Die Zukunft der Marsforschung
Gestern gab die NASA bekannt, dass sie Phoenix verloren hat. Mehr dazu in dem Aufsatz über seine Mission. Phoenix und die beiden Rover zeigen sehr deutlich die Problematik der aktuellen Marsforschung mit Landesonden. Phoenix ist ein klassischer Lander: Er ist gut instrumentiert, aber er ist unbeweglich. Gäbe es nur 10 m neben dem Lander Marsfossilien – sie wären unerreichbar für ihn. Auf der anderen Seite sind da die mobilen Rover. Sie können die Gegend erkunden, aber sie können nur eine begrenzte Nutzlast mitführen. Bei den aktuellen Rovern ist dies begrenzt durch die Masse der Rover, aber auch den verfügbaren Strom.
Das mobile Marslabor stellt mehr Strom zur Verfügung. Damit ist eine Beschränkung gefallen. Was jedoch immer gilt, ist dass ein Rover viel leichter ist als eine stationäre Landesonde. Die folgende Vergleichstabelle macht dies deutlich:
Lander | Startgewicht | Landegewicht | Experimente |
---|---|---|---|
Phoenix | 670 kg | 350 kg | 59 kg |
MER | 1062 kg | 174 kg | 5 kg |
MSL | 3600 kg | 850 kg | 50 kg |
Deutlich ist, dass ein mobiles Labor etwa die 5 fache Startmasse einer stationären Mission aufweist. Es wird etwas günstiger je größer die Mission ist. Es ändert aber nichts an einem anderen Punkt: Den Kosten. Phoenix kostetet 475 Millionen Dollar, das MSL hat 1 Jahr vor dem Start schon einen Rahmen von 1.9 Milliarden Dollar überschritten.
Warum beschränkt man sich also nicht auf einfache Sonden. Sonden die grundlegende Untersuchungen mit wenig Aufwand durchführen können: Meteologische Messungen, Bilder vom Landeplatz und eventuell einfache physikalische Untersuchungen des Bodens z.B. mit Widerstands. Temperatur und Drucksensoren. Es gab einmal den Vorschlag eines Marsnetzes aus Landesonden. Das würde ich gerne aufgreifen und mal folgendes Szenario entwerfen:
Wir schicken eine einfache Sonde zum Mars. Jedoch nicht nur einmal, sondern in mehreren Exemplaren, die von einem gemeinsamen Bus zum Mars transportiert werden. Bei einer Startmasse von 200 kg könnte die Landemasse bei 100 kg liegen und die instrumentelle Ausrüstung bei etwa 10 kg. Das lässt Platz für:
- Ein Infrarotspektrometer. Da der Lander sich nicht bewegt kann man einen hochauflösenden Chip einsetzen, der 1024 Bildpunkte pro Spalte erlaubt. Das ergibt auch aussagekräftige Spektren. Gewicht: 3 kg
- eine Stereokamera mit einem 4 MPixel Sensor und eine Reihe von Filtern für Farbaufnahmen. Gewicht: 1 kg
- einen Meteorologiemast für Druck, Temperatur, Feuchtigkeits und Windgeschwindigkeitsmessungen: 3 kg
- Einer Kamera im Boden, die beim Abstieg Bilder macht : 0.5 kg
- Einem beweglichen Arm mit eine Mikroskopkamera, einem Alphateilchen und Röntgenstrahlenspektrometer und Sensoren für die Bestimmung von physikalischen Bodeneigenschaften: 6 kg
Das sind zusammen 13.5 kg Experimente, die von einer etwa 100 kg schweren Landesonde getragen werden können. Das führt zu einem Startgewicht von etwa 200 kg. Was wegfällt ist ein Labor für chemische Untersuchungen. Die Erfolgsaussichten am Landeort organische Substanzen zu finden sind gering und ein leistungsfähiges IR Spektrometer kann auch Mineralien und Wasser entdecken. Die Sonde liefert Klimadaten, Bilder der Umgebung (beim Abstieg und nach der Landung) und Daten über den Boden.
