Goldrausch auf der ISS

Eigentlich nimmt man solche Pressemitteilungen kaum war – wenn die NASA Ergebnisse aus Grundlagenexperimenten veröffentlicht. Diesmal waren es Ergebnisse eines Materialforschungsexperimentes. An der Außenseite der ISS war neben der US-Luftschleuse ein Tablett von Materialproben angebracht um festzustellen, wie sie sich im Weltraum über Jahre verändern. Derartige Experimente gab es schon bei Skylab und bei dem Satelliten LDEF, doch die ISS erlaubte es neuere Materialen, die eventuell für Marsmissionen zum Einsatz kommen zu testen. Es galt die Beständigkeit von Werkstoffen gegenüber Sauerstoff und Stickstoffatomen und die verursachten Oxidationen zu untersuchen wie auch die Eignung für Mikrometeoritenschutzschilde (Durchlöcherung).

Die Palette enthielt Materialproben in verschiedenen Aluminiumlegierungen, CFK-Werkstoffe, Kevlar, Kapton, Nextel und Mylarfolie. Für die Eignung als Mikrometeoritenschutzschilde wurden Aluminium, verschiedene Stahlsorten, Wolfram, Niob und CFK-Werkstoffe getestet. Die schweren Metalle mit hoher Zähigkeit wurden bisher nicht eingesetzt, die NASA erhofft sich von Ihnen einen besseren Schutz gegen größere Brocken, die beim Durchschlagen von Alumnium nicht zerbröseln.

Die Palette wurde nach vier Jahren bei einem Routine-Außenbordeinsatz geborgen und mit dem CRS1 Versorgungsflug zur Erde zurückgerbacht.

Gestern wurden nun die Ergebnisse veröffentlicht. Eine Randnotiz wurde weitgehend übersehen, doch dann hakte ein Pressevertreter nach: „In der Wolframprobe haben wir in den obersten 10 µm eine Konzentration von 70% Osmium 187, 188 und 192 gefunden, in 20 Mikrometer Tiefe waren es noch 20%, in 30 Mikrometer Tiefe 5 Prozent und darunter nicht nachweisbar“. Nur einer traute sich die Frage zu stellen „Was ist Osmium?“. Nun ein Chemiker wäre sofort hellhörig geworden. Osmium gehört zur Gruppe der Platinmetalle und ist eines der seltensten und teuersten Elemente die es gibt. Und es ist nicht gerade Billig. Ein Kilogramm kostet etwa 10.000 Dollar.

Doch wie kam es zu dem Metallfund? Die Abnahme in der Tiefe und das Finden von nur drei Isotopen lässt nur einen Schluss zu: Es entstand aus den Wolframisotopen W-183,184 und 186 durch Einfang eines Alphateilchens. als Folge erhält man ein Element mit einer Atommasse um vier höher und zwei Perioden rechts – Osmium. Diese drei Isotopen machen bei natürlichem Wolfram 73,57% aus, was auf eine fast vollständige Umwandlung der obersten Schicht hindeutet. Darauf deutet auch ein anderer Befund hin: 25% der obersten Schicht bestand aus 185-Rhenium. Dieses entsteht aus 182 Wolfram, das ein Alphateilchen einfängt. Das an sich stabile Osmium-186 ist danach noch so angeregt, dass es spontan ein Proton abgibt und dann 185-Rhenium bildet. Rhenium ist das seltenste Element auf der Erde, im August 2011 lag der Kilogrammpreis bei 4600 Dollar.

