Nachlese zum Orbcomm 2 Start

Eigentlich wollte ich mich ja voll auf mein Buch konzentrieren, doch da ich derzeit sowieso sehr gefrustet über die chinesischen Trägerraketen und die mageren und widersprüchlichen Daten zu ihnen bin, widme ich mal dem Thema an dem ihr auch gerade diskutiert. (wie sich später zeiegn wird, sind die Chinesen ja geradezu freizügig mit den Informationen verglichen mit SpaceX – dafür werfen sie mit Bezeichnungsnebelkerzen um sich).

Die Landung der Falcon 9.

Das ist natürlich nicht an mir vorbeigegangen. Ich will das Thema auch nicht totschweigen, ich halte die Landung nur nicht für so wichtig. Wichtig wäre die Wiederverwendung und ob die wirtschaftlich ist. Doch kommen wir zuerst mal zu einer Einschätzung, der technischen Leistung.

Was SpaceX erreicht hat, ist eine Raketenstufe nach der Abtrennung erneut zu zünden, die Flugbahn umzukehren und präzise auf einer Plattform zu landen ohne umzukippen. Das sie das schaffen würden, ist mir klar gewesen, denn es hat ja schon vorher auf See fast geklappt, nur eben nicht mit dem Landen ohne umkippen. An Land ohne schwankende Plattform geht das vielleicht sogar einfacher. Das ist auch nicht so technisch schwierig. Schon 1967 landeten die Surveyor durch einfache Rückkopplung von Radardaten mit den Triebwerken sanft auf dem Mond. Zwei Jahre später konnten die Lunar Modules schon präzise auf einem Punkt landen, und das mit einem Computer von der Leistung eines IBM PC (von 1981, nicht heute!). Die Space Shuttles landeten vom Orbit aus (das heißt bei größerer Eintrittsgeschwindigkeit, größerem Abstand und mehr Störgrößen) präzise auf einer Startbahn – im Unterschied zu der Falcon 9, ohne aktive Triebwerke, die die Bahn korrigieren.

Und heute haben wir GPS, leistungsfähige Computer welche in Sekundenbruchteilen alle Störgrößen ermitteln und eine neu Bahn berechnen und Aktionen durchführen können. Alles Dinge die man bei den Space Shuttles und LM nicht hatte. Man sollte also annehmen, das SpaceX das hinkriegt. Zuletzt wurden sie von Blue Origin um einen Monat geschlagen. Bevor jemand aufheult: ja das ist vergleichbar. Die Abtrenngeschwindigkeit der Falcon 1  Erststufe ist nicht höher als die Geschwindigkeit, die man braucht um 100 km Höhe zu erreichen. Beides ist eine suborbitale Bahn.

Das wirklich interessante ist doch ob es wirtschaftlich ist. Mit diesem Flug gibt es erstmals dazu Zahlen, auch wenn ich das schon mal vor Jahren geschätzt habe und auf 20% Nutzlasteinbuße kam. Inzwischen werden 30% genannt, da war ich nicht so schlecht, doch rechnen wir mal nach.

Das Hauptproblem ist, dass die erste Stufe bei Abtrennung eine vertikale Geschwindigkeit hat die sie weiter in die Höhe beschleunigt und eine horizontale, welche ihr Anteil an der Orbitalgeschwindigkeit ist. Nimmt man das Video, so hat die Stufe bei 2:24 Minuten bei 6000 km/h in 74,8 km Höhe Brennschluss. 6000 km/h, das sind lediglich 1666 m/s. Offen ist ob dies die Geschwindigkeit relativ zur Erdoberfläche oder nur horizontal ist. Das letztere wäre eine Vektoraddition aus vertikaler und horizontaler Geschwindigkeit. aber selbst im günstigsten Falle ist das eine sehr niedrige Abtrenngeschwindigkeit. Beim Suchen bei anderen Videos von SpaceX-Starts ohne Landung fand ich leider keines mit eingeblendeten Geschwindigkeitsdaten (die von den anderen Landeversuchen kann man nicht nutzen, weil wir ja vergleichen wollen ohne Wiederverwendung – mit Wiederverwendung). Aber es gibt eine wichtige Information: Die Stufe wird nach dem Video bei 144 s abgetrennt. Da sieht man das verlöschen der Triebwerke, eine Sekunde später dann Jubel und Kommentar dazu. (Das Presskit weist sogar 2:20 aus, also nochmal 4 s weniger, abgehoben hat sie nach Video aber bei t:0.

