Es ist offiziell: Die USA sind eine Bananenrepublik

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Der heutige und morgige Blog dreht sich um den nächsten NASA-Haushalt und die Änderungen durch den Senat. Eigentlich sollte es ein kleiner Blog werden, aber dann fiel mir so viel ein, dass er doch so lang wurde. Dass ich ihn in zwei Teile aufgeteilt habe. Dieser erste Teil geht auf die unbemannte Raumfahrt und die allgemeinen Kürzungen ein, der zweite Teil morgen dann um den bemannten Teil und die Änderungen durch den Senat. Wenn ihr Kommentare zu diesem Teil habt, aber nicht zur bemannten Raumfahrt dann könnt ihr schon loslegen, ansonsten wartet bis morgen.

Wikipedia definiert eine „Bananenrepublik“ folgendermaßen: „Bananenrepublik ist eine abwertende Bezeichnung für autokratische Staaten, in denen Korruption und Bestechlichkeit vorherrschen.[1] Die Bezeichnung geht zurück auf kleine Länder in den tropischen Gebieten Amerikas, die besonders vom Export von Bananen leben und von fremdem, meist US-amerikanischem Kapital abhängig sind.„. Ich denke da sind die USA nun angekommen, nachdem die „Big Beautiful Bill“ nun durch ist. Dieses Gesetz hat etliche Aspekte, aber im Wesentlichen ist es doch so, dass ein Milliardär der Präsident ist vorwiegend die Steuer für Reiche senkt, was man schon als Korruption ansehen könnte. Ich möchte auf das ganze Paket nicht eingehen, davon verstehe ich zu wenig von der US-Politik, aber auf den NASA-Haushalt.

Ein Haushaltsentwurf des Präsidenten geht zuerst an den Senat. Der kann einzelne Teile ablehnen, ergänzen oder sonst wie verändern. Danach geht es zurück zum Präsidenten und der kann das unterschreiben oder nicht. Beim Haushaltsentwurf für 2026 wurde schon vorher einiges bekannt. Das gesamte NASA-Budget sinkt um 24 Prozent von 24,9 auf 18,8 Mrd. Dollar. Am schlimmsten hat es Science erwischt, das von 7334 auf 3906 Millionen Dollar, also um 40 Prozent abnimmt. Mit einer Ausnahme – der bemannten Raumfahrt, die um 700 Millionen Dollar zulegt, haben alle Subbudgets Kürzungen hinzunehmen.

Es ist klar, dass Kürzungen dieser Größenordnung nicht gehen, indem man hier und da mal ein bisschen einspart. Es werden ganze Missionen, die in der Planung sind eingestellt. Das US-Präsidenten nicht viel von der unbemannten Raumfahrt halten ist jetzt nicht so was Neues. Selbst John F. Kennedy, der Apollo als bisher größtes Raumfahrtprogramm imitierte hatte wenig Interesse an Satelliten und Raumsonden. Wenn man Astronauten im Oval Office eine Medaille umhängen kann, dann ist das mehr Publicity, als wenn man das erste Bild eines schwarzen Lochs präsentiert. In der ganzen Zeit der NASA – nun auch schon über 60 Jahre, war es nie so, dass das bemannte Programm substanziell bedroht war. Im Gegenteil: wenn ein bemanntes Programm den finanziellen Rahmen nicht einhalten konnte wie dies bei der Entwicklung des Space Shuttles vorkam, wurden unbemannte Programme beschnitten. Der letzte große Einschnitt war das Constellation Programm von George W. Bush, den ich damals für einen schwachsinnigen Kriegstreiber hielt, der aber gegenüber Donald J. Trump eher wie ein Intellektueller wirkt. Wie eigentlich immer in den letzten 50 Jahren, will man ein Mond- bzw. Marsprogramm haben, aber dafür kein Geld ausgeben. Der Plan von Bush sah vor das Space Shuttle und die ISS auszumustern und das Geld dafür zu nehmen. Das alleine reichte aber nicht und so wurden auch zahlreiche Wissenschaftsmissionen gestrichen. Constellation war trotzdem schlecht finanziert und wurde dann unter Barack Obama beerdigt. Die Grafik zeigt alle Missionen der USA die als „Deep Space“ klassifiziert sind. Das sind nicht nur Raumsonden, dazu gehören auch einige militärische Missionen in hochexzentrischen Orbits und in den letzten Jahren auch privat finanziere Mondsonden.

