Ein Vorschlag für die NASA und SpaceX

Ja, ihr werdet es nicht glauben, aber ich denke es gibt wirklich eine Möglichkeit wo sich SpaceX engagieren könnte und die ich sogar selbst gutheißen würde. Die NASA hat ja das Problem, das sie nun nach Obamas Ausstieg aus Constellation das einstellen soll, aber der Kongress den gegenteilligen Auftrag erteilt hat, also eine billige Form der Schwerlastrakete Ares V, nun unter der Bezeichnung SLS (Space Launch System). Sie selbst will sich nicht von der Orion trennen. Beides wird in den nächsten Jahren teuer, aber das NASA Budget wird real sinken, auch weil es einen Beschluss gibt, dass die US-Regierung sparen muss und den setzt man eher bei der NASA als beim Wehretat um.

Dabei gibt es für das SLS ja keinen Einsatz. Die Frage die ich mir stelle ist: warum bewirbt sich hier nicht SpaceX? Nach dem Konzept der Falcon Heavy könnte sie auch eine Falcon Superheavy entwickeln. Sie müssten nur anstatt zwei deren sechs Booster neben die Zentralstufe montieren und diese zuerst zünden. Schon hätten sie eine Trägerrakete für 100-110 t Nutzlast. Wenn das nicht reicht kann man an den äußeren Ring weitere Booster montieren. Ein Ring aus 9 Boostern, 6 als Innenring und 1 Zentralstufe müsste in dreistufiger Bauweise (12-3-1) über 200 t in den Orbit befördern. (Geschätzt: 240)

Die Stufen werden entwickelt, sie müssen nur kombiniert werden. Die Entwicklungskosten sind gering und wenn man sie braucht, (wenn überhaupt) kann man sie aus der laufenden Falcon Produktion entnehmen. Was  benötigt wird ist nur eine neue Startrampe. Die NASA könnte Milliarden einsparen und müsste nicht andere Etats beschneiden und SpaceX hat endlich die Position die sie immer haben wollen, als zentrales Element der US-Raumfahrt mit reichlichen Regierungsaufträgen.

Voraussetzung wäre nur, dass die Angaben von SpaceX korrekt sind, also die Falcon 9 eine echte Engine-Out Capability hat. Ein solcher Vorfall ist natürlich bei immer mehr Triebwerken immer wahrscheinlicher, aber die Auswirkungen (Schubverlust) immer kleiner. Da die Merlin 1D zum Ende der Flugphase der ersten Stufe auf 70% des Schubs gedrosselt werden sollen, kann man in einer Stufe in der ein Triebwerk ausfällt sie einfach länger mit 100% betreiben und so den Treibstoff vollständig aufbrauchen.

Also klappen müsste eigentlich alles. Warum nur bewirbt sich SpaceX nicht um den SLS Kontrakt?

Nun bin ich ja, das wisst ihr SpaceX-Kritiker, primär weil die Firma einen enorm nervt mit der Geheimnistuerei um alles was sie wirklich machen, nicht einmal Basisinformationen dazu zur Verfügung stellen und im Gegenzug enorm bedeutungsvolle Ankündigungen machen oder sich selbst in den Himmel loben. Aber bisher haben sie mit wenig Geld eine Rakete konstruiert. Ob das Konzept auf Dauer tragfähig ist zeigt sich wie bei allen Raketen erst im Laufe der Zeit (auch das EELV war ja anfangs noch billig und die Ariane 5 brauchte anfangs auch keine Zuschüsse). Aber warum dann nicht Milliarden einsparen und ihr die Entwicklung der SLS übertragen?

Diese halte ich nämlich für so überflüssig wie einen Kropf. Für jede Rakete, egal ob es die Scout für 200 kg Nutzlast ist oder Saturn V mit 130 t brauche ich Nutzlasten. Wenn ich diese nicht habe, wird sie nicht gebaut. Das erging der Scout so, als die Satelliten zu groß wurden (und nun auch der Pegasus) und der Saturn V. Die Saturn V wurde eingestellt als nach dem Ende des Mondprogrammes die Nutzlasten ausgingen. Die USA haben sogar noch zwei komplette Raketen übrig.