Die Brennzeit der Triebwerke wird mit 162 s angegeben. Bei der Falcon 9 v 1.1 wurden sie in den letzten 30 s langsam auf 70% heruntergefahren. Wenn wir das auf die Falcon 9 v 1.2 übertragen so wäre das nach 139 s der Fall,  Allerdings ist die Oberstufe größer und so kann man annehmen, dass sie noch mit 100% arbeiten, ich habe im Video zumindest beim Kommentar nichts von einem Throtteling gehört. Dann wurden (162-140) s x 7426 kN Schub verschenkt, das sind 163,4 GJ. Das passt recht gut zu dem Artikel von Musk auf der SpaceX Webseite welche den Energieunterschied einer Landung auf See und der auf Land mit 180 GJ angibt. Auch interessant ist das der Geschwindigkeitsunterschied 3000 km/h oder 833 m/s ist – wohlgemerkt auch bei einer See Landung, die auch etwas Treibstoff erfordert.

180 GJ entsprechen bei dem Vakuumimpuls (der liegt in 70 km Höhe vor) von 3050 m/s rund 59 t Treibstoff. Ich habe nun (mit da von SpaceX nichts bekannt ist geschätzten Stufendaten) dies simuliert. Die Daten habe ich von SpaceX, der Wikipedia und eben Berechnungen. Die v1.2 habe ich mit den ursprünglichen 16.150 kg Nutzlast angesetzt, die mal auf der SpaceX Webseite standen, nun findet man 13.150 kg, doch sollen die für wiederverwendete Raketen gelten (der nächste Start wird z.B. 5300 kg in den GTO entsenden und das Maximum nach Webseite ist 4850 kg). Doch wie sieht es aus wenn man zur Stufenmasse der ersten Stufe die 59 t Treibstoff hinzurechnet, die nicht verbraucht wurden? Nun die Nutzlast sinkt nicht nur um 30%, sondern bedeutend stärker, bei gleicher Endgeschwindigkeit auf 9,6 t.

Woher die Diskrepanz zu den SpaceX Werten? Nun die Orbcomm Satelliten sind extrem leicht. Es sind 11 Satelliten, jeder wiegt 380 amerikanische Pfund, das sind nicht mal 1900 kg Nutzlast. So kann man es sich leisten viel mehr Treibstoff in der ersten Stufe zu lassen als man für die Landung braucht, weil die zweite eine viel leichtere Nutzlast hat. Man kann damit rechnen, dass es in der Praxis weniger sein werden. Ansonsten könnte man wirtschaftliche Aspekte gleich begraben. Wenn die Nutzlast von 16,15 auf 9,8 t einbricht so sind das 40%. Mit 59 t Treibstoff könnte die stufe bei den von mir geschätzten 25 t Leergewicht um 3700 m/s – ändern das ist weitaus mehr als die doppelte Geschwindigkeit bei der Abtrennung.

Man kann sich dem Problem auch anders nähern – nach Elon Musks Angabe ist die Abtrenngeschwindigkeit bei der Seebergung um 3000 km/h geringer – die 3000 km/h muss also die Oberstufe aufbringen. Addiert man die nun zur Orbitalgeschwindigkeit 833 m/s (=3000 km/h) hinzu und berechnet dann die Nutzlast neu, so sinkt sie von 16.150 auf 10.783 kg ab – auch mehr als 30%.

