Einen Grund warum das Space Shuttle so teuer ist….

… offenbarte uns vor einigen Tagen Wayne Hale, heute stellvertretender Chef für strategische Partnerschaften bei der NASA, vorher Leiter des Space Shuttle Programmes (unter anderem auch während der STS-107 Mission die so tragisch endete). Ich rate die Originalquelle zu lesen, auf die ich mich beziehe.

Er verdeutlicht die Problematik, die man jetzt hat, wenn man die Entscheidung das Space Shuttle auszumustern revidieren will: Die NASA hat diesen Auftrag 2004 von Bush bekommen, geplant wie viele Shuttle Flüge sie noch braucht und dann Bestellungen für Ersatzteile und Verbrauchsmaterialen (ET, Reifen, aber auch viele Kleinteile) geordert und dann die Verträge mit Zulieferern beendet. Was machen die Zulieferer? Sie entlassen die Spezialisten oder verschrotten Spezialwerkzeuge oder Maschinen. Das können kleine Anlagen sein, das kann wie im Falle des ET eine ganze Fabrikhalle sein.

Wenn man nun diese Entscheidung nach 4 Jahren revidiert was passiert? Es wird zum einen teurer, weil man nun praktisch für eine Wiederaufnahme bezahlen muss. Die NASA rechnet mit 4 Milliarden Dollar pro Jahr, wie Griffin in einem Interview sagte. Trotzdem ist es schwierig einen Zeitplan noch einzuhalten. Man bekommt nun vielleicht keine Spezialteile mehr und muss nach Alternativen suchen, diese müssen bei einem bemannten Raumfahrtgerät aber erst "zertifiziert" werden, das bedeutet, eine genaue Analyse muss folgen, ob das neue Teile das alte ersetzen kann, welche Einflüsse es auf das Gesamtsystem oder die Sicherheit hat.

Dir Grundproblematik ist nicht Space Shuttle spezifisch. Sie kommt praktisch bei allen Produkten vor, die in kleinen Serien gebaut werden und dann sehr lange im Einsatz bleiben. Vergleichbar sind z.B. damit Kampfflugzeuge. Die Bundeswehr setzt (noch) Phantom Jagdflugzeuge ein. Bis 1981 wurden diese produziert. 30 Jahre später wird sie die Bundeswehr ausmustern. Wie löst man das Problem der Wartung und der Ersatzteile? Meistens so, dass man einen genügenden Posten davon kauft und einlagert. Beim Militär achtet man auch darauf, dass die eigenen Mechaniker und Ingenieure fähig sind, das Equipment selbst zu warten. Auch weil man im Einsatzfall schlecht die Ausrüstung zum Hersteller schicken kann.

Die NASA hat eine andere Politik, gegen die sich Wernher von Braun wandte: Man vergibt Aufträge an die Industrie und übernimmt dann die Produkte. Beim Space Shuttle hat man in den 90 er Jahren dann auch noch begonnen die Wartung an die Industrie auszulagern. Die Folge: Die NASA hat heute nicht mehr die Kompetenz das Space Shuttle selbst flugfähig zu halten. Sie schließt daher Verträge ab mit Firmen: Kleineren die ein kleines Bauteil oder eine besondere Schraube produzieren und größere mit den Herstellern der SRB, des ET oder der Triebwerke. Die NASA zahlt nicht nur für die Abnahme von Bauteilen, sie bezahlt dafür diese jederzeit ordern zu können, auch wenn der Hersteller sie seit Jahrzehnten nicht mehr herstellt. Und sie bezahlt dafür dass ein Spezialist von der Firma verfügbar ist wenn es Probleme mit dem Teil gibt. Am deutlichsten wird die Problematik dies sich daraus ergibt, dies bei elektronischen Bauteilen: Die ursprünglichen Space Shuttle Rechner verwandten Ringkernspeicher – die gängige Speicherform, als es 1972 in die Planung ging. Schon in den 80 ern fand man den Speicher nur noch im Museum und man ersetzte sie 1988 durch neue mit Halbleiterspeichern. Im günstigsten Fall verwenden die im Shuttle verbauten Computer also die Speicherchips von 1988 (wahrscheinlich eher eine oder zwei Generationen vorher). Das ist ein 256 KBit Chip. Wo bekommt man einen solchen heute her?

