Nur 5% der Mittel die man ins All bläst …
wären sicher für viele Astronomen eine wundersamer Geldregen. Ich habe in der aktuellen SuW einen Artikel über 50 Jahre Röntgenastronomie gelesen. Da fiel mir eine Zahl auf: 5 Milliarden Dollar. Das ist nach diesem Bericht zufolge der gesamte weltweite Etat für Weltraumastronomie.
Nun war Astronomie schon immer Großforschung, wenn man berücksichtigt, was man an Geld in die Hand nehmen muss. Ein Teleskop ist eben teuer, aber es ist auch sehr langlebig und kann sehr lange genutzt werden. Die Teleskope auf dem Mount Wilson und Mount Palomar, die in den zwanziger und vierziger Jahren entstanden sind zwar für heutige Verhältnisse nur noch mittelgroß, aber sie arbeiten noch immer, nun eben mit elektronischen Detektoren anstatt Fotoplatten. Was sie mehr beeinträchtigt ist die Zivilisation und ihre Lichtverschmutzung.
Gemessen an den Investitionen sind die Unterhaltskosten überschaubar. Nehmen wir ein Beispiel. Das Teleskop „Gran Telescopio Canares“ kostete 130 Millionen Euro, die jährlichen Unterhaltskosten liegen bei 9 Millionen Euro. Dafür bekommt man ein Teleskop mit 10,4 m Durchmesser.
Geht man in den Weltraum wird es teurer. Das ist naturgegeben. Das gilt sowohl für den Satelliten wie die Mission. Das diese nur 7% der Herstellungskosten pro Jahr beträgt dürfte eher unwahrscheinlich sein. Trotzdem kann ich Weltraumobservatorien nicht über Jahrzehnte nutzen und nicht dem wissenschaftlichen Stand anpassen (dafür geht ja auch ein Großteil der Unterhaltskosten bei erdgebundenen Teleskopen mit drauf).
Nun ist unbestritten, dass wir in den Weltraum müssen um jenseits des sichtbaren Lichts und einiger Fenster die es noch gibt zu beobachten, doch wie viel sollte man dafür ausgeben? Ich denke die bodengestützte Astronomie wäre froh, wenn es nur 4,5 Milliarden Dollar wären und 500 Millionen, also 10% dieser Summe für erdgebundene Astronomie zur Verfügung stehen würden.
Die ESO hatte 2004 ein gesamtes Budget von 100 Millionen Euro. Das der ESA, als vergleichbare Weltraumorganisation im selben Jahr 3173 Millionen Euro. Trotzdem wird die ESO ein 40 m Teleskop erreichten (gut, da gibt es Zuschüsse und Brasilien das hinzustößt bringt auch was ein), das trotz sechsmal größerem Hauptspiegel nur ein Siebtes des JWST kosten wird.
Kurzum: irdische Astronomie ist vergleichsweise preiswert. Eine um so größere Schande ist es, wie es um die deutsche Forschung mit Teleskopen aussieht. Jahrhundertelang waren deutsche Wissenschaftler führend in der Astronomie. Wer sich mit deren Geschichte auskennt der stolpert immer wieder über deutsche Namen. Der erste und zweite Weltkrieg führten zu einer Zäsur, in der man den Anschluss verlor. Unter der sozialliberalen Koalition schien e,s als würde man mit dem Bau von neuen Teleskopen von 2,2 und 3,5 m Größe den Anschluss gewinnen, doch seitdem (Anfang der achtziger Jahre) passierte nichts mehr.
Schaut man sich die Liste der größten Teleskope an, So ist das größte deutsche das Calar Alto Teleskop auf Platz 33. Davor sind nicht nur andere Nationen mit astronomischer Tradition platziert wie Frankreich, England oder die USA, wir wurden inzwischen von China, Australien und Südafrika überholt.