Nebenbei bemerkt rechnet SpaceX nicht damit dass jemand die Nutzlast ihrer Falcon 9 ausschöpft. Seit ein paar Wochen gibt es einen neuen Payload Users Guide. es gab mal einen für die Falcon 9, der verschwand wieder und nun wieder ein neuer. Er liefet nur wenig, was nicht auf der Webseite steht, also nicht so was „brisantes“ wie Stufenvoll- und Leermasse oder spezifischen Impulse anhand deren man selbst rechnen kann, ohne Detektiv spielen zu müssen. Aber eine Angabe gibt es: Kein Nutzlastadapter von SpaceX trägt mehr als 10.886 kg. (S.15). Da die beiden Zahlen recht eng beieinander liegen, würde ich auf 10,8 t als Nutzlast für eine wiederverwendbare Falcon 9 tippen.

Nebenbei bemerkt: es muss sich einiges im Design des Trägers geändert haben. Musk hat ja mal Strukturfaktoren von 30 für die erste Stufe und 25 für die Oberstufe genannt. Ich habe die Falcon 9 bei anderen Trägern üblichen Faktoren modelliert. Setzt man die Faktoren von Musk ein, und normale 1800 m/s Differenzgeschwindigkeit zum Orbit, (Eher zu hoch für eine nur zweistufige Rakete die bis zu 6 g beschleunigt) so müsste die erste Stufe bei Abtrennung noch 84 t wiegen, bei 14,4 t Leermasse, also ihre Geschwindigkeit um mehr als 5378 m/s ändern können – viel zu viel, selbst für eine Bahnumkehr. Bei dem Strukturfaktor 30/25 betrüge die theoretische Nutzlast ohne Wiederverwendung 21,6 t LEO und 7,8 t GTO. Also entweder ist die Rakete sehr viel schwerer als von SpaceX reklamiert oder die Wiederverwendung kostet enorm viel Nutzlast. (nach dem Bericht kostet ja schon die Seebergung 15% Nutzlast)

Neben der Nutzlasteinbuße gibt es natürlich noch eine zweite Frage – die der Wirtschaftlichkeit. Nach Äußerungen von Musk kostet die erste Stufe <75% der Kosten der Rakete. Das sind aber nicht die Startkosten, die schließen auch Gewinn und Startdurchführung ein. Letzteres macht bei Arianespace ungefähr 15-20% der Gesamtkosten aus. Nehmen wir 25% zusammen mit dem Gewinn, die Firma will ja auch was verdienen bzw. muss in neue Weltraumbahnhöfe investieren, so sind das bei 61,2 Millionen Dollar <34.42 Millionen Dollar, in etwa die gleiche Summe kommt raus wenn man vom Startpreis der Heavy (128,5 Mill.) den der Falcon 9 abzieht und durch zwei teilt (denn die hat ja bekanntlicherweise zwei Erststufen mehr) – das sind dann 33,65 Millionen Dollar. Also so um die 33 bis 35 Millionen Dollar kostet sie. Würde man sie unendlich oft wiederverwenden können und das Aufarbeiten würde nichts kosten, dann wäre die Wiederverwendung also um etwa 40% billiger, allerdings eben auch einhergehend mit Nutzlasteinbußen. Sicher im Normalfall nicht so hoch wie diesmal, aber lassen wir es mal 30% sein, die Zahl haben auch ULA und Airbus bei ihren Konzepten als Vergleich genannt dann ist Wiederverwendung eben nur noch um 10% billiger.

Das ganze hat aber noch zwei andere Aspekte. Das erste ist die Inspektion/Reparatur. Die unterscheidet sich deutlich von der Fertigung. wer einmal ein Gerät zum Reparieren gegeben hat weiß ein Lied davon zu singen. Es ist teuer etwas schon fertiges auseinander zu bauen und dann etwas zu ersetzen. Bei der Produktion muss man das überprüfen was man gerade gemacht hat, man kommt in der Regel noch überall heran und baut die Dinge die Zugänge versperren erst zuletzt sein. Bei einer Inspektion, selbst ohne Reparatur wird man viel auseinander nehmen müssen, Dinge untersuchen die man bei der Produktion nicht untersucht (z.B. bei den Tanks ob nicht nur die Schweißnähte in Ordnung sind sondern auch die einzelnen Platten aus denen die Tanks bestehen). Paradebeispiel war das Space Shuttle bei dem man diesen Wartungsaufwand enorm unterschätzt hatte.

