Wer aus Fehlern nicht lernt, muss sie wiederholen

So allmählich erinnert mich das Constellation Programm in bestimmten Dingen an die ISS und dem Space Shuttle..Warum?

Nun das Constellation Programm wurde uns versprochen als die Rückkehr zum Mond, finanziert ohne nennenswerte Erhöhung des NASA Budgets. Es sollte viel billiger als das Apollo Programm in den 60 ern sein (inflationskorrigiert).Das sollte 165 Milliarden Dollar im 2005 Wert entsprechen. Constellation sollte nur 104 Milliarden kosten, 124 mit ISS Versorgung. Inzwischen ist die Rede von 230 Milliarden. Constellation wird teurer als Apollo und es dauert länger. Bei Apollo gab es die erste Mondlandung 8 Jahre nach der Ankündigung. Constellation wird dafür 16 Jahre brauchen.

Versprach nicht der Shuttle auch alles billiger zu machen? Wurde er nicht teurer als jede Einwegrakete?

Wie war es bei der ISS? Auch sie sollte doch preiswert werden und bis 2004 fertiggestellt sein. Nun wird es 2010 werden und sie wird alleine die USA 100 Milliarden kosten. Die ISS ist ein sehr gutes Beispiel wie Projekte in den Kosten ausufern, wenn sie aus verschiedenen Gründen sich verzögern. Gerade bei der bemannten Raumfahrt gibt es einen enormen Apparat am Boden der vorhanden sein muss, solange noch Flüge anstehen – für Support oder um im Falle einer Störung bereit zu stehen. So rechnet die NASA auch vor, dass es Milliarden Kosten würde, die Space Shuttle in Betrieb zu lassen, auch wenn sie nur in Bereitschaft für einen Rettungseinsatz stehen und kein Flug erfolgt – Die Shuttles kosteten 2003-2005 obwohl keine Flüge erfolgten, die NASA auch 3 Milliarden Dollar jedes Jahr.

Was lernen wir daraus? Versucht ein Programm konsequent durchzuziehen. Konsequent heißt – in angemessener Zeit. Ich glaube Apollo war gemessen an dem Entwicklungssprung teurer als nötig, weil man es in 8 Jahren schaffen musste. In 10 Jahren wäre angemessen gewesen. Umgekehrt kostet der langsame Fortschritt bei Constellation auch wieder viel Geld. Dabei gibt es einen Unterschied zu Apollo: Man ist schon mal zum Mond geflogen und weiß wie es geht. Es wurde Hardware dafür entwickelt: Während die Saturn V komplett neu war, wird die Ares die schon vorhandenen Triebwerke J-2S, Shuttle-SRB und RS-68 einsetzen. Hey Leute und da kostet die Entwicklung der Ares I 16.6 Milliarden Dollar? Die Saturn 1B wurde mit 1 Milliarde Dollar entwickelt (entsprechend 6.6 Milliarden in heutiger Währung) und die Ariane 5 rund 5 Milliarden Euro – bei vergleichbarer Kapazität und ohne auf schon entwickelte Triebwerke zurück zu greifen.

Besonders pikant finde ich ja die Verwendung der J-2S Treibwerke – Versionen des J-2 der Saturn 1B und V, die vereinfacht und in der Leistung gesteigert wurden, aber nicht mehr zum Einsatz kamen. Die Rückkehr zum Mond geschieht mit Triebwerken, die man vor 40 Jahren für die letzte Mondmission entwickelt hat. Liebe NASA, schaut mal nach: Ihr müsst noch 33 der F-1 Triebwerke in einer Lagerhalle haben. Bei einem Schub von 6672 kN (mehr als doppelt so viel wie das RS-68) würde das für 11 Mondflüge reichen. (2 F-1 = 5 RS-68) Wernher von Braun würde sich freien, wenn ihr schon selbst nichts auf die Reihe bekommt. Ach ja – zwei komplette Saturn V habt ihr auch noch irgendwo rumstehen.

Bei Apollo wurde erstmals „All up“ getestet – alle Stufen aktiv. Inzwischen ist das Usus. Alle Ariane Versionen, alle neuen Trägerraketen wurden so getestet und wie testet ihr die Ares I? Mit einem normalen Shuttle SRB, einer Verlängerung mit Ballast um das zusätzliche fünfte Segment zu simulieren und Ballast als zweiter Stufe – das ist nicht viel mehr als der Test eines seit 20 Jahren eingesetzten Shuttle-SRB. Und das nach immerhin fünfeinhalb Jahren: Fünfeinhalb Jahren nach dem Start von Apollo war übrigens die Saturn 1B voll unbemannt flugerprobt und der erste Start von Apollo 1 vorgesehen….

