Gibt es noch echte Raumfahrtfans?

Für mein nächstes Buch habe ich mich an die DLR mit der Bitte um Unterstützung gewandt. Die Antwort die ich bekommen habe, enthält unter anderem eine Argumentation, warum ich kein Buch über Europäische Trägerraketen schreiben soll. Nach Ansicht des Antwortenden kann man alle Bücher auf dem Markt in 3 Kategorien einteilen:

  • Ein "Insider" schreibt nach seiner Pensionierung über seine Arbeit und kann so Hintergrundinformationen einbringen. Solche Bücher kenne ich schon. Das Raumfahrthistorische Archiv veröffentlicht solche Werke, wovon ich zwei habe.
  • Sie werden im Auftrag eines großen Unternehmens geschrieben und gegengelesen. Dafür werden dann weitergehende Informationen zur Verfügung gestellt. Ich kenne kein solches Werk.
  • Die meisten Bücher behandeln das Thema nur in oberflächlicher Weise. Davon gibt es zugegebener weise viel zu viele.

Der Autor hat mir geraten auch ein Buch der dritten Kategorie zu schreiben oder von dem Vorhaben abzulassen, weil es auch kaum ein Publikum gäbe für solche Werke.

Das bringt mich zu meinem Blogeintrag. Gibt es keine "echten" Raumfahrtfans mehr? Leute die sich für die Technik interessieren, die hinter einer Rakete steckt? Leute die von einem Trägersystem mehr wissen wollen, als wie in eine kleine Tabelle passt? Nach Ansicht der DLR wohl nicht. Es gibt ihrer Auffassung nach die breite Öffentlichkeit, die weitgehend uninformiert ist und Experten. Die Experten wären aber eine zu kleine Zielgruppe, für die sich kein Buch lohnen würde außerdem wissen sie schon alles und können sich selbst über das Internet informieren. Mein ATV Buch bietet nach Ansicht des Autors z.B.- für Experten keine neuen Informationen.

Doch ist dem so? Natürlich ist offensichtlich, dass es heute nicht mehr die Raumfahrtjournalisten vom Schlage Werner Büdelers und Joachim Siefahrths gibt. Also Leute die sich mit der Materie auskennen und auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind. Auch Fachautoren gibt es kaum noch und entsprechend gute Fachbücher zum Thema Raumfahrt kaum noch.

Doch bedeutet dies, dass es auch nicht das Interesse gibt? Ich meine nein. Meine Website wendet sich mit Sicherheit nicht an Leute die eine Mission auf einer Bildschirmseite erklärt haben wollen. Ich wende mich mit der Website bewusst an Leute die sich wie ich für Technik interessieren, die Raumfahrt als Hobby haben und eine gewisse Vorbildung verfügen. Trotzdem besuchen an guten Tagen bis zu 1000 Leute pro Tag den Raumfahrtteil.

Ich glaube auch, dass das Interesse an Technik sehr viel mit dem Stellenwert zu tun hat den Technik in der Gesellschaft hat und den technologischen Fähigkeiten, die eine Nation hat. Ist es ein Zufall, dass es heute so viele Leute wie nie gibt, die daran glauben, dass es die Mondlandungen der Amerikaner nicht gab, und dafür als "Beweise" Behauptungen aufstellen, die grundlegende Physikkentnisse und Informationen zur Technik der Apollo Missionen vermissen lassen und (langer Satz) der Tatsache, dass die ISS heute so in der Schwebe hängt und eine Rückkehr zum Mond doppelt so lang braucht wie in den 60 er Jahren?

Die DLR zeigt ja selbst wohin es geht. Bei der Recherche zum ATV bin ich über dieses Video gestolpert. Es ist sehenswert. Der Interviewer hat offensichtlich keine Ahnung, was er den Projektleiter fragen soll und wird zweimal korrigiert und der eingeblendete Start ist nicht der des ATV (der bei Nacht erfolgte). Offensichtlich hat man sich schon darauf eingestellt, dass es nur noch die breite Öffentlichkeit gibt, der solche Fehler nicht auffallen. Das ist natürlich bequem. Doch es hilft nicht dem Weltraumprogramm. Die interessierten Laien sind Multiplikatoren, sie reden über ihre Begeisterung und vermitteln besser als ein Bericht, wofür die Steuermillliarden ausgegeben werden. Natürlich bedeuten sie mehr Arbeit, aber die korrekte Information war schon immer aufwendiger. Aber kann man das als Steuerzahler nicht verlangen?

Hier hat sich viel in den letzten Jahren verändert. Zu Apollo Zeiten waren Presskits deutlich umfangreicher als heute. Damals konnte man so ziemlich alles über die Mission erfahren, bis hin zu den Mahlzeiten welche die Astronauten zu sich nehmen. Bei der ISS hat sich dass auch kaum geändert. Dort gibt es wöchentliche Statusreports und wer die Shuttle/ISS Websites besucht, wird mit Informationen überschüttet – allerdings vor allem über die Menschen und was sie tun. Bei Apollo war auch hier der Anteil, eines Presskits, den man für die Technologie reservierte, größer. Auf anderen Websites der NASA sieht es noch schlechter aus. Eine häufig an mich gestellte Frage ist z.B. warum ich noch nichts über das mobile Mars Labor geschrieben habe – Ganz einfach weil ich zu wenig Material dazu habe. Dabei kratzen die Kosten dieser Mission mittlerweile an der 2 Milliarden Dollar Marke.

Oder ein anderes Beispiel: Bei der Recherche bin ich über die Archive der Zeitschrift "Flight" gestoßen. Man möge einmal die Daten die in dieser und den folgenden Seiten über die Ariane 1 angeführt sind, mit den Informationen vergleichen, die es aktuell für die Ariane 5 gibt. Es hat sich eingebürgert nur noch die wichtigsten technischen Fakten zu nennen. Warum wird nicht eine weiter gehende, tiefer gehende Informationsbroschüre erstellt, für fachkundige oder interessierte Leser. Es muss ja einen Mittelweg zwischen einer Darstellung auf wenigen Seiten und der vollen Dokumentation von etlichen Regalmetern Umfang geben. Einmal erstellt könnte diese interessierten Laien oder Fachjournalisten zugänglich gemacht werden.

Mein Buch über Trägerraketen wird entstehen, ob mit oder ohne DLR Mithilfe. Und es wird technisch sein. Schon allein deswegen weil ich mich selbst kenne: Ich bin an Technik interessiert und glaube mir Zahlen aus den Texten. Ich achte dann nicht drauf ob die Sprache monoton ist, oder der Autor schriftstellerisches Talent hat. Ob es viele Orthographiefehler gibt oder wenige. Da ich meine Schwächen kenne (die in eben jenem Bereich liegen) dachte ich kann ich diese so kompensieren.

Aber vielleicht muss ich meine Pläne für weitere Bücher ändern. Eine der Ideen, die in meinem Kopf heerumschwirren ist z.B. ein Buch über deutsche Satelliten. Da hatte ich eigentlich auf das Archiv des DLR gehofft, da es über Azur, Dial und Konsorten kaum noch Informationen im Internet gibt. Da die beiden schon erschienen Bücher sich aber gut verkaufen (zumindest nach meinen Vorstellungen) werde ich sicher nicht aufhören. Ich sehe sogar eher den Zugeffekt, dass ein Buch den Umsatz des anderen ankurbelt. Das Gemini Buch brauchte z.B. fast 8 Monate um die 100 Stück Marke zu erreichen. Das ATV Buch ist schon nach 3 Monaten so weit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.