Was man lernen muss um bei der bemannten Raumfahrt mitspielen will
Während meines Urlaubs lass ich Moon Lander: How We Developed the Apollo Lunar Module (Smithsonian History of Aviation and Spaceflight). Es ist ein Buch des LM Chefdesigners Thomas Kelly über die Entwicklung des Mondlanders. Es ist recht lesenswert, wenn man sich für die Entwicklungsgeschichte interessiert und wie ich denke auch ehrlich. Es beginnt ganz optimistisch: Wie Kelly als Chef einer kleinen Grumman Truppe beschreibt, wie sie sich zuerst für die Kommandokapsel bewerben wollen, das Management aber dies als finanziell zu riskant ansieht und dann er das Konzept des LEM entwirft. Dem Konzept auf das er stolz ist, folgen aber Frustrationen bei der Entwicklung – Gewichtsprobleme, technische Probleme und bei der Fertigung (Undichtigkeiten, Drähte die nicht halten, Verbrennungsinstabilitäten).
Vor allem war für mich lehrreich, wie es immer wieder Probleme zwischen Grumman und der NASA gab. Nach dem NASA Ranking wurde Grumman schlecht eingestuft. nicht nur weil die Firma den Kostenrahmen nicht einhalten konnte und im Zeitplan zurück lag, sondern vor allem weil sie nicht das Apollo Konzept bei dem Design und der Fertigung übernommen hat. Neu war für Grumman, das alles extensiv dokumentiert werden musste. Für jede kleinste Arbeitstätigkeit musste eine Vorschrift erstellt werden. Jeder Arbeiter musste die Checklisten durchgehen, jeden Schritt quittieren und über alles Protokoll führen. Auch die Tests überforderten Grumman – die NASA forderte überall extensive Tests und praktische Prüfungen und Grumman meinte oft mit statischen Tests Aussagen über die Fehleranfälligkeit treffen zu können. Bei einigen Punkten stimmte auch Kelly der NASA zu, z.B. der Testvorgehensweise, hatte aber nicht die Befugnis das überall durchzusehen.
Das ganze liest sich auch durch persönliche Erlebnisse gut: So wird der Besuch beim Hersteller der Batterien geschildert: Leute sitzen in Alltagskleidung über den Batterien, rauchen dabei und Kelly sieht wie die Asche in die Batterie fällt… Oder die Schilderung wir das nach extensiven Prüfungen (zum Schluss im Dreischichtbetrieb) fertiggestellte LM-1 stolz ans Cape geliefert zu werden um dort als „Garbage, Junk“ und „leaking as a seeve“ eingestuft zu werden – Die Lecks waren real. Am Cape wurde empfindlicher kontrolliert und intensiver. Erneut: Zeitaufwendige Nachbesserungen.
Selbst noch bei den Einsatzexemplaren für bemannte Missionen gab es unangenehme Erlebnisse. So tauchte Jim McDivitt bei der Vorbereitung vor der Apollo 9 Mission in Kellys Büro auf „Hey Kelly, do you know that People working in Combat Boots in the LM Cabin?“ -. Kampfstiefel waren wegen der Gefahr der Beschädigung der Kabinenwand natürlich verboten – doch kontrolliert hatte dies niemand….
Das sind die typischen Lektionen, die eine Firma lernen muss, wenn sie bei der bemannten Raumfahrt mitspielen will – Sie unterschied sich zumindest damals von der unbemannten durch massiv aufwendigeren Prozeduren, Qualitätskontrollen und Tests. Grumman war kein absoluter Raumfahrtneuling: Sie hatte vorher den Auftrag für die OAO Satelliten bekommen. Das waren die damals aufwendigsten Satelliten mit sehr hohen Anforderungen an Ausrichtungsgenauigkeit.
Ich glaube in den Jahren danach gab es eine Wende zu weniger aufwendigen Kontrollen. Nach dem Verlust der Columbia denke ich wird die Richtung wieder mehr in mehr Tests, mehr Kontrollen gehen. So denke werden wir wieder an die sechziger erinnert werden. Apollo wurde teurer und verspätet, obwohl die NASA damals massig Geld in das Programm pumpte. Ob so die neue NASA Politik aufgeht? Die neuen Mitspieler wie OSC und SpaceX sind genauso Neulinge wie 1962 Grumman. Bei SpaceX isst das recht deutlich an Elon Musks Statements zu sehen. Er meint wirklich dadurch eine billige Rakete und ein unbemanntes Frachtraumschiff durch Aufsetzen eines Fluchtturms in ein bemanntes Raumschiff umwandeln zu können.
Die NASA will ja externalisieren – also nur noch Leistungen einkaufen. Es wird sich zeigen ob dies aufgeht. Wenn die NASA auf ihren Sicherheitsanforderungen und der Einmischung bis in die Produktion besteht wird es nicht billiger werden. Wenn sie nur Leistungen einkauft und konstruktive Details festlegt, dann könnte es sein, das mal wieder was schiefgeht. Bei etwas mehr Pech es auch Tote gibt. Wie sich das wohl auf das Programm auswirken wird?
Wer die Serie „From the Earth to the Moon“ nicht kennt
Episode 5, 7, 9 zeigen die Probleme der LM
Besonders Episode 5 zeigt Entwicklung Bau der LM
und die Qualen des LM vom System Integration Tests bis erste flug