Die Lösung für ein überflüssiges Problem: Reisen im Sonnensystem

Heute geht es um die Machbarkeit von Reisen im Sonnensystem in Science Fiction. Science Fiction ist eher Fiction und hat meiner Ansicht eigentlich nichts mit Science zu tun. Wissenschaft hat da nichts zu suchen. In allen Science Fiction Formaten, die ich kenne, tauchen Dinge auf die physikalisch unmöglich sind. Wenn man die Wissenschaftlichkeit ansieht, dann schneiden diese nicht besser ab als Grimms Märchen. Manchmal sogar schlechter: Heute wäre, mit Googles Sprachsuche und dem Hang jedermanns Selfies zu publizieren, sogar Schneewittchen weitestgehend möglich.

Heute will ich mich einem ganz trivialen Problem widmen. In allen Science Fiction Formaten, die ich kenne, gibt es praktisch keine Reisezeiten. Mittlerweile hat sich wohl rumgesprochen, dass das Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit nicht möglich ist, aber selbst im Sonnensystem gibt es schon Probleme.

Wenn es mal Kolonien auf anderen Himmelskörpern gibt. Wie lange wird man Wohl dahin reisen müssen? Ich denke die meisten werden subjektiv als Obergrenze wohl einen Tag ansetzen, so lange ist man auch heute im Flugzeug maximal unterwegs. Alles, was zeitlich darüber hinaus geht, braucht die Möglichkeit zu schlafen und man will mehr Privatsphäre haben, Schiffe haben deswegen Kabinen. Klar, das ist zeitabhängig. Vor 100 Jahren war man eine Woche unterwegs um nur den Atlantik. Entdeckungsreisen dauerten Monate oder Jahre. Aber ich glaube nicht, dass man das Rad zurückdrehen kann. Es gibt nur wenige die heute per Schiff woanders hin reisen also nicht als Kreuzfahrt sondern als Überfahrt.

Wie lange ist man im günstigsten Fall im Sonnensystem unterwegs?

Zuerst mal hängt das von der Geschwindigkeit ab und die muss man erst erreichen, man beschleunigt also. Physikalisch vorgegeben bekommt man die kürzeste Reisezeit für eine Strecke, wenn man zuerst beschleunigt, bis man die Hälfte der Strecke erreicht hat, dann dreht und dann wieder abbremst. Am Ziel kommt man dann wieder mit Geschwindigkeit Null an. Nach der einfachen Gleichung:

S = ½ a

folgt für die halbe Strecke

S = a

Für normale Passagiere dürfte die einzige Beschleunigung sein die dauerhaft tolerierbar ist die Erdbeschleunigung sein, mehr halten Astronauten aus, doch die sind dem auch nur Minuten ausgesetzt. Hier reden wir, wie sich bald zeigen wird von Tagen. 1 g hat auch den Vorteil, das man dann Erdbedingungen hat. Die Leute können sich also normal bewegen. Nur wenn man in der Mitte der Strecke kurz stoppt, müssen sie sich anschnallen, dass sie nicht schwerelos herumschweben.

Wie weit ist die Strecke? Marssonden legen für die minmal 56 bis 100 Millionen km zum Mars ohne Probleme 300 Millionen km zurück, sie durchfliegen einen Kreisbogen. Doch mit 1 g erreicht man von einer Erdbahn aus in 900 s schon die Fluchtgeschwindigkeit aus dem Sonnensystem. Dann fliegt man gerade und man kann als Strecke die Entfernung zum Planeten nehmen. Bei Mars sind das je nach Position relativ zur Erde 56 bis 400 Millionen km. Mit a = 10 m/s (etwas über 1 g) kommt man dann auf 41,6 bzw. 111,2 Stunden also mehr als einen und bis zu fünf Tage.

