Die wichtigste Planetenmission

Morgen erinnere ich mit einem Beitrag über Mariner 2 an 50 Jahren Erkundung der Planeten mit Raumsonden. Am 14.12.1962 flog Mariner 2 als erste Raumsonde erfolgreich an einem Planeten vorbei. Ich habe dann ein bisschen gestöbert um auch den Aufsatz etwas aufzupolieren und das JPL hatte sogar die (ihrer Meinung nach) 50 wichtigsten Bilder aus diesen 50 Jahren zusammengestellt. Nun ja 50 ist etwas viel, da könnte man ja fast jede zweite bis dritte Mission nennen, wenn wir die nicht erfolgreichen weglassen ist es dann fast jede.

Aber was ist die wichtigste Mission in diesen 50 Jahren? Nun ich meine mit Abstand sind es die Voyager Missionen. Natürlich gibt es den psychologischen Aspekt: Wir empfinden die Missionen als wichtiger die die ersten waren, vor allem wenn sie beeindruckende Bilder liefern. Das kennt man ja auch von anderen Dingen – Wer war der zweite am Nordpol oder auf dem Mount Everest? Doch als Fachautor bin ich gegen solche einfachen Überlegungen gefeit. Ich kann dies technisch begründen. Die Voyager Missionen sind herausragend weil:

  • Sie zu der Zeit als sie entwickelt wurden sehr anspruchsvoll waren. Eine Betriebszeit über 5 Jahre war gefordert, das ist heute wenig, doch gemessen an dem technischen Stand der siebziger Jahre war dies anspruchsvoll, vor allem für die Elektronik, die aus viel mehr Teilen als heute bestand. Viking als letzte Mission vorher, war noch für 2 Jahre Betrieb konzipiert. Das gleiche galt für die Experimente. Die Voyagers flogen mit nicht weniger als 11 Experimenten, die von der Detektion von Radiowellen, Magnetfeldern, geladenen Teilchen der Untersuchung von Himmelskörpern in einem breiten Spektralbereich von UV bis fernem Infrarot umfasste. Das Telekommunikationssystem war um den Faktor 100 leistungsfähiger als das der vorher zu Jupiter geschickten Pioneers.
  • Sie haben nicht nur ihre geplante Mission übererfüllt, man erhielt weitaus mehr Daten als erwartet, sondern sie abreiten beide heute noch, 35 Jahre nach dem Start! Und dies obwohl es immer wieder Probleme und Ausfälle gab, vor allem bei Voyager 2 (früh in der Mission fiel der primäre Empfänger aus und der Reservesender kann nur einen engen Frequenzbereich korrekt empfangen, bei Saturn fiel dann noch die Instrumentenplattform aus).
  • Sie erweisen sich als äußerst flexibel. Erstmals konnte man die Raumsonden neu programmieren. Man nutzte dies bei Jupiter und Saturn aus, um Voyager 2 neu zu programmieren, um Dinge zu untersuchen die Voyager 1 entdeckte, so die Vulkane auf Io und die Ringe bei Saturn, wo man die Ringe mit dem Photopolarimeter bei der Passage der Ringebene zählte. Später erhielt Voyager 2 bei Uranus neue Routinen zur Bewegungskompensation und Bildkompression, Fähigkeiten welche die Raumsonde beim Start nicht hatte.
  • Die Mission war äußerst klug geplant. Nicht nur dass man die seltene Planetenkonstellation voll ausnutzte, auch wenn Uranus und Neptun beim Start nur als „Option“ geführt wurden. Bei Jupiter und Saturn hatte man auch die Erkundung der Monde auf die beiden Raumsonden aufgeteilt. Eine Sonde passierte die eine Hälfte in kleiner Distanz, die andere die andere Hälfte.
  • Finanziell war die Doppelmission noch in einem überschaubaren Rahmen. Beim Start waren 450-480 Millionen Dollar geplant. Das war die Hälfte des Viking Programms. Es war zwar gemessen an den Mariners und Pioneer die vorher gestartet wurden etwa dreimal teurer, doch dauerte auch die Mission dreimal länger und die Instrumentierung war nicht zu vergleichen. New Horiztons, als letzte Vorbeiflugmission zu den äußeren Planeten muss in vielen Aspekten hinter Voyager zurückstecken. Sowohl in Instrumentierung wie auch Datenrate erreicht sie nicht ihre beiden Vorgängerinnen.

Schade ist, dass man eine Option nicht wahrnahm Geplant war das dritte Exemplar, dass man für Tests baute 1979 zu starten. Das hätte auch Synergien zum Galileoprojekt ergeben, das damals für 1982 geplant war. Die Forscher wie Ingenieure hätten dann ohne Unterbrechung zu Galileo wechseln können. Die NASA lehnte den Vorschlag ab. Danach schlug man vor, eine der Voyagers 1978 zu starten und die Sonde am 3.11.1979. Sie würde am 10.4.1981 Jupiter und Mitte 1985 Uranus erreichen. Drei Starts in drei Jahren hatten die Kosten über einen längeren Zeitraum verteilt. Diese zusätzliche Mission würde nur 177 Millionen Dollar mehr kosten, davon 80-100 Millionen alleine für die Überwachung die nun vier Jahre länger laufen würde. Diese Summe kam später sowieso hinzu, da die Mission von Voyager 2 ja verlängert wurde. So gesehen wäre für 80-100 Millionen Dollar (netto) eine dritte Mission möglich gewesen. Sie hätte die Route Jupiter-Uranus-Neptun genommen. Der Vorteil? Jupiter und Saturn zeigten den Vorteil auf: Neben der Möglichkeit die kleinen Körper besser zu erkunden (bei einer Vorbeiflugmission kann man nie alle Monde nahe passieren) war vor allem extrem wichtig, dass die zweite Sonde Nachuntersuchungen von unverstandenen Phänomenen wie dem verdrillten F-Ring, den Vulkanen auf Io machen konnte. Bei Io gab es innerhalb von Monaten deutliche Veränderungen der Oberfläche und einige Vulkane waren erloschen, neue dagegen aktiv. Schon alleine die Möglichkeit Aufnahmen und Spektren oder andere Untersuchungen von zwei unterschiedlichen Zeitpunkten ist wichtig um Veränderungen zu erfassen, dauerhafte Phänomene von temporären zu unterscheiden. Diese Chance haben wir bei Uranus und Neptun vergeben.

Am Rande sollte noch erwähnt werden, dass es die hypothetische Möglichkeit gab eine Raumsonde nach Saturn zu Pluto zu schicken. Auch er war damals relativ fix erreichbar (je nach Route zwischen März und September 1986). Die NASA verzichtete darauf. Auf der einen Seite verständlich. Pluto ist kleiner als Triton. Bedingt durch die große Entfernung und der geringen Speicher an Bord der Sonde hätte man nur etwa 100-200 Bilder mittel bis hochauflösende von Pluto erhalten. Auf der anderen Seite hätte die Sonde Pluto gerade nahe des sonnennächsten Punktes passiert, wenn sich seine Atmosphäre ausbildet. Ob New Horizons noch rechtzeitig kommt um diese vor dem Ausfrieren zu untersuchen werden wir wohl erst in 3 Jahren wissen.

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