Ariane 5 Erweiterung „on the cheap“
In meiner allseits beliebten Serie „Wir wissen es besser als EADS, ESA, NASA und Co“ will ich zum wiederholten Male auf die Erweiterung der Ariane 5 zurückkommen. Die ESC-B kommt nun ja erst mal nicht. Die Frage ist: Welche Möglichkeiten hat die Industrie mit etwas gutem Willen und Eigeninitiative selbst für Möglichkeiten?
Also hier die Ansatzpunkte:
- Das Grunddesign der Rakete soll beibehalten werden
- eine Oberstufe sollte möglichst viele Teile der Grundstufe wiederverwenden
- Die Nutzlast sollte gesteigert werden bei mindestens gleichen Kosten pro Kilo, besser bei sinkenden Kosten.
- Es sollte möglichst billig sein
Nun das schließt einiges aus:
- So z.B. das Anbringen von mehr als zwei Boostern – sie sind so schubstark, dass sich das auf die ganze Struktur der EPC auswirkt die verändert werden müsste.
- Eine größere Oberstufe mit mehreren HM-7B Antrieben: Sie steigern die Nutzlast nur geringfügig, verteuern die Rakete aber.
Was bleibt noch übrig? Eigentlich nur eines: Das Vulcain 2.
Daher dieser Vorschlag:
Schritt eins : Einbau von zwei Vulcain in die EPC
Der Haupteffekt dieser ist die Reduktion der Gravitationsverluste. Diese sind bei der Ariane 5 sehr ausgeprägt, weil die Rakete sehr lange braucht einen Orbit zu erreichen und zudem nach Abtrennung der Booster mit nur noch 0,7 g beschleunigt. Das würde sich sofort ändern wenn zwei Triebwerke in der EPC eingesetzt werden und damit müssten diese auf das Niveau von Ariane 44L sinken. Bei der Ariane 5 liegen sie bei rund 2300 m/s, bei der Ariane 44Ö waren es nur 1500 m/s. Wenn man nur mit 1600 m/s so steigt die Nutzlast auf 11.900 kg in den GTO Orbit. (bei einer um 3000 kg schwereren EPC). Geändert müsste nur der unten liegende Schubrahmen, der nun zwei anstatt ein Triebwerk aufnimmt. Es ergäbe sich übrigens sogar ein Vorteil: Die Triebwerke in der VEB zur Rollachsensteuerung sind bei zwei Triebwerken nicht mehr notwendig, da sie die Lage in allen 3 Achsen regeln können.
Schritt zwei: Eine Oberstufe aus einer verkürzten EPC
Anstatt einer kleinen Oberstufe sollte diese deutlich größer sein. Ein einzelnes Vulcain hätte mehr als genug Schub um eine sehr große Oberstufe anzutreiben. Würde man mit 1,35 g beschleunigen, so dürfte die Spitze mit Nutzlast bis zu 100 t schwer sein. Da eine schwere Oberstufe aber die Belastung der EPC auch steigert und etwa ab 40 t Masse der Gewicht nur noch gering ist, habe ich mich auf eine Oberstufe mit rund 50 t Masse beschränkt. Dann ist auch der Stufenteiler von Oberstufe zu Nutzlast und EPC zu Oberstufe gleich. Die neue Oberstufe wäre die alte EPC, nur stark verkürzt. Das erleichtert die Produktion, da nun Oberstufe und „alte“ EPC bis auf den Schubrahmen identisch sind.
Das Vulcain 2 ist dafür überdimensioniert, doch es ist die einzige verfügbare Wahl. Es resultiert dann eine Nutzlast von rund 15,2 t, dies sind 5,6 t mehr als bei der ESC-A oder rund 58 % mehr.
Schritt drei: Eine „Wide Body EPC“
Die JAXA hat mit Finanzmitteln von lediglich 700 Millionen Dollar, also rund 500 Millionen Euro aus der H-2A die H-2B entwickelt. Dazu wurde einfach ein zweites Triebwerk in die Zentralstufe eingebaut, die Stufe verlängert und der Durchmesser erhöht, so dass sie nun 193 anstatt 155 t wiegt. Das gleiche wäre auch für die Ariane 5 denkbar. Um den Vorteil niedriger Gravitationsverluste nicht zu verspielen, sollte die Beschleunigung nach Abtrennung der Feststoffbooster nicht 1,2 g unterschreiten. Bei zwei Vulcain 2 mit 2700 kN Schub darf sie dann also 225 t bei Abtrennung der Booster wiegen. Da die Triebwerke bis dahin rund 2 x 135 s x 320 kg/s = 86,4 t Treibstoff verbraucht haben, darf die EPC mit Oberstufen und Nutzlast beim Start 311,4 t wiegen. Rechnet man 20 t für die Nutzlastspitze (Nutzlast, VEB, Verkleidung), 52 t für die Oberstufe so kann die Startmasse 239,4 t wiegen. Wenn die EPC von 5,40 auf 6,00 m vergrößert wird, so können 215,4 t Treibstoff mitgeführt werden, zusammen mit einer Leermasse von 21 t resultiert dann eine Startmasse von 226,4 t. Analog könnte die Oberstufe auf 6,00 m Durchmesser vergrößert werden (Startmasse 63 t / 7,5 t Leermasse). Dies würde die Nutzlast auf 17,8 t erhöhen – bei wahrscheinlich gleichen Produktionskosten, denn die durfte bei etwas größeren Tanks kaum ansteigen.