Diese Problematik haben natürlich auch andere Hersteller. Arianes Bordcomputer nutzt einen weltraumtauglichen 68020 Prozessor, das ist in etwa die Rechenleistung die 1988 in einem PC steckte. Die Lösung ist nach und nach Teile zu ersetzen, oftmals auch um die Leistung zu verbessern. Ariane 5 wird den Vega Bordcomputer bekommen, mit 10 mal mehr Leistung. In der VEB wurde Gewicht durch den Einsatz von Kohlefaser verstärktem Kunststoff eingespart und neue Boosterverbindungen machte diese leichter und verbilligten die Produktion.

Die Space Shuttle Problematik liegt in zwei Dingen:

  • Erstens als bemanntes Raumfahrzeug muss jede Veränderung viel genauer untersucht werden und das ist teuer.
  • Jede Veränderung kostet Geld. Aber wegen der Wiederverwendbarkeit, wird es bei den meisten Teilen extrem kleine Stückzahlen geben. Das macht es erst richtig teuer.

Wenn bei Ariane 5 etwas geändert wird, dann fließt dies in die Produktion ein und diese wird billiger für die nächsten Exemplare oder die Nutzlast steigt. Beides sind Ziele von Arianespace die auch mit anderen Mitteln (höhere Stückzahlen) erreicht werden sollen. Immerhin sank der Preis von 23000 auf 13000 Euro/Kilo in den GTO Orbit verglichen mit der ersten Version.

Das Space Shuttle wird dagegen permanent teurer. Warum? Sicher liegt es auch an der Technik, aber es liegt auch an dem System. Dazu kommen zwei Faktoren an denen die NASA nun wirklich nicht schuld ist:

  • Das Space Shuttle ist das erste System seiner Art und wie jeder Prototyp erheblich teurer als ein System bei dem man aus den Fehlern gelernt hat.
  • Als zweites: Niemand hat bei seiner Konzeption daran gedacht, dass es einmal 30 Jahre im Dienst sein würde. Geplant war ein Einsatz von 1978-1990. Bis dahin hatte die USA nichts länger als ein paar Jahre eingesetzt – weder Satelliten, noch bemannte Raumfahrzeuge, noch Trägerraketen.

Ich halte das Ausmustern des Space Shuttles für keine schlechte Idee. Ihre Zeit ist gekommen. Der Fehler liegt woanders: Die Lücke von 5 Jahren die es zwischen dem Ausmustern und der Verfügbarkeit des nächsten Systems gibt. Konsequent wäre es gewesen dieses so schnell zu entwickeln und die Space Shuttles solange in Betrieb zu lasen bis Orion einsatzbereit ist. Warum tut man es nicht? Weil es eine politische Entscheidung ist. Orion geht erst ab 2010 in die Realisierung, obwohl seit 5 Jahren geplant wird. Apollo hat man noch in 6 Jahren entwickelt. Es gibt größere Finanzmittel aber erst durch das Ausmustern der Space Shuttles. So entsteht zwangsläufig eine Lücke.

Ist Orion die Lösung? Wenn man wirklich zum Mond will dann ja. Die Kapsel ist die einzige Lösung für Erdumlaufbahnen und Mondmissionen. Für eine Erdorbitmission denke ich wäre ein Mini-Shuttle besser. So wie beim CRV: Ein Shuttle nur für den Mannschaftstransport, entsprechend viel kleiner und kompakter als das Space Shuttle. Nur ausgelegt für kurze Flüge zur ISS und zurück. Es sollte wiederverwendbar sein, doch nicht 100 mal. 5-10 mal wäre ausreichend. Das resultiert die Fertigungskosten schon beträchtlich, reduziert aber auch die Anforderungen beträchtlich. Vor allem bedeutet es bei 2.-4 Flügen pro Jahr, dass man alle paar Jahre ein neues Exemplar bauen muss: Es gibt dann Gelegenheit es laufend an den technologischen Fortschritt anzupassen.

