Eine Lösung für die ESA als Beitrag für den ISS Betrieb ab 2020

Da nun ja schon diskutiert wird, die ISS nochmals 4 Jahre länger zu betrieben hat die ESA ein kleines Problem. Für die Verlängerung von 2016 bis 2020 will sie ja das Servicemodul für die ersten beiden Orion Testflüge bauen. Das ist noch nicht in trockenen Tüchern, aber selbst wenn, dann fehlt der Beitrag für 2020 bis 2024. Nun ist offen, ob man dann noch beteiligt ist, schließlich wollen Frankreich und Italien genauso das nicht. Aber nehmen wir mal an, man verlängert. Was nun? Für vier weitere Jahre der NASA Geld bezahlen – dürfte keine Option sein. Eine Neuentwicklung eines neuen Transporters dürfte nicht durchsetzbar sein, das würde zu teuer. also wäre eine Lösung ideal die nicht viel kostet aber von der NASA als Kompensation akzeptiert wird.

Die für mich naheliegende ist die des ISS-Reboostes. Das ATV vollbringt derzeit den größten Teil. Wenn er wegfällt, müssen die Rolle die Progress übernehmen, die dann kaum noch Fracht transportieren werden. Nach NASA-Angaben braucht die ISS derzeit 3.600 kg Treibstoff pro Jahr. Allerdings ist die Sonne derzeit wenig aktiv. Nimmt man eine Reserve für hohe Sonnenaktivität hinzu und geht von 6.000 kg aus, so entspricht dies bei den eingesetzten Treibstoff einem Gesamtimpuls von 17,4 Millionen Ns pro Jahr.

Anstatt nun chemischen Treibstoff einzusetzen, kann man auch ein Ionentriebwerk einsetzen. Die NASA bekam ja den Vorschlag das VASIMIR Triebwerk einzusetzen. Das ganze hat nur den kleinen Nachteil, dass dieses Triebwerk für Marsexpeditionen viel zu schubstark ist und mehr Strom braucht als die ISS liefern kann. Nur mit Zuschaltung der Batterien kann man es kurzzeitig betreiben. Eine kleine Kopfrechnung zeigt, dass wenn man während 50% der Zeit im Orbit (auf der Nachtseite gibt es keinen Strom) ein Ionentriebwerk betreibt, man einen Dauerschub von 1,1 N braucht. Den liefern schon 8 Triebwerke des Typs RIT-22, die eine Leistungsaufnahme von 40 kW haben, 1,2 N Schub liefern und dann pro Jahr 429 kg Treibstoff verbrauchen (Worst-Case Szenario, beim derzeitigen Antriebsbedarf 258 kg).

So, nun mein Vorschlag. Die ESA baut nochmals ein ATV-Servicemodul nach. Betankt es aber nur mit soviel Treibstoff wie man braucht um anzukoppeln (etwa 1 t). Das wiegt dann 6,5 t. Bei einer Startmasse von rund 20 t lässt das noch 13,5 t für einen Reboostantrieb auf solarelektrischer Basis übrig. 500 kg gehen für den Kopplungsadapter und Subsysteme zum Ankoppeln ab die beim aTV vorne im Carriermodul sind. Solarpaneele für 50 kW Leistung (20% Plus für höhere Anforderungen und Leistungsaufnahme im Orbit) wiegen in konventioneller Bauweise etwa 625 kg. Man wird mehr als die acht Ionentriebwerke benötigen, weil jedes für eine Lebensdauer von 10.000 Stunden ausgelegt ist und ein Betrieb über 4 Jahre 17.520 Stunden entspricht, doch bei einem Gewicht von 7 kg pro Stück kann man sie sogar dreifach redundant auslegen (24 Stück ausreichend für 7+ Jahre Betreib) und hat nur ein Gewicht von 158 kg. Das lässt über 12 t für Strukturen, einen Satellitenbus, Tanks und den Treibstoff übrig. Wenn der Treibstoff nur 50% dessen ausmacht, würde er ausreichen um die ISS 14 Jahre lang im Orbit zu halten.