Die oberste Schicht war weitgehend Wolfram frei, nur noch 5% des Wolframs waren übrig geblieben. Doch nicht dieser wissenschaftliche Befund erregte Aufmerksamkeit, sondern das man Platinmetalle so relativ einfach synthetisieren kann. Die NASA versuchte das mit einer Presseerklärung abzuwiegeln und verwies darauf, dass schon die Schichtdicke von 10-20 Mikrometern eine wirtschaftliche Nutzung ausschließe und sie verwies auf den wissenschaftlichen Status der ISS. doch nachdem ein Lokalblatt in Houston mit „Goldrausch auf der ISS“ aufmachte, scheinen nun alle Dämme gebrochen. SpaceX kündigte die „Golden Dragon“ an. Ihr Dragon-Raumschiff wäre ideal für die Gewinnung von Osmium und Rhenium. Bedingt durch die Düsen aus Wolfram hätte man große Erfahrungen mit Wolfram und könnte ultradiane Folien herstellen die innerhalb weniger Monate zu 100% in Osmium und Rhenium umgewandelt werden. Die NASA müsste nur die Entwicklung mit 500 Millionen Dollar vorfinanzieren und in 1-2 Jahren könnte die Golden Dragon fliegen und bei jedem Flug 5000 kg Edelmetalle zur Erde zurückbringen.

Charlies Bolden auf diesen Vorschlag angesprochen verlor kurzzeitig seine Contenance. Bei den Transportpreisen von SpaceX von 80.000 Dollar pro Kilogramm wäre dies nicht lohnend, das wäre selbst im besten Fall achtmal teurer als der Gewinn den man auf dem Markt erzielen würde. Die Firma sollte sich lieber darauf konzentrieren die Falcon 1.0 zu bauen, die für den JASON-3 Flug vorgesehen war (wie kürzlich bekannt wurde hatte die NASA den Start auf einer Falcon „v1.0“ gebucht weil diese schon drei Flüge hinter sich hatte, Kriterium für die Buchung der NASA. Nun hat SpaceX keine Falcon 9 „1v.0“ nicht mehr weil zu viele Triebwerke bei den Testläufen ausfielen.

Doch Elon Musk lies nicht locker: Natürlich wäre die Golden Dragon keine Dragon Kapsel, sondern ein hauchdünnes Sonnensegel aus Wolfram. Es würde als Sekundärnutzlast gestartet und entfaltet, vor dem Wiedereintritt wieder eingerollt und so als Metallkugel vor der Hitze geschützt sein. Da nur die Nutzlast genutzt würde die bei ISS Starts übrig bleibt wäre ein solches Segel für Kosten von 2000 bis 3000 Dollar pro Kilogramm startbar, was für die NASA einen Reingewinn von 4000 Dollar pro Kilogramm bedeutet. Nach 125 t im Orbit wäre die Vorfinanzierung ausgeglichen, das könnte schon nach 3 Jahren der Fall sein. Danach wurde die NASA pro Jahr rund 200 Millionen Dollar durch die Edelmetallgewinnung im Weltall einnehmen.

Trotzdem scheint die NASA nicht interessiert zu sein. Eine Pressesprechern lehnte das Angebot mit dem Hinweis auf die Statuten der NASA und das Verbot in Konkurrenz zu Unternehmen zu treten (hier Bergwerksgesellschaften die die Elemente fördern und gewinnen) ab. Doch SpaceX sei es unbenommen selbst dieses Konzept umzusetzen.

