Die optimierte Einstufenrakete – Teil 2
Nachdem ich mich gestern mit der Möglichkeit die Nutzlast einer einstufen Rakete auf Basis von Space Shuttle Komponenten beschäftigt habe und dabei die Möglichkeiten durchgespielt habe, kommen wir heute zur Praxis: Was wird davon umgesetzt und wo?
Wie zu erkennen ist, ist der Tank heute gar nicht mehr so bestimmend für die Leermasse. Innendruckstabilisierung und leichte Legierungen machen diesen relativ leichtgewichtig. Was eher ein Problem ist und in unserem Beispiel gar nicht vorkommt, sind strukturell verstärkte Teile die den Schub von Feststoffraketen aufnehmen. Auch hier konnte beim Shuttle Tank die Trockenmasse um ein Fünftel reduziert werden, indem diese wegfielen. Der Tank wiegt bei Treibstoffen mit einer hohen Dichte wie LOX/Kerosin oder NTO/UDMH typischerweise weniger als die Hälfte der Startmasse, oft nur ein Drittel. Bei der Atlas ICBM waren es nur 2,4 t von 5,5 t Trockenmasse trotz 115 t Treibstoff. Allerdings war dieser schon so dünn, dass er für die Aufnahme von Oberstufen verstärkt werden musste. Er setzte Innendruckstabilisierung ein, genauso wie die EPC der Ariane 5G bei der der Tank 6,2 t bei 158 t Treibstoff wiegt. Bei dieser Stufe ist wie bei allen Stufen mit Wasserstoff der Anteil des Tanks an der Startmasse höher, weil die Dichte der Treibstoffe geringer ist und diese etwa dreimal mehr Volumen benötigen. Bei LOX/LH2 Stufen wiegt der Tank typisch 40-60% der Startmasse.
Die einzige Stufe die einen Treibstofftank abtrennt, ist die Breeze-M auf der Proton, wo die kleine Breeze-KM der Rokot durch einen ringförmigen Tank ergänzt wurde, der nach der ersten Brennperiode abgeworfen wird. Dies ist nur möglich, weil diese Stufe Treibstoffe mit hoher Dichte einsetzt. Bei LOX/LH2 wo es durch die hohe Leermasse viel eher lohnen würde, scheitet dies bei Oberstufen oft an geometrischen Gründen und die unteren Stufen bei denen man noch die Oberstufe zum Trockengewicht hinzurechnen muss profitieren kaum von dem verlorenen Leergewicht, weil es klein im Vergleich zur Oberstufe mit Nutzlast ist.
Was bleibt ist das Abtrennen von Triebwerken, zumindest bei Erststufen. Oberstufen werden heute so ausgelegt, dass sie gerade den benötigten Schub aufweisen und nicht mehr. Das führt dazu, dass man inzwischen der Centaur (obwohl sie seit der ersten Version um 50% schwerer wurde) das zweite Triebwerk entzogen hat. Da zumeist auch nur ein Triebwerk eingesetzt wird, gibt es auch wenig zum Abwerfen. Die einzige Rakete, die ihre Triebwerke im Flug abwarf war die Atlas. Sie hatte drei Triebwerke: Zwei leistungsstarke äußere und ein schubschwächeres in der Mitte. sobald eine bestimmte Beschleunigung erreicht wurde, wurden die Ventile zu den äußeren Triebwerken geschlossen und die mitsamt des sie haltenden Schubrahmens abgesprengt. Erstaunlicherweise klappte das auch fast immer – die einzige dem Autor bekannte Ausnahme war just ein Fehlstart im Rahmen des Mercuryprogramms.
Das Cross-Feeding ist die theoretisch idealste Möglichkeit eine Rakete aufzubauen. Sie hat mehrere Vorteile. So kann man eine Rakete modular aus identischen Stufen aufgebaut werden, die gemeinsam gezündet aber nacheinander jeweils nach dem Ausbrennen abgetrennt werden. Da der Masseverlust mit dem Treibstoffverbauch korreliert, kann man auch die Triebwerke gleich mit abtrennen, also ein komplettes Modul. Die Falcon Heavy wird dies erstmals erproben – zumindest wird dies vage angekündigt – ob es klappt wird sich zeigen, denn nun muss man ein Netzwerk von Treibstoffleitungen unter den Stufen aufbauen. Bestimmte Leitungen dann wieder schließen und pyrotechnisch durchtrennen und es muss auch funktionieren, wenn die Stufen die ja nun miteinander befestigt sind auch vibrieren und sich bewegen. Ich vermute es wird wie viele andere Ankündigungen von SpaceX nicht umgesetzt werden.
Bei der Falcon heavy wäre der Nutzen offensichtlich: Aus einer zweistufen Rakete würde eine (im Idealfall) dreistufe Rakete werden. Das sehr hohe Massenverhältnis von 15:1 zur zweiten Stufe würde durch zwei von 2:1 und 7:1 ersetzt werden. Das soll rund 15% mehr Nutzlast bringen.
Einstufige Trägerrakete bis 1,6 Tonnen Nutzlast mit ballistischen Pause während des Starts.
Um die Effektivität des Trägers mittels Senkung der Strukturmasse zu erhöhen, bietet sich die Möglichkeit eine Einstufigerakete für kleine Nutzlasten. Von besonderen Bedeutung ist aber die Wahl des einzellnen Triebwerks mit der Option auf ein drei Komponententriebwerk zu wechseln.
Wir haben schon vor Jahren folgende Daten präsentiert:
Startmasse – 140 Tonnen
Trockenmasse – 8,4 Tonnen
Treibstoffmasse – 131,36 Tonnen
Triebwerkschub – 210 Tonnen
Spez. Impuls – 337s
Bei einer Brenndauer von rund 600-800 Sekunden haben wir ein Nutzlastspektrum von 155 kg bis 1640 kg für 200-800 km Bahnen. Bei einer ballistischen Pause von 622 bis 1389 Sekunden haben wir eine etwas höhere Nutzlast von 50 bis 263 kg. Umfangreiche Tabellen liegen mir vor.
Noch zu der wichtigen Strukturmasse:
Strukturmasse der ersten Stufe von Sojus-5 = 13 Tonnen, Treibstoff 170 Tonnen
Strukturmasse der Booster des 80-190 Tonnen Trägers = 25 Tonnen, Treibstoff 360 Tonnen
Moin Jewgeni-7,
> Bei einer Brenndauer von rund 600-800 Sekunden
Bei diesem Tankinhalt, 210 Tonnen Schub und einem ISP von 3300m/s komme ich auf 210 Sekunden unter Volllast, und selbst mit anderhalb Tonnen Nutzlass hätte die Kiste dann 20g, und bei 150kg Nutzlast sogar 23g auszuhalten. Um 800 Sekunden Brenndauer zu erreichen müsste das Triebwerk auf 20% bis 25% drosselbar sein, ohne Verluste beim Impuls zu haben.
ciao,Michael
Cross-feeding ist patentgeschützt. Es hat die Patentnummer US6488237 B1. Kann es nicht einfach sein, dass die Patentgebühren eine Anwendung blockieren? Kraftstoffleitungen trennen ist ja kein Hexenwerk und wurde schon bei der Atlas praktiziert.