Retrocomputing

Seit ein, zwei Jahren schwappt die Retrocomputing Welle, sprich: alte Computer sind wieder in. In ebay sind die Preise für gebrauchte Computer deutlich angestiegen, mancher kostet heute mehr als damals neu. Die ct‘ hat schon zwei Sonderausgaben herausgebracht, eine mit dem Schwerpunkt C64 / Spectrum, die andere mit dem Amiga / Atari ST. Dort wurde auch berichtet, dass es noch Firmen gibt die alte DOS spiele wieder zum Laufen bekommen, das ist trotz DOSBOx als Emulator anscheinend nicht trivial.

Als ich dann noch zu den letzten Aufsätzen über den C64, C128 und Spektrum recherchierte, stieß ich auf moderne Nachbauten. Den C64 gibt es als Mini-Ausgabe (C64-Mini) und in Originalgröße. Die Miniausgabe ist so klein, dass man Tasten nicht benutzen kann. So bleibt nur der Joystick. Aber es gibt ihn auch noch in Originalgröße (C64 Maxi) in voller Größe. Ähnliches beim ZX Spectrum: den ZX Spectrum Vega, reduziert auf die Tasten die Spiele einsetzen – Joystick Ports hatte der nämlich nicht und in voller Größe dann den Recreated Spectrum als Komplettnachbau. Es gibt sogar neue Hardware, so ein Ersatz für die RAM-Bausteine. 16 KByte für 29,90 Euro – da war RAM in den Achtzigern noch billiger. Bei ebay bekommt man sogar neue RAM-Bausteine aus China in den gängigen Größen also den damals verbauten 4164 und 41256. Bei normalen Halbleiterherstellern geht RAM erst ab 4 MBit los – zumindest wenn man die typischen Gehäuse mit den Beinchen benötigt.

Zu erwähnen wäre dann noch die Flut an Zubehör, mit denen man die alten Computer in die heutige Zeit rüberbringen kann. Das sind vor allem Ersatz für alte Massenspeicher wie Floppy-Emulatoren, die dann einen USB-Stick oder eine SD-Karte aufnehmen – gemessen an den Größen die eine Floppy hatte, ist selbst eine kleine SD-Karte mehr als ausreichend den ganzen Softwareschatz aufzunehmen. Sie wird an den Floppyport angeschlossen. Soweit ich es aber sehe, konzentriert sich die Retrowelle auf die 8 Bit Rechner. Ich habe z.B. noch keinen Recreated Amiga oder Atari ST gesehen, aber selbst die Uraltconsole Atari VCS 2600 wurde nachgebaut und deren Grafikfähigkeiten sind nicht so besonders. Wer keinen Computer mehr bekommt, kann inzwischen eine Emulation auf FPGA laufen lassen – gängige FPGA haben genug Power, um selbst die ersten 16 Bit CPUs inklusive Speicher zu emulieren. Dann kann man die normale PC Tastatur benutzen. Andererseits gibt es auch zig Emulatoren.

Die Spitze ist für mich der Spectrum Next. Das ist kein Nachbau des Spectrums, sondern eine erweiterte Version mit 1 bzw 2 MB Speicher, 28 MHz Z80 CPU (als FPGA, kein eZ80), Hardware Erweiterungen wie Sprites, DMA, drei Soundchips. Die Spitze ist ein „GPU Accelator Module“ – eigentlich nur ein Raspberry Pi Zero. Das ist zwar der kleinste Raspberry, verglichen mit dem Spectrum Next ist der er aber um ein Vielfaches schneller. Offiziell zu kaufen gibt es ihn anscheinend nach der Website nicht, sondern nur die welche ihn über Crwodfunding mitfinanziert haben bekommen ihn.

Die Frage ist: was fange ich mit dem Spectrum Next an? Okay, ich kann die alten Spiele laufen lassen. Doch das geht billiger auch mit dem Recreates Spectrum. Er offeriert ja mehr Speicher und eine schnellere CPU. Doch was nützt die ohne Software? Die alten Spiele nutzen sie ja nicht aus. Ich glaube kaum das jemand heute in BASIC auf dem Spectrum Next programmiert – die Beschränkungen bleiben ja. So das der Bildschirm eben nur 32 x 24 Zeichen darstellt. Für neue Spiele dürfte die Plattform zu klein sein. Zumal bei einer Standard Z80 ohne MMU man dann schon viel Grips in einen Bankswitching Mechanismus investieren muss. Das wäre bei einer eZ80 anders. Allerdings stimmen bei der die Zykluszeiten für die Befehle nicht überein, was für die Emulation entscheidend ist.

