Eine Trägerrakete mit dem Prometheus Triebwerk

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In meinem letzten Artikel habe ich die Möglichkeiten der Clusterung bei Europas Stufen für eine neue Trägerrakete skizziert. Nun ist aber klar: so bald wird keine neue europäische Rakete kommen. Zwischen Entwicklungsbeginn von Ariane 1 und 5 lagen 15 Jahre, zwischen Ariane 5 und Ariane 6 sogar 28. Das heißt, dass man wohl kaum die ESA-Mitgliedsstaaten für ein neues Programm begeistern wird können. Zudem gibt es schon einige Reihe von Upgradevorhaben für die Ariane 6 die auch erst in einigen Jahren abgeschlossen sind und dann soll sie ja noch einige Zeit fliegen.

Das Einzige, was bisher untersucht wird und Basis einer neuen Trägerrakete sein könnte, ist das Prometheus Triebwerk. So ganz verstehe ich allerdings nicht, wo das Prometheus eingesetzt werden könnte. Es wird gerne als Vulcain Nachfolger verkauft. Aber das macht wenig Sinn. Würde man bei der derzeitigen Ariane 6 Zentralstufe den Wasserstoff durch Methan ersetzen, so würde die Masse des Treibstoffs wegen des Dichteunterschieds stark ansteigen von 21 auf 130 t. Verkürzen kann man diesen Tank nur wenig, weil bei Ariane 6 die Booster kürzer sind als bei Ariane 5 und so mit der Spitze zwischen beiden Tanks angebracht sind. Woanders können sie nicht befestigt werden, da ihr Schub so stark ist, dass wenn sie direkt an dem Tank angebracht würden, dieser zerstört wird. Nur die Zwischentanksektion ist so steif, dass sie den Schub über den Kreisring verteilt. Noch problematischer: Das Mischungsverhältnis des Prometheus beträgt 3,5 zu 1 (LOX/Methan) des Vulcain dagegen 6:1 (LOX/LH2), so müsste man auch 457 t Sauerstoff zuladen – aus 150 t Treibstoff würden so 587 t werden und man bräuchte dann schon etliche Prometheus damit die Stufe überhaupt abheben könnte. Sicher könnte man den Durchmesser auf etwa 3,5 bis 4 m verkleinern, doch dann würde man auch den der Oberstufe verkleinern, die derzeit eine sehr ungünstige Form hat. Es liefe also praktisch auf eine neue Rakete hinaus.

Ich habe mir bei Airbus die Pläne daher angesehen und war verwundert. Dort will man bei unveränderter zentraler Stufe einfach ein Vulcain durch zwei Prometheus ersetzen. Dann muss man dieses Triebwerk aber weitestgehend umkonstruieren, denn wie oben geschrieben steigt das Fördervolumen durch die geringe Dichte von Wasserstoff stark an. Die Sauerstoffpumpe könnte dagegen bleiben so wie sie ist, wenn man sich mit 2190 kN Schub begnügt. Aber es geht dann noch weiter, auch der Strom an Kühlmittel sinkt ab und gleichzeitig verbrennt Wasserstoff bei höherer Temperatur als Methan. Es wäre ein neues Triebwerk, bei dem man nur die Brennkammer unverändert übernehmen will. Vielleicht will man auch gerade das, denn die meisten Probleme in der Entwicklung liegen gerade in der Brennkammer und dem Injektor. Sie macht die vielen heißen Tests nötig, während man Turbopumpen relativ einfach auch testen kann, indem sie Wasser fördern.

Später sollen dann die Booster durch neue, wiederverwendbare Booster auf Basis des Prometheus Triebwerks mit je drei Triebwerken – diesmal in der Methanversion – ersetzt werden.

Sinnvoll halte ich eine neue Rakete, die in ihrer Nutzlast zwischen der Vega C und der Ariane 62 liegt. Die Performance der Vega C liegt derzeit bei 2,2 t in einen SSO, dürfte mit der Mira-Oberstufe aber auf über 3 t ansteigen. Die Ariane 62 liegt bei 7,2 t.