Für die Kolonie auf Ganymed (630 bzw. 930 Millionen km) sind es dann 139,5 bzw. 169,5 Stunden und wenn man bis zum Neptun will, sind es rund 373 Stunden oder über 15 Tage. Das sind also keine kurzen Trips. Entsprechend dürften die Transporter auch nicht Flugzeugen ähneln also mit vielen Sitzreihen, sondern eher Schiffen, mit kleinen Kabinen. Aber das Zusatzgewicht spielt bei solchen Trips keine große Rolle, denn es gilt ja auch:

E = ½ m

v = a t

Da ich dauernd beschleunige wird v bis zum Mittelpunkt immer größer, dann vernichte ich Energie, da ich wieder Geschwindigkeit abbaue. Mit dem obigen Zusammenhang wird dann

E = 2 S a m

Kurzum: Die Energie steigt mit der Distanz an, weshalb man zumindest bei den inneren Planeten schnelle Routinen bevorzugen wird. Das steht allerdings im Widerspruch der Science Fiction, die ich kenne, da wartet man nicht, bis alle zwei Jahre der Mars nahe kommt. So ein kurzer Konferenzbesuch ist ja dann eh nicht möglich und wegen der Zeitverzögerung auch keine Videokonferenz.

Wenn man heute bei einem Passagierflugzeug die Masse des Flugzeugs ohne Treibstoff auf den Passagier umlegt, kommt man auf rund 500 kg pro Person, bei einem Auto sieht es ähnlich aus. Nehmen wir mal in ferner Zukunft gelte das auch so nur gäbe es da mehr Komfort, sodass in den 500 kg eine Kabine drin wäre, dann bräuchte man zu Mars pro Passagier (600 kg mit dem Raumschiffanteil) eine Energie von 6,7×10^14 bis 4,8×10^15 . Für Jupiter im Mittel 9,36×10^15 und Neptun von 5,4×10^16 J.

Das ist eine Menge. Ein Kraftwerk mit 1 GW Leistung liefert am Tag 8,64×10^13 J. Für einen Passagier und geringste Marsdistanz müsste es 8 Tage lang laufen, was bei heutigen Strompreisen (Produktionskosten ohne Zuschläge 6 ct/kW, 1 kW = 3,6 MJ) 11,2 Millionen Euro kosten würde.

In einem Kernfusionsreaktor als beste Energiequelle, die derzeit denkbar ist, erfolgt die Fusion von Deuterium mit Tritium unter der Abgabe von 17,6 MeV Energie pro Reaktion, das sind 1,7×10^12 J pro Mol. Man müsste also je nach Distanz zwischen 395 und 31800 Molen oder rund 2,37 bis 190,8 kg nuklearer Treibstoff pro Person rechnen. Allerdings nur, wenn man 100 % Wirkungsgrad erreicht, was ebenfalls aus physikalischen Gründen nicht möglich ist.

Eine andere Rechnung. Bei der Klimaschutzkonferenz kam ja wieder mal zur Sprache, das, wenn jeder auf dem Planeten so viel Ressourcen verbraucht, wie ein Bundesbürger man davon zweieinhalb benötigte. Nehmen wir mal an Ressourcenverbrauch und Energieverbrauch wären dasselbe dann kann man folgende Rechnung anstellen:

Der Primärenergieverbrauch der GRD beträgt 13.500 PJ oder 40.000 kW pro Person. Für den günstigsten Fall (56 Millionen km Marsreise) ist der Energieverbrauch 5.600-mal so groß wie der heutige durchschnittliche Energieverbrauch. Wir bräuchten also, wenn jeder pro Jahr nur eine Reise macht, schon einige Erden mehr, um die ganze Energie bereitzustellen.

Immerhin, würde man nur den Strompreis für die Energie zahlen, Reisen wären billiger als heute eine Marsmission, außer natürlich bei Elon Musk, aber bei dem sind sie genauso real wie Science Fiction …

6 thoughts on “Die Lösung für ein überflüssiges Problem: Reisen im Sonnensystem

  1. Ach Bernd, schon wieder eine Illusion zerstört.
    Dabei erzählt doch ein Physikonkel asiatischer Herkunft aus Amerika in N24 immer über so tolle Raumschiffe, die man in
    (ferner) Zukunft bauen könnte…

    Wenn ich das richtig sehe, dann könnte laut Wikipedia selbst die Annihillation von Materie nicht genug Energie aufbringen, denn
    da bei Wasserstoff eine Energie von 1,88 GeV in Deiner Treibstoffgleichung 23,7g bis 1,9 kg Materie verbraucht, aber die
    Beschleunigung auch nicht schneller sein kann als 1g. Außerdem wieviel Energie braucht man, um soviel Antimaterie zu erzeugen?