Auf die Antwort von Elon Musk wird gewartet. Manche meinen, Musk könnte die geschäftliche Ausrichtung von SpaceX völlig ändern. Die Gewinnung von Edelmetallen im Weltall könnte viel gewinnbringender als die Durchführung von Starts sein, da der technologische Aufwand minimal ist. Kritiker meinen, dass die Rechnung nicht aufgehen könnte, denn Osmium und Rhenium werden kaum gefördert. Bei Rhenium betrug die weltweite Förderung im letzten Jahr nur 45 t, das bedeutet dass eine Gewinnung von 100 t Edelmetallen mit 25% Rhenium Anteil die Produktion um mehr als 50% erhöhen würde, was sich in einem Preisverfall ausdrücken würde. Auf der anderen Seite könnte eine Subvention durch das Militär kommen, denn beide Metalle sind wichtig für militärische Zwecke. Rhenium ist Bestandteil von hochtemperaturfesten Legierungen für Turbinenblätter, wie für Hochgeschwindgkeitsjets, Rhenium-Platinlegierungen werden für die Isomerisierung von Treibstoffen unter anderem High-Energy Jet Propellant ebenfalls für Düsenjäger eingesetzt. Der Einsatz dessen ist noch beschränkt, doch wenn die USA über sehr große Mengen an Rhenium verfügen würden, könnten sie erheblich mehr Treibstoff produzieren, der die Reichweite eines Jets um den Faktor 1,5 steigern kann. Osmium und Osmiumtetroxid ist ebenfalls ein wichtiger Katalysator in der organischen Chemie, z.B. für Hydrierungen und Stereoisomere. Schon lange bekannt ist, dass eine mit Rhenium-Platin ausgekleidete Brennkammer Hydrazin, aber auch Hydrazinderivate (MMH / UDMH) kalt zersetzt. Da es zu keinem Wärmeübergang auf die Brennkammer kommt liegt der spezifische Impuls derartiger Mischungen um 200 m/s höher als bei der thermischen Katalyse. Das würde die Lebensdauer von geostationären Satelliten um den 10% erhöhen. Bisher war dies zu teuer, der Treibstoff war billiger, das könnte sich ändern wenn die Metalle in großen Mengen zur Verfügung stehen.

8 thoughts on “Goldrausch auf der ISS

  1. Oh, so ein Mist!!!

    Also Bernd, mit diesem Beitrag hast Du es voll geschafft, mich herein zu legen. 🙁 Denn bis auf die üblichen Spitzen gegen SpaceX hab ich diesen Beitrag komplett für einen Chemiebeitrag gehalten… – Bis ich nach geguckt habe, wo er eingeordnet ist.

    Als erstes wollte ich ja nachfragen, was ich mir unter „Isomerisierung von Treibstoffen genau vorzustellen habe, aber jetzt besteht doch die Gefahr, dass es die gar nicht gibt, weil der Begriff auch schon erfunden ist. Obwohl… das passt irgendwie nicht. (Und ein kurzer Blick in die Wikipedia hat es bestätigt: den Begriff gibt es schon, er gehört aber ins Fachvokabular der Chemiker.) – Also wäre eine Erklärung doch nicht schlecht.

    Weiter wäre es schön, wenn Du mal den erfundenen Teil von der realen Wissenschaft trennen könntest. Vermutlich gibt es die Platte mit den Materialproben gar nicht, [bevor ich hier weiter geschrieben habe, hab ich dann noch mal nach gelesen] weil die doch relativ gros ausfallen müsste. Ach ja, und dann neben der US-Luftschleuse? – Dafür gibt’s doch am Columbus- und noch grösser am Kibo-Modul entsprechende Aussenanlagen. – Warum dann ausgerechnet neben der US-Schleuse? – Okay, jetzt wo ich das hier so schreibe fällt mir auf, dass hätte man schon als Hinweis deuten können, das mit diesem Beitrag irgendwas nicht stimmt. Ist mir zu Anfang aber leider entgangen.

    Auf der anderen Seite: gerade solche Materialproben sind ja für die Raumfahrt in Zukunft von Bedeutung, und auch Erkenntnisse darüber, wie sich Materialien über grosse Zeiträume im Weltraum verändern. Deshalb wäre so eine Sammlung von Materialproben ja grundsätzlich nicht falsch. Und genau aus diesem Grund bin ich ja auch dafür, die gesamte Station am Ende nicht zu deorbitieren, sondern wieder in ihre Module zerlegt zur Erde zurück zu holen, um diese dann wieder auseinander zu nehmen um zu sehen, wie sich die Materialien verändert haben. Und auch, welche Veränderungen es an den Stellen gab, wo man derzeit (also während des operativen Einsatzes) nur unter grössten Schwierigkeiten oder auch gar nicht hin kommt.

