Die weltgrößte Rakete – die Auflösung

Eigentlich hatte ich mit mehr Resonanz gerechnet, doch der Berieselfaktor (rechnen oder Excel füttern ist ja so anstregend, solln das doch die machen die zu viel Zeit haben) scheint ein zu großes Trägheitsmoment aufzuweisen.

So, hier mein Vorschlag. Sie besteht aus zwei (Erdorbit) bzw. drei Stufen plus Boostern.

Die erste Stufe treiben acht F-1 an, die zweite acht RS-25D, die dritte zwei RS-25D. Als Booster kommen AJ-260 zum Einsatz, die 1967 getestet wurden. Jeder AJ-260 hat folgende Daten:

Schub Start 17696 kN
Schub maximal 22200 kN
Startgewicht: 831.300 kg
Trockengewicht: 85.300 kg
spezifischer Impuls Meereshöhe 2138 m/s
spezifischer Impuls Vakuum 2580 m/s
Brennzeit 114 s

Mit dem Kriterium, dass die Rakete nach Abtrennung der Booster noch mit minimal 10 m/s beschleunigen soll, darf die Rakete zu diesem Zeitpunkt 6192 t wiegen. Das legt die Masse nach Abtrennung der Booster fest. (Schub 7740 kN pro F-1 Triebwerk, spezifischer Impuls 2980). In 114 s verbrauchen die acht F-1 Triebwerke 2371,2 t Treibstoff, damit wiegt die Rakete ohne Booster 8563,2 t beim Start. Mit diesen Angaben kann man die Anzahl der Booster berechnen.

Die Anzahl der Booster richtet sich nach der Minimal und Maximalbeschleunigung. Minimal sollen es 12,5 m/s sein, maximal 45 m/s. (15 m/s wären es wenn nur Booster zum Einsatz kommen, doch das ist hier nicht der Fall) Nimmt man als Worst Case an, dass der Maximalschub von 22,2 MN pro Booster vor der Abtrennung erreicht wird, so kann man 11 Booster anbauen. (Beschleunigung: 42,9 m/s) Als zweites Kriterium gibt es noch die Startbeschleunigung die mindestens 12,5 m/s betragen soll. Sie wird mit 8 Boostern erreicht..

Bleibt noch die Geometrie. Basierend auf den Abmessungen der S-IC, nur im Durchmesser vergrößert, wäre eine Stufe rund 12,70 m im Durchmesser, die Saturn C-8 mit derselben Triebwerkszahl hatte 13,20 m Durchmesser. Auf einem Kreis von 12,70 + 6,60 m könnte man dann die Booster anordnen, das erlaubt 9 Stück. Das letzte und wichtigste Kriterium ist aber die Vorgabe maximal 8 zu nehmen. Also wäre die Boosterbestückung auf 8 zu begrenzen (Startbeschleunigung 12,8 m/s, Endbeschleunigung 35,8 m/s). Der mittlere spezifische Impuls dieser Mischung (2371 t LOX+Kerosin + 5968 t PBAAN/Alu/NH4CLO4)  beträgt dann 2693 m/s.

Die Masse der ersten Stufe wird von der Startmasse der nächsten beiden bestimmt. Für die zweite Stufe habe ich LOX/LH2 vorgesehen, dass bedeutet, dass bei einem Schub von 2290 kN für das SSME und einer Minimalbeschleunigung von 8 m/s die Restrakete nun maximal 2290 t wiegen darf. Diese 2290 t gehen von der ersten Stufe ab, die beim Start 8563,2 t wiegt. Sie wiegt also 6273 t, woraus sich eine Trockenmasse von 418,2 t und eine Brennzeit von 281,5 s ergibt. Die Brennschlussbeschleunigung wäre dann 22,9 m/s.

