Die Erforschung der Venus und die Spekulationen über Leben – 3

Leben auf der Venus

Wenn man heute nach Orten im Sonnensystem sucht, wo es Leben geben könnte, dann sucht man sicher nicht auf der Venus danach. Die Temperaturen auf der Oberfläche sind so hoch, dass selbst einige Metalle schmelzen würden, der Druck ist so hoch wie im Meer in 900 m Tiefe und in höheren Wolkenschichten gibt es ätzende Minorbestandteile wie Schwefeldioxid und Flusssäure. (Nicht wie immer behauptet wird an der Oberfläche, was herunter regnet verdampft und dissoziiert längst bevor es den Boden erreicht). Doch während man heute Leben auf Mars und Europa vermutet und sich welches auf Titan in einer fernen Zukunft vorstellen kann (wenn sie Sonne zum roten Riesen wird, wird es auf Titan gemütlich warm und dort liegt alles was sich für eine ordentliche Ursuppe benötigt wird in rauen Mengen vor). so war es früher en Vogue über Leben auf der Venus zu spekulieren.

Venera 13 PanoramaDafür sprach, dass die Venus fast genauso groß ist wie die erde, fast die gleiche Masse aufweist und so dieselbe Schwerkraft aufweist und auch eine ähnlich große Oberfläche. Die Wolken bildeten einen dichten Schleier, der aber auch vor zu intensiver Sonneneinstrahlung schützt, sonst wäre es wegen des geringeren Abstandes zur Sonne zu heiß und wenn wie man lange annahm, die Wolken aus Wasserdampf bestehen, so muss dort viel Wasser vorhanden sein und damit alle Grundvoraussetzungen für Leben.

In der Tat gab es die meisten Spekulationen über außerirdisches Leben auf der Venus. Noch in diesem Jahrhundert gab es Spielfilme wo Raumfahrer auf der Venus landeten und dort eine tropische, urweltliche Flora mit Dinosauriern vorfanden. Die Spekulationen sind aber viel älter. Die ersten Überlieferungen kamen von Bernard de Fontenelle, der 1686 ein Buch veröffentlichte über dem er über außerirdisches Leben sprach. Demnach sind die Venusbewohner kleine schwarze Männchen, vergleichbar den Mauren von Grenada, voller Feuer, bewandert in Poesie und Gesang und geistreich und amourös. Sie verfassen vor allem Gedichte in denen sie ihre Frauen rühmen.

Eine erstaunliche Beschreibung, die eigentlich nur durch die Bewohner des Merkurs übertroffen wird, die durch die Hitze völlig verrückt geworden sind. Fontenelles Schrift könnte man als Gegenentwurf zum geozentrischen Weltbild sehen – während die Kirche damals noch meinte nur auf der Erde gäbe es Leben und sie hätte eine herausragendes Stellung (auch in der Himmelsmechanik), postuliert Fontanelle praktisch überall Leben.

Ishtar TerraCamille Flammarion publizierte 1894 ein Buch „Popular Astronomy“, in dem er sich auch über die Venusbewohner ausließ. Etwa zu dieser Zeit kam auch ein Marsboom auf, ausgelöst durch die Entdeckung von Kanälen auf dem Mars und ein Hobbyastronom Percival Lowell veröffentlichte zahlreiche Schriften über den Mars und die Marsianer. Damit schien auch höheres (intelligentes) Leben auf der Venus wieder möglich. So spekulierte C.E Housden über die bekannten Tatsachen welche Einflüsse diese auf die Entwicklung von Leben haben müssten. Die 225 Tagesrotation die man annahm hat z.B. zur Folge, dass sich Wasser auf der Nachtseite auskondensiert, dort Gletscher wachsen, die dann irgendwann in die Region kommen, wo der Tag anbricht. Nur dort schmilz das Wasser (auf der Tagseite ist es dann wieder zu heiß für größere Gewässer) und die Venusbewohner müssen dann ein Leitungsnetz bauen um das Wasser in die Regionen zu leiten in denen sie es brauchen. Er kam zu dem Schluss, dass siw wohl Kanäle betrieben wie sie auch die Marianer in jeder Zeit noch hatten.