Die Stromversorgung sollte kombiniert aus RTG und Solarzellen bestehen. Ein 6 kg schwerer RTG liefert einen Strom von 23 Watt bei 80 Watt Wärmeleistung zur Heizung der Systeme. Das erlaubt es die Sonden auch in polaren Gebieten zu landen. Der Strom alleine reicht zwar nicht für einen vollen Betrieb aus, doch für das Überwintern bei der Polarnacht. Den Strom für den Experimentenbetrieb liefern Solarpanels.
Die Landung könnte durch Airbags und Fallschirme oder Landetriebwerke und Fallschirme erfolgen. Die Sonde könnte man locker in einen 1 m großen Schutzschild packen. Eine Rakete mit 5 m nutzbarem Raum unter der Nutzlasthülle bietet dann Platz für 19 dieser Sonden. Eine Ariane 5 transportiert mit der ESC-A Oberstufe etwa 5200 kg zum Mars. 200 kg wiegt eine Sonde, 19 davon dann 3800 kg. Das lässt 1400 kg übrig für einen Satelliten, der die Sonden zum Mars transportiert und die Kommunikation übernimmt (dies spart sowohl eine schwere Hochgewinnantenne wie auch stromhungrige Sender ein).
Bei 2000 m/s Antriebsbedarf um einen geostationären Orbit in 17100 km Entfernung zu gelangen und 150 m/s Korrekturbedarf in der interplanetaren Bahn. kann ein Satellit mit 600 kg Trockenmasse (450 kg ohne Antriebsmodul). Das ist nicht viel. Doch Mars Express wiegt auch nicht mehr. Mit einer 1.5 m Antenne kann er Daten mit 14 Kbit/s (5 Watt Sendeleistung, Rundstrahlantenne) empfangen. Wenn die Lander bei 1200 MHz senden ist der Öffnungswinkel zudem genauso groß der Mars aus dem geostationären Orbit. 12 Stunden pro Tag empfängt der Satellit Daten. Mittels Breitbandempfänger kann er die Daten aller Stationen parallel empfangen. Pro Station wären das bei 4 Stunden genutzter Sendezeit pro Tag etwa 200 MBit, mehr als die dreifache Datenmenge die ein Rover heute über die Satelliten übermitteln können.
Der Satellit könnte mit einer Kamera noch globale aufnahmen des Mars machen und Temperaturen und Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre bestimmen.
Die Kosten wären überschaubar. Sie wären zwar höher als bei einem normalen Lander, aber nicht 19 mal höher. (geschätzt: 300 Millionen $ für den Satellit, 100 Mill $ für die Entwicklung der Landesonde und 30 Millionen pro Exemplar und 200 Mill $ für den Ariane 5 Start, macht zusammen 1070 Millionen Dollar). Mit zwei Sonden (die Landesonden müssen um ein Landegebiet präzise zu treffen, kurz vor der Ankunft auf getrennte Bahnen gelenkt werden, man kann also pro Schwarm nur eine Hemisphäre des Mars abdecken) kann man mit 38 Sonden ein globales Netzwerk bilden.
Vor allem aber: Da eine Landesonde nicht viel kostet kann man auf Risiko gehen: Bilder aus dem Valles Marineris, vom Gipfel des Olympus Mons? Warum probiert man es nicht aus? Wenn es nicht klappt, dann hat man eben 18 anstatt 19 Landesonden. Vor allem aber gäbe es ein globales Netzwerk von Wetterdaten und Boden- und Oberflächenanalysen von 19 Orten anstatt (wie bislang 6 Orten).
Vielleicht ist dies eine bessere Option als komplexe Missionen wie Exomars und das Mars Science Laboratory.
Ich finde den Vorschlag sehr gut. Wenn ich mir vorstelle dass jemand versucht Informationen über die Erde herauszubekommen mit nur einem Satellit, was würde er erhalten wenn er zufällig den Himalaya oder die Sahara ausgewählt hätte? Alles nur kein brauchbares Bild über die Erde. Gleiche Satelliten hätten einen gewaltigen Vorteil bei den Kosten, durch die Serienproduktion, es könnten auch ähnliche Versuche mit dem Mond und anderen Planeten durchgeführt werden, wobei das Risiko eines Misslingens geringer wird, die Datenausbeute größer, bei überschaubaren Kosten