Großreiche

Eine  Frage beschäftigt mich seit einiger Zeit: Wann spricht man von einem "Großreich" oder einem Imperium, was unterscheidet dies von einem normalen Reich? Das ganze ist nicht so einfach, obwohl jeder einige Beispiele von Imperien kennt: Das britische Empire, das römische Reich, das Reich Alexanders. Bei anderen ist es vielleicht schwieriger zu sagen ob es eines ist. Das Reich Napoleons, das Inkareich, das Reich der Azteken.

Was unterscheidet ein Großreich von einem normalen Reich, bei dem an Gebiete des Feindes okkupiert hat?

Ich denke es gibt einige Faktoren. Das eine ist die geographische Ausdehnung, und zwar nicht die absolute in Quadratkilometern oder Ost-West oder Nord-Süd Ausdehnung. Ein Großreich bezeichnen wir dann als groß, wenn es viele Gebiete umfasst, welche in dem damaligen Kulturkreis bekannt sind. Das älteste Großreich der Geschichte ist das von Sargon von Akkad um 2300 v. Chr. Er eroberte ein Gebiet, das sich auf der heutigen Landkarte von Kuwait bis zum Libanon, von der Türkei bis zum Irak erstreckte. Im heutigen Sinn ist es kein großes Reich, doch beide er damals bekannten Welt die sich bei einem Kulturkreis bis Ägypten im Westen erstreckte, umfasste es einen Großteil der bekannten Welt. Das gleich kann man auch von anderen Großreichen wie dem Alexanders und der Römer sagen. Auch für die Inkas war ihr Reich wohl ein Weltreich, denn sie kannten ja nur Süd- und Mittelamerika.

Das zweite ist sicher die Bevölkerung. Die Welt ist groß, doch unterschiedlich dicht besiedelt. Europa, Indien und China sind dicht besiedelt, Afrika und Russland gering. Das russische Reich ist groß, aber die meisten Einwohner leben doch im Westen. Mehr noch: Der Osten Russlands gehörte zwar zum Reich, eine Kontrolle, Verwaltungsstrukturen gab es aber nicht in diesem Teil Russlands. Umgekehrt: China dehnte sich geographisch nie über seine heutigen Grenzen aus, doch als der erste Kaiser von China die vielen Stämme aus denen es vorher bestand unterworfen hatte, sah er es als ein Weltreich an – gemessen an der Einwohnerzahl wahr es das auch.

Ich glaube das charakteristische an einem Weltreich ist aber auch, dass in ihm mehrere verschiedene Völker regiert werden (mindestens 3, denn 2 erreicht man schon mit der Besetzung von Feindesland). Das charakterisiert denke ich, alle Weltreiche und das ist es auch was die meisten Probleme macht. Erfolgreiche Weltreiche haben dies gelöst. Das persische Großreich indem es für die damalige Zeit reicht tolerant war. Besiegte Völker mussten zwar Steuern zahlen, doch wurden nicht ganze Landstriche entvölkert oder die Einwohner von eingenommenen Städten massakriert wie dies damals üblich war. Auch die religiösen Vorstellungen konnten beibehalten werden. Alexander bzw. seine Nachfolger hatten Erfolg weil sie dieses Konzept übernommen haben.

Das römische Bereich arbeitet genau mit dem gegenteilligen Konzept: Die römische Kultur wurde überall exportiert, die Provinzen wurden mit eiserner Hand geführt und Aufstände erbarmungslos niedergeschlagen. Dieses System basiere im wesentlichen auf einer militärischen Stärke und funktionierte solange, wie diese gegeben war. Das war immerhin einige Jahrhunderte der Fall.

In gewisser Weise versuchte das britische Empire beides zu verbinden: Zum einen natürlich das Empire militärisch zu vergrößern und die britische Kultur bis nach Hinterindien zu exportieren, Zum anderen lies man eine gewisse kulturelle Eigenständigkeit. Geklappt hat es letztendlich nur zum Teil – zwar gibt es heute noch den Commonwealth, doch regieren die Engländer heute nur noch ihre Insel und Teile Irlands.

Heute gibt es natürlich immer noch das Bestreben Großreiche zu schaffen. Die Mittel sind jedoch andere. Selbst Großmächte wissen heute, dass sie zwar kleinere Länder erobern können, aber nicht auf Dauer halten können. Das musste Russland lernen und das lernt gerade die USA. Dabei gibt es doch viel einfachere Möglichkeiten ein Großreich aufzubauen: Den Kultur-Imperialismus. Wenn andere Kulturen so dämlich sind, dass sie bereitwillig amerikanische Kultur übernehmen, so muss man sich nicht die Mühe machen diese zu erobern. Wenn man nach Europa kommen kann und an jeder Ecke ein Burgerking oder McDonald steht, die Leute von "Flat-Rate" und "Service Points" reden anstatt "Pauschale" und "Auskunft" zu verwenden. Wenn man im Kino nur Hollywoodstreifen sieht und im Radio amerikanische Musik läuft, wenn im Wirtschaftsleben die US Regeln von "Hire und fire" und "Fresse oder werde gefressen" gelten, dann muss man nicht das Land erobern, dann hat man einen neuen Bundesstaat mit originalen Altertümern und drolligen Einwohnern, weitaus realistischer als Disneyland.

Wer ist daran schuld? Amerika? Nein, es sind die Leute die so bereitwillig ihre eigene Kultur und Werte aufgeben. Das ist im Kern auch die Kritik die ich auf meinen Seiten äußere (ein beliebter Diskussionsstoff im Gästebuch) äußere. Wenn es gegen Amerika direkt geht, dann ist es die Kritik an der Politik dieses Landes und dem Gegensatz von dem Anspruch "Weltpolizist" zu sein und nicht einmal im eigenen Land die Probleme in der Gesellschaft gelöst zu haben. Sie es die immer noch existierende Benachteiligung der Schwarzen, das fehlende soziale Netz oder die Probleme durch den freien Handel von Schusswaffen. Dazu kommt die Provinzialität der Amis, die alles über ihr Land und nichts über die Welt wissen. Da dies leider auch nicht vor Politikern in höchsten Ämtern halt macht, zeigt sich in der Art und Weise wie die US Politik in den letzten Jahrzehnten sich doch so oft darin täuschte, wie andere Nationen oder Völker reagieren würden, vielleicht am auffälligsten in Irak, aber es gäbe auch noch andere Beispiele.

Heute haben wir eine Bewegung zum Nationalismus. Es gibt mehr Nationalstaaten in Europa als je zuvor. Auch auf der ganzen Welt gibt es nationalistische Bewegungen. Erst heute war wieder ein Anschlag der Tamilen auf Sri Lanka in den Nachrichten. Die Kurden wollen ihren eigenen Nationalstaat und eine Spaltung der Sunniten und Schiiten in Irak ist ebenfalls absehbar. Großreiche gleich welcher Art haben es da schwer.