Emulation ist eine andere Sache. Ich hatte ja gehofft, dass meine Leser die Benchmarktabelle vervollständigen. Schlussendlich hat jeder Heimcomputer seine Eigenheiten. Das geht schon damit los, das Basic Programm zu laden. Aber wie immer im Leben: ein Kommentar ist schnell geschrieben, aber was zur Webseite beitragen, also Arbeit … Den Sinclair QL habe ich noch schnell emulieren können. Beim Spectrum scheiterte ich. Der Grund ist wie bei dem Amstrad Emulator, den ich vorher benutzt habe: man hat die Tastatur auch emuliert. Praktisch jeder Rechner hatte aber damals Abweichungen vom QWERTY Standard, zumindest rechts und bei der obersten Reihe, die mit Shift erreichbar ist. Ganz zu Schweigen von eigenen Tasten wie Funktionstasten oder bei der Amstrad Serie die Copy-Taste. Was ich nicht verstehe – warum emuliert man nur die nicht vorhandenen Tasten auf einer PC Tastatur und die normalen Tasten werden eben gemappt? So sitzen eben Sonderzeichen nicht da, wo man sie sieht und man ist nur beim Suchen, indem man jede Taste durchprobiert.

Beim Spectrum ist das noch schlimmer, weil man über die Tastatur auch BASIC-Schlüsselworte eintippt. Ich halte trotzdem einen Emulator für die bessere Möglichkeit, anstatt den ganzen PC nachzubauen. Mit ihm kann man viel schneller Software auf Diskettenimages wechseln. Man benötigt keine neue Hardware und kann schnell nach einem Spiel wieder auf den PC wechseln. Vor allem aber sieht man das die Hardware eben doch veraltet ist. Die Auflösung ist klein, Farbzahl auch und die meisten Spiele sind ganz schön für zwischendurch aber nichts was einen heute auf Dauer bindet. Ein Spiel, das in den Achtzigern revolutionär war, ist heute grafisch eher schlicht gemacht. Wir haben uns einfach an anderes gewöhnt. Als es rauskam, hat man es dagegen mit dem verglichen, was es damals gab. Einen ähnlichen Effekt hat man, wenn man alte Fernsehserien anschaut. Verglichen mit heute passiert da relativ wenig in einer Folge. Sie wirken etwas langweilig. Auf der anderen Seite: ich verstehe bei den alten Serien noch den ganzen Text. Bei heutigen Serien geht es nicht ohne permanente Musikuntermalung, und zwar nicht dezent, sondern so laut das man Problem hat vielen Dialogen zu folgen.

Was geblieben ist, sind Spielideen. Da gibt es zum einen Spiele, die ganze Genres initiierten. Ich denke da an Elite für die Weltraumsimulation oder Civilization für die Aufbausimulation. Da ist auch der Ego Shooter zu erwähnen. Nur weiß ich nicht, was da das erste Programm war, ich tippe mal auf Wolfenstein 3D. Die Genres verändern sich. Arkadespiele, die damals dominierten, sind heute eher selten. Sie hatten den Vorteil, dass man gleich loslegen konnte und in der Regel auch nichts speichern musste – wichtig, wenn es nur einen Kassettenrekorder als Massenspeicher gab. Aber auch eher gemächliche Spiele wie das Textadventures oder das Grafikadventure mit den Klick-Befehlen wie Indiana Jones oder Monkey Island sind heute weitestgehend ausgestorben.

Meine Meinung: ich spiele lieber eine Neuauflage eines alten Spiels als das Original in reduzierter Auflösung und Farben, ohne smoothe Bewegungen. So gibt es Elite heute als Oolite. Es gibt auch zahlreiche Neuauflagen von Arkanoid / Brickbuster, Defender oder Donkey Kong.

4 thoughts on “Retrocomputing

  1. Es gibt eine Menge Amiga und ST Nachbauten. Es seih hier nur der Minimig und die Vampire genannt aber auch Nachbauten der Leiterplatten und Gehaeuse. Der Markt ist aber nicht so gross und die Rechtesituation unübersichtlich.

  2. Hehe, ich habe mir meinen Commodore 64 (C64C, mit dem Amiga-artig abgeschrägten Gehäuse, nicht der klassische „Brotkasten“) mitsamt Floppy 1541 im August 2005 für schlappe 10 Euro kaufen können – auch wenn ich dazu mit dem Fahrrad von Köln bis nach Aachen fahren musste! Und anschließend zur Feier des Tages eine Runde ums Dreiländereck…

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