Das zweite ist, dass keine Hardware ewig hält. Normale Raketentriebwerke die nicht auf Wiederverwendung getrimmt sind, werden in Prüfständen auch länger betrieben als normal. Ihre Lebensdauer beträgt meist zwischen dem 5 und 10-fachen der Sollbetriebsdauer. Die SSME kamen auf 55-Zyklen, waren dafür aber auch sehr teuer. Pläne von anderen Firmen für die Wiederverwendung haben, sehen einige Zyklen (bis zu 7) vor. Das heißt 1/7 der eingesparten 36 Millionen wird man für neue Hardware hinzuaddieren müssen und schon nähert man sich 0% Gewinn.

Das hat übrigens noch eine zweite Folge: SpaceX strebt ja Massenproduktion an, nach der wikipedia (unter Produktion nachschauen) wollen sie 400 Stück Merlin pro Jahr bauen (im Oktober 2014 waren sie aber nur bei 4 pro Woche, also bei 50 Arbeitswochen maximal 200 Stück oder 20 Cores pro Jahr). Wenn nun 9/10 der Triebwerke wieder verwendet werden sollen, dann sinkt die Produktion beträchtlich und der Preis der Triebwerke steigt an. Bei Wiederverwendung wäre ja schon der Produktionsstand vom Oktober 2014 zu hoch. Mit 200 Triebwerken pro Jahr könnte man dann 200 Raketen starten da man nur eines pro Oberstufe braucht, die unteren sind ja beliebig oft wiederverwendbar. Selbst bei 7-maliger Verwendung würde das für 87 Träger pro Jahr reichen Nimmt man die noch kleinere Zahl der bei SpaceX absolvierten Tests (4-fache Lebensdauer) so sind es über 60 Träger pro Jahr, das bedeutet die Produktion ist heute schon völlig überdimensioniert und erzeugt so unnötige Kosten.

Zuletzt noch ein Ausblick, warum ich dem ganzen nicht so sehr glaube. Nach Musk sollen die Flüge ja später nicht nur ein bisschen billiger werden, sondern wirklich billig: um den Faktor 100. Da nach eigener Aussage aber die Treibstoffe 0,3% des Preises ausmachen, muss der Rest nur noch 0,7% der heutigen Kosten ausmachen und zwar bei gleich hoher Nutzlast, sinkt sie ab, so gibt es bei gleich bleibenden Treibstoffkosten immer weniger Spielraum. Sinkt die Nutzlast z.B. um 30%, so darf die Rakete nur noch 0,4% der heutigen Kosten ausmachen. Bei 70% Nutzlasteinbuße muss sie sogar umsonst sein. 70% Nutzlasteinbuße sind aber nicht utopisch wenn man auch die Oberstufe wiederverwenden will. Bei Kistler rechnete man mit 4,6 t Nutzlast bei ihrer voll wiederverwendbaren Rakete von 385 t Startmasse – Die Falcon 9 v1.1 transportiert bei 505 t Startmasse (+31%) 13,15 t Nutzlast (+282%).

Nun gibt es außer der Hardware auch andere Kosten. Der Transport, die Bergung, Inspektion das kostet. Die gesamte Startvorbereitung und Miete für den Startplatz muss man auch zahlen. Wenn man heute schon für die Startvorbereitung einen größeren Anteil der Gesamtkosten ausgibt, dann muss die komplett anders verlaufen als heute. Ich halte solche Aussagen für reine Spinnerei. Nimmt man noch die Geheimnistuerei um alles was SpaceX macht, dazu dann bewirkt das zumindest bei mir, das ich auch anderen Aussagen keinen Glauben schenke. Wenn alles so toll ist, warum erfährt man dann nicht mehr Details – über Massen, Bahnänderungen, wie genau die Landung ablief. Mit Firmengeheimnissen hat das nichts zu tun, den andere Firmen wollen wenn überhaupt andere Konzepte umsetzen und nur die Triebwerke bergen oder gleitend eine Stufe bergen, eventuell noch mit Düsenantrieb.

