Die Bahn

Ich war nun ja wieder mal in Nesselwang, wo wir unser Ferienhaus haben. Ohne Auto komme ich da nur per Bahn hin und wie bei dem letzten Mal dauerte es eine Stunde länger als geplant. Es ist schon chronisch: Wie beim vorletzten Mal geht es schon in Stuttgart los, wo der Zug 8 Minuten verspätet ankam. Auf der Alb hielt er dann an und in Ulm waren es dann 20 Minuten Verspätung – und der Anschlusszug weg. Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Von vier der letzten Fahrten war es so, dass bei dreien ich den Anschluss versäumte und zwar immer in Ulm. Auf dem Rückweg gab es das in den letzten 11 Jahren nur zweimal. Einmal bei wirklich schlechtem Wetter (20 cm Neuschnee) und einmal wegen eines Zugunglücks auf der Strecke. Aber das der Zug in Stuttgart verspätet ankommt und auf der Alb dann noch bummelt ist schon fast normal.

Ich hatte dann Gelegenheit die Regelungen der Bahn für ihre Fahrten durchzulesen. Geld zurück gibt es erst ab mehr als 60 Minuten Verspätung. Und Verspätung nennt sie es auch erst ab 6 Minuten – da ich in Ulm typischerweise 5 Minuten für das Umsteigen habe, würde also ein schon ein nach der Bahn „pünktlicher Zug“ dazu führen dass ich den Anschluss verpasse. Und das ist chronisch. Ich finde auch dieses Gebaren erst Verspätungen ab 6 Minuten zu zählen als eine Unverschämtheit. Ich habe gehört, dass in Japan sich das Zugpersonal sich bei den Gästen entschuldigt wenn ein Zug nur 3 Minuten verspätet ist. Bei der DB gab es nicht mal eine Durchsage, wann wir in Ulm ankommen und warum das so lange dauert.

Nun können wir ja in BW darüber entscheiden, denn die Volksabstimmung über Stuttgart 21 kommt. Ich bin ehrlich gesagt unschlüssig wie ich entscheiden sollte. Vor einem Jahr war ich noch klar gegen das Vorhaben. Das lag weniger an Stuttgart 21, als vielmehr wie die Politik und Polizei mit den Protestierenden umgegangen ist. Entsprechend war das sicher auch ein Grund sie abzuwählen und erstmals seit 1988 ist auch der Ministerpräsident geworden, den ich im März gewählt habe.

Heute bin unschlüssig. Zum einen sehe ich ja wie oben beschrieben selbst, das Nadelöhr schwäbische Alb und ihre Auswirkungen. Aber das ist ja ein anderes Projekt. Stuttgart 21 endet in Plochingen und bis dahin gibt es selten Verspätungen. Auch ist es heute nicht so, dass ein ICE schneller ist, nicht mal, wenn er in Ulm nicht hält und direkt nach Kempten fährt als ein Regionalexpress – und zumindest an der Strecke Ulm – Kempten wird auch das Ausbauprojekt nicht viel ändern. Ich habe auch starke Zweifel das es mit acht Gleisen und der Taktzeit von 3 Minuten klappt. Auch das aus eigener Erfahrung: Als wir auf dem Rückweg einführen, kamen wir zeitgleich mit dem ICE an. Bis ich in Ulm von meinem Gleis zum ICE kam, waren schon 3 Minuten von 5 Minuten um und noch immer gab es eine Traube an einigen Wagons, von den Leuten die schon auf dem Gleis warteten. Wie soll das dann werden wenn man nur noch 3 Minuten Zeit zum Einsteigen hat? (Und in Stuttgart steigen mehr zu und aus als in Ulm)

Auf der anderen Seite wird eine Strecke, die viel mehr unterirdisch ist und die kürzer ist, sicher die Reisezeit verkürzen. In Ulm sind übrigens viele für das Projekt, dass konnte ich bei meinem letzten Zwangsaufenthalt in Ulm (dank der DB) an zahlreichen Plakaten sehen. Und dann hat auch noch mein Bruder recht, der drauf hinweist, dass von den 4,8 Milliarden BW und Stuttgart den kleinsten Teil zahlen und wenn es nicht kommt, das Geld nur woanders ausgegeben wird. Das ist aber leider kein bahnspezifisches Problem, sondern allgemein ein öffentlich-rechtliches wie ich auch bei meiner Tätigkeit an der Hochschule Esslingen sah: Wer beim Staat Geld spart wird im besten Fall schief angeschaut. Ich habe schon von Professoren, die sich mal so eben ein 4.000 Euro Notebook bestellten, auf meine Frage „Muss das sein?“ schon gehört „Das ist ja nicht ihr Geld und wenn ich es nicht ausgeben, dann tut es ein anderer“. Manch einer hat sich über die 100.000 Euro Cave aufgeregt die an zwei Tagen im Jahr in Betrieb ist, aber verhindert hat keiner die Anschaffung.