Wir sehen in den Sechziger Jahren sehr viele Missionen, die vor allem ein Resultat des Wettlaufs zum Mond waren. Alleine dorthin starteten die USA 30 Sonden. Um die Grafik richtig zu deuten, muss man wissen, das eine Mission in der Regel fünf bis sieben Jahre von der Genehmigung bis zum Start braucht. Das heißt, Kürzungen wirken sich nicht sofort aus, sondern zeitverzögert. Das Jahrzehnt ohne Starts von 1979 bis 1989 ist eine Folge der Explosion der Space Shuttle Kosten ab 1977 und der anschließenden Regentschaft von Ronald Reagan, der zwar 125 Milliarden Dollar für SDI ausgab, aber in seiner Regierungszeit wurde nur eine Raumsonde neu genehmigt. Ebenso sieht man zeitverzögert die Streichungen unter George W. Bush und man sieht die unter Bill Clinton auf den Weg gebrachten preiswerten Sonden des Discoveryprogramms die ab 1996 zu vermehrten Starts führten.

Was Donald J. Trump von seinen – übrigens immer republikanischen – Vorgängern mit Vorliebe zum Streichen unterscheidet, ist dass die Kürzungen viel stärker sind und es anscheinend nicht primär darum geht Geld einzusparen, als vielmehr nicht wiederherstellbare Fakten zu schaffen. Mir fällt als naheliegendster Vergleich ein Mob ein der Geschäfte plündert oder noch passender eine Bücherverbrennung, wie sie in intoleranten Gesellschaften und Regimen üblich ist. Eine Bücherverbrennung bringt ja kein Geld für neue Bücher ein, es zerstört nur vorhandene Bücher. Wundern kann man sich nicht. Was er ja schon in der ersten Amtszeit tat, war frech und dreist zu lügen beziehungsweise wahrscheinlich glaubt er das alles, was er ja von sich gibt. Da feierte er sich selbst schon als den größten Präsidenten aller Zeiten (GRÖPRAZ) und wollte schon sein Porträt in Mount Rushmore verewigt haben. Nach Dokus, die ich gesehen habe, war ein wesentlicher Faktor, warum er 2020 gegen Biden verlor, das er die Coronaepidemie unterschätzte und das Krisenmanagement mangelhaft war. Vorher feierte er ja angebliche Erfolge wie seine Mauer, die eigentlich nie fertiggestellt wurde und nicht wirklich funktionierte oder ein Abkommen mit Nordkorea, nachdem er sich mit Kim Yong-Un getroffen hatte, das aber im Wesentlichen keine Veränderung des Zustandes und Atomprogramms von Nordkorea bedeutete.

Corona war eine Virusepidemie. Um sie zu bekämpfen braucht man angewandte Wissenschaft wie Hygienemaßnahmen, Isolation, Impfstoffe. Man kann sie zwar kleinreden, wie er es auch tat (ist nicht gefährlicher als eine Grippe, es gibt so gut wie keine Infizierten in den USA sagte er anfangs, später meinte er ernsthaft man sollte Infektionsmittel in die Arterien spritzen) aber effiziente Maßnahmen basieren eben auf den Erkenntnissen der Wissenschaft. Bei uns hat man da ja auch viel falsch gemacht. Derzeit wird ja Spahns Verhalten in der Krise kritisiert, aber auch die anderen Entscheidungen der Politik wie das Schließen von Schulen oder die Lockdowns waren im Nachhinein zwar belastend und teuer, aber ihr Nutzen war fraglich. Die USA hatten durch Trumps versagen in der Coronaepidemie mehr Tote pro 100.000 Einwohner als die Bundesreplik und das, obwohl sie am Anfang der Epidemie viel besser vorbeireitet waren und anders als dei BRD ziemlich große Vorräte an Masken, Desinfektionsmitteln und anderen Dingen hatten, die man braucht, wenn man eine durch Menschen verbreitete Infektion eindämmen will.