Zuerst dachte ich an eine Prometheus Zentralstufe, flankiert von einem oder zwei P120C Boostern. Ein Booster ist technsich möglich, wenn der Schubvektor trotzdem durch den Schwerpunkt geht, was durch die drehbaren Düsen des P120C möglich ist. Solche Konfigurationen gibt es schon, wie die Atlas mit einem Booster oder das Space Shuttle. Eine Berechnung ergibt aber, dass aber schon ein Booster ausreicht, damit die Nutzlast knapp unter der Ariane 62 liegt. Mit zwei Boostern sind es sogar mehr. Diese verblüffende Tatsache ergibt sich daraus, dass hier die Geschwindigkeit die zu erreichen ist geringer als bei GTO-Missionen ist, sodass der höhere spezifische Impuls der wasserstoffbetriebenen Stufen der Ariane 6 sich nicht so sehr auswirkt, aber dass die Oberstufe der Araine 6 leer 7 t wiegt, und bei mir nur die Oberstufe leer nur 1,8 t dagegen sehr wohl.

Also, zweiter Anlauf mit dem Zefiro 40 Antrieb, dem Antrieb zweiten Stufe. Da er nur ein Viertel der ersten Stufe, dem P120C wiegt sollte es hier klappen. Mit zwei Zefiro Antrieben kommt man auf rund 4.700 kg in einen 600 km hohen SSO, mit vier Boostern sind es 7.500 kg. Das sind zwei sehr gute Werte, die zwischen Vega C (2.300 kg), Vega E (2.700 kg) und Ariane 62 (7.200 kg) liegen bzw. erreichen.

Noch ein Wort zur Modellierung. Die Daten des Zefiro 40 sind bekannt. Sie können übernommen werden. Die Daten der neuen mit Methan angetriebenen Oberstufe der Vega E sind unbekannt. Die Treibstoffzuladung der Stufe kann aber aus Schaubildern abgeschätzt werden, die Leermasse, die auch die VEB beinhaltet, musste ich abschätzen. Die Abschätzung scheint aber relativ korrekt zu sein, denn ich erhalte bei meiner Simulation der Stufe auf der Vega C eine Nutzlast von 2,7 t und Avio gibt 2,8 t an. Diese Oberstufe der Vega E übernehme ich unverändert. Neu ist die erste Stufe. Wie bei den bisherigen Artikeln erläutert, habe ich diese so gewählt, dass eine Startbeschleunigung von 1,25 g resultiert (12,3 m/s). Durch den hohen Schub der Zefiros resultiert so eine sehr schwere Erststufe mit 170 t Masse. Durch die kleine Masse der Zefiros resultiert keine Beschleunigungsspitze bei dem Betrieb der Feststoffbooster. Die große Stufe führt auch zu einer hohen Leermasse, die wichtig ist ,um die Spitzenbeschleunigung zu Brennschluss zu begrenzen. Sie liegt aber auch bei vier Boostern nur bei 46 m/s, also unter dem Limit anderer Träger oder der Vega (51 m/s).

Es werden 5,9 t Nutzlast bei zwei und 9 t bei vier Zefiros erhalten, also wie gewünscht zwischen der Vega C (2,8 t) und Ariane 62 (7,2 t) bzw. Ariane 64 (11,5 t).

Durch die kleine Masse der letzten Stufe eignet sich diese Rakete auch für höhere Geschwindigkeiten: Mit zwei Boostern erreichen 2,3 t den GTO, mit vier Booster sind es 3,7 t. Damit liegt sie etwas unter der Ariane 62, die 5 t in den GTO erreichen soll. Interessant für Europa wäre der Start von Galileo Satelliten, da diese Satelliten keinen Apogäumsantrieb haben (die USA die mit diesem Konzept einen Navigationssatelliten ohne eigenen Antrieb zu starten begannen, haben übrigens inzwischen auf den Apogäumsantrieb umgestellt). Die größere Version könnte zwei Galileo Satelliten in den Orbit befördern und wäre so eine Alternative zur Ariane 62.

Würde man in diese 170 t schwere Zentralstufe dann anstatt einem Prometheus-Triebwerk deren drei einbauen, so hätte man auch eine Alternative für die derzeitigen P120C Booster. Sie wären in etwa so schwer wie die verlängerte Version P120C+ die derzeit in der Entwicklung ist, aber der spezifische Impuls der Triebwerke liegt um rund 800 m/s höher, was natürlich die Nutzlast steigert. Sollte man planen, die Booster zu bergen, so kann man dies so auch bei dieser Stufe probieren, wobei es hier als Hindernis gäbe, das die Brennschlussgeschwindigkeit wesentlich höher ist als beim Einsatz auf einer Ariane 6. So würde es wahrscheinlich nicht klappen, aber die ESA hat sowieso offen gelassen wie dies geschehen soll. Bisherige Studien des DLR Institut SA/RT konzentrierten sich auf aerodynamische Gleitflieger, unterstützt von einem Antrieb, um zum Startplatz zurückzufliegen. Das dürfte weniger problematisch bei hohen Geschwindigkeiten sein als die SpaceX-Lösung der Abbremsung beim senkrechten Fall.