    Also doch nix mit Orion, Enterprise und co…
    Und unser Energieproblem auf der Erde kann damit auch nicht gelöst werden…

    Ich warte also auf die Fusion und bete für die Physik der Zukunft….
    Also doch wieder Atomspaltung und Kohle….

  2. Was sind denn bitte „40.000 kW pro Person“? Gemeint sind wohl 40.000 kWh pro Person und Jahr.

    Wenn der aktuelle Energieverbrauch der BRD 1,35 × 10^19 J beträgt, und in 200 Jahren jährlich im Schnitt 1 Promille der Bevölkerung der BRD die Luxusreise zum Mars und zurück durchführen, dann verbrauchen sie dafür 2 × 83.000 × 7 x 10^14 J = 1,16 x 10^20 J. Also etwa das zehnfache des aktuellen Energiebedarfs. Aber hey, wir reden hier über etwas, was in 200 Jahren passieren wird!

    Denkbar ist zudem, die Reise mit „nur“ 0,1 g durchzuführen, was die Reisezeit um den Faktor 10 erhöht. Um das zu kompensieren, werden die Passagiere für die Reisezeit in ein künstliches Koma versetzt (das wird ja medizinisch heute schon ziemlich gut beherrscht) und der Antrieb bereits nach Erreichen der halben „Wendegeschwindigkeit“ abgeschaltet, und dann am anderen Ende auch entsprechend spät erst wieder angeschaltet. Dann steigt zwar die Reisezeit nochmals um 25% an, aber man spart auch 75% Energie. Und plötzlich sind es „nur“ noch 2,9 × 10^18 J pro Jahr, die unsere Weltraumtouris verbrauchen, was in etwa das dreifache von dem ist, was derzeit mit Flugzeugstarts ab deutschen Flughäfen verballert wird: Ca. 1 Mio. Starts pro Jahr x 10^12 J pro Start = 10^18 J. 10^12 J entspricht übrigens 23 t Treibstoff, etwa der Menge, die in eine Boeing 737 oder Airbus 320 reinpasst. Langstreckenflieger wie Boeing 787/777 oder Airbus 330/350 fassen deutlich mehr Sprit…

    Hinzu kommt, dass bei einem Flug zwischen den Planeten nicht mal notwendigerweise die Energie verloren geht. Was man an Energie zum Beschleunigen in Erdnähe braucht, kann man beim Bremsen in Marsnähe grundsätzlich recyceln, natürlich mit Ausnahme von der Energie, die nun im Gravitationsfeld der Sonne steckt, aber auch die gewinnt man beim Rückflug zurück.

    Für so einen Flug mit Energie-Recycling bräuchte man große „Stützmassen“ im Erd- bzw. Marsorbit, an die das Raumschiff elektromagnetisch koppelt. Beim Bremsen wird ein Laserstrahl dabei „komprimiert“, so dass sich die Lichtfrequenz und damit die Energie erhöht, beim Beschleunigen genau anders herum. Mit geeigneter Spiegel-Anordnung wäre es wahrscheinlich sogar möglich, gleichzeitig ein Raumschiff zu bremsen und das andere zu beschleunigen. Klar bräuchte man für dieses Vorhaben Laser- oder Mikrwellen-Resonatoren extremer Güte, aber für letztere nennt Wikipedia bereits Gütefaktoren von 10^9 bis 10^11. Eine Güte von 10^9 bedeutet, dass von Strahlung mit einer Leistung von 1 TW lediglich 1 kW verloren geht und dauerhaft ersetzt werden muss. 1 TW übt aber bei Totalreflexion einen Druck von 6666 N aus, würde also zur gleichzeitigen Beschleunigung und Abbremsung einer 600 kg schweren 1-Mann-Kapsel genau richtig sein.

    Klar bleiben Fragen offen, allen voran, wie man dieses 1 TJ zwischenspeichert, wenn gerade keine Kapsel zu beschleunigen/bremsen ist, bzw., wie man in dem Fall, dass eine ganze „Perlenkette“ von Kapseln an- bzw. abfliegt, man den Strahl verlustfrei zwischen diesen umschaltet.

