten werden (am besten nie), so dass die Trümmerteile in der Atmosphäre verglühen, bevor es zu weiteren Zusammenstößen kommt.

            Wir haben ja leider bereits die ersten Zusammenstöße im All gehabt (natürlich nicht mit Starlink Satelliten). Die aufgetretenen Zusammenstöße haben noch nicht zum Kessler-Syndrom geführt, es waren glücklicherweise dafür noch nicht „ausreichen viele“.
            Allerdings: Die Zusammenstöße die tief genug stattfanden (USA 193), bringen kein Kessler-Risiko mehr, die Trümmerteile sind verglüht. Die Trümmerteile von „Fengyun-1C“ werden noch viele Jahrzehnte gefährlich bleiben, weil die hoch genug fliegen. Hier ist also Zeit und damit die Höhe entscheidend.

            Ich hoffe ich konnte hier zu etwas mehr Klarheit beitragen.

        2. Das Trümmerteil 35425 oder 2006-057GH wurde erst im Jahr 2009 gefunden und im selben Jahr verglühte es.
          Erster TLE-Datensatz
          0 TBA – TO BE ASSIGNED
          1 35425U 06057GH 09173.25055636 .00117343 10932-4 61012-3 0 9990
          2 35425 056.1044 054.3315 0502971 186.0842 173.3925 14.94272394 46202
          Letzter
          0 USA 193 DEB
          1 35425U 06057GH 09301.42576826 .03778790 11135-4 20586-2 0 9999
          2 35425 056.1122 222.2142 0078076 088.7731 273.8156 16.11896390 65686

  2. Ein Gedanke zur minimal wirtschaftlich sinvollen Produktionsrate. Ich kann mir vorstellen das diese bei einer wiederverwendbaren Rakete etwas geringer ist. Ein Teil der Produktionsmanschaft kann ja genau so gut in der Ersatzteilproduktion und Wawrtung eingesetzt werden.

    Gerade bei den Treibwerken als grösten, gut trennbare Komponente, wird das ein Thema sein.

  3. „Die vielen Satelliten erhöhen das Risiko, dass der Orbit durch das Kessler-Syndrom einmal unnutzbar wird […]. Dies für den kleinen Nutzen eines Internets überall auf der Welt.“

    Hallo Bernd, folgender Punkt dazu:

    Ich denke, dass die Tech-Konzerne, die diese Sat-Netze aufbauen, vielleicht sehr viel mehr wollen als nur Internet nach Posemuckel bringen. Z.B. den Telefongesellschaften dieser Welt das Geschäft aus der Hand nehmen. Man kann diese Satelliten ja auch als eine Art von Mobilfunkmasten im All ansehen. Nicht zu reden von Steuerungsprozessen für alles, was sich auf der Erde, im Wasser und in der Luft bewegt. Da gibt es vermutlich eine ganze Reihe von Geschäftsmodellen, die sich eröffnen, wenn man nahtlos als globaler Anbieter auftreten kann. Außerdem verspricht eine natürliche Limitierung der Satellitenzahl eine oligarchische Stellung im Orbit. Wer zuerst alles vollpflastern kann, hat da das Sagen, auch wenn es immer öfter crashed …

    Viele Grüße – Mark B.

    1. Ich denke bei Amazon die ja inzwischen weitaus mehr sind als nur ein Internet-Versender könnten sicher strategische Überlegungen eine Rolle spielen. Aber für alle potenziellen Kunden ist es doch so, das sie nicht ein Satellitennetz nur bchen weil es „cool“ ist, sondern wenn es ihnen handfeste Vorteile bei Datenrate oder Kosten bietet. Beides können terrestrische Technologien zumindest da wo viele Menschen wohnen besser als ein Satellitennetz.

      Klar, es gibt noch viele Flecken auf der erde wo der Empfang schlecht ist und ich rede jetzt nicht von einem Dorf in der bundesdeutschen Pampa sondern die Gebiete wo es noch Regenwald, Wüste oder ähnliches gibt. Aber die Kundschaft die sich diese Systeme dort leisten kann ist auch nicht so groß.

      1. „Aber die Kundschaft die sich diese Systeme dort leisten kann ist auch nicht so groß.“

        In den letzten 8 Monaten (September 2024 bis Juni 2025) ist die Anzahl der Starlink-Abonnementen um 50 % gewachsen, von 4 auf 6 Millionen. Ich vermute hier wird das Potential in den „Unterversorgten Gebieten“ stark unterschätzt.

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