Wie immer: wenn jemand mit eigentlich nicht so wichtigen Informationen zurückhält auf der anderen Seite völlig überzogene Erwartungen schürt, dann kann ich dem nicht glauben, das hat viel mit Ehrlichkeit und Offenheit zu tun. Daher bleibe ich skeptisch. Aber wir werden sehen. Die Stufe wird nun ja inspiziert werden, und wenn es geht erneut fliegen und da wird ein Kunde sicher einen rabatt aushandeln wollen. Mal sehen wie viel das ausmacht. Dann sind wir alle schlauer.

43 thoughts on “Nachlese zum Orbcomm 2 Start

  1. Kurze Anmerkung zum letzten Absatz:

    Laut SpaceX wird diese erste Stufe nicht wieder angeboten sondern nur kurz auf dem Launchpad gezündet um die Funktion zu überprüfen und dann „für die Ewigkeit“ eingelagert.

    Ich vermute mal ganz stark dass SX sie auch in Fabrik zerlegt und auf Herz und Nieren prüfen wird – alles andere wäre fast schon unverantwortlich. Das Ergebnis der Untersuchung wird vermutlich Betriebsgeheimnis bleiben…

  2. Na dann hoffen wir mal dass die Stufe auch ohne vorherige Inspektion beim hotfire Test anstandslos funktioniert und sich nicht nicht in einem Feuer Ball in ihre Bestandteile zerlegt. So ein neues Lounch Pad könnte richtig teuer werden

  3. Eins hat Spacex auf jeden Fall geschafft: Daß inzwischen auch andere Hersteller Projekte für wiederverwendbare Raketenstufen laufen haben. Ob das Sinn hat oder nicht merkt man eben erst, wenn man es wirklich ausprobiert. Erst dann wird sich zeigen, welches Konzept sich finanziell lohnt und welches nicht.

  4. Übrigens eine Frage:

    Aktuell lese ich vermehrt von SpaceX Fans, dass die Falcon „robuster“ als andere Träger sein soll und somit laut ihrer Meinung wesentlich öfter als geglaubt wiederverwertbar sein soll.

    Wunschdenken oder Tatsache? (Desweiteren ist die Agressivität der Fans aktuell wieder besonders schlimm, auch wenns im Prinzip schon normal ist wenn die Firma einen Erfolg hatte..)

  5. Deine ganzen Nutzlastberechnungen wirken recht glaubwürdig. Ich teile auch die allgemeine Skepsis ob dieses Nutzungsmodell wirtschaftlich nennenswert günstiger ist.

    Dennoch bin ich der Meinung, du hast deine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung etwas zu sehr vereinfacht, als du von den 40% Einsparungen bei häufiger Wiederverwendbarkeit einfach die 30% Nutzlasteinbußen abgezogen hast.

    Die Falcon 9 hat bisher keine Möglichkeit flexibel auf die zu transportierenden Nutzlasten zu reagieren. Die Atlas V ist Modular hinsichtlich der Anzahl an Boostern, bei der Ariane 5 kann durch die Wahl einer geeigneten zweiten Nutzlast die Gesamtnutzlast des Trägers optimal ausgenutzt werden. Eine Falcon 9 ist eine Falcon 9. Ich vermute aber, alle drei Träger sind in ihren Startkosten relativ unabhängig von der Masse der Nutzlast.

    Eine wiederverwendbare Falcon 9 kann aber die Startkosten für Nutzlasten im unteren Massebereich reduzieren, bietet aber nach wie vor die Möglichkeit über (Wasserlandungen und) bei Verzicht auf die Wiederverwendbarkeit auch größere Lasten in einen GTO zu transportieren.
    Kurz: Die Kostenreduzierung durch Wiederverwendbarkeit wird wohl höher wiegen als die Einbußen an Nutzlast. Entsprechend kann durchaus eine Kostenreduzierung von insgesamt 10%-25% mit der Falcon 9 möglich sein. Keine Revolution, aber weiterer Kostendruck für den Trägermarkt.