Finanzielle Betrachtungen
Der Hauptnachteil sind die hohen Produktionskosten des Vulcain. Als eine Ariane 5 noch rund 100 Millionen Euro kostete, machte es mit 15 Millionen Euro Herstellungskosten den größten Einzelposten aus. Nun würden diese also um 30 % ansteigen (2 x 15 Millionen Euro) – allerdings entfällt das Oberstufentriebwerk und auch die Produktion der Oberstufe könnte preiswert sein – schließlich kann man praktisch die derzeitige EPC Fertigung übernehmen, müsste nur den zylindrischen Teil auf ein Viertel der Länge kürzen. Zudem bedeuten drei Exemplare pro Rakete auch eine höhere Stückzahl, mithin geringere Fertigungskosten pro Exemplar. So ist realistischerweise von Mehrkosten von 20-25 % auszugehen. Dem stehen aber 58 % mehr Nutzlast gegenüber – die Trägerrakete wird also deutlich billiger.
Das einzige Problem: Sie könnte schon zu groß sein, denn mit Sylda kann sie so ohne Problem zwei Satelliten von jeweils 7,2 t Gewicht transportieren – derartige Kaliber sind selten. Und das ist natürlich schon ein Problem. Zwar könnte man wieder die Speltra einführen und auf Dreifachstarts übergehen (4,6 t Durchschnittsgewicht pro Satellit, also in etwa das gleiche wie heute bei der ESC-A) aber das erhöht das logistische Problem drei Nutzlasten zur gleichen Zeit pünktlich für einen Start zeitgleich angeliefert zu bekommen und die Versicherungsprämien würden ansteigen (sie sind heute schon höher gemessen an der Zuverlässigkeit weil bei einem Fehlstart immer ein doppelt so hoher Schaden entsteht).
Daher wird diese Lösung vorerst in der Schublade verschwinden. Schade eigentlich….
Im Anhang die wesentlichen Daten der Raketen.
Rakete: Ariane 5 (2 Viking / 1 Viking)
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
---|---|---|---|---|
822451 | 15176 | 2475 | 10228 | 1600 |
Stufe | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 560800 | 75000 | 2701 | |
2 | 192000 | 18400 | 4248 | |
3 | 52000 | 7000 | 4248 |
Rakete: Ariane 5 (2 Viking / 1 Viking) Wide Body
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
---|---|---|---|---|
870491 | 17816 | 2475 | 10228 | 1600 |
Stufe | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 560800 | 75000 | 2701 | |
2 | 226400 | 21000 | 4248 | |
3 | 63000 | 7500 | 4248 |
Rakete: Ariane 5 (2 Viking / ESC-A)
Startmasse [kg] |
Nutzlast [kg] |
Verkleidung [kg] |
Geschwindigkeit [m/s] |
Verluste [m/s] |
---|---|---|---|---|
786036 | 11861 | 2475 | 10228 | 1600 |
Stufe | Name | Vollmasse [kg] |
Leermasse [kg] |
Spez.Impuls (Vakuum) [m/s] |
1 | 560800 | 75000 | 2701 | |
2 | 192000 | 18400 | 4248 | |
3 | 18900 | 4300 | 4365 |
Meines Wissens ist das Vinci-Programm nicht gestoppt (sondern nur dasjenige der ESC-B) oder mindestens habe ich nicht mitbekommen, dass es gestoppt worden wäre, und Vinci-Triebwerke haben schon viele Prüfstandversuche hinter sich.
Deshalb: Wie würde es denn aussehen, wenn die dritte Stufe der Wide Body Variante von 4 Vinci-Triebwerken angetrieben würde ? (Laut „Verkaufsprospekt“ haben die Vinci-Triebwerke einen spezifischen Impuls von 465 s und einen Schub von 180 kN.) Ich bin überzeugt, dass so ein bemannter Flug in eine Mondumlaufbahn möglich wäre.
Nun zum Mond käme man schon mit der EC-A: Die Nutzlast ist höher als die der Proton, die ja mal ein Sojus Raumschiff auf eine Mondumrundung transportieren sollte (der Vorschlag kam vor ein paar Jahren erneut auf als Option für betuchte Weltraumtouristen.
Siehe diesen rund 2,5 Jahre alten Blogeintrag:
http://bernd-leitenberger.de/blog/2007/10/04/nimeand-kommt-vom-mond-zuruck-so-wie-er-dort-hingeflogen-ist/
Die rund 300 m/s höherer spezifischer Impuls machen fast nichts aus, zumal das Gewicht der vier Vinci eher mehr wiegen. Ich errechne 20,6 t für den GTO Orbit anstatt 17,8 t. Für einen Mondtransferkurs sind es 15,3 / 13,1 t (v=11.000 m/s). Wird wenn in eine Umlaufbahn eingeschwenkt und diese wieder verlassen werden soll (v=2 x rund 900 m/s) doch ziemlich knapp.