So muss man sich nicht wundern, wenn die Wissenschaft nun leidet. Schon in den letzten Monaten wurden ja Mitte für Universitäten gekürzt, ganze Regierungsbehörden aufgelöst und eine fragwürdige Liste vorgelegt, welche Worte in Forschungsanträgen nicht erscheinen dürfen damit diese genehmigt werden. Darunter übrigens auch das Wort „Frau“. Aber ich komme mal zurück zum NASA-Budget. Was die heutigen Kürzungen von denen von George W. Bush unterscheidet, ist nicht nur das ausmaß, es ist die Sinnlosigkeit. Klar, es werden Missionen gestrichen die noch nicht durchgeführt werden, wie MSR, DAVINCI oder VERITAS. Da spielte es auch keine Rolle das man in einigen Missionen mit der ESA zusammenarbeitet so am Exomars Rover oder bei dem Radargerät, dass die NASA für die europäische Envision Mission stellen, was dann die ESA in Probleme bringt. Den Exomars Rover halte ich für tot, bei Envision können wir sicher ein eigenes Radargerät hinzunehmen, Deutschland und Italien betreiben zum Beispiel militärische Radarsatelliten.

Der Unterschied ist, das man auch aktive Missionen abschalten will. Das plante auch George W. Bush, aber der lies sich noch überzeugen, dass die Kosteneinsparungen minimal, aber die Einbuße massiv sind. Eine Mission kostet das meiste bis zum Start. Sie hat dann während der Primärmission noch ein großes Budget. Wenn sie danach noch aktiv ist, was heute der Normalfall ist, wird sie meist verlängert, aber das Budget für die Operationen sinkt. Ich nehme als Beispiel wo dies gut dokumentiert ist Galileo:

Phase Budget
Bis zum Start 892 Mill. Dollar
Primärmission (7 Jahre, einschließlich Reise zum Jupiter) 462 Mill. Dollar (66 Mill. $/Jahr)
Erweiterte Mission 1998/99 30 Millionen Dollar (15 Mill. $/Jahr)
Erweiterte Mission 2000/2001 9 Millionen Dollar (4,5 Mill. $/Jahr)

Also die Erweiterung der Primärmission von zwei Jahren um weitere vier Jahre kostete insgesamt 39 Millionen Dollar, nicht einmal 3 Prozent der Gesamtaufwendungen. Klar, die wissenschaftliche ausbeute, sinkt dann, denn dann bekommt eine Mission auch weniger Empfangszeit des DSN zugeteilt, so übertrug Galileo die meisten Bilder während der Primärmission, aber eine Verlängerung ist meist preiswert, außer man hat betreuungsintensive Missionen wie die beiden Mars Rover. Hier absichtlich eine Mission abzuschalten, um die geringen Beträge zu sparen, ist wie wenn man ein Auto hat und es verschrottet, weil man das Geld für das Benzin einsparen will.

Genau das passiert gerade. Die Regierung wartete nicht mal bis die „Big beautiful Bill“ durch war, sondern sandte Memos an die Leiter von zahlreichem Instituten, die Missionen betreuen. Sie sollten schon zum 9. Juli „closeout plans“ vorbereiten, die spätestens zum 1. Oktober, also dem Zeitpunkt wo das neue Haushaltsjahr beginnt umgesetzt sind. Da ein neuer Präsident immer am 20. Januar sein Amt antritt, das Haushaltsjahr aber fix am 1. Oktober beginnt, gibt es immer eine Übergangszeit während des ersten Jahres der Präsidentschaft. Üblich ist das die Regierung dann schon Pläne dem Kongress vorlegt, der den Haushalt endgültig genehmigt und der Kongress dann die Bundesbehörden, dazu auch die NASA mit einer vorläufigen Genehmigung versieht, also „weiterarbeiten wie bisher“ oder eben „das und das ändert sich“. Schon das tat die derzeitige Regierung nicht, lies also bewusst die Missionen in einer Hängepartie, dazu gehört auch das man erst Isaacman als NASA-Chef nominiert und dann kurz vor der Absegnung durch den Kongress wieder zurückzog, was heißt das ein neues NASA-Chef nicht vor nächstem Jahr kommt.

