Vierter Geburtstag

Heute wird der Blog vier. Grund genug wieder einmal Rückschau zu halten. Ich begann ja eigentlich weniger mit einem klassischen Blog, bei dem die Leute über sich und die Welt schreiben als vielmehr mit einer Rubrik aus HTML Seiten in der ich Themen aufnahm, die zu klein waren oder irgendwie nicht ins Raster passten. Nun die HTML Seiten gibt es bis heute (aus dem einfachen Grund, weil die Eingabe in einem HTML Editor komfortabler ist als in WordPress).

Im ersten Jahr waren es noch wenige Blogs, oftmals einige Wochen zwischen zwei Themen, aber noch etwas vielseitiger als heute. Das hat sich mit dem echten WordPress Blog geändert, der etwa 1 Jahr später startete. Durch die Möglichkeit der Kommentierung ändert sich einiges. Zum einen wird es lebhafter, man bekommt mehr Ideen für neue Einträge, aber es verschiebt sich auch die Themenauswahl: Logisch, wenn man bemerkt dass es keine Kommentare zu Themen wie Lebensmittelchemie oder Allgemeines gibt, dann schreibt man über Raumfahrt.

In den folgenden Jahren habe ich sicher fast jedes Raumfahrtthema angesprochen, dass mir wichtig war, viele sogar mehrmals. Ich habe begonnen mehr und mehr auch weniger über konkrete Vorhaben zu schrieben als vielmehr über eigene Ideen, Wünsche oder Weiterentwicklungen. Erstaunlicherweise interessiert selbst das jemand. Continue reading „Vierter Geburtstag“

Happy Birthday Ariane!

Ariane 1 JungfernflugHeute, vor genau 30 Jahren startete die erste Ariane zu ihrem Jungfernflug. Zeit die Geschichte noch mal Revue passieren zu lassen.

Ariane entstand aus dem Entwurf L3S, einer preiswerten Version des Europa III Konzeptes, bei der die Oberstufe durch eine technisch einfacher umsetzbare Version umgesetzt wurde. Ariane 1 setzte nur technisch bewährtes ein. Sie war optimiert für GTO Missionen. Alles was dafür nicht benötigt wurde, entfiel. So war die Oberstufe nicht wiederzündbar. Wozu auch? das wird für GTO Missionen von Kourou aus nicht nötig. Dafür waren die Entwicklungskosten überschaubar und die Rakete recht preiswert in der der Herstellung.

Ariane 2+3 waren Erweiterungen der Ariane bei der Reserven ausgenutzt wurden und zwei Feststoffbooster die Nutzlast steigerten. Dabei zog auch die Sylda ein. Erstmals konnte damit eine Rakete zwei Satelliten transportieren, ohne dass diese spezielle für diese Rakete ausgelegt sein mussten (Mehrfachstarts gab es schon vorher, doch waren dann die Satelliten so speziell an die Rakete angepasst). Die Sylda umgab den unteren Satelliten wie mit einem Kokon und hatte einen Standardadapter auf dem Deckel. Ariane 2+3 transportierten erstmals sehr viele kommerzielle Nutzlasten.

Ariane 4 halte ich bis heute für ein geniales Konzept: Mit nur zwei Triebwerken wurden vier Stufen gebildet. Die Booster erlaubten es flexible die Rakete der Nutzlast anzupassen. Damit wurde die Nutzlast von 4.950 kg gesteigert: Obwohl die Technologie immer noch die gleiche der Ariane 1 war – die nur 1.850 kg Nutzlast transportieren konnte. Zusammen mit einer neuen Startrampe, die nun Startvorbereitung und Start räumlich trennte waren auch erheblich mehr Starts pro Jahr möglich. Damit kam der kommerzielle Durchbruch. Anders als die NASA zog sich auch die ESA komplett aus der Vermarktung der Träger zurück – das begann schon zur Zeit der Ariane 1. Die NASA tat dies erst viel später und die Trennung ist bis heute noch nicht vollständig. So lass ich erst kürzlich, dass die USAF die Vermarktung von Delta und Atlas erleichtern will, indem sie weniger Startfenster über Jahre hinaus vorher fest bucht und damit kommerzielle Starts zu diesem Zeitpunkt unmöglich macht. Die gesamte Entwicklung von Ariane 1-4 kostete die ESA rund 2 Milliarden Euro (in heutigem Wert)

Viermal so teuer sollte die Ariane 5 werden. Damit fängt der Teil der Geschichte an wo ich Kritik üben muss. Ariane 5 wurde entwickelt um zwei unterschiedliche Anforderungen zu bedienen – ein preiswerter Nachfolger für die Ariane 4 und eine sichere Trägerrakete für den Raumgleiter Hermes. Jeder der von Raumfahrt eine Ahnung hat, weiß dass sich diese beiden Forderungen beißen: Sicherheit ist meistens teuer. Weiterhin ist Hermes eine große LEO Nutzlast und der Ersatz für die Ariane 4 sollte in den GTO Orbit gehen. Der Kompromiss fing schon bei der Konzeption an. Eine optionale H10 Oberstufe (aus der die ESC-A entstehen sollte) wurde gestrichen und stattdessen eine kleine Stufe mit lagerfähigen Treibstoffen eingeführt, die optional bei GTO Missionen mitgeführt werden sollte – ziemlicher Blödsinn, wenn die H10 schon damals leistungsfähiger gewesen wäre und noch dazu preiswerter.

