Die Bundeswehr, Aufrüstung und das 5 Prozent Ziel (1)
Nach dem „Sondervermögen“ kommt nun ja der neue Doppel-Wumms – Verteidigungsausgaben tauchen nur noch zum Teil im Bundeshaushalt auf und es gibt eine Neuverschuldung fürs die Infrastruktur. Ich möchte meinen Senf mal dazu teilen. Wobei ich dies in drei Teile untergliedere, dem finanziellen Teil, der Ausrüstung und wie man überhaupt zu so vielen Soldaten kommt wie man braucht, denn mehr Ausrüstung alleine vergrößert ja nicht die Bundeswehr. Er wurde wie öfters bei mir so lange, dass ich ihn in zwei Teile aufteile. Heute also der erste Teil, morgen der zweite.
Die Finanzen
Reden wir mal über die Summen die anstehen. Nach Rutte als neuen NATO-Generalsekretär und vom Außenminister bestätigt, sollen die Militärausgaben auf 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) steigen. Davon sind 3,5 Prozent für das Mlitär selbst und 1,5 Prozent für Infrastrukturaufgaben – ein Kompromiss denn beim 5 Prozentziel von Trump, das nicht mal die USA erreichen (3,4 Prozent des BIP) reden wir, wie wir gleich sehen werden, von enormen Summen. Das Ziel gelte bis 2032.
Ich habe mein Problem mit der Messgröße BIP, also einer volkswirtschaftlichen Größe. denn bezahlt wird ja das Militär aus dem Bundeshaushalt und nicht von der Volkswirtschaft. Das BIP wird auch von der NASA genutzt, um vergangene Projekte in heutige Kaufkraft umzurechnen. Das BIP steigt aber schneller als die Einnahmen des Bundes wie diese Tabelle vom Statistischen Bundesamt zeigt:
Entwicklung der Verteidigungsausgaben (1990–2024)
Jahr | Verteidigungsausgaben (Mrd. €) | Anteil am Bundeshaushalt (%) | Anteil am BIP (%) |
---|---|---|---|
1990 | ca. 29,4 | 15,1 % | 2,52 % |
2000 | ca. 24,3 | 10,0 % | 1,36 % |
2010 | ca. 31,5 | 10,4 % | 1,27 % |
2020 | ca. 45,7 | 10,3 % | 1,37 % |
2021 | ca. 46,9 | 10,0 % | 1,32 % |
2022 | ca. 50,4 | 11,0 % | 1,38 % |
2023 | ca. 58,5 | 12,7 % | 1,64 % |
2024 | ca. 71,8 | 14,0 % | 1,67 % |
1990 war der letzte Haushalt der noch zu Zeiten des kalten Kriegs beschlossen wurde. Vergleicht man ihn mit dem Haushalt von 2025 so sieht man, dass die Verteidigungsausgaben fast den gleichen Anteil (15,1 zu 14 Prozent) haben, der Anteil am BIP aber von 2,52 auf 1,67 Prozent gesunken ist. Deutschland hatte 2024 bei BIP von 4300 Mrd. Euro, der Haushaltsentwurf sah 488 Mrd. Euro vor, alleine die 3,5 Prozent wären somit 150,5 Mrd. Euro oder 30,8 Prozent des Bundeshaushalts für Verteidigung. Selbst wenn die Deckelung von 1 Prozent im normalen Haushalt und der Rest über neue Schulden greift wird es nicht besser, denn die Schulden müssen ja zurückgezahlt werden bzw. die Zinsen bedient werden, was den Haushalt weiter belastet. Geht man von einer linearen Zunahme von jetzt 1,67 auf 3,5 Prozent bis 2032 aus, also acht Jahren, so reden wir von 545 Mrd Euro bis dahin, und ich denke dann wird das 3,5 Prozent Ziel bleiben und man nicht wieder zurückfahren, dann kommen jedes Jahr 107,8 Mrd. Euro im heutigen Wert zu den Schulden dazu und das nur, wenn das BIP gleich bleibt. Steigt es, weil sich die Wirtschaft erholt, so wird das noch deutlich mehr. Da die USA doch so vehement dies fordern. Schauen wir mal wie die selbst liegen:
Hier ist eine Übersicht über die Entwicklung der Militärausgaben der USA von 2015 bis 2025, einschließlich des Verteidigungshaushalts, des Gesamtbundeshaushalts und des Anteils der Militärausgaben am Bundeshaushalt:
Entwicklung der US-Militärausgaben (2015–2025)
Jahr | Verteidigungshaushalt (Mrd. USD) | Gesamtbundeshaushalt (Billionen USD) | Anteil Verteidigung am Bundeshaushalt (%) |
---|---|---|---|
2015 | 598 | 3,77 | 15,9 |
2016 | 624 | 3,97 | 15,7 |
2017 | 656 | 4,15 | 15,8 |
2018 | 726 | 4,46 | 16,3 |
2019 | 745 | 4,70 | 15,9 |
2020 | 774 | 7,73 | 10,0 |
2021 | 759 | 7,14 | 10,6 |
2022 | 838 | 6,58 | 12,7 |
2023 | 905 | 6,56 | 13,8 |
2024 | 910 | 7,05 | 12,9 |
2025 | 895 | 7,00 (geschätzt) | 12,8 (geschätzt) |
Hinweis: Die Werte für 2025 basieren auf Schätzungen.