Ich glaube die Wartungskosten wären viel besser kalkulierbar und die Kosten des Systems wären beherrschbar. Eine Kapsel wird aufgrund der Sicherheitsanforderungen nicht billiger sein. Hier nur zwei Zahlen zur Verdeutlichung: Ein Ausbau des ATV mit einer Kapsel  um Fracht zurück zur Erde zurückzubringen soll 800-1000 Millionen Euro kosten. Die Erweiterung dieser Kapsel für bemannte Raumtransporte weitere 2-3 Milliarden. Das macht das Spannungsverhältnis deutlich. Die Kapsel existiert ja dann schon, sie ist qualifiziert für den Wiedereintritt. Es geht nur um mehr Sicherheit und ein Lebenserhaltungssystem. Das verdreifacht schon alleine die Entwicklungskosten. Aber man braucht dann einige Kapseln pro Jahr und so wird in der Summe Orion teurer werden als heute das Space Shuttle

Ich glaube derzeit ist aber in den USA ein solches System nicht machbar. Man will maximale Sicherheit und egal was das kostet.  Das ist schon erkennbar an der Wahl der Trägerrakete: Die US haben ja schon die Delta IV Heavy im Einsatz mit der Nutzlast die man braucht. Trotzdem entwickelt man mit der Ares I eine neue. Okay, die Delta IV Heavy mag mehr Fehlstarts aufweisen, doch dafür gibt es ja den Fluchtturm. Die Sojus ist ja auch nur eine "normale" Trägerrakete (und es gab mindestens zwei Fehlstarts mit Sojus Raumschiffen) und wenn Europa irgendwann eine bemannte Kapsel mit einer Ariane 5 startet, dann auch mit einer Rakete die zwar mal für Hermes konstruiert wurde, aber mittlerweile nicht mehr viel damit zu tun hat.

Amerikas Haltung ist derzeit eine Hasenfusstaktik, noch dazu eine inkonsequente, denn man startet ja nach wie vor Amerikaner mit Sojus Kapseln, obwohl die sicher nicht den Sicherheitsstandards genügen, welche die NASA gerne hätte.

Ach ja noch ein Musiktipp, passend zum Thema:

Das Video ist weitaus mieser als der Song…. Da machen heutige Lipsyncer ja bessere Vdieos.

7 thoughts on “Einen Grund warum das Space Shuttle so teuer ist….

  1. was lief Falsch ?
    eigentlich sollte das Shuttle nur ne Raumstation versorgen von 1978-1990
    bis 10 Leute an Bord und maximal 3 Tonnen Cargo !
    das hatte kleiner und billiger Shuttle hervorgebracht.
    doch als in 1970 die Entwicklung kosten explodierten und Senat & Kongress die Gelder strich
    (man benötige das Geld um Vietnam aus zu rotten)
    macht NASA ein Verhängnis vollen Fehler machte mit USAF gemeinsame Entwicklung.
    USAF war aus auf eigene Raumfahrt System für Spionage oder Anti Satellit Waffe
    Dyna Soar und Blue Gemini und MOL enden in Projekt Einstellung.
    (man benötige das Geld um Vietnam aus zu rotten)
    NASA hatte jetzt das Geld für die Entwicklung doch USAF stellte Forderungen
    Nutzlast ging von 3 Tonnen auf fast 30 Tonnen ! und die große auf die eines KH-Spionage Sat.
    aber damit ging Gewicht und start masse in die Hohe
    USAF verlangte auch das Shuttle in der Lage war 2000 km gleiten können zum andere Landeplatz ausweichen,
    was kompakte Lifting Body ausschloss und den jetzige Gleiter hervorbracht
    aber damit ging Gewicht und start masse wieder in die Hohe
    damit ging aber Entwicklung kosten wieder Hoch und NASA machte den finale Schwere Fehler.
    sie nahm die Billigste Entwicklung Vorschlag mit den Teuersten Unterhalt kosten.
    von einer Firma wo mit sie in Vergangenheit massive Probleme hatte Rockwell International
    besser bekannt North American Aviation.
    seltsam nur diese Firma hat bis jetzt mit ihre Produkte 18 US Astronauten getötet!
    X-15A-3, Apollo 1, STS Challenger, Colombia.
    die NASA begann in Senat & Kongress das Shuttle als eierlegten wolfmichsau zu verkaufen
    doch die Gelder kamen nur mager und Rockwell begann einzusparen in masse und Geld.
    zuerst Düsentriebwerke für lande Anflug und zu letzt das Rettungssysteme gestrichen.

    so entstand das Shuttle wie wir heute kennen

  2. Das mir der USAF hab ich auch gehört, das mit den 3 Tonnen ist mir jedoch neu. Interessant, wenn es wirklich so geplant war..