Nun will die NASA sich nicht von Orion trennen, hat es in MPCV umbenannt und hat seinen Jungfernflug 2014. Nur wofür? Die Versorgung der ISS soll nun ja mit CCDev erfolgen, da wird in einigen Monaten bekanntgegeben, welche zwei Firmen einen Entwicklungsauftrag bekommen. Ein drittes System braucht man nicht und dafür ist das MPCV auch nicht gedacht.

Das SLS ist dann ein System mit mindestens 70 t Startmasse – nur was soll es transportieren?  Für ISS-Module ist sie zu groß und eine Erweiterung ist nicht vorgesehen. Es gibt zwar Träume für riesige astronomische Satelliten, nur kosten riesige astronomische Satelliten auch astronomische Summen. Das einzige was nach heutigem Stand der Technik denkbar ist, wäre eine Mondumrundung mit dem MPCV. Denn es gibt ja auch kein Programm für Mondlandeunternehmen oder den Mars – und wird es bei kleineren Etats auch nicht geben. Warum also nicht eine Rakete die keiner brauchen kann billigst entwickeln lassen? Und da ist dann SpaceX gerade recht, die machen das sicher billiger als ULA, die praktisch das gleiche könnten, sie müssten nur um die Atlas 5 noch sechs weiter CCB anbauen und hätten eine Rakete in der richtigen Größe.

9 thoughts on “Ein Vorschlag für die NASA und SpaceX

  1. Bei 16 mal einer Falcon 9 sind das 16*9=144 Triebwerke. Hat ein Merlin 1D eine Zuverlässigkeit von 99% (1% Ausfallwahrscheinlichkeit), macht das bei 144 Stück also nur noch 23,5% Zuverlässigkeit insgesamt. Mindestens 1-2 Triebwerke werden also ausfallen…

  2. Ich erkenne da leichte Ironie 😉
    jetzt muß man mal die Stochastik bemühen, mit welcher Wahrscheinlichkeit maximal N Triebwerke ausfallen…

  3. Lieber Bernd,

    ich gebe Dir recht, dass die Bündelung mittelstarker Zentralstufen der erfolgversprechendste Weg ist, mit überschaubarem Budget eine super heavy Rakete zu bauen. Man muss dafür keine neuen Triebwerke entwickeln, und der Aufwand für die Strukturverstärkungen an den inneren Stufen sollte überschaubar sein. Zugleich sollte die Serienproduktion die Kosten für die Anfertigung der jeweiligen „common booster cores“ drücken. Für nötige Service-Gebäude und Startplattformen gilt wahrscheinlich ebenfalls, dass „breit“ (= Bündelrakete) wahrscheinlich günstiger ist als „hoch“ (= Saturn V, Ares etc.).

    Durch Cross-Feeds könnte die „Falcon 9 * 7“ möglicherweise sogar so betrieben werden, dass alle Triebwerke am Boden zünden, und die leeren Raketenstufen aus dem Ring paarweise abgeworfen werden. So verringert man schnellstmöglichst die Strukturmasse. Allerdings ist es auch nicht gerade einfach zu implementieren, dass anfangs die Triebwerke von dreieinhalb Stufen aus jeweils nur einem Tank versorgt werden. Beim insgesamt nicht viel schlechteren Stufenkonzept 4-2-1 (d.h. zuerst werden vier Außenstufen abgetrennt, dann zwei, dann fliegt die letzte Stufe alleine weiter) sind die Treibstoffflüsse aber nicht viel höher als bei einer Falcon Heavy, die ja ebenfalls cross feeds haben soll.

    Zwar waren in der Vergangenheit diverse Bündelraketen von Unzuverlässigkeit geplagt, doch sollte moderne Computertechnik den Unterschied machen: Wenn man genügend viele Sensoren (Druck, Temperatur, Kraft, Kameras etc. pp.) anbringt, dann sollten sich anbahnende Ausfälle einzelner Komponenten frühzeitig genug erkannt werden, um die jeweilige Komponente noch rechtzeitig abschalten zu können, bevor es zu Folgefehlern an weiteren Komponenten kommt. Auch kollektiven Effekten – z.B. Pogoschwingungen – kann man in vielen Fällen durch gezielte Gegensteuerung (z.B. antizyklische Schubsteuerung einzelner Triebwerke) beikommen.