    Eine andere Möglichkit wäre auch noch, die Station unbesetzt zu nutzen, bzw. mit ein paar ferngesteuerten Robonauten, die nur einen Teil des Lebenserhaltungssystem brauchen. Der absolute Hit wäre, die Station am Ende ihrer Nutzung in einen Sonnenorbit zu schieben, so wie man es jetzt mit dem Herschelteleskop gemacht hat. Wenn die Station dann in ein paar Jahrzehnten wieder in Erdnähe kommt, kann man sich überlegen, was man als nächstes damit machen soll. Und dann wird man aufgrund der fortgeschritteneren Technik sicher anders entscheiden als heute. – Ganz davon abgesehen, das die Materialforschung dann noch andere Ergebnisse bekommt… Bliebe nur die Frage, wie Gross der Antrieb dafür sein müsste? Man muss ja auf jeden Fall von den 7,9 km/s Umlaufgeschwindigkeit auf etwas über 11,2 km/s beschleunigen, um aus dem Schwerefeld der Erde heraus zu kommen.

  2. Also Isomerisierung von Treibstoffen gibt es nicht, würde auch nichts nützen. die Energie hängt nur von der Dichte und der summarischen Zusammensetzung. Theoretisch könnte sie ansteigen wenn man anstatt vieler verzwigter Moleküle viele lineare oder ringförmige Moleküle im Gemisch hat, das war die Grundlage für Sintin bei der Sojus U2. Osmium ist ein wichtiger Katalysator für Stereochemiche Verbindungen, doch die braucht man in der Raketentechnik nicht.

    Das Materialproben direkt an der Luftschleuse angebracht werden macht durchaus sinn, sie sind nämlich dort am einfachsten zugänglich. Bei Skylab hat man sie daher bewusst dort platziert. Wie Du anmerkst ist das Thema auch aktuell, so hat man nach LDEF bessere Beschichtungen für optische Gläser entwickelt, nachdem die getesteten sehr stark von atomarem Sauerstoff oxidiert wurden. Dazu braucht man aber keine Station zumal ohne en Shuttle man kein Modul mehr heil zur Erde zurückbringt.

    Der Antrieb der 420 t von 7,7 auf 11 km/s beschleunigt würde mit den keistungsfähisgten heute verfügbaren chemischen Antrieben etwa 530 t voll und 50 t leer wiegen.

  3. Hallo Bernd, ich hab auch erst den halben Text mit großer Aufmerksamkeit gelesen, bis ich „sicherheitshalber“ in die Kopfzeile ging, ob es sich evt. um Satire handelt.
    Was Du hier ironisch darstellst hat ja leider einen ernsten Hintergrund. Immer wieder stößt man auf ökonomisch unssinnige Konzepte, die einen enormen Profit versprechen, wenn erst mal sehr, sehr viel Geld investiert würde. Als Beispiel fällt mir der Abbau seltener Erden auf Asteroiden oder von Helium-3 auf dem Mond ein. Es geht darum der Öffentlichkeit vorzugaukeln, kurzfristig sei die ökonomische Nutzung des Weltraums über das heute praktizierte Maß möglich. Natürlich nur um öffentliche Gelder abzugreifen.
    Ich persönlich habe meine Zweifel, auf dem Mond oder sonst wo „geschliffene Diamanten“ zu finden. Erst bei so etwas dürfte das Preis/Gewichtsverhältnis ausreichend sein um die enormen Transportkosten zu refinanzieren. Dann bräche allerdings durch das steigende Angebot der Preis wieder zusammen.

  4. Na ja, da man nicht voraussetzen kann, das jeder weiss, das die Energie von Alphateilchen der sonne nicht ausreicht um Wolfram in Osmium zu verwandeln (es geht, nur findet das bei einer Supernova statt) gebe ich ja im zweiten Teil immer einen Hinweis das es sich um Satire handeln muss, auch wenn man nicht nach der Kategorie schaut.

    Mögt ihr eigentlich meine Satire Beiträge? Davon habe ich noch eine Menge im Kopf, ich trau mich bloß nicht zu viele zu publizieren.

  5. Also mich hast Du auch „reingelegt“ *g*

    Ein reales praktisches Problem wäre übrigens auch der hohe Impulsübertrag durch die Alpha-Teilchen, wenn man tatsächlich nur eine dünne Folie der Weltraumstrahlung aussetzt.

    Kai

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