Weitgehend in den Nachrichten ging unter, dass vor einigen Wochen zwei neue deutsche Teleskope eingeweiht wurden, das 2 m Teleskop auf dem Wendelstein und das Sonnenteleskop GREGOR mit 1,5 m Durchmesser, immerhin Europas größtes Teleskop für die Sonnenforschung. Beide Teleskope setzen Rekorde. Das Wendelstein Teleskop ist das größte in Deutschland (vorher war es das Alfred Jensch Teleskop in Tautenbrug mit 1,38 m Öffnung das größte), wenn man nur die BRD nimmt, so ist es noch schlimmer, da war vorher das 1 m Teleskop der Hamburger Sternwarte. Dessen Größe wurde inzwischen schon von zahlreichen Privatsternwarten übertroffen. Das Wendelstein Observatorium kostete 8,5 Millionen Euro, das war scjon teuer, weil rund 600 Helikopoterflüge auf den Berg nötig waren. Nur mal als Vergleich: Unser Stadtrat hat für einen Stadtteil den Bau einer neuen Grundschule für 10,6 Millionen Euro beschlossen. Das ist schon mehr und Ostfildern ist nicht gerade eine riesige Stadt (und wie schon gesagt – Teleskope leben länger als Schulen).
Nur mal ein Gedanke, was wäre, wenn …
… die BRD 5% ihres Weltraumetats für den Bau neuer Teleskope ausgeben würde. Die aktuellen Zahlen habe ich leider nicht, zur Zeiten der Rot-Grünen Koalition gaben wir 1,8 Milliarden Euro für Weltraumfahrt aus, nehmen wir an heute sind es 2 Milliarden, davon 5% sind 100 Millionen im Jahr. Das soll mal über 10 Jahre aufrecht erhalten werden, was könnte man damit finanzieren?
Da Unterhaltskosten anfallen (ich rechne mal mit 9% des Anschaffungswerts) hätte man nach 10 Jahren 678 Millionen in Hardware investiert, die restlichen 322 Millionen entfallen auf Unterhaltskosten. Danach braucht man für den laufenden Betrieb 61 Millionen Euro pro Jahr.
Was bekommt man dafür?
1 Teleskop mit 10,4 m Spiegeldurchmesser (130 Millionen Euro)
2 Teleskope mit 8,2 m Spiegeldurchmesser (150 Millionen Euro)
4 Teleskope mit 6 m Spiegeldurchmesser (200 Millionen Euro)
5 Teleskope mit 4 m Spiegeldurchmesser (125 Millionen Euro)
10 Teleskope mit 2 m Spiegeldurchmesser (73 Millionen Euro)
Die Preise habe ich an den bekannten Herstellungskosten von existierenden Teleskopen genommen. Damit würde Deutschland wieder auf Platz 2 aufrücken, hinter den USA. Gemessen an der Teleskopzahl sogar auf Platz 1.
Für Laien: Ich habe mehr kleine Teleskope angesetzt, weil natürlich die Kosten ansteigen. Wenn man keine neue Technologien einführt die die Kosten drastisch reduzieren (wie segmentierte Spiegel), ist ein Teleskop mit doppeltem Spiegeldurchmesser sechsmal teurer. Natürlich erlaubt es auch die Beobachtung lichtschwacher Objekte, doch da es praktisch nie genügend Beobachtungszeit gibt, ist es sinnvoller einen Mix von großen und kleinen Instrumenten zu haben. Das erlaubt es auch Objekte dauerhafter zu beobachten, denn wie schon gesagt – Beobachtungszeit ist kostbar. Natürlich würden diese Teleskope vor allem außerhalb von Deutschland stehen, weil bei uns die Lichtverschmutzung groß ist und es wenige Plätze mit guten Beobachtungsbedingungen gibt, doch das ist bei den USA und anderen Nationen auch so.
Derzeit hat Deutschland übrigens nur zwei Teleskope der 2 m Klasse und eines mit 3,5 m. Nur mal als Vergleich.
Übler ist eigentlich nur noch die Werkstoffwissenschaft dran – würde man der Forschung auf der Erde nur 1% der Milliarden die für den ISS Unterhalt (das einzige erwähnenswerte dort ist die Material- und Werkstoffforschung, die biologische und medizinische Forschung wäre unnötig, wenn es keine bemannte Raumfahrt gäbe, dient also eigentlich nicht der Forschung sondern diese voranzutreiben), die Forscher würden wohl nicht wissen was sie mit dem Geldregen machen sollten ….
.. Aha, so ist das! Verständlich, das Herr Ackermann seinerzeit – aus der Erdenperspektive – von „peanuts“ gesprochen hat .. Aus dieser Entfernung wirkt dann eben alles nur noch ganz klein.
Grüßle aus der Fuggerstadt, wo das Banker(un)wesen
seinen Ursprung hat
Heidrun