Also während Trump I lag der Anteil bei durchschnittlich 15 %, fielen dann wegen der Erhöhung des Haushalts (Schulden wegen Corona) ab, obwohl die Ausgaben real anstiegen. Würden wir 15 bis 16 % des Haushaltes für Verteidigung ausgeben so wären das 1,7 bis 1,8 Prozent des BIP und das ist dann schon der Wert, den die Bundeswehr in den Achtziger Jahren hatte, als sie noch wesentlich kampfkräftiger war als heute.
Ich denke auf Dauer kann sich kein Staat, auch die USA sich 3,5 Prozent vom BIP leisten. Russland hatte vor dem Krieg einen Anteil von 3,5 Prozent am BIP. Aber Russland war bis dahin auch eines der wenigen Länder die keine Schulden aufnahmen, sondern Überschüsse durch den Verkauf von Rohstoffen hatten. In den ersten Tagen des Ukrainekrieges fror die EU alleine 600 Mrd. Euro bei EU-Konten ein. Selbst die USA können sich dies nicht leisten, denn der Haushalt von 2024 hatte einen Neuverschuldungsanteil von 31 %, alleine die Zinsen die zu zahlen sind, liegen mit 871 Mrd. Dollar fast genauso hoch wie der Verteidigungshaushalt von 910 Mrd. Dollar. So hohe Militärausgaben können sich eigentlich nur Länder leisten, die besonders viel Geld durch Rohstoffe einlösen – Spitzenreiter bei den Rüstungsausgaben gemessen am BIP ist Saudi Arabien oder es geht zu Lasten der Bevölkerung, wie in Nordkorea.
Image
Die Ausrüstung ist das eine, aber man braucht ja auch Soldaten. Schon jetzt fehlen 30.000 Soldaten. Geht man davon aus, dass mehr Waffen auch mehr Soldaten brauchen, so muss man auch mehr Personal rekrutieren. Das ist aber jetzt schon ein Problem. Als ich gemustert wurde, hatte die Wehrpflicht ein schlechtes Image. Zum einen, weil die Bundeswehr damals 497.000 Mann stark war, also zweieinhalbmal größer als heute, bei nur 80 % der Bevölkerung. Die Chance war groß, dass man genommen wurde. Dort erwartete einen nach Aussage derer die schon „gedient“ hatten, nach den ersten Monaten vor allem Langweile – der Wehrdienst dauerte 18 Monate, sonst wäre die Sollstärke nicht halbar gewesen, und man machte es einem wirklich schwer nicht zum Bund zu gehen. Wollte man Zivildienst machen, musste man eine Gewissensprüfung vor einem Ausschuss ablegen und der Zivildienst dauerte auch noch länger als der Aufenthalt bei der Bundeswehr. Daneben machte es einen nicht gerade fröhlich im Ernstfall auch auf Deutsche schießen zu müssen und die Gefahr eines Atomkriegs schwebte in der Luft.
Ich denke, das derzeitige (schlechte) Image der Bundeswehr liegt an den vielen negativen Meldungen über mangelnde Ausrüstung. nicht funktionierendes Equipment. Wenn selbst Merkel und Baerbock bei Staatsbesuchen stranden, weil die Maschine der Flugbereitschaft ein Problem hat und das in den Nachrichten kommt, so ist das nicht gut, um Rekruten zu gewinnen. Mit der Ausrüstung könnte sich zumindest dieser Aspekt bessern.
Ich denke auch das der Ukainekrieg einiges geändert hat. Ich habe mir lange Zeit den Bundeswehr-Podcast „Nachgefragt“ angeschaut, hätte ich mir vor dem Krieg nicht zu träumen gewagt. Vielen ist nun klar, wie wichtig die Bundeswehr ist und das sie nicht nur unsere „Freiheitlich-Demokratische Grundordnung am Hindukusch verteidigt“, wie es mal ein Verteidigungsminister ausdrückte. Ich habe mir mal die vierteilige Serie des ZDF „Beim Bund“ angeschaut, da kam auch das Gehalt zur Sprache und das ist nicht schlecht. ein Zeitsoldat verdient genauso viel, wie ich als Ingenieur im öffentlichen Dienst, muss dafür aber weder Abitur haben noch studieren und den Sold gibt es vom ersten Tag an. Mit Zulagen kann die Summe sich noch deutlich steigern.