Zu einfachen Modulation habe ich erst mal die Rakete nur zweistufig für Erdorbitmissionen vorgesehen. Bei der zweiten Stufe muss man dann eine Nutzlastabschätzung machen und erst mal die Geschwindigkeit errechnen und kann dann anpassen. Ich fing mit 700 t an, was zu viel war, und nach einigen Iterationen kam ich auf 579,7 t Nutzlast und 1710,3 / 171,03 t für die zweite Stufe. Da die zweite Stufe nur noch zweieinhalb mal so schwer wie die Nutzlast ist, habe ich auf eine dritte verzichtet, die eventuell auch noch etwas herausholt. Bei 8 SSME (Schub 2290 kN, spezifischer Impuls 4480 m/s ergibt sich eine Brennzeit von 376,4 s für die zweite Stufe.

Diese kann man dann bei dem Marstransport einsetzen. Hier bei gehe ich von der einfachen Annahme aus (ohne Optimierung), dass die dritte Stufe erst im Erdorbit gezündet wird, da man die Größe exakt berechnen kann. Eine 362 t voll / 36,2 t leere stufe würde dann 215,7 t zum Mars transportieren. Da sie zusammen mit der Nutzlast 589,6 t wiegt kann sie nur eingesetzt werden wenn die Nutzlast kleiner als 215,7 t ist, also nicht für Erdorbitmissionen. Sie würde gemäß Vorgabe einer Beschleunigung um mindestens 5 m/s zwei SSME einsetzen und 318,6 s lang brennen. Sie Stufe ist schon nahe des Optimums. Das Vinci ist nicht einsetzbar, da man bei dem vorgegebenen Kriterium Mindestbeschleunigung 16 Stück braucht und diese dann die 8-Triebwerke Regel überschreiten.

Basierend auf diesem Ansatz kann man nun mit der Masse von zweiter und dritter Stufe spielen, wobei es unterschiedliche Lösungen gibt je nach Zielgeschwindigkeit: optimale Lösung für LEO: 1088,1 / 570 t mit 631,5 t Nutzlast. Für den Mars sind es 1580,1 / 490 t mit 219,7 t Nutzlast. Wie man sieht ist aber der Gewinn nicht groß. Selbst die dreistufige Version bringt weniger als 10% mehr LEO-Nutzlast und die Optimierung sogar nur 2% zum Mars.

Außer der Reihe noch eine Lösung mit moderner Technologie. Der leistungsfähigste heute verfügbare Feststoffbooster ist der 5-Segment RSRM. (5,5 und 6 Segment RSRM sind zwr mal geplant worden, wurden aber nie gezündet). Das leistungsfähigste heute noch gebaute Triebwerk ist das RS-68A, das RD-171 ist zwar schubstärker, jedoch hat es vier Brennkammern. Es zeigt aber, was man heute entwickeln könnte ohne die F-1 nachzubauen und die AJ-260 neu zu konstruieren.

Eine Stufe müsste so konstruiert sein, dass man oben am Zwischenstufenadapter den RSRM und unten am Schubgerüst den RSRM anbringt. Da dieser eine Länge von 53 m hat, muss der Treibstofftank 53 m lang sein. Beim Mischungsverhältnis 6:1 LOX/LH2 hat die Mischung eine Dichte von 0,358. 8 RS-58B haben im Vakuum einen Schub von 28360 kN, damit darf die Rakete bei Brennschluss der Booster noch 2836 t wiegen. Bei einem Treibstoffkonsum von 872 kg pro Triebwerk und pro Sekunde und 132 s Brennzeit, wiegt die erste Stufe beim Start 1467,6 t und leer 146,76 t. Daraus ergibt sich bei einer Tanklänge von 53 m ein Durchmesser von 9,40 m. Auf dem Kreis von 13,11 m Durchmesser lassen sich 11 Booster anbringen, es kann also die Maximalbestückung von 8 genommen werden.

Diese Version ist der ersten deutlich unterlegen, auch weil eine schlechte Stufung vorliegt (die Zentralstufe brennt nur wenig länger als die Booster). Sie ist auch viel leichter, sodass der durchschnittliche spezifische Impuls nicht so stark ansteigt wie man dies erwarten kann. Immerhin, sie transportert 400,5 t in eine Erdumlaufbahn. Das sind dann mit einer Stufe, die erst in der Erdumlaufbahn gezündet wird 150,3 t zum Mars. Eine optimierte Version kommt dann auf 161,5 t.