Doch Hermes wurde immer schwerer, die EPC musste verlängert werden (von 120 auf 155 t Treibstoff) und auch die Oberstufe wurde doppelt so groß. Damit waren praktisch die Anforderungen für den späteren Ausbau gelegt. Das Vulcain Triebwerk wurde nämlich trotz Vergrößerung der Zentralstufe und der Oberstufe nicht im Schub gesteigert, sodass keine Reserven für größere Oberstufen vorhanden waren. Klar war auch dass die Oberstufe dann durch die H10 ersetzt werden sollte. Vielleicht hätte man damals gleich die EPS streichen und zur ESC-A übergehen sollen.

Die Ariane 5 wurde aber nicht so preiswert wie erhofft, obwohl Hermes bald als Nutzlast entfiel und sie nicht „man rated“ sein musste. Der Grund war, dass anders als Ariane 1 nun alles auf dem neuesten Stand der Technik sein sollte. Das Vulcain ist das leistungsfähigste Erststufentriebwerk mit Nebenstromverfahren. Die Feststoffbooster sind sicherer als die des Space Shuttles und trotzdem leichter. Auch das Aestus Triebwerk ist für ein druckbetriebenes Triebwerk extrem leistungsfähig. Doch Hochtechnologie senkt nicht immer den Preis. Continue reading „Happy Birthday Ariane!“

Happy Birthday Voyager 2!

Heute vor 30 Jahren hob eine Titan 3E Centaur mit Voyager 2 vom Cape Canaveral ab. Und sie arbeitet heute noch. Und das ist mit Sicherheit das faszinierendste an dieser Raumsonde. Voyager 1+2 wurden für eine 4 Jahremission konzipiert. Schon dies macht bei einigen Teilsystemen Probleme. So gab es eine Thermoelemente für Radioisotopenelemente die nach dieser Zeit noch viel Strom liefern. Die hohe Temperatur führte zu Korrosion. Man löste das Problem und andere Missionen wie Viking und Pioneer 10+11 profitierten davon. Die Computersysteme zu jener Zeit waren nicht für eine solche Betriebsdauer ausgelegt. Die Bordrechner von Viking, von denen die Systeme abstammten waren nur einige Prozent der Missionszeit aktiv, wenn die Sonden nahe des Mars waren. Voyagers Computersysteme sollten 20-30 % der Missionszeit aktiv sein, während der Vorbeiflügen nahezu pausenlos. Man löste das Problem durch extensive Tests und Redundanzen verbunden mit Automatischen Umschaltungen wenn sich ein Computer nach einem bestimmten Zeitpunkt nicht meldete.

Voyagers Kommunikationssysteme waren 100 mal leistungsfähiger als die von Pioneer 10+11 und sie waren die bis zu diesem Zeitpunkt am besten ausgestatten Raumsonden mit jeweils 11 Experimenten die von visuellen Aufnahmen. Radiowellenanalyse, Magnetfeldmessungen, Spektroskopie im UV und IR Bereich, Teilchendetektion, Lichtmessungen bis hin zur Detektion von Teilchen verschiedenster Art reichten. Das einzige was fehlte war ein Staubdetektor. Daher kann New Horizons nun erstmals Staubmessungen jenseits von Saturn machen (in dieser Distanz fiel der letzte an Bord der beiden Pioneer Sonden aus).

Niemand rechnete beim Start damit wie viele Daten die Sonde von Uranus und Neptun senden würde. Zum einen setzte man die Wahrscheinlichkeit, dass die Sonde dann noch aktiv ist recht niedrig an. Zum anderen waren die Instrumente nicht für eine so große Distanz ausgelegt, vor allem ging die Helligkeit der Objekte zurück. Dass man bei Uranus und Neptun überhaupt so viele Daten bekam – Bei Neptun mit fast 9000 Bildern z.B. fast genauso viel wie bei dem Vorbeiflug an Jupiter – lag daran, dass man erstmals die Computer einer Raumsonde umprogrammierte, d.h. mit neuen Programmen versorgte, die es beim Start nicht gab und deren Einsatz man nie erwogen hatte, wie z.B. einem einfachen verfahren für die Datenreduktion. Dabei sind Voyagers Bordrechner nicht gerade besonders leistungsfähig. Der gesamte Speicher aller 6 Computer an Bord ist kleiner als der eines C-64, denn man 5 Jahre nach dem Start für knapp 1400 Mark kaufen konnte. Selbst wenn man Raumfahrzeuge als Vergleicher heranzieht so haben die Apollo Bordcomputer über mehr Speicher verfügt als Voyager. Allerdings funktionieren von 12 gestarteten Rechnern heute immer noch 11.