Selbst Svante Arrhenius lies sich über die Venus und ihr Klima aus. Er erkannte als erster den Treibhauseffekt und postulierte eine Venus die so aussieht, wie die Erde vor 300 Millionen Jahren im Karbon. Die Durchschnittstemperatur berechnet er zu 47°C, die Luftfeuchtigkeit sei sechsmal so groß wie bei der Erde. Bis in 5 km Höhe sei die Atmosphäre mit Wasserdampf gesättigt und alles wäre daher völlig nass und es würde viel regnen. Die Wolkengrenze würde in 10 km Höhe liegen und den Planeten vor direktem Sonnenlicht schützen. Nachschub bekämen die Wolken von der gesättigten Bodenschicht. Es gäbe eine rasche Rotation der oberen Wolkenschicht angetrieben durch die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, aber keine Winde an der Oberfläche. Dagegen würde es viel regnen (übrigens violetter Regen) und alles würde sich achtmal schneller auf der Oberfläche zersetzen (was eine Vegetation impliziert).

Venus gesehen von Pioneer VenusDie Oberfläche sei mit Sümpfen überzogen, vergleichbar denen auf der Erde nur 30° warmer. Durch die Hitze gäbe es eine viel Vegetation, aber nur primitive Formen, vor allem Pflanzen der einfacheren Art, wahrscheinlich dachte er an Schachtelhalme oder andere Pflanzen wie wir sie aus dem Karbon kennen, ohne geschlechtliche Vermehrung und ohne Blüten. Sie würden rasch zu Graphit und dann Kohle werden – hier dachte er nicht weiter, denn wenn dem so ist so müsste es bald keinen freien Kohlenstoff mehr geben, da er dann vollständig fossil gebunden ist. An den Polen wo es 10 Grad kälter ist mögen sich höhere Formen von Leben gebildet haben, die sich dann Richtung Äquator ausbreiten. Er prophezeit sogar für die Zukunft, wenn seiner Ansicht nach die Temperaturen sinken das Auftreten noch höheren Lebens, ja vielleicht sogar intelligenten Lebens.

Noch 1955 schrieb der Russe Tikhow, dass seiner Ansicht nach das gelbe Licht darauf hindeutet dass die Venus belebt ist. Es würde von den Pflanzen stammen, die sich wegen der größeren Nähe zur Sonne mehr auf den energiereicheren gelben Spektralbereich konzentriert haben. Auch er vertrat die Meinung die Venus wäre wie die Erde vor 100 Millionen Jahren. Nun ja nun wissen wir immerhin woher die Spielfilmmacher die Ideen mit den Dinosauriern herhaben.

Im selben Jahr versuchte Sir Fred Hoyle eine Erklärung warum man keinen Wasserdampf  in der Atmosphäre fand. Er postulierte wie andere, zumindest früher eine reiche Vegetation die viel Erdöl produzierte. Ohne Ozonschicht zersetzt die UV-Strahlung aber Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff. Der Wasserstoff ist zu leicht, das der kleine Planet ihn halten kann, er entweicht und der Sauerstoff verbindet sich mit dem Öl, er oxidiert es. Das ganze endet wenn entweder Wasser oder Öl aufgebraucht ist. Bei der Venus sei das erste der Fall. Immerhin liefert die Theorie eine erste Erklärung für eine reine Kohlendioxidatmosphäre. Er begründet auch die langsame Rotation mit dem Öl. Es gäbe ganze Ozeane davon und die Gezeitenreibung hätte die Venus auf die langsame Rotation abgebremst – was er übersah ist dass man für Gezeiten einen Mond benötigt und den hat die Venus nicht. Ohne Mond würde sich auch unsere Erde noch in 6 Stunden um die eigene Achse drehen

Sir Fred Whipple D.H. Menzel wiedersprachen dem und zogen die alten Messungen von Lyot heraus, der 1929 Wasser in der Atmosphäre nachweis. Demnach wäre die Venusoberfläche vollständig mit Wasser bedeckt, da man dann noch Kohlendioxid entdeckte mutierten die Ozeane zu einem riesigen 12000 km großen Sodawasserozean. H.C. Urey, der zur gleichen Zeit Experimente über die Bedingungen der frühen Erde machte, widersprach dem und schrieb, dass eine heutige Kohlendioxidatmosphäre nicht möglich sei, wenn es nennenswerte Mengen an Wasser geben würde.

