Mit SAFE zur Heliopause
Eines meiner Dauerrechenprojekte ist eine Mission bei der eine Raumsonde zur Heliopause gelangt. Zur Erklärung: Von der Sonne geht ein Strom von Teilchen aus, der Sonnenwind. Er wird immer dünner und irgendwann durch das interstellare Medium abgebremst. An dieser Stelle endet die Einflusssphäre der Sonne, zumindest die der Strahlung. Gravitativ reicht sie noch weiter hinaus. Die Heliopause muss man sich wie die Magnetosphäre der Erde vorstellen. Auch bei ihr gibt es eine Schockzone in Bewegungsrichtung und einen Schweif. Voyager 1+2 als einzige Raumsonden sind derzeit in einer Übergangszone, in der sich beide Einflusssphären durchmischen. Voyager 1 könnte eventuell noch funktionsfähig das interstellare Medium erreichen, das man ab 150 astronomischen Einheiten vermutet.
Nur wird Voyager 1 dafür fast 50 Jahre brauchen. Mein Ziel ist es, mehrere Sonden in verschiedene Richtungen zu starten, die das Medium schneller erreichen. Ideal wären alle sechs Raumrichtungen, entsprechend den Flächen eines Würfels. Es würden bei symmetrischer Ausdehnung der Heliosphäre auch drei reichen – eine in Bewegungsrichtung, eine dagegen und eine senkrecht dazu. Die Raumsonden sollten 150 AE Distanz möglichst schnell erreichen.
Ich habe das schon mal untersucht. Als Optimum mit solarer Stromversorgung ist folgendes Szenario:
- Starten von der Erdbahn aus in eine Sonnenumlaufbahn
- Absenken des Perihels auf Venusentfernung, dann Abschalten des Antriebs
- Vorbeiflug an der Venus um Geschwindigkeit zu gewinnen
- Erneutes Betreiben des Ionenantriebs bis Treibstoff verbraucht
- Abwerfen des Ionenantriebs, Vorbeiflug an Jupiter
Betrieb eines kleineren Antriebs mit Überschussstrom der RTG solange verfügbar
Mit konstanter Stromversorgung, ohne den Bedarf nahe an der Sonne zu sein, kann man die Mission deutlich vereinfachen:
- Starten von der Erdbahn aus in eine Sonnenumlaufbahn
- Beschleunigung bis Treibstoff verbraucht
Für die Sonden, die senkrecht zur Ekliptik das Sonnensystem verlassen wäre, noch ein Swing-By an Jupiter denkbar, aber nur zur Bahnumlenkung um 90 Grad.
Konzeption
Da man mit einem Reaktor eine konstante Stromversorgung hat, sollte man die Treibstoffmasse maximieren, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Der Reaktor SAFE ist fix, er hat 100 kW Leistung bei 519 kg Gewicht. Bei den Ionentriebwerken wird man ebenfalls wegen der gewünschten hohen Geschwindigkeit (Betriebsdauer ist egal) das mit dem höchsten spezifischen Impuls, das HIPEP. Rein theoretisch würde ein Triebwerk ausreichen, um das Gewicht zu minimieren. Doch Ionentriebwerke haben auch eine begrenzte Lebensdauer üblich sind 10.000 Stunden, etwas mehr als 1 Jahr Mindestbetriebsdauer. Ebenso leben die Spannungswandler für die Hochspannung nicht ewig. Ein Triebwerk kann so maximal 252 kg Treibstoff verbrauchen. Andererseits basiert HIPEP auf dem NEXT-Antrieb, der 30.000 Stunden erreichte. Er ist für eine Dauermission ausgerichtet und HIPEP ebenso, daher ging ich auch von 30.000 Stunden aus. Das reduziert den Bedarf auf 3 Triebwerke.
Bleibt noch die Sonde. Ich dachte an eine Sonde ähnlich Voyager. Zieht man von Voyager die RTG und das Antriebssystem ab, denn Strom liefert ja der Kernreaktor und der Ionenantrieb kann mit kleineren Triebwerken (ohne viel Zusatzgewicht) auch die Lageregelung durchführen, dann wiegt die Sonde noch 600 kg. Ich habe mit 700 kg gerechnet, weil die Sonde auch eine größere Antenne bekommt und einen stärkeren Sender, das lässt auch noch etwas mehr Luft für die Instrumente. So kommt man zu folgenden Daten zum Antrieb:
Startgewicht: | 3.000,0 kg |
Nutzlast | 700,0 kg |
Stromversorgung: | 96.914,5 Watt @ 1 AE |
Strom beim Start: | 100.000 Watt @ 1 AE |
Eigenstromverbrauch: | 1.000,0 Watt |
Maximal nutzbar: | 100.000,0 Watt |
Gewicht Stromversorgung: | 519,0 kg |
Spezifisches Gewicht Stromversorgung: | 190,0 W/kg |
Treibstoff beim Start: | 1.384,7 kg |
Tanks: | 152,3 kg |
Tankanteil: | 0,11 Prozent |
Treibstoff für maximal: | 59.256 m/s |
Anzahl Triebwerke: | 3 Stück |
Gewicht Triebwerke: | 94,0 kg |
Gewicht Strukturen: | 150,0 kg |
Stromversorgungsart: | Nuclear |
Triebwerkseinstellungen | |
Bezeichnung Triebwerk: | HIPEP High Trust |
Spezifischer Impuls: | 95.714,0 m/s |
Schub pro Triebwerk: | 0,670 Newton |
Treibstoffverbrauch pro Triebwerk: | 0,605 kg/d |
Strom pro Triebwerk: | 39.300 Watt |
Gewicht Triebwerk: | 47,00 kg |
Effizienz: | 81,59 Prozent |
Mission
Zuerst wird die Erde verlassen. Ich gehe von einer Atlas V 401 aus, drei Sonden von je 3.000 kg Gewicht in einer 400 x 1000 km Bahn entlässt. Zwei Starts könnten so alle sechs Sonden starten. Nach 176 Tagen wird die Erde verlassen und eine Sonnenumlaufbahn erreicht. Die Sonde wiegt noch 2.787 kg und hat eine Überschussgeschwindigkeit von 94 m/s. Nun wird 2 Jahre 238 Tage lang beschleunigt. Schon nach 14 Jahren 363 Tagen nach dem Start ist eine Distanz von 22.500 Millionen km, also 150 AE erreicht, die Voyagers brauchten dreimal so lange. Weiterhin fliegt die Sonde auch jetzt noch schneller. Sie hat sensationelle 51 km/s drauf. Das bedeutet, dass sie pro Jahr dreimal schneller sind als Voyager 1, die mit knapp 17 km/s unterwegs ist. In 25 Jahren können sie 43,3 Mrd. km 290 AE erreichen. Damit wäre diese interstellare Mission in einem auch heute für Langezeitmissionen üblichen Zeitrahmen umsetzbar (New Horizons wird bis Ende nächsten Jahres betrieben, das sind fast 15 Jahre nach dem Start).