Hier noch ein kleines Listing der Raketen.

Rakete: Vega E Prometheus

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

271.854

5.900

8.397

2.485

2,17

130,00

400,00

400,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

3.341

5

-10

1.200

348

90

5

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

2

40.477

4.236

2.872

1120,4

1120,4

92,90

0,00

2

1

170.000

9.100

3.531

1100,0

1200,0

473,45

0,00

3

1

13.800

1.800

3.551

98,0

98,0

434,82

474,00

 

Rakete: Vega E Prometheus 1 GTO

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

268.554

2.300

10.278

2.543

0,86

130,00

200,00

35800,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

3.341

5

90

1.500

348

90

5

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

2

40.477

4.236

2.872

1120,4

1120,4

92,90

0,00

2

1

170.000

9.100

3.531

1100,0

1200,0

473,45

0,00

3

1

13.800

1.800

3.551

98,0

98,0

434,82

474,00

 

Rakete: Vega E Prometheus 2

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

356.208

9.000

8.397

2.109

2,53

130,00

400,00

400,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

5.582

5

-10

1.500

348

90

5

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

4

40.477

4.236

2.872

1120,4

1120,4

92,90

0,00

2

1

170.000

9.100

3.531

1100,0

1200,0

473,45

0,00

3

1

13.800

1.800

3.551

98,0

98,0

434,82

474,00

 

Rakete: Vega E Prometheus 2 GTO

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

350.908

3.700

10.278

2.258

1,05

130,00

200,00

35800,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

5.582

5

90

1.500

348

90

5

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

4

40.477

4.236

2.872

1120,4

1120,4

92,90

0,00

2

1

170.000

9.100

3.531

1100,0

1200,0

473,45

0,00

3

1

13.800

1.800

3.551

98,0

98,0

434,82

474,00

 

2 thoughts on “Eine Trägerrakete mit dem Prometheus Triebwerk

  1. Ich Träume mal wieder ein bisschen.

    Mein Ansatz (ohne jetzt groß zu rechnen) wäre die P120 Booster der Ariane 6 durch Booster mit 4 oder 5 Prometheus Triebwerken zu ersetzen. Diese durch ausklappbare Tragfächen (ähnlich wie beim Marschflugkörpern) und einem TL Triebwerk (z.B. auf Basis des M88) dazu befähigen in der nähe des Starplatzes auf einer mehr oder weniger Normalen Start/Landebahn zu landen. Das TL Triebwerk könnte auch beim Start an sein, so das es weitestgehend Masseneutral sein sollte. Struktur so auslegen das man die Tanks relativ Problemlos verlängern kann.

    Der Booster kann dann auch die erste Stufe der glücklosen Vega C ersetzen (man sollte dabei den Namen der Rakete wechseln…)

    Schritt zwei dann die Zentralstuffe der Ariane 6 ersetzen durch eine die Prometheus Treibwerke verwendet (ich würde an 3 denken). Fuel Transfer von den (dann vergrößerten Boostern). Die Triebwerkssektion wiederverwendbar durch das Konzept welches ULA für die Vulcan entwickelt. (Hitzeschutz für den dann immer noch großen Tank der ziemlich schnell Fliegt macht vermutlich gewichtstechisch keinen Sinn)

    Schritt drei. Oberstufe ersetzen durch einen Raumgleiter. Grob Space Shuttle ohne die RS-25, ohne Besatzung, alles ein bisschen kleiner.

    Schritt vier. Den Raumgleiter dann in einer bemannten Version mit dann deutlich niedrigeren Nutzlast bauen.

    So erst mal genug geträumt für heute.

    1. Wie ich schon im Artikel schrieb wird an deinen Punkten 1+2 ja schon gearbeitet. Hier findest Du etwas mehr:
      https://www.ariane.group/de/neuigkeiten/ariane-6-kontinuierliche-weiterentwicklung/
      Etwas verwirt bin ich durch die Aussage über die neuen Prometheus booster, da die Tanks nach Ausmessung der Abbildungen maximal 113 t Treibstoff aufnehmen, dafür braucht man dann nicht drei Prometehus Triebwerke. Zwei würden reichen. Mit zwei Prometheus wäre dann die Leistung der derzeitigen Booster erreicht, mit drei (und mehr Treibstoff) würde eine Rakete mit zwei Boostern in etwa die Nutzlast der heutigen Ariane 64 haben.

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