Ich kann an dem Constellation Programm nichts tolles finden. Details zu Ares V, dem Mondlander und der Orion Kapsel gibt es noch nicht. Alles dauert zu lange und Innovation sehe ich nicht. Es wird auch nicht billiger oder ist etwas neues. Es fehlt vor allem der Geist von Apollo, ein anspruchsvolles Ziel, eine charismatische Person und eine Vision. (Nicht dass die bei Apollo so ausgeprägt war: „bring a man to the moon and do the other things“ – echt präzise formuliert, aber das ist wohl so bei Politikern).

Es stellt sich die Frage: Wann kommt die Wende? Mercury – Gemini – Apollo – Programme die anspruchsvoller wurde, Risiken bedeuteten, aber gemeistert wurden – in den vorgegebenen Zeitplänen, wenn auch nicht (bei Mercury und Gemini) nicht im Kostenrahmen. Was kam seitdem: Das Space Shuttle – weder im Kostenrahmen geblieben, noch im Zeitplan. Viel versprochen, nichts gehalten und mit der Explosion der Challenger ein Synonym für den Niedergang der Kultur in der NASA, bei der Sicherheit früher alles bedeutete und nun nur noch Kommerz zählte. Danach kam die ISS: Alleine 10 Jahre hat man ihr rumgeplant. Dann sollte sie mit den Russen viel billiger werden – und wurde dadurch erst viel teurer. Dazu noch die Verzögerungen weil man es an die Space Shuttles band – damit diese nun einen Verwendungszweck hatten.

Ich wage es ja kaum zu sagen… Aber fehlen in der NASA nun die Deutschen? Die wurden nach Apollo ja aus den Führungspositionen raus geschmissen. Die Center sollten „amerikanisiert“ werden. Nur die Nachfolger haben wohl nicht die gleiche Qualifikation gehabt….

Inzwischen haben wir die Kultur der Profiteure – Jeder versucht sein Schäfchen ins Trockene zu bringen. 5 Jahre nach Entwicklungsbeginn von Constellation und Vergabe von milliardenschweren Aufträgen, machen Boeing und Lockheed-Martin immer noch Politik gegen die Ares I und preisen ihre Raketen an. SpaceX will mit einer Raumkapsel, über die man auf ihrer Webseite gerade mal ein paar Sätze lesen kann, Astronauten befördern. Echt vertrauenserregend. Wie wäre es SpaceX, wenn eure Kapsel ja so billig ist (133 Millionen pro Flug, nach den COTS Bedingungen) wenn ihr damit Touristen befördert? Bei 7 Astronauten pro Kapsel und 20 Millionen Dollar pro Flug macht ihr immer noch Profit. Und wenn ein Milliardär abstürzt: Erster Versuchskandidat sollte Elon Musk sein, dann regt sich auch nicht die Öffentlichkeit auf.

Inzwischen habe ich die Daten für mein nächstes Buch zusammen getragen. Es wird auf 384 Seiten die geballte Datenmenge von 84 US-Trägern enthalten. Von der Vanguard bis zur Ares V. Ich bin gerade beim durchlesen und hoffe es noch diesen Monat an die Korrekturleser weitergeben zu können.

8 thoughts on “Wer aus Fehlern nicht lernt, muss sie wiederholen

  1. Diese Kritik am Constellation Programm trifft meiner Meinung nach hundertprozentig zu, wobei ich aber im Unterschied zu Bernd behaupte, dass der Niedergang der NASA durch den Auszug von uns Schweizern verursacht wurde. 😉 😉 😉

    um etwas ernster zu werden, stellen sich folgende Fragen:
    – Wer oder was hindert Raumfahrtagenturen heutzutage daran, Programme „konsequent“ durchzuziehen, wie Bernd das nennt ?
    – Weshalb ist die Effizienz betreffend Zeit und Geld in der Raumfahrt in den letzten 40 Jahren zurückgegangen ?
    – Wie würde denn ein „vernünftiges“, bemanntes Mond-/Marsprogramm aussehen ?

  2. Wenn wir grad beim Thema Fehlern sind. Hab grad mal den Artikel Raumfahrtrekorde (größte Raketentriebwerk) und den der Zenit überflogen, da steht fast überall wo RD-170 stehen sollte RD-180 im Text.