Mir wäre mit etwas ganz anderem gedient, nämlich einer Änderung in dem Rabattprogramm der Bahn. Wer bei der DB frühzeitig seine Fahrt bucht und gleich die Rückfahrt hinzu, spart bis zu 50% des Fahrtpreises. Ich mache das, wenn ich nach Nesselwang gehe eigentlich immer. Nur: es gilt nur wenn ein EC / IC / ICE Zug benutzt wird. Das führt zu seltsamen Dingen. So ist der kürzeste Weg für mich über Esslingen mit dem Regionalexpress nach Ulm und dann weiter nach Kempten ebenfalls mit Regionalexpress und dort mit der Bummelbahn nach Nesselwang. Nur hält in Esslingen kein EC / IC / ICE. Also muss ich nach Stuttgart (12 km mehr und 5 Euro teurer) und dort einen dieser Züge nehmen. Es geht weder schneller noch ist es kürzer.

Es bringt keinen Vorteil. Selbst ein ICE der nicht in Ulm hält, ist nicht schneller als die zwei Regionalexpresszüge mit Umsteigen in Ulm. Sie können derzeit auf der Strecke nicht schneller fahren und wenn, dann muss ich in jedem Fall in Kempten auf die Bummelbahn warten, die nur jede Stunde einmal fährt. Warum die Bahn die Rabatte nur auf diese „Spitzenzüge“ gewährt, obwohl sie eigentlich immer voller sind, aber keinerlei Vorteile bringen, verstehe ich nicht. Sie sollte doch Interesse haben ihre langsamen Züge auszulasten.

Passend dazu ein Witz den ich aus einer Fernsehsendung habe und nicht vergessen habe. Die Mutter wird von der Tochter gedrängelt und antwortet „Alte Frau ist doch kein D-zug“. Die Tochter lacht. „Machst Du dich jetzt noch über mich lustig“ – „Ne Mutti, aber der D-Zug ist heute der langsamste….“. Oder eben auch nicht, siehe oben.

Wie ihr seht, bin ich jetzt wieder aktiver. Es ist so, dass bei der Arbeit ich nun auf einen Kollegen warten muss. Nur geht der im Oktober in Urlaub und fällt für eine Woche wegen anderer Tätigkeiten aus. So haben wir uns geeinigt, das ich nach der Hälfte der Projektzeit einen Schnitt mache und im November weiter mache und alles fertigstelle.

2 thoughts on “Die Bahn

  1. Das mit den Verspätungen: Am besten die Fahrt so legen, dass man für den Fall, dass man den Anschluss verpasst, 61 Minuten später ankommt. Manchmal fährt der Zug auf der letzten Strecke ja nicht genau jede Stunde, sondern mal etwas früher und mal etwas später. Dann gibt’s für den verpassten Anschluss wenigstens Geld zurück. Übrigens: Wenn der Anschluss so im Fahrplan bzw. der Fahrplanauskunft stand, und man den auch mit weniger als 6 Minuten Verspätung des ersten Zuges verpasst, ist es, wenn am Ende mehr als 60 Minuten bei rauskommen, trotzdem eine Verspätung, für die die Bahn gradestehen muss.

    Sparangebote gibt es auch im Nahverkehr, die meisten davon sind aber dank des Föderalismus auf ein Bundesland beschränkt. Für Sie wäre ein Bayern- und ein Baden-Württemberg-Single-Ticket zu je 21 Euro in Summe teurer als der Sparpreis mit Umweg über Stuttgart und IC/ICE-Benutzung, der auf 19 Euro kommt (eine Richtung). Wenn Sie an einem Tag hin- und zurück wollen, sind die genannten Ländertickets aber eine mögliche Alternative.

    Wenn Sie zu zweit (oder mehrt) fahren, gibt es da natürlich noch das Schöne-Wochenende-Ticket für 39 Euro.

    Kai

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