Das ideale Ionentriebwerk für die „All-Electric Satellites“

Nun beginnen sie also ihre Reise die „All Electrric“ Satelliten. Nun wären wir aber nicht im „Wir-Wissen-Es-Besser“ Blog wenn ich nicht da was zu kritisieren hätte. Es geht um die eingesetzten Ionentriebwerke des Typs XIPS der Boeing Satelliten. Mit einem spezifischen Impuls von 3500 s (US-Einheit) sind sie für die Aufgabe nämlich nicht optimal. Dazu erst mal eine kleine Einführung in die Technologie. Es gibt drei grundlegende Typen. Am vergleichbarsten mit dem chemischen Antrieb ist der elektrothermische Antrieb. Hier wird ein Arbeitsgas durch einen Lichtbogen in ein Plasma umgewandelt. Das Plasma hat eine hohe Geschwindigkeit durch die hohe Temperatur. Der Wirkungsgrad dieser Typen ist relativ gering (als Wirkungsgrad definiert man die Energie die im Antriebsstrahl steckt getilt durch die aufgenommene Energie des Triebwerk. Bei lagerfähigem Arbeitsgas ist auch die Ausströmgeschwindigkeit gering. Die elektromagnetischen Triebwerke versuchen diesen Nachteil zu kompensieren indem sie das Plasma durch ein Magnetfeld beschleunigen. Die meisten Triebwerke gehören heute zu den Elektrostatischen Triebwerken. Bei diesen werden die Ionen nicht durch einen Lichtbogen erzeugt sondern durch andere Methoden wie Elektronenbeschuss oder Hochfrequenzfelder. Die Ionen werden dann durch ein Magnetfeld oder elektrisches Feld beschleunigt. Diese Typen haben relativ hohe Ausströmgeschwindigkeiten und Wirkungsgrade. Zu dieser Gruppe gehören auch die XIPS Antriebe. Je nach Ionisierung und Beschleunigung kann man außer diesen drei Kategorien zahlreiche Untertypen unterscheiden. Wie Hall-Effekt oder Kaufmann Triebwerke. Mehr über das ganze in einem eigenen Aufsatz.

Elektrostatische Antriebe erreichen heute in einer Beschleunigungsstufe 50 km/s. Schaltet man mehrere Beschleunigungsstufen hintereinander entsprechend mehr 200 km/s sind nach Projektstudien erreichbar. Wäre es dann nicht am besten das Triebwerk mit dem höchsten spezifischen Impuls zu nehmen?

Nun nicht unbedingt. So machen mehrere Stufen das Triebwerk schwerer und komplexer. Aber auch mit einer Stufe ist eine zu hohe Ausströngeschwindigkeit nicht erstrebenswert. Das kann man letztendlich auf den Energieerhaltungssatz zurückzuführen um die Ausströmgechwindigkeit zu verdoppeln muss man viermal so viel Energie zuführen. Da es meist Randbedingungen gibt, wie maximal vorhandene elektrishce Leistung, verfügbare Zeit um die Geschwindigkeitsänderung durchzuführen kann es nicht sinnvoll sein immer den höchsten spezifischen Impuls zu nehmen.

Bei den obigen Satelliten dürfte die Leistung des Solargenerators fest stehen. Daher habe ich mal im folgenden eine kleine Rechnung gemacht.

Folgende Annahmen sollen gelten:

  • Verfügbarer Strom: 8000 Watt
  • Wirkungsgrad 70%
  • Geschwindigkeitsdifferenz: 4500 m/s (entspricht Differenz der Kreisbahngeschwindigkeit 600 km und 36000 km Kreisbahn)
  • Startmasse: 2500 kg
  • Variabel: Ausströmgeschwindigkeit und Betriebsdauer

Für 1500 m/sDie folgende Abbildung zeigt die Zusammenhänge. Die Reisedauer steigt annähernd linear mit der Ausströmgeschwindigkeit an. Bei 10 km/s sind es 94 Tage, bei 20 km/s 208 Tage und bei 40 km/s 440 Tage. Dagegen nimmt die Nutzlast zuerst sehr stark zu, dann immer weniger. Bei diesem Tatbestand lohnen sich sehr hohe Ausströmgeschwindigkeiten nicht. Steigert man beispielsweise sie von 10 auf 15 km/s so braucht man 57 Tage mehr und gewinnt 285 kg Nutzlast. Bei der Steigerung von 40 auf 45 km/s also ebenfalls 5 km/s sind es nur 58 kg mehr Nutzlast bei 58 Tagen höherer Reisezeit. Das Optimum dürfte daher dort liegen wo die Nutztlastkurve anfängt abzuflachen, so etwa um 15000 m/s herum. Nach einer Abschätzformel ergibt sich für 200 Tage Betriebszeit eine optimale Strahlgeschwindigkeit von 11,8 km/s und bei 400 Tagen dann 16,6 km/s. Dies basierend auf 8 KW Leistung. Nimmt man als Kriterium die Summe von verbrauchtem Treibstoff und Betriebsdauer so kommt man zu optimalen Werten bei 29 km/s (LEO->GEO) und 30 km/s (GTO-GEO)

Mit 35 km/s Geschwindigkeit der XIPS ergeben sich rund 133 Tage Betriebsdauer bei einem Treibstoffverbrauch von 105 kg. Das passt zu den Angaben von 4 bzw. 6 Monaten bei nur den gerade gestarteten Satelliten.(Wobei dies die reine Betriebsdauer ist. Da es auch Zeiten im Schatten gibt wird die reale Transferdauer höher sein).

Es gibt allerdings eine gute Nachricht: die meisten Ionentriebwerke sind regelbar. Je nach Typ können sie weniger Strom verbrauchen und weniger Schub liefern bei gleicher Ausströmgeschwindigkeit aber auch gleich viel Schub bei nieriger Auströmgeschwindigkeit. Das letzte wäre wünschenswert für diesen Fall. Da der Wirkungsgrad jedoch nicht immer der gleiche ist, ist es sinnvoll ein Ionentriebwerk so auszulegen, das es in dem Bereich arbeitet den man später braucht.

3 thoughts on “Das ideale Ionentriebwerk für die „All-Electric Satellites“

  1. Ich hätte da noch ein paar Fragen:
    Wodurch unterscheiden sich die beiden Diagramme? Ist das erste LEO->GEO und das zweite GTO-GEO?
    Ausserdem: Warum wird die Reisezeit länger wenn die Ausströmgeschwindigkeit wächst? Wenn ich gleich viel Masse ausstoße steigt doch eigentlich mein Schub bei steigender Ausströmgeschwindigkeit und damit sollte doch eigentlich meine Reisezeit sinken, oder lässt du für deine Rechnung den Schub konstant und änderst nur die Ausströmgeschwindigkeit?

  2. Erstes Diagramm dV=4500 m/s (LEO->GEO), zweits dV=1500 (GTO-GEO)

    Man lese den obigen satz durch und denke mal nach:
    „Das kann man letztendlich auf den Energieerhaltungssatz zurückzuführen um die Ausströmgechwindigkeit zu verdoppeln muss man viermal so viel Energie zuführen.“

  3. Das mit dem Energieerhaltungssatz ist mir schon klar (kinetische Energie), ich hatte vermutlich übersehen das du die verfügbare Energie für deine Rechnung konstant hältst.
    Aber es steht ja da:
    Verfügbarer Strom: 8000 Watt

    Damit ist alles klar 🙂

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