Wie geräumig müssen Raumstationen sein?

Ein Vorteil der immer wenn es um die Raumstation von Bigelow herausgestellt wird, ist dass sie viel geräumiger sei als die Module der ISS. Zeit mal das genauer zu beleuchten. Fangen wir zuerst einmal mit den ISS Modulen an. Die drei Labormodule Destiny, Columbus und Kino wiegen zwischen 12,275 und 14,8 t beim Start. Voll ausgerüstet sogar bis zu 24 t. Da steht Bigelows Station natürlich besser da, genaue Zahlen gibt es von Bigelow nicht, doch da die Entwicklung bei der NASA begonnen wurde, kann man die des Transhab Modules nehmen. Das Transhab Modul hat einen Durchmesser (entfaltet) von 25 Fuß (7,28 m) äußerem Durchmesser und 40 Fuß (12,19 m) Länge. Das Volumen beträgt 342 m³. Der Innendurchmesser beträgt 6,70 m. Nur die Struktur wiegt 5,4 t, die gesamte Station wird mit 20-23 t angegeben. Das klingt wenn man das Volumen vergleicht natürlich viel besser als bei den Labormodulen (das größte, Kibo, hat ein Gesamtvolumen von 169 m³ und wiegt beim Start 14,8 t.

Die Frage ist allerdings – braucht man dafür eine aufblasbare Struktur? Eigentlich nicht. Wenn man nur das Hüllengewicht nimmt, also ohne die Ausrüstung, dann können Module recht leicht sein. Es gab ja zahlreiche Ideen ausgediente Oberstufen zu Raumstationen umzubauen. Das hat man beim Shuttle Tank so angedacht, für die SLS-Oberstufe gibt es einen Vorschlag und bei Skylab hat man es auch gemacht. Hier eine kleine Übersicht der Minimalgewichte (nur Hüllenstruktur, bei STS inklusive Kopplungsadapter/Luftschleuse, bei STS/S-IVB inklusive nicht genutztem Sauerstofftank).

Volumen Gewicht
S-IVB Stufe 270 6,348 t
STS-ET 1523 m³ 35,8 t
SLS Oberstufe 495 m³ 4,2 t

Man sieht, dass die Systeme gemessen an ihrem Volumen gar nicht so schlecht abschneiden. Dabei handelt es sich beim STS und Skylab um die gesamten Stufen (inklusive LOX Tank) obwohl dieser nicht benutzt wird. Nimmt man nur das Volumen, so schneiden die Treibstofftanks besser als das Transhab ab. Das Transhab liegt bei 63 m³/Tonne, der LH2-Tank der SLS bei 117 m³/t, STS und S-IVB bei rund 40 m³/t.

Das ist kein Wunder die Tanks sind so ausgelegt, dass sie zum einen einem viel höheren Innendruck aushalten müssen als später in der Station herrscht und und natürlich auch die Lasten des Wasserstoffs aufnehmen müssen. Bei der S-IVB betrug z.B. die Windstärke kur 0,812 mm. Klar ist natürlich auch, dass die Hülle, verglichen mit dem Volumen immer weniger wiegt, je größer der Tank ist. Die S-IVB hat 6,70 m Durchmesser, STS-ET 8,38 und für die SLS sind 8,50 m geplant. Dagegen haben die Labormodule der ISS meist zwischen 4,2  und 4,4 m Durchmesser. Steigen die Abmessungen um den Faktor 2, so steigt das Gewicht um den Faktor 4, das Volumen aber um den Faktor 8.

Doch das ist nur ein Aspekt. Bei Skylab wogt der gesamt OWS ausgerüstet 35,8 t, da ist es egal, wenn die Hülle nur 6,3 t wiegt oder doppelt so viel. Auch beim Skylab 2 Konzept ist eine Startmasse von 35,2 t geplant. Wir finden dies auch bei den Labormodulen. Columbus basiert z.B. auf der Struktur des MPLM: Dieses mit einer Startmasse von 4,5 t enthält zumindest die Thermalisolierung und Befestigungsstrukturen im Inneren. Columbus wiegt leer schon 10 t, die Differenz: Kühlleitungen, Stromleitungen andere Anschlüsse, Kühlsystem, Heizungssysteme, Stromverwaltungssysteme. Voll ausgerüstet mit allen Racks 21 t. Selbst wenn man dann die Strukturmasse von 4,5 t auf 1,5 t reduzieren kann (hochgerechnet von den Daten des Transhabs) so reduziert das das Gewicht eines voll ausgerüsteten Moduls von 21 auf 18 t, also nicht signifikant.

Aus Sicht des Betriebs ist das aufblasbare Modul sogar in einer Hinsicht nachteilig. Die ISS Module haben sich aus dem Spacelab entwickelt. Sie haben an allen vier Wänden standardisierte Racks mit Experimenten, aber auch Umweltkontrollsysteme oder Stauraum. In der Mitte bleibt ein kleiner Korridor: so wird der Platz maximal ausgenutzt, für die Besatzung vorteilhaft ist, dass man bei einem kleineren Korridor sich leichter fixieren kann wenn man arbeiten muss. Ohne Fixierung erzeugte jede Kraft eine Gegenkraft, die en Astronauten bewegt, Viel freier Raum ist da eher hinderlich.

Weiterhin ist so die Ausrüstung einfacher. Bei der Umrüstung von Stufen gibt es immerhin noch die Möglichkeit alles gleich einzubauen. Bei einem aufblasbaren Modul ist es aber relativ schwierig feste Strukturen einzubauen. Bigellow wird nur in der Mitte einen 2,30 m breiten Schacht haben in dem man Experimente unterbringen kann – der Rest der Station ist freies Volumen – lustig für die Astronauten zum rumfliegen, aber ohne Zusatznutzen für den Betrieb.

Das ganze spielt aber sowieso eine untergeordnete Rolle. Die ISS wird dieses Jahr von vier Progress angeflogen, einer Dragon, einem ATV. Das sind zusammen rund 19 t Versorgungsgüter bei einem durchschnittlichen Beladung von 30% des Startgewichts. Also 60 t jedes Jahr in Form von Transportern. Diese kosten Geld, sie verursachen Startkosten. Ob dann ein Modul 10 t mehr oder weniger wiegt, ist dann relativ egal, wenn man die Gesamtfracht über die zwei bis drei Jahrzehnte rechnet ist es viel sinnvoller diese zu reduzieren.

2 thoughts on “Wie geräumig müssen Raumstationen sein?

  1. Als Vorteil sollte man aber auch noch erwähnen das diese aufblasbaren Module wider Erwarten einen deutlich besseren Schutz gegen Mikrometeoriten bieten sollen als konventionelle Module. Die Aussenhülle ist ja recht dick, da passt genug Kevlar und anderes zeugs rein, im richtigen Abstand positioniert zueinander etc. Auch ist da ein grösseres Potential für Schutz gegen Weltraumstrahlung da.

  2. Ob dieser bessere Schutz wirklich existiert ist bisher nur eine Behauptung. Man sollte nicht alles ungeprüft glauben, was die Werbung verspricht. Und was nutzt eine sichere Station mit viel Platz für die Besatzung und wenig Platz für Technik? Das ist wohl eher etwas für Touristen.

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