In Schweden haben sie nicht nur dieses Modell, das jeder der 18 wird angeschrieben wird, das wir nun auch einführen sollen, sie haben auch kein Imageproblem. Dort ist der Dienst bei den Streitkräften „cool“ und in einem Film hofften potenzielle Rekruten überhaupt genommen zu werden, denn die Armee kann sich ihre Leute dort aussuchen. Vielleicht liegt es an der geografischen Nähe zu Russland, vielleicht auch an der Ausrüstung. Gemessen an seiner Armeegröße hat die schwedische Armee relativ viel Equipment. Ich denke dahin werden wir wohl kaum kommen, aber es gibt noch eine zweite Säule: der Ukrainekrieg zeigt das dieser nicht nur an der Front stattfindet, sondern noch weit im Hinterland. Wir brauchen auch hier Leute, für die Luftverteidigung, Wartung, Reparaturen nicht nur von Gerät, sondern auch Beschädigungen durch Angriffe. Die Territorialreserve oder Heimatarmee, die nun entsteht, ist eine Chance. Zum einen die kämpfende Truppe zu entlasten. Aber sie ist auch eine Chance für Leute die nicht kämpfen wollen, aber das Land trotzdem verteidigen und man muss dann auch nicht unbedingt ganz jung sein, was auch den Kreis der Bewerber vergrößert.
Man könnte auch über die Ausbildung und Behandlung der Rekruten nachdenken. Mir kamen die Ausbilder in Schweden freundlicher vor, ließen weniger den Vorgesetzten raushängen. Dort gibt es gemischte Zimmer für Frauen und Männer, das vereinfacht auch einiges und nicht zuletzt sollte man die Bundeswehr von vielen Arbeitsvorschriften ausklammern. Es ist völlig unnötig, dass ein Kampfpanzer die Feinstaubemissionsrichtlinie einhält.
Ukraine Krieg
Vorerst bleibt aber eines die wichtigste Aufgabe: der Ukraine liefern, was sie nur brauchen kann. Denn je verlustreicher und teurer dieser Krieg ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Russland bald einen neuen anfängt. Die Geschichte seit 1990 zeigt, dass es ein neuer Konflikt augenscheinlich ist. Die Wikipedia listet alleine 13 Operationen und Kriege nur in früheren Sowjetrepubliken seit 1990 auf. Die werden wohl auch das primäre Ziel sein, vor allem das kleine Moldawien. Aber bei Putin kann man nicht sicher sein, ob er auch die baltischen Staaten wieder angreift. Dann wäre auch Kaliningrad keine Enklave mehr.
Eine gewisse, zynische Chance dabei liegt auch darin, dass die Bundeswehr dann noch moderner ist, weil man natürlich zuerst das abgibt, dass schon vorhanden ist und es durch neues und hoffentlich bessere Ausrüstung ersetzt.
Was erschreckend war, war auch wie viel Ausrüstung Russland noch hatte. Sie haben nach dem kalten Krieg wohl wenig verschrottet. Munition jahrzehntelang gelagert, sodass Experten schätzen das diese Vorräte nach über 2 Jahren Krieg noch nicht aufgebraucht sind. Aber Russland kann nicht so schnell Equipment ersetzen. Schaut man sich die neuen Rüstungsprojekte an, so sind in den letzten Jahren jeweils nur kleine Stückzahlen angeschafft worden.
Was mich erschreckt sind die Verluste und das diese in der Gesellschaft so einfach hingenommen werden. Ganz genau weiß man nicht zwischen 600.000 und über 900.000 Verwundete und Gefallene und 175.000 bis 250.000 Tote. Bei dem Vietnamkrieg reichten 58.220 Tote, dass sich die USA aus dem Konflikt zurückzogen. Aber das hat Tradition. Selbst als Deutschland schon weitestgehend besiegt war, in den letzten Schlachten des Jahres 1945 hatte die rote Armee, obwohl sie viel mehr Waffen hatte und nicht unter Benzin- und Munitionsmangel litt wie die Wehrmacht, viel höhere Verluste als die Wehrmacht. Normalerweise ist es umgekehrt wenn eine Armee verliert. So sehe ich auch nicht, dass Putin von der Bevölkerung gestürzt wird. Eher von den Oligarchen an deren Vermögen der Ukrainekonflikt doch arg nagt.