Das ganze wäre also von der beförderten Masse umsetzbar. Ja, es würde sogar reichen, in ein ATV innen die Tanks für das Xenon als Treibstoff einzubauen, außen am Carriermodul die Solarzellen und Ionentriebwerke. Alleine die 7 t die ein ATV transportieren kann würden locker ausreichen mehr als die 4 Jahre verlängerten Betrieb zu ermöglichen. (bei 3,5 t für den Treibstoff z.B. für 8 Jahre Betrieb). Als Nebeneffekt könnte das Modul den nicht benötigten Strom (die Versorgung ist ja für die hohe Sonnenaktivität und mit Reserven ausgelegt) ins Bordnetz einspeichern. Das wären beim derzeitigen Antriebsbedarf anfangs 25 kW.

Der Preis wäre, dass der Kopplungspunkt dauerhaft blockiert wäre. Doch da man keinerlei Reboostfähigkeit der Progress mehr benötigt und so ein Teil der Fracht wegfällt denke ich wäre das verschmerzbar.

Der Nutzen läge für die ESA nicht nur in der Bezahlung der ISS Beteiligung. Es wäre auch der Einstieg in die Umsetzung des Einsatzes von Ionentriebwerken in großem Maßstab, nicht nur als Lagereglungstriebwerk. Wenn man es schlau macht entwickelt man einen modularen Bus, denn man in einem Kommunikationssatelliten anstatt des Apogäumsmotor einsetzen kann. Das wäre als dann auch für die europäische Industrie die Kommunikationssatelliten herstellt nützlich und würde deren Position auf dem Weltmarkt stärken.

3 thoughts on “Eine Lösung für die ESA als Beitrag für den ISS Betrieb ab 2020

  1. Bei der ISS ist die Stromversorgung überdimensioniert, da könnte man die Solarzellen weglassen und Energie von der Station abzapfen. Nur für die Zeit bis zum Ankoppeln wird eigene Energie begraucht, und für die kurze Zeit sollte das billiger mit Batterien möglich sein.

    Anders sieht das aus, wenn das Gerät als Satellitenbus verwendet wird. Da sind Solarzellen unverzichtbar. Nach Erreichen der Arbeitsposition wird kaum noch Energie für den Antrieb benötigt, die Lageregelung braucht nicht viel. Der Rest steht dann für den Betrieb der Elektronik zur Verfügung.

    Eigentlich ist die Idee super. Eine Entwicklung die man früher oder später sowieso machen müßte, als Preis für den Zugang zur ISS abrechnen.

  2. Zitat Bernd: „Die für mich naheliegende [Lösung] ist die des ISS-Reboostes.“ In der Tat wäre es spannend, hier Ionentriebwerke über einen längeren Zeitraum im Regelbetrieb einzusetzen, um Erfahrungen usw. zu sammeln. Vermutlich einigt man sich aber in den relevanten Gremien auf irgendeinen Kompromiss, der am Ende teuer für alle ist. Könnte also sein, dass die ESA dann doch wieder drei „konventionelle“ ATVs baut statt eines mit Ionenantrieb.

    Ein kleiner Hinweis zum Artikel: Xenon-Tanks sollte man eher nicht im unter Druck stehenden Teil des Ionen-ATV einbauen. Wird einer undicht, hat man eine veränderte Atmosphäre in der Station. Von daher gehören die Xenon-Tanks zusammen mit den Triebwerken und Solarzellen in den drucklosen „Außenbereich“.

    Kai

  3. „Von daher gehören die Xenon-Tanks zusammen mit den Triebwerken und Solarzellen in den drucklosen “Außenbereich”.“

    … oder in den hinteren Teil des Druckbehältrs wo jetzt ja schon drcukgas (Sauerstoff, Luft, Helium) untergebracht ist und man kürzt den voderen Behälter auf das nötige Maß und erweitert den hinteren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.