    Aber alles in allem stimmt die Analyse. Das Shuttle war ein fauler Kompromiss, für den die Amerikaner bis heute büssen…

    Aber mal was anderes, Bernd: Ein Artikel zum Bigalow Aerospace wäre mal interessant. Deine Space X Artikel waren schon sehr informativ (und haben einigen blauäugigen Weltraumenthusiasten mal die Augen geöffnet) und ich würde gern mal deine Meinung zu Genesis und den geplanten Nachfolgern hören.

  3. @Vineyard:

    Mein Hauptaugenmerk liegt nicht auf der bemannten Raumfahrt, wenn ich das Thema derzeit vermehrt aufgreife, dann wegen der Neuigkeiten die derzeit so fluktuieren und der „Zwangsbeschäftigung“ wegen meiner recherche für das ATV Buch.

    Von Bigalow weiss ich wenig. Wie bei SpaceX findet man auf ihrer Website ja auch wenig. Wie bei allen Dingen bin ich kritisch wenn die Preise die genannt werden so viel niedriger sind als marktüblich. Bigalow will jemanden für 4 Wochen für 15 Mill. $ ins All bringen. Selbst die Russen verlangen 23.8 Mill von der NASA und sas auch nur, weil ein NASA Astronaut als Passagier mitfliegt.

    Wie soll das gehen? Einen Hinweis wie Bigalow kalkuliert zeigt die Ausschreibung von 8 Starts von je 23 t Nutzlast für 760 Mill $. Also 95 Mill pro Start. Es gibt keinen träger der Nutzlast zu diesem Preis transportieren kann. Selbst die (noch nicht geflogene) Falcon 9 wäre teurer.

  4. zu Bigelow Aerospace
    hier gibt mehr info als auf der Firmen Homepage 😉
    http://en.wikipedia.org/wiki/Bigelow_Aerospace

    gegründet von Robert Bigelow. Milliardär und Besitzer der Hotelkette Budget Suites of America.
    die Firma hat 120 Mitarbeiter, nach Robert Bigelow angaben hat er 550 Million $ reserve
    bis zum Jahr 2015.
    BA übernahm Transhab nach dem NASA das Programm stoppte.
    Genesis I&II sind 1/3 große Versionen von fertigen Sundancer und BA 330 Hotel Module
    BA gab an Minimum einen Start pro Jahr zu machen wie in 2006 und 2007 mit Genesis I&II
    doch das nächste Model Galaxy sollte 2008 in Weltraum, jetzt soll am Boden getestet werden.
    Sundancer soll 2010-12 BA 330 Hotel Modul dann 2012-2014 in Weltraum.

    nach Bericht von Space.com von 2007 Juli 26.
    wechselt BA von Sowjetische Rakete auf Atlas V 401 (die kostet 2004 $138 Million !)
    als 95 Mill pro Start für 23 t Nutzlast ist nicht drin (Atlas 12500kg in 28° LEO)
    keine angaben was für Bemanntes Raumfahrzeug die Module besuchen soll

    ich befürchte das Bigelow Aerospace hier zum zweiten SpaceX entwickelt.

  5. Noch ein kleinen Nachtrag
    die Daten waren über erste Shuttle Studien aus 1960er
    wie „North American Aviation – Ten Passenger Reusable Orbital Carrier“ 1963 Studie
    und NASA Annahme die Raumstation wurde mit Saturn V in Orbit gebracht um 1975
    ende der 1960er begann das Design Chaos was zu heutigen STS führte

  6. Aus reiner Neugier …

    wenn die NASA doch noch länger am Shuttle festhalten sollte, besteht dann noch Hoffnung auf den Transport von weiteren ISS Modulen wie das Centrifuge Accommodations Module CAM? Steht das Modul noch mehr oder weniger einsatzbereit in einem Hangar oder wurde es verschrottet?

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