DSCOVR und der Blick auf die Erde

Zu Weihnachten habe ich mir einen kurzen Blog ausgesucht, mit einem im weiteren Sinne besinnlichen Thema rausgesucht. Diesen Januar startete mit über einem Jahrzehnt Verspätung die Raumsonde DSCOVR. DSCOVR geht zurück auf eine Aufnahme die der damalige Vizepräsident Al Gore sah. Diese wurde von Apollo 17 am 7.12.1972 auf dem Weg zum Mond gemacht. Dieses als „Blue Marble“ bekannte Bild inspirierte ihn dazu eine Raumsonde vorzuschlagen die dauernd ein solches Bild machen sollte, welche die Menschheit an die Zerbrechlichkeit des Planeten erinnern sollte.

Es kam wie so oft: die billige Sonde wurde wissenschaftlich aufgewertet und teurer, der Start mit dem Space Shuttle entpuppte sich als teurer als gedacht und so wurde sie vor ihrem Start für unbestimmte Zeit eingelagert.

Erst als die USAF nach Erprobungsstarts für Falcon 9 und Falcon heavy suchte um Einblick in den Träger und Qualifikationsflüge für eine Zertifizierung zu bekommen änderte sich dies. Die USAF zahlte für den Start. Die NOAA brauchte auch Ersatz für einen überalterten Satelliten der die Aktivität der Sonne überwacht und hier waren die anderen Instrumente der Sonde ein Glücksfall. So zahlt die NOAA für den Betrieb.

Im Januar startete die Sonde, seit Mai ist sie operationell. Später ging auch die Webseite online, die dem eigentlichen PR-Zweck nachkommt. Seitdem habe ich sie gebooktmarkt und sie ist einer meiner Startseiten. Man kann wirklich einiges sehen. Für mich ausschlaggebend ist nicht so sehr der Blue Marble Effekt, sondern die Veränderung der Sicht. Man sieht von den Polen Wellen ablösen, in nicht so hohen Breitengraden werden daraus Wirbel wie Hochs und Tief, am Äquator ist es dagegen weitgehend frei von Wirbeln. Das sind grundlegende Strömungen unserer Atmosphäre. Die kann man mit den Bildern sinnlich erfassen. Über die Zeit hinweg sieht man auch die Jahreszeiten. Dazu hier drei Aufnahmen:

Erde am 18.6.2015

Das ist der Blick auf die Erde mit Europa in etwa in der Mitte am 18.6.2015, nahe des Sommeranfangs der am 21.6. ist. Man sieht deutlich den Nordpol, Europa steht gut ausgeleuchtet  zentral da und Afrika driftet nach unten ab und Südafrika driftet fast ab ins Dunkel. Am 21.6 steht die Sonne senkrecht über dem nördlichen Wendekreis und damit hat sie den nördlichsten Stand erreicht, der im Jahr möglich ist. der Tag korrespondiert auf der Nordhalbkugel mit der längsten Tageslänge, oberhalb des nördlichen Polarkreises, also bei etwa 66,5 Grad nördlicher Breite geht sie an diesem Tag gar nicht mehr unter. Das drückt sich in dem Bild darin aus, dass der Nordpol nicht am Bildrand sondern deutlich unterhalb ist, egal wie sich die erde dreht – am Nordpol herrscht immer Tag. Umgekehrt sieht es bei der Südhalbkugel aus. Hier sind die Tage kürzer, um so kürzer je weiter südlich man kommt. Die Antarktis ist auf dem Foto nicht zu sehen – sie liegt zu diesem Zeitpunkt dauernd im Dunkeln.

Danach wandert der Punkt wo die Sonne senkrecht am Himmel steht südwärts und erreicht am 21 September den Äquator. Es herrscht Tag und Nachtgleiche: An einem Tag (bzw. nochmal ein halbes Jahr später) steht die Rotationsachse der erde senkrecht auf der Bahnebene und überall auf der erde sind die Tage gleich lang, man bekommt die Beleuchtungssituation wie man sie auch von den Karten kennt:

Erde am 22.9.2015

Die Position der Sonne wandert weiter nach Süden und erreicht am 21/22.12. den südlichsten Punkt, wo sie nun bei 23 Grad südlichster Breite senkrecht im Zenit steht. Nun ist die Situation genau anders herum: die Südhalbkugel wird gut beleuchtet, der Norden ist am Rand und die nördlichen Gebiete liegen am Rand und sind dunkel. Der Nordpol ist nicht mehr zu sehen, dafür die Antarktis in ihrer ganzen Pracht.

Erde am 22.12.2015

Ich denke die Bilder sprechen für sich. Auch was ich meinte über die Wetterphänomene. Man sieht sehr deutlich dass die vom Breitengrad abhängen. Rund um den Äquator gibt es z.B. diese aufgelockerten Wirbel, man bekommt mit warum die Sahara aber auch arabische Halbinsel Wüsten sind – dorthin verirren sich allerhöchstens mal ein paar Wolken.

Allerdings hat die Website noch ein deutliches Verbesserungspotential. Egal um welche Zeit ich sie ansehe, ich sehe immer Australien, ich vermute als Standard den 180 Grad Längengrad als Standard Sicht, bei dem ein Tag anfängt. Besser wäre die letzte Aufnahme, so könnte man über den Tag die Erde rotieren sehen. Das ist das größte Manko. Denn die Website ist nicht aktuell. Das ich die Aufnahme vom 18.6 genommen hat einen Grund – es gibt keine vom 21.6. Auch jetzt sah man lange Zeit nur die Aufnahmen vom 16.12, bis gestern dann wieder einige Tage nachgereicht wurden. Es ist kein aktueller Blick auf die erde sondern maximal der von gestern. Die Zahl der Aufnahmen pro Tag ist auch unterschiedlich mal sind es 13, mal nur 1 oder eben gar keine. Das verwundert, denn die Sonde ist an ein Realzeitnetzwerk angeschlossen. Zumindest ihre Daten über die Sonnenaktivität werden laufend empfangen und ausgewertet und automatisierte Alarme verschickt. Da fällt es schwer, dass dies bei den Bildern nicht klappt, vor allem wenn im Budget 4,8 Millionen Dollar für Education und Outreach angesetzt sind. Für so viel Geld sollte man eigentlich eine bessere und aktuellere Webseite erwarten können. Vor allem hätte ich mir mehr Bilder gewünscht, was sicher auch mit einer etwas größeren Antenne möglich gewesen wäre, so weit ist die Sonde ja nicht weg. So eine Aufnahme alle 10 Minuten – das wären 144 Frames pro Tag die man zu einem knapp 7 Sekunden langen Film kombinieren kann – die richtige Länge für das heute Publikum, das ja wenig Zeit und Aufmerksamkeit hat und ideal geeignet als Einspieler für die Nachrichtensendungen anstatt dem monotonen Blick ins Studio in den letzten Sekunden, dafür tagesaktuell.

Damit entlasse ich euch ins Weihnachtsfest. Allen Bloglesern wünsche ich ein besinnliches und frohes Fest. Ich selbst werde die Zeit nutzen um ein bisschen bei der Recherche des Raketenlexikons aufzuholen, da wollte ich eigentlich bis zum ersten Januar durch sein, hinke aber durch den Weihnachtstrubel und Putzaktionen hinterher. Derzeit habe ich die Hälfte der chinesischen Trägerraketen durch, die indischen, japanischen und sonstigen Träger fehlen also noch. Die in 7 Tagen zu schaffen wird schwierig, aber vielleicht hole ich das im Januar noch auf, als zweiter Termin sollte das Buch bis zu meinem Geburtstag erscheinen können.

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