Stufe Startmasse Trockenmasse spezifischer Impuls
8 x AJ 260 8 x 831,3 t = 6650,4 t 8 x 85,3 t = 682,4 t 2580 m/s (2693 m/s mit dem LOX/Kerosin)
8 x F-1 6273,t (davon 2371,2 t während des boosterbetriebs verbraucht) 418,3 t 2980 m/s
8 x SSME 1710,3 t 171,03 t 4480 m/s
2 x SSME 362 t 36,2 t 4480 m/s
Gesamt Startmasse 15213,6 t Nutzlast: 579,7 t LEO Nutzlast 215,7 t Mars
Stufe Startmasse Trockenmasse spezifischer Impuls
8 x 5 Segment RSRM 8 x 733,3 t = 5865,4 t 8 x 84,5 t = 676 t 2671 m/s (2880 m/s mit dem LOX/LH2)
8 x RS-58B 1467 t (davon 921,6 t während des boosterbetriebs verbraucht) 146,7 t 4062 m/s
8 x SSME 1889,5 t 188,95 t 4480 m/s
2 x SSME 250,2 t 25,02 t 4480 m/s
Gesamt Startmasse 9622,5 t Nutzlast: 400,5 t LEO Nutzlast 150,3 t Mars

Was lehrt uns das? Wir brauchen nicht wie bei der SLS eine Ausschreibung für neue Booster. Wenn man nur nimmt, was gerade verfügbar ist, kann man eine Rakete konstruieren, welche mehr als die doppelte Nutzlast der größten projektierten SLS Version hat. Mars Expeditionen haben je nach Planung (progressiv / konservativ) eine Masse von 630 bis 1000 t in der Erdumlaufbahn – zwei bis drei Starts dieser Versionen würden das locker schaffen. Aber man will wohl lieber noch ein par Jahrzehnte weiter planen oder greift auf Pläne wie „Mars one“ zurück.

So morgen und übermorgen gibt es einen Gastbeitrag von Andreas Buschmann zu einem Computerthema. Von mir hört ihr dann am Donnerstag wieder.

3 thoughts on “Die weltgrößte Rakete – die Auflösung

  1. Ich hatte die Aufgabenstellung so verstanden, dass die Anzahl der Booster der Triebwerke maximal 8 betragen darf. Damit kam ich zum Schluss auf 130t Nutzlast zum Mars, allerdings mit den AJ-260 Leistungsdaten von deinem Raumfahrtrekorde-Artikel, die etwas schlechter sind als diejenigen mit denen Du gerechnet hast.

  2. Wenn man das F-1 durch das russische RD-270 ersetzt kann man sicher noch etwas herausholen. Das RD-270 liegt in der Schubklasse des F-1, verwendet N2O4/UDMH im Hauptstromverfahren und hat einen besseren ISP als das F1. Besonders in der Version für LEO ohne Oberstufe müssten da noch einige 10t gehen.

    Fragt sich halt nur ob das RD-270 da von den Regeln her reinpasst, es wurde in der Entwicklungsphase wieder eingestellt da man wie beim F-1 Probleme mit Verbrennungsinstabilitäten hatte und die N1 den Zuschlag für die Mondflüge bekam.

    Es lief aber einige Male auf dem Prüfstand. So gesehen müsste es ja in die Vorgaben reinpassen. („Nur Triebwerke sollten verwendet werden, die mindestens einmal gezündet wurden“)

    https://en.wikipedia.org/wiki/RD-270

  3. Unsinn, die F1 waren damals eine absolute Weltspitze. Eine Nutzlaststeigerung mit über 200 Tonnen wäre nur mit Feststoffbooster möglich, dazu gab es auch Untersuchungen. Auch an F-1 wurde weiter gearbeitet, die Modifikation F-1A war leichter und lieferte mit 9,1 MN etwa 30 % stärkeren Schub.

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