Das Bild des 20-sten Jahrhunderts

So, da meine Aufsätze in die sehr viel Arbeit geflossen sind, offensichtlich keinen interessieren, heute ein kurzer Blog über ein Thema, zu dem man nur eine Meinung haben muss. Es geht um das „Foto des 20-sten Jahrhunderts“. Es wurde so von Teilen der US-Presse genannt. Es ist eine Schrägaufnahme des Kraters Kopernikus, aufgenommen von Lunar Orbiter 2 aus 46,9 km Höhe, 240 km südlich des Kraters.

Die Lunar Orbiter hatte die Aufgabe mit Film die Landeplätze für Apollo und Surveyor mit hoher Auflösung zu kartieren, um die richtige Stelle zu finden. Dazu hatte man die E-2 Kamera des Samos Satelliten umgebaut. Sie setzte erstmals die Entwicklung von Film im Orbit ein. Samos wurde eingestellt, allerdings nicht, weil das Konzept nicht funktionierte, sondern weil die Bergung des Films die bei Corona parallel erprobt wurde, auch funktionierte und man in einem normalen Labor viel mehr Möglichkeiten bei der Entwicklung und Auswertung hatte.

Die Fotos wurden punktweise digitalisiert, analog übertragen und auf der Erde auf Videobänder gespeichert. Danach las man sie aus, projizierte sie auf einer Videoröhre, die man mit 35 mm Film abfotografierte. Das Verfahren klingt haarsträubend, aber ich sah noch in den frühen Achtzigern Aufnahmen von Voyager in Scientific American, wo man das Streifenraster eines Monitors deutlich erkennt, man hat es also noch 10 Jahre später angewandt.

2008 wurde das Lunar Orbiter Image Restauration Project (LORIP) ins Leben gerufen, bei dem man die Originalbänder nach Auffrischung der Abspielgeräte auslas und die Bilder nun wirklich digitalisierte. Danach wurden die Bilder „restauriert“ sprich Fehler beseitigt und moderat die Belichtung angepasst. Dabei waren die mitbelichteten Graukeile am Rand sehr nützlich. Die Aufnahme unten stammt auch von diesem Projekt und ist um einiges besser als dieselbe Aufnahme aus den Sechzigern, die darunter abgebildet ist.

Das es diese Aufnahme überhaupt gibt verdanken wir der Tatsache, dass der Prozess nicht so funktionierte wie geplant. Bei Lunar Orbiter stellte man Risse in den Fotos fest. Man stellte fest, dass der Entwicklerfilm, den man im halbtrockenen Prozess verwendete, an dem eigentlichen Film klebte, wenn man wie geplant alle zwei bis vier Orbits Aufnahmen machte. Nun schob man „Test-Pictures“ in jeden Orbit ein, um ein Kleben des Films zu vermeiden. Diesen „Test-Pictures“ verdanken wir zahlreiche spektakuläre, aber wissenschaftlich nicht so bedeutende Aufnahmen wie das erste Bild er Erde vom Mond aus.

Auch dieses Bild entstand so. Douglas Lloyd arbeitete beim Kontraktor Bellcomm und schlug dieses Bild vor. Zweimal wurde sein Antrag abgelehnt, weil die Aufnahme mit geplanten Aufnahmen der Apollolandeplätze in Konflikt stand. Erst als die primären Ziele erfasst waren, wurde die Aufnahme von Lunar Orbiter 2 am 23.11.1967 um 23:05 GMT aufgenommen.

Sie zeigt den 100 km großen Krater Kopernikus. Die Szene erstreckt sich von vorne bis hinten über 16 km. Man sieht die Zentralberge im 3 km tiefen Krater von 450 bis 600 m Höhe und die bis zu 900 m hohen Kraterwände im Hintergrund. Durch die Dreidimensionalität wirkt die Szene plastisch, real, die Mondlandschaft wurde erstmals für Erdbewohner real, anstatt das man flach von oben auf die Szene schaute. Dieser Sicht und der Tatsache, das man Fotos aus dem Mondorbit drahtlos zur Erde übermittelte verdankt das Bild wohl seinen Ruf als „Bild des 20-sten Jahrhunderts“.

Doch was sind eure Bilder des 20-sten Jahrhunderts oder des 21-sten Jahrhunderts (oder 3-ten Jahrtausends). Wie vergänglich so ein Titel ist, zeigte auch eine Google Suche – tippt man nur „photo of the 20th century“ bei google ein, so findet, bekommt man etliche Treffer aber nicht diesen. Dasselbe bei der Bildersuche – hier dominieren Bilder des Filmlogos der 20th Century Fox ….

Originalaufnahme von 1967

2008 durch LORIP verarbeitete Aufnahme

6 thoughts on “Das Bild des 20-sten Jahrhunderts

  1. Von wegen „haarsträubende Übertragungstechnik“

    Bei einem Tag der offenen Tür in Raisting hat man uns die Anlage erklärt, die die
    Live-Aufnahmen der Mondlandung von Apollo 11 auf unsere Fernseher „zauberte“.

  2. Von wegen „haarsträubende Übertragungstechnik“

    Bei einem Tag der offenen Tür in Raisting hat man uns die Anlage erklärt, die die
    Live-Aufnahmen der Mondlandung von Apollo 11 auf unsere Fernseher „zauberte“.

    Das NTSC-Bild kam per Satellit in Raisting auf eine Bildröhre projiziert.
    Dieses Bild wurde dann von einer Vidicon-Röhre abgetastet im PAL-System weiter an die Post gegeben.

    Wenn ich da an die Frequenz (30/60hz) gegen 25/50hz Bildfrequenz und die unterschiedliche Zeilenzahl denke…

    Die Frequenz konnte man mit länger dauernder Bildschirm-Schicht kompensieren, aber
    bei der Zeilenzahl…

    Und die TV-Aufnahmen auf dem Mond waren ja auch „eigentlich“ Schwarz-Weiß. Nur durch
    eine synchron laufende Farbscheibe wurden die Farbinformationen erzeugt.

    Ideen muß man halt haben, dann klappts auch mit Live-Übertragungen vom Mond!

    Ralf mit Z

  3. Was mir noch zu dem Thema einfiel:
    Ich habe in den letzten beiden Wochen zweimal bei Email Anfragen einen angehängten Screenshot bekommen – erstellt mit dem Handy oder Digitalkamera vom Monitor. Es gibt also auch heute noch Leute die das Verfahren einsetzen ….

  4. „erstellt mit dem Handy oder Digitalkamera vom Monitor. Es gibt also auch heute noch Leute die das Verfahren einsetzen ….“

    Wenn man einen Windoof Bluescreen dokumentieren will ist das auch heute noch das einfachste und schnellste Mittel der Wahl…

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