Venus im UV und IRNeuerdings gehen manche optimistischen Autoren davon aus, dass vielleicht sich auf der Venus sich früher Leben als auf der Erde bilden konnte, weil sie sonnennäher war. es dann aber von der Oberfläche flüchten musste und sich heute ind en Wolken wiederfindet. In der Mitte der Wolkenschicht gibt es in der Tat eine dünne Zone, die Temperaturen und Druck wie auf der Erde aufweist. Doch fehlt auch dort Wasser und die Winde tragen die Lebewesen auch nach unten wo es sehr schnell sehr heiß wird und nach oben, wo die UV-Strahlung alles abtötet.

Was gab es nun an Beweisen für Venusbewohner? Es gab nur einen, das war das immer wieder beobachtete „aschfarbene Licht“, Es tauchte immer wieder auf. Es war ein fahles Leuchten des Hemisphäre die eigentlich dunkel sein musste. Es wurden viele Beobachtungen 1759 und 1806 gemacht, wobei dies einer Differenz von 47 Erd- oder 76 Venusjahren entspricht, was eventuell zu einer religiösen Zeremonie passte, die alle 75 Venusjahre abläuft oder eine Festbeleuchtung zur Einführung des neuen Venusmonarchen. Daraus wurde eine Lebenszeit von 130 Venusjahren (80 Erdjahre) für die Venusianer) abgeleitet und passt natürlich gut zu einer Regierungszeit von 76 Venusjahren. Andere Erklärungen sahen darin das Abbrennen riesiger Urwaldgebiete die es ja auf der Venus in Hülle und Fülle geben musste um mehr urbares Land zu gewinnen. Das aschgraue Licht ist Realität, es wurde auch beobachtet nachdem man wusste das die Venus biologisch tot ist und erfahrene Amateurbeobachter haben es bis heute immer wieder gesehen.

Eine weniger prosaische Erklärung ist die, dass das aschgraue Licht eine Ähnlichkeit zu unseren Polarlichtern darstellt, auch diese kann man aus dem All beobachten. Die Venus sollte je nach Autor bis zu fünfzigmal mehr geladene Teilchen erhalten. Nur entstehen unsere Polarlichter an den Polen, weil der Sonnenwind vom Magnetfeld umgelenkt wird und nur an den Polen auf die Atmosphäre trifft, er wird also quasi fokussiert. Ohne diese Fokussierung trifft er die ganze Venusatmosphäre und das ist dann zu weit verteilt um es noch wahrzunehmen.

Heute scheint die beste Erklärung zu sein dass es Blitze sind deren Leuchtschein wir wahrnehmen. Alternativ könnte, wenn die Venus vulkanisch aktiv ist es auch der Widerschein sehr großer Eruptionen sein, die zusätzlich auch noch Blitze auslösen können.