MirandaVoyager ist meiner Ansicht nach das erfolgreichste unbemannte Weltraumunternehmen. Die beiden Sonden haben 4 Planeten und etwa zwei Dutzend Monde besucht und zumindest grob photographiert. Von einigen wie den Jupitermonden oder Triton haben wir sogar so gute Fotos, dass es zum Erstellen mittelauflösender topographischer Karten reicht. Voyager hat uns eine neue Sichtweise des äußeren Planetensystems gebracht: Das es eben nicht eine tote Welt ist, erstarrt in Eis, sondern selbst dort es geologisch aktive Vorgänge gibt: Die Schwefelvulkane auf Io. Der Ozean unter der Eisdecke bei Europa. Plattenbewegungen bei Ganymed. Einen weitgehend kraterfreien Enceladus (der nach den Cassini Erkenntnissen ebenfalls Geysire aufweis) und Titan mit seiner Atmosphäre und Regen aus Methan. Noch weiter außen, in Neptunentfernung weist Triton Geysire auf und bizarre Landformationen aber kaum Krater.

Auch die Planeten gaben Überraschungen preis: Jupiters Bänder und Zonen waren viel komplexer als gedacht, mit Verwirbelungen an den Kontaktstellen und kleinen Wirbeln dies ich bildeten und verschwanden. Blitzentladungen und Nordlichter konnten nachgewiesen werden. Saturn wies ebenfalls kleinere Stürme auf, die Windgeschwindigkeiten warn sogar noch höher als bei Jupiter trotz geringerer Sonneneinstrahlung und die Ringe zeigten sich nicht als gleichmäßige Masse, sondern bestehend aus vielen kleinen Einzelringen in denen Speichen auftauchten und verschwanden.

Uranus zeigte sich dagegen völlig konturlos. Nur im IR hätte Voyager unter die Smogschicht sehen können, doch ihre Videoconröhren waren nicht empfindlich in diesem Spektralbereich. Dagegen konnte man auf Neptun einen Sturm sehen, der im Verhältnis zu der Größe des Planeten noch größer als der rote Fleck des Jupiters war.

Vier Planeten, Entdeckungen über 10 Jahre und dies alles nur mit 2 Sonden die bis zum Start etwa 500 Millionen US-$ kosteten, in etwa so viel wie heute der Unterhalt der ISS für ein Jahr (inflationskorrigiert) oder 1 Tag Irak Krieg. Wenn es einen Award gibt „Erfolgreichste Weltraummission aller Zeiten“ so verdient es Voyager, insbesondere Voyager 2.

Trotz allem gibt es alle Jahre wieder Pläne die Sonden abzuschalten. Sie werden pro Woche für einige Stunden kontaktiert und senden die auf Band zwischengespeicherten Daten zur Erde. Man muss nach und nach mehr und mehr Experimente abschalten, da der Strom langsam aber sicher abnimmt. Bis zum Jahr 2020 wird man mit Sicherheit noch die Experimente betreiben können, vor allem im Time-Sharing Betrieb, also nur eines zu einer bestimmten Zeit aktiv. Die Sonden sollen die Grenze der Heliosphäre erreichen, wo es einen Wechsel gibt von Teilchen die von der Sonne kommen und mit dem Sonnenwind weggeblasen werden zum interstellaren Medium. Mut etwas glück erreicht eine der Sonden diese grenze (man weis nicht wo sie genau liegt). Einige Anzeichen, dass sie nahe an ihr sind gab es schon in den letzten Jahren. Bislang konnte man dieses Schicksal abwenden, vor allem durch Proteste der wissenschaftlichen Gemeinde. Dabei sind die Sonden nicht teuer. Ihr Unterhalt kostet nun einige Millionen US-4 pro Jahr. Ein Klacks bei dem NASA Budget. Alleine mit den Kosten welcher die Verschiebung des Starts der Dawn Sonde von Juni auf September zusätzlich aufwarf könnte man die Sonden 6 Jahre lang weiter betreiben.

Es bleibt zu hoffen, dass sie noch weiter durchhalten und ich in 10 Jahren hier das vierzigjährige Jubiläum feiern kann.

Und hier noch ein link zu einem Buch, das vor allem die Vorgeschichte des Voyager Projektes gut beschreibt: