Geht’s auch billiger?

Ich bin überzeugter Anhänger der europäischen Raumfahrt, aber in den letzten Jahren macht sie einem wenig Freude. Projekte scheinen ewig zu brauchen, zu teuer oder überflüssig zu sein.

Den Anlass lieferte die H-III. Da habe ich für einen neuen Aufsatz recherchiert. Die H-III wird von der JAXA als Nachfolger der H-IIA entwickelt. Derzeit läuft die Ausschreibung für die Rakete. Da bieten sich Parallelen zur Ariane 6 an. Denn beide Raketen werden in der größten Version 6,5 t transportieren, 2020/21 zur Verfügung stehen. Nur sonst gibt es ein paar Unterscheide:

  • Die H-III setzt ein neues LOX/LH2 Triebwerk für die erste Stufe ein . Die Ariane 6 dagegen Feststoffbooster
  • Die H-III ist flexibel erweiterbar und kann ohne Feststoffbooster mit zwei, vier oder sechs starten und deckt so eine Nutzlast zwischen 3 t SSO und 6,5 t GTO ab. Eine Erweiterung um zwei Erststufen (wie bei der Delta 4H) wäre auch möglich, dann würde die Nutzlast die H-IIB erreichen. Ariane 6 hat kein solches Konzept
  • Die Entwicklungskosten der H-III sollen 1,9 Milliarden Dollar betragen. Die Ariane 6 dagegen 4 Milliarden Euro kosten (man will die Kosten auf 2-3 Milliarden Euro drücken, aber das ist noch nicht fix und immer noch teurer).
  • Ein Start der H-III soll 50-65 Millionen Dollar kosten, der Ariane 6 dagegen 70 Millionen Euro (95 Millionen Dollar)

Nun bei Startkosten muss man vorsichtig sein. Die erweisen sich sehr oft nur schwer prognostizierbar. So waren alle japanischen Träger bisher teurer als geplant und auch bei Ariane 5 und Atlas V / Delta 4 erweisen sich die Prognosen als falsch. Aber Japan hat es fertig gebracht, ihre Raketen preiswert zu entwickeln. Hier mal eine Aufstellung der Aufwendungen für die Entwicklung der H-Serie:

Träger Entwicklungszeitraum Kosten Nutzlast (GTO)
H-II 1985-1994 2.300 Millionen $ 4.000 kg
H-IIA 1995-2001 1.500 Millionen $ 4.100 – 5.000 kg
H-IIB 2001-2009 447 Millionen $ 8.000 kg
H-III 2014-2020 1.900 Millionen $ 1.500 –  6.500 kg

Der Trend in der H-II Serie ist das die Weiterentwicklung immer billiger wurde. Man hat die Rakete inkrementell verbessert. Bei der H-IIA waren es neue Feststoffbooster und Performancesteigerung bei der Zentralstufe, bei der H-IIB der geniale Coup einfach die erste Stufe zu verbeitern, zwei Triebwerke einzubauen und vier Booster anstatt zwei anzuflanschen. Die H-III wird weil es wieder eine Neuentwicklung ist teuer. Aber immer noch billiger als die Ariane 6.

Wie viel die Ariane 5 Entwicklung gekostet hat, ist schwer nachzuvollziehen, weil es nach den beiden misslungen Jungfernflügen der Generic und Evolution Variante jeweils noch Rettungsprogramme gab, dazu Kosten für das Pero 2000 Program, Evolution Programm etc. Ein Artikel der JAXA listet die Ariane 5 als Vergleich und kommt auf 8800 bis 9900 Millionen Dollar, was eher die Untergrenze sein dürfte. Alleine die nächste Oberstufe ESC B wird weitere 1 Milliarde Euro kosten, mindestens 300 Millionen hat man schon ausgegeben. Das ist mehr als die JAXA für eine komplette neue Rakete ausgeben will! Da man die Oberstufe weiterverwenden könnte, wenn man sie sauber konzipiert wäre für die Ariane 6 nur noch die Entwicklung eines Boosters und der Startanlagen übrig. Der Booster wird eine vergrößerte Version der Vega Erststufe sein. Ich hatte ja mal schon vorgerechnet, das bei einer zeitgemäßen Oberstufe (also nicht dem derzeitigen Vorschlag von Bremen für die ESC-B) vier Vega P80FW in der ersten Stufe und einer in der zweiten Stufe die nötige Performance hätten. Für die Ariane 6 sind 2-3 Booster in der ersten Stufe angedacht. Wenn man also die Stufe um ein Drittel bis 50% verlängert passt es. Dafür 4 Milliarden ausgeben, wenn die gesamte Vega Entwicklung nur 770 Millionen Euro kostete. Noch komischer ist, dass dann die Rakete mit maximal 4 Feststoffboostern mehr kosten soll das die japanische H-III mit Sechs Boostern und zwei LOX/LH2 Triebwerken vom Schub des Vulcain 2.

Blicken wir ins andere Ressort das mich interessiert: Die Erforschung der Planeten. Da warten wir seit Jahren auf BepiColumbo. Der Start wurde schon mehrfach verschoben und ist nun für 2015 vorgesehen. Teurer wird’s auch. Am meisten ärgert mich aber Exomars. Exomars startete als Projekt nach den beiden MER Landern. Wie so oft kommt man auf ein Projekt wenn andere erfolgreich vormachen wie das in der Öffentlichkeit einschlägt. Aus dem einfachen Rover im Stil der MER mit etwas besseren Instrumenten wurde nach und nach ein teures Projekt auch wenn sich am Rover nicht viel änderte. Er soll nun immer noch 300 kg wiegen – also ein Bruchteil von Curiosity. Man ging eine Kooperation mit der NASA ein die einen Orbiter starten wollte, da der als Kommunikationsrelais dienen kann und auch eine Technologiekapsel mitführen sollten, die das Landeverfahren erproben sollte.

Die USA stiegen aus, die beiden Starts blieben und die exorbitanten Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Etwas viel für einen Rover. Vor allem wenn es nur eine weitere Marssonde ist. Sorry, aber zum Mars flogen bisher die meisten Raumsonden. Jedes Startfenster eine oder zwei weitere. Warum nicht woanders hin? Wie wäre es mit einem Venusradarorbiter mit einer kleinen Landesonde die beim Abstieg Bilder macht? Das wäre technologisch vor Europa zu schaffen (man denke an die deutsch Erfahrung mit Radarsatelliten) und würde mehr der Forschung bringen, wäre spektakulär (neue Bilder von der Venusoberfläche!) und bestimmt billiger. Oder man geht ins äußere Sonnensystem. 20917 wäre das nächste Startfenster Jupiter-Saturn. Eine Raumsonde zu Saturn könnte wie Voyager und Cassini vorher den Jupiter untersuchen und dort in einen Orbit einschwenken. Wenn man JUICE baut, warum kopiert man sie nicht und draus wird ein Saturnorbiter. Man benötigt dann nur wegen der Entfernung einen RTG, doch zum einen gibt es ja auch europäische Kernreaktoren, zum anderen kann man Americium nehmen, Eventuell kann man das Material auch kaufen. China hat offenbar welches für ihre Mondsonden. Russland verscherbelt ja keines mehr und die USA müssen selbst erst die Produktion hochfahren. Also selber produzieren wäre wohl besser.

Es geht in Europa anders. Das beweist die Entwicklung der Ariane 1-4 die preiswert war oder Mars und Venus Express, ebenso leistungsfähig und preiswert. Aber wenn man ein Projekt pusht (Exomars war mehrmals vor dem Aus wegen der Finanzen, aber die ESA Direktion will es einfach) oder ein Staat egal was ist eine neue Rakete haben will 8Frankreich bei der Ariane 6), dann finanziert man es eben. Das gilt auch für andere Nonsens Projekt wie das Servicemodul für die Orion. Es ist teurer als nachgebaute ATV. Die Technologie nutzt nichts, wenn man keinen eigenen Raumtransporter baut, und ob die USA spätere Servicemodule aus Europa kaufen? fraglich. Genauso fraglich wie das man neben dem einen geplanten Mondflug überhaupt was mit der Orion macht. Außer dem Orion ist nichts geplant, kein Habitat Modul für längere Reisen, kein Mond Länder, keine Mars- oder Asteroidenexpedition. Doch Hauptsache man hat was entwickelt oder meint irgendwie in der bemannten Raumfahrt beteiligt zu sein ohne sie wirklich zu betreiben. Das ist die Chaospolitik der ESA, die wiederum der Spielball ihrer Mitgliedsstaaten ist und da wollen Frankreich und Deutschland eben derzeit unterschiedliche Dinge, also fängt man zwei unsinnige Projekte gleichzeitig an.

2 thoughts on “Geht’s auch billiger?

  1. Ich finde das Konzept der Ariane 6 eigentlich gar nicht so schlecht, wenn man es bloß richtig machen würde, dass heißt eine feste Zentralstufe plus bis zu sechs darum herum angeordnete Stufen, die man z.B. nach dem Schema 4-2-1 zünden könnte. Man hätte dann eine ebenso variable Rakete wie die Japaner, allerdings mit zwei statt drei verschiedenen Stufen. Dieses Konzept wäre eigentlich für fast alle Nationen mein Favorit.

  2. Natürlich ist auffällig, dass die JAXA eine Rakete billiger entwickeln lassen kann und Space-X es sogar VIEL billiger kann.

    Das einzige, was gegen diese Form der Geldverschwendung hilft, ist öffentlicher Druck

    Kai

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