  3. @Sven – Das steht nicht überall da sondern nur einmal, und wenn dann sollte da auch RD-171 und nicht RD-170 stehen.

    @Thomas: Ja wie konnte ich die Schweizer vergessen. Natürlich die haben doch die Mondlandung gerettet! Da waren die genauen Omega Uhren für die Astronauten, ohne die der Zeitplan nie eingehalten werden konnte, dann hatten Aldrin und Armstrong Probleme sich zu merken wie viel Treibstoff sie noch hatten wenn das „Quamtity Light“ anging. Ohne ihren Schweizer Simsup wären sie aufgeschmissen gewesen: „Da habt ihr noch für 94 Sekunden Treibstoff, das ist genauso lange wie wenn ich „Hoppala“ sage“ – und das konnten die beiden sich merken!

    Und wären sie nicht auf dem Mond gestrandet, nachdem beim Ausstieg der Schalter für das Aufstiegstriebwerk abgebrochen wurde? Aber auch hier half das Schweizer Offiziersmesser, dass die Besatzung an Bord hatte beim Überbrücken des Schalters.

    Ganz zu schweigen von den Unmengen an Schweizer Käse aus denen die Mondlandschaft im Simulator modelliert wurde (wegen der vielen Löcher).

    🙂

  4. @Bernd
    Wenn du schon so genau bist mit RD-170 und RD-171, dann lies den Rest meines Posts aber bitte auch so, den da steht „und den der Zenit“. Im Zenit Artikel ist es nicht bloss einmal, überflieg ihn doch einmal. 😉

  5. Also ich hab gehört, dass die Saturn 1 auch in Schritten, erst ohne die zweite Stufe und mit Triebwerken mit geringerem Schub (Block 1) und erst dann voll gestested wurde (Block 2).

    Nicht dass ich das NASA-Programm verteidigen will. Es ist wohl Primär die nicht vorhandene Bereitschaft, Risiko einzugehen, die die Kosten nach oben treibt und den Zeitplan in die Länge.

    Meiner Meinung nach hätte die NASA nach dem Shuttle eine neue Generation von Raketen bauen sollen, vielleicht angelehnt an die Saturn-Reihe.

    Bernd, was hälst du von DIRECT? Oder vom Shuttle-C was einige in der NASA jetzt wieder anpreisen?

    MfG

    Max

  6. Lieber Bernd

    Vielen Dank für deine Würdigung des Beitrags der Schweizerischen Eidenossenschaft zur bemannten Mondlandung.

    Apollo 11 war halt schon ein grosses Swiss Event, man muss es einfach immer wieder betonen. Dies zeigte sich ja u.a. auch daran, dass Aldrin noch VOR dem Hissen der amerikanischen Flagge das Sonnensegel der Universität Bern auf der Mondoberfläche aufpflanzte. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll auf dem Ding ja sogar ein Schweizer Kreuz aufgedruckt gewesen sein.

    Aus all diesen Gründen habe ich nun den Link deiner Internet-Site an den Bundesrat (das ist die Schweizer Landesregierung) weitergeleitet, damit am 1. August, dem Schweizer Nationalfeiertag, ein Vertreter der Landesregierung einen Kommentar in deinen Blog schreiben kann.

    Ich möchte dich bitten, vor deinem Bildschirm Achtungsstellung einzunehmen, wenn ein Kommentar von Hans-Rudolf Merz eintrifft. Dies ist der Schweizer Bundespräsident.

    bierernst, Thomas

    😉 😉 😉 😉 😉

  7. @Max: Das war bei der Saturn I noch üblich. Mit der Saturn V ist man aber auf die neue Methode überggenagen. Seitdem wurde keine Rakete mehr so getestet. weder Ariane 1-5 noch Atlas V, Delta iv oder die Falcon. Auch ekine von Indien oder China entworfene Rakete. Das war damals notwendig, weil die Träger nochr echt unzuverlässig waren. Das hat sich gottseidank bei den meisten gebessert.

    @Thomas. Schweizer Bundespräsident? Ich dachte Merz wäre der mit der Steuerreform auf dem Bierdeckel…. Aber das ergibt sinn: Einfach die ganzen Gewinne aus dem Kapital bei der Steuererklärung weglassen und schon passt sie auf einen Bierdeckel. Video dazu:

    Mein bester Kommentar „Für sie ist das Schwarzgeld, bei uns ist es einfach nur Geld“ 🙂

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