    Nur jetzt, lieber Bernd, bitte Hand auf’s Herz: Wie würdest Du und andere SpaceX-Kritiker reagieren, wenn SpaceX morgen eine solche „Falcon Super Heavy“ ankündigt? Würdet Ihr nicht sagen, dass SpaceX erstmal die „Heavy“ erfolgreich in die Luft (und ins All) bekommen soll, bevor sie gleich die übernächste Generation ankündigen? Und wärt Ihr nicht voll der Häme für NASA, wenn sie die Super Heavy ordert, bevor die Heavy geflogen ist, und sich dann nach zwei Testflügen der Heavy herausstellt, dass das Konzept doch nicht funktioniert?

    Von daher ist es für die Raumfahrtentwicklung schon gut, wenn SpaceX ambitioniert bleibt und technisch extrem anspruchsvolle Konzepte (z.B. vertikale Landung von benutzten Unterstufen) weiterverfolgt. Als Produkt sollten sie aber nur solche Entwicklungen verkaufen, die sie überblicken können, und da ist schon die Falcon Heavy ein gewaltiger Schritt, geschweige denn die Falcon Super Heavy.

    Kai

  4. @Kai Du hast Dich auf einen Punkt konzentriert, und den Rest weggelassen.

    Der Kernpunkt meiner Aussage ist: Die SLS ist überflüssig wie ein Kropf. Und wenn ich die Rakete nicht brauche, weil ich keine Nutzlasten habe, dann lasse ich sie möglichst billigst entwickeln, denn dann ist es wurst ob sie funktioniert oder nicht.

    Wenn der Kongress ein Gesetz verabschiedet, dass die NASA verpflichtet eine Rakete mit 130 t Nutzlast zu entwickeln, ohne das die NASA so was überhaupt in ihrem Haushaltsentwurf drin hat, dann sollte man genau das machen.

  5. Ich sehe aber auch ein Problem mit der Bündelung, die N1 hatte ja deutlich weniger Triebwerke (30 vs 144) und ist trotzdem daran gescheitert. Wie Kai schon schrieb geht das möglicherweise mit moderner Computertechnik aber irgendwie zweifle ich etwas daran.

  6. Nutzlast für eine Superrakete könnte dieses Projekt werden:
    http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/15072012152026.shtml
    Wo genau das dann hinfliegen soll und die Finanzierung sind allerdings noch offen. Und nur mit schönen Sprüchen lassen sich solche Projekte eben nicht realisieren, dazu ist schon allerhand Geld nötig.
    Eine Bündelrakete mit derartig viel Triebwerken halte ich auch für problematisch. Wenn man schon vorhandene Stufen verwenden will, warum dann nicht für den äußeren Ring einige Shuttle-Booster? Im Gegensatz zur Falcon 9 werden die schon lange in Serie produziert.

  7. Liesse sich an die Falcon Heavy, denn so einfach ein deutlich größeres fairing anbringen? Auch wenn die Rakete ohne Nutzen gebaut wird, so sollte sich doch nutzbar sein. Und selbst für die FH ist das jetzige fairing ja teilweise zu knapp.

  8. Hallo Atlan. Man muss die Fairung nur an der Zentralstufe anbringen. Sie kann ja relativ massiv sein, das kostet zwar etwas Nutzlast, aber die Zentralstufe kann die Lasten aufnehmen (bei der Falcon Heavy wiegt die Oberstufe etwa 70 t, dazu kommen 53 t Nutzlast – 123 t, mehr als die rund 100-110 t Nutzlast).

    Fälle von so (für die ursprüngliche Rakete) überdimensionierten Nutzlastverkleidungen gab es schon wie bei der Titan IIIE, aber auch der Atlas 500 Serie.

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