    Nicht zu unterschätzen ist aber auch das nun grundsätzliche Beherrschen der nötigen Prozesse durch SpaceX. Du hast recht Bernd, technologisch ist das Landen einer Stufe kein Hexenwerk gewesen. Ob etwas technisch möglich ist oder ob man dies tatsächlich auch Beherrschen ist ein himmelweiter Unterschied. Dies ist nur das Ergebnis eines mehrjährigen Entwicklungsprozesses. Was fehlt ist die Organisation und Umsetzung eines funktioniernden und effizienten Instandhaltungskreislaufs. Da muss SpaceX jetzt herausfinden, was möglich ist.
    Neben all den wilden Fantasien im Internet und den großen Träumen von Elon mal eine Million Menschen auf den Mars zu bringen darf man nicht vergessen, dass SpaceX ja tatsächlich an einem neuen Träger arbeitet, natürlich bisher nur in der Planungsphase.
    Sicherlich wird dieser neue Träger nicht „the big fat rocket“ wie von manchen erträumt, dafür gibt es keinen Markt. Mich würde es nicht einmal wundern, wenn diese die selbe Größenordnung wie die Falcon 9 besitzt, nur hinsichtlich Wiederverwendbarkeit optimiert.
    Hierfür bieten die Erfahrungen aus der Falcon 9 aber eine entscheidende Grundlage…

  6. @Vineyard: das Einizige was ich zum Robustsein finde ist die seit Jahren geäußerte Aussage, man habe Sicherheitspielräume vom Faktor 1,4 während 1,25 branchenüblich wären. 1.4 wären nach SpaceX Aussage die Anforderungen für bemannte Starts.

    Mehr gibt es nicht und wenn dem so wäre dürfte Boeing nicht die Atlas einsetzen bzw. die Ariane 5 wurde ja ursprünglich für bemannte Missionen konzipiert und hätte dann dieselben Spielräume.

    Nur warum brechen dann Streben bei einem Fünftel der Nennbelastung?

    Zu Tain: Ich verstehe auch nicht warum man bei SpaceX zumindest bei der Heavy einfach Triebwerke weglässt und die Tanks nicht ganz so voll füllt. So könnte man die Rakete den Nutzlasten anpassen die es gibt. Am geschicktesten in der Zentralstufe, denn deren Wiederverwendung ist ja noch aufwendiger als bei der Falcon 9 bzw. den Boostern. So spart man zumindest einen teil der kosten ein.

    Was ähnliches war mal für die Falcon 5 vorgesehen bzw. als SpaceX für Stratolaunch den träger machen wollte.

  7. Ich schließe mich der Meinung von Tain an:

    Die Kalkulation von Bernd sieht zwar recht gut aus, besteht aber doch zu vielen Teilen aus Schätzungen und Vermutungen. Die Informationsbasis ist einfach zu schmal.
    Das gilt natürlich auch für all die Jubel-Fans.

    So glaube ich aber auch, dass man bei SpaceX sicher auch solche Kalkulationen angestellt hat. Und da man es nun weiter versucht, einzelne Stufen wieder zu verwenden, deutet das ganz stark darauf hin, dass man zur Erkenntnis kam: es wird einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil geben.

    Ob man dann diesen Vorteil ganz oder nur teilweise an die potentiellen Kunden weitergibt, ist sicher auch eine Frage der Marktlage. Wichtig ist sicher auch, welche Startrate man zusammen mit dem neuen Startplatz in Texas auf die Reihe bekommt. Was nutzt es einem, wenn die Kunden wg. des günstigen Preises angerannt kommen, man aber gar nicht alle Wünsche befriedigen kann.

    Ein noch (für uns) völlig unbekannter Punkt ist die Falcon Heavy. Die kann theoretisch in den verschiedensten Konfigurationen (volle Tanks oder nicht, alle Stufen voll oder nicht, alle Stufen landen oder nicht, im Wasser oder an Land, oder gemischt, große Nutzlast oder kleiner aber dafür mit Rückkehr aller Stufen an Land, etc.) fliegen. Wenn sie denn überhaupt fliegt. Das ist eine riesige Spannbreite von Kosten und Erlösen.