    Aber bis auf das Umschaltproblem rede ich definitiv NICHT von Science Fiction, sondern von Science. Die LISA-Mission der ESA, geplant für 2034, wird genau solche hochqualitativen Resonatoren auf große Entfernungen (mehrere Millionen Kilometer) verwenden, um noch viel mehr Gravitationswellen nachzuweisen, als mit aLIGO und aVIRGO derzeit möglich.

  3. Ich denke mal, das sind falsche Voraussetzungen. Es werden sicher nicht Touristen ihren max 6 Wöchigen Jahresurlaub für eine Planetenreise verballern. Für diese Menschen wäre eher eine gute VR Brille mit einer Drohne auf den verschiedenen Himmelskörpern interessant, aber nicht unbedingt persönliche Anwesenheit.

    Wenn Menschen aus was für Gründen auch immer auswandern wollen, dann kommt es für sie weniger auf die Reisezeit an, als darauf, dass sie einen Teil der „Heimat“ mitnehmen können (also mehr Gepäck und Stauraum), und auf den Preis. Eine Rückkehr ist alleine aus gesundheitlichen Gründen kaum möglich.

    Die kurzen Reisezeiten von der Erde sind unter diesen Umständen nicht anzusetzen, sondern eher die Reisezeiten aus der Windjammerzeit.

  4. @Kai ich gehe auf deine wirren Rechnungen schon gar nicht mehr ein. Du könntest Dir aber einen Teil sparen wenn Du einfach mal den links folgst. Beide zahlen zum Energieverbrauch habe ich nur aus der dem verlinkten Wikipediaartikel entnommen, wie schon beim letzten Artikel als Du zu rechnen angefangen hast. Also bitte dort beschweren.

  5. > Mit geeigneter Spiegel-Anordnung wäre es wahrscheinlich sogar möglich, gleichzeitig ein Raumschiff zu bremsen und das andere zu beschleunigen.

    Das wirkt nur in entgegengesetzte Richtung. Um an einem Ende zu beschleunigen und am anderen zu bremsen, wäre es aber nötig dass eine Kraft auf beiden Seiten in die gleiche Richtung wirkt.

    > Klar bräuchte man für dieses Vorhaben Laser- oder Mikrwellen-Resonatoren extremer Güte, aber für letztere nennt Wikipedia bereits Gütefaktoren von 10^9 bis 10^11.

    genau, der hohe Reflexionsgrad gilt für Mikrowellen. In den Frequenzbereichen wo Laser arbeiten, ist der Reflexionsgrad aber um Größenordnungen schlechter. Man muss die Realität nur kräftig genug ignorieren, um auf so „wissenschaftliche“ Ideen zu kommen.

  6. Da dieser Artikel scheinbar von Thierry Gschwinds „The Expanse“ Artikel losgetreten wurde, will ich mal das hier noch in den Raum stellen.

    http://www.projectrho.com/public_html/rocket/enginelist.php#epstein

    Ein paar ausgerechtete Daten zum in der serie und in den Büchern verwendeten Fusionantrieb.

    Die gesamte Webseite selber ist interessant.

    http://www.projectrho.com/public_html/rocket/

    Die Intention der Betreiber war scheinbar Sci Fi Autoren und Co. hier wissenschaftliche genaugikeit für „Harte (also möglichst realistische) Science Fiction zu liefern. Enthält SEHR VIEL Mathematik.

    Indgesamt wird der Antrieb als durchaus realistisch betrachtet. Eine Kritik bleibt allerdings in einem der Kommentare:

    Das Fehlen von Radiatoren zur Wärmeabstrahlung in den in der in der TV-Serie gezeigten Raumschiffen. Ohne solche würden diese nämlich rasch verdampfen.

    James Cameron hat bei seinem interestalleren Raumschiff in Avatar übrigens nicht darauf vergessen.

    https://kimbody1535.wordpress.com/2013/04/10/interstellar-voyages-with-the-venture-star-a-look-at-the-best-part-of-avatar/

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