Die Pläne sind aber weitreichend. Die NASA hat derzeit 124 wissenschaftliche Missionen. Die sind in verschiedenen Stadien – von der Planung bis zu weitestgehend fertigen Missionen, Missionen, die im Einsatz sind und Missionen die ihre Primärmission abgeschlossen haben und jetzt in der erweiterten Mission ist – die ältesten sind die Voyager Raumsonden, die 1977 gestartet wurden und noch immer funktionieren. 41 davon sollen sofort beendet werden, 17 weitere sollen innerhalb weniger Jahre kein Budget mehr erhalten, das heißt nahezu die Hälfte aller Missionen werden terminiert. Die restlichen erhalten Budetkürzungen von 20 bis 40 Prozent. Darunter Missionen wie Juno, New Horizons und Maven. Gerade Maven zeigt wie kurzsichtig dies ist. Maven ist ein Marsorbiter der Klimaforschung betreibt. Er liefert primär nicht hochauflösende Fotos und seine Bilder muss man verstehen, da sie die Gaskonzentrationen zeigen. Aber er hat neben dieser Aufgabe noch eine weitere: Als letzter US-Marsorbiter hat er das modernste Empfangs- und Sendesystem für die Marsrover an Bord. Ohne MAVEN sinkt die Datenrate zu und von den beiden Rovern auf ein Achtel ab. Das bedeutet: das Streichen dieser Mission hat auch gravierende Auswirkungen auf die Missionen von Curiosity und Perseverance, die beide ein viel größtes Budget haben, dafür aber nur noch kümmerliche Ergebnisse liefern. Sparen tut man nicht viel. Die Mission von Maven kostete 583 Millionen Dollar, die Verlängerung seitdem pro Jahr 20,5 Millionen Dollar, Wenn das umgesetzt wird, dann werden zahlreiche Missionen verloren sein. Man kann zwar viele Missionen in einen Zustand bringen, in dem sie sicher sind – also zum Beispiel die Solarzellen in Richtung Sonne weisen, die Experimente aber in den Weltraum schauen und die Antenne für eine Kommunikation aktiv bleibt die zumindest das empfangen von Kommandos aus jeder Richtung erlaubt. Aber diese Safe-Modes sind für Notfälle vorgesehen, nicht für längere Fristen. Alleine durch die Bahn um die Sonne müssen die Paneele laufend der Sonne nachgedreht werde, hat sie Sonde erst mal keinen Strom mehr so ist sie verloren. Wenn dies passiert, so wird die NASA auf den Stand eines Landes sinken, das primär Raumfahrt als Alibi betreibt um Schlagzeilen zu machen, so wie China oder Russland, die beide viel Geld in die bemannte Raumfahrt stecken (bei Russland gibt es gar keine andere Raumfahrt mehr) aber nicht in die Forschung.

So, nun ein Break. Morgen geht es dann weiter bei der bemannten Raumfahrt.

5 thoughts on “Es ist offiziell: Die USA sind eine Bananenrepublik

  1. Vielleicht will er in dir Geschichte eingehen als der der Voyager abgeschaltet hat. Im Grunde sind wir ja nur Zuschauer. Es ist traurig das Europa so wenig eigene Fußabdrücke hinterlassen hat. Mir fallen da auf Anhieb nur Giotto und Rosetta ein.

    Micha

    1. Naja, unter https://www.esa.int/Enabling_Support/Operations/Current_and_future_missions ist schon einiges dabei. Mars Express, Huygens, XMM Newton, …
      Wobei man immer den Eindruck hat, die NASA hat – ja, OK, auch das größere Budget – aber auch das effektivere Marketing, die einfacher zugänglichen Seiten, mehr Bilder, weniger tiefe/weitgehende Information und demzufolge mehr darüber berichtende Youtube Kanäle/Influencer.
      ESA Content ist deutlich anspruchsvoller und daher uU nicht so oft in den Medien.

      1. Die Vermarktung vom Giotto damals war ein Desaster.

        Mann kann sich auf Youtube altes TV Material zur Viking Landung ansehen.

        Das ist einfach eine andere Liga.

        Micha

  2. Es ist in der tat sehr schade, das eine Nation so niedergeht. Einst vorreiter in technik und leitstern der westlichen welt.
    Space ist leider nicht national und es waere eventuell and der Zeit international mehr Zusammenarbeit anzustreben, um solche Umstaende zu vermeiden.
    Der Verlust Amerikas ist hier ein Verlust fuer die Welt.
    Trump ist da auch Eiskalt (viele Wissenshcaftpapiere sind ja schon nicht mehr erhaeltlich auf amerikanischen seiten)

    1. Ich weiss das ist eher eine Fantasie. Solche Zusammenarbeit hat ja schon einmal gut zwischen Amerika / Europa funktioniert (ironie)

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