Nach 50 Jahren Erforschung mit Raumsonden

… ist man heute zwar viel schlauer, aber vieles ist noch immer rätselhaft. Während wir vom Mars inzwischen eine sehr gute Vorstellung seiner Frühgeschichte haben und auch aktuelle Ereignisse interpretieren können, ist noch nicht geklärt wie sich die Venus entwickelt und ob sie heute noch unter dem Wolkenmantel geologisch aktiv ist. Das einzige was feststeht ist das es einen sich verstärkenden Treibhauseffekt gab. Das bedeutet die Temperaturnzunahme führte zu weiterer Gasfreisetzung (z.B. Verdampfen von Wasser, Freisetzung aus Gestein) und das steigerte die Temperatur weiter doch wie dies genau verlief, ist noch ungeklärt. Jede Theorie muss erklären, warum es kein Wasser auf der Venus gibt und so viel Kohlendioxid. Das Kohlendioxid selbst ist noch am besten zu erklären. Wir gehen von unserem heutigen Kohlendioxidgehalt in unserer Atmosphäre aus, wo es einen Anteil von 0,03% ausmacht. Das sind rund 800 Gt (Gigatonnen). Doch das ist nur der Rest des Kohlenstoffs der auf der Erde zumeist in anderen Senken steckt: Vegetation und Boden enthalten 2200 GT, also die dreifache Menge und gelöst im Wasser stecken 38.000 Gt, rund die 50-fache Menge. Fossiler Kohlenstoff findet sich in Erdöl, Erdgas, Kohle und vor allem Ölschiefer. Das sind auf der Erde 15 Millionen GT. Dazu muss man dann auch einen Teil der Sedimente aus Kalkgesteinen zählen, die von Meeresorganismen gebildet wurden. Die Schwäbische Alb besteht praktisch nur aus Kalkgestein, das von Algen und Kalkskelettbildenden Organismen im Jura ausgefällt wurde. Auch die Kreidefelsen von Rügen und Dove sind so entstanden und nicht umsonst heißen zwei ganze Erdzeitalter nach solchen Stoffen. Selbst wenn man dies weglässt, würde der mit Sicherheit einmal von Biomasse aus der Atmosphäre gezogener Kohlenstoff über 15 Millionen Gigatonnen umfassen. Das reicht für reine Kohlendioxidatmosphäre von 6 Bar Druck, mit dem Kalkgesteinen sogar für 30 Bar. Da ist man in einer ähnlichen Dimension wie bei der Venus. Berücksichtigt man, das noch mehr Kalkgesteine und fossiler Kohlenstoff durch dei Plattentektonik wieder in den Erdmantel gelangte so ist wahrscheinlich, dass die gesamte Kohlendioxidmenge die über die Erdgeschichte sich einmal in der Atmosphäre bfeand auch bei der Menge der Venus liegt.

WpolkenschichtenProblematischer ist es das fehlende Wasser zu erklären. Die Erlklärung der Photodissoziation durch UV-Strahlung ist verführerisch, sie ignoriert aber weitgehend, dass auch die erde über vier Fünftel ihrer Geschichte keine Ozonschicht hatte, Sie entstand erst als zwischen 1 Milliarden Jahren und 500 Millionen Jahren der Sauerstoff nicht mehr im Wasser gelöst werden konnte und an die Atmosphäre abgegeben wurde. Solange brauchten Organismen, um eine für uns atembare Atmosphäre aufzubauen. Wäre der Wasserverlust so hoch, dann hätte auch die Erde viel wasser verloren und das kann bei den derzeitigen Ozeanen nicht der Fall sein, denn sonst wären diese nur der kümmerliche Rest der übrig blieb.

Eine Möglichkeit ist, dass die Venus durch ihre Sonnennähe weniger des leichten Wassers hatte. Wir wissen das im Urnebel sich eine Fragmentierung einstellte. Im inneren die schweren Elemente und außen die leichten. Jupiter bis Neptun bestehen vorwiegend aus Gasen und die Monde und Plutoide auch vorwiegend aus Eis, mit nur wenig Gestein und fast keine Metalle wie der Eisenkern der Erde.

Eine zweite Erklärungsmöglichkeiten haben sowjetische Wissenschaftler skizziert. Demnach hatte die Venus ursprünglich eine noch dichtere Atmosphäre aus Wasserdampf und Kohlendioxid mit einem Druck von 260 Bar. Sie bewirkte einen so großen Treibhauseffekt, dass die Oberfläche sich bei 800°C verflüssigte und das Wasser konnte bei diesen Temperaturen mit dem heraustretenden unedlen Metallen wie Eisen reagieren. Es oxidierte diese, dadurch wurde der Sauerstoff gebunden und der Wasserstoff konnte die Venus verlassen. Als das Wasser aufgebraucht war, fiel die Absorption des Wasserdampfes weg und die Temperaturen sanken wieder.

Derzeit sind aber auch dies nur Spekulationen. Genauso rätselhaft ist die junge Oberfläche, ob die Venus noch aktiv ist (die Konzentrationen von Spurengasen nahmen zwischen Pioneer Venus und Venus Express ab) und warum sie so langsam retrograd rotiert. Für letzteres spricht eine Kollision mit einem Himmelskörper kurz nach oder bei der Entstehung des Protoplaneten. Dabei könnte die Venus auch viele flüchtige Stoffe wie Wasser verloren haben. Doch gegen diese Theorie spricht, dass die Rotationsachse nur um 3 Grad zur Senkrechen geneigt ist. Diese ideale Ausrichtung wäre doch sonst ein sehr großer Zufall.

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