    Zur Serienproduktion der Triebwerke oder ganzer Stufen kann man auch sagen, dass Aussagen zu Planungen über mehrere Jahre eh immer mit Vorsicht zu genießen sind. In jeder Branche.
    Sollten wirklich alle Triebwerke deutlich mehr Starts schaffen, wird man die Produktionsrate sicher anpassen. Der Einsparungseffekt mag dann vielleicht nicht ganz so doll sein, aber es wird ihn doch geben. Schon allein, weil die Produktion gleichförmig über längere Zeit läuft und man mit der Zeit doch Optimierungen anbringen kann.
    Und wir wissen noch nicht, wie oft denn eine Heavy starten wird. Die „verbraucht“ ja gleich die 3-fache Menge an Stufen pro Start. Fliegt sie öfter (z. B. schwere milit. Lasten, die wir heute nicht kennen, geheim), braucht man dann doch eine ausgeweitete Serienproduktion. Große Unbekannte.

    Zur Standfestigkeit der Falcon kann man nichts sagen. Es ist offen, welche Verstärkungen gerade bei der neuesten Variante in Hinblick auf die Belastungen bei der Landung eingebaut wurden. Da man ja in Zukunft auch noch Menschen oben drauf setzen will, wird man da eher auf der sicheren Seite konstruiert haben.

    Vieles wird nun von der Untersuchung der gelandeten Stufe abhängen.

    Sicher werden die zukünftigen Kunden (insbesondere das Militär mit seinen besonders teuren und nicht versicherbaren Lasten) sich die Daten der neuen und der wiederverwendeten Stufen ansehen. Da ist einfach zuviel Geld im Spiel und SpaceX kein Monopolist.

    Das kommende Jahr wird spannend.

    Zur Wirtschaftlichkeit der Wiederverwendung über alle Träger hinweg finde ich noch das Konzept der ULA am ehesten tragfähig. Man holt nur den Triebwerksblock mit einer relativ einfachen Methode zurück. Das wird nicht so teuer sein, wie Drohnenschiffe oder sichere Landeplätze an Land mit dem notwendigen Rückflug. Einfach abwerfen und irgendwo am Ende der balistischen Bahn auffangen.

    Den Triebwerksblock bei der Ariane mit Flügelchen und weiteren Triebwerken zu versehen, sieht irgendwie nach einer Bastellösung mit möglichst hohen Kosten und wenig Gewinn aus. (Vorurteil: eine typisch europäische Lösung)

    Und beide Systeme werden erst in ein paar Jahren überhaupt an den Start gehen. Dann wird SpaceX schon reichlich Erfahrung gesammelt haben. Davon werden die Wettbewerber natürlich in gewissem Masse auch profitieren, denn sie werden sich jeden Start und jede „Bastelei“ von SpaceX (und auch Blue Origin) genauestens ansehen. Sollte SpaceX letztlich aufgeben weil es doch nicht lohnt, werden die anderen gar nicht erst loslegen und sich die Entwicklung sparen.

    Was ich mich noch so frage:
    Was machen die Russen, Chinesen, Inder, Japaner (jemanden vergessen) eigentlich noch so an „Innovationen“? Gibt es da auch irgendwas in Richtung „Wiederverwendbarkeit“?

  8. Bei den Russen gab es mal die Baikal, eine wiederverwendbare erste Stufe für die Angara. Das Projekt wurde mit viel Rummel angekündigt, dann aber wegen Geldmangel eingestellt. Wenn Spacex die Wiederverwendung hinkriegt, könnte das Projekt aber wiederbelebt werden. Das halte ich für sinnvoller, als die Kasperei mit dem Mondtourismus.

  9. Interssant ist das SpaceX offiziell von Wiederverwendung „test“ rede
    Zur zeit wird die gelandet Stufe untersucht und dann eine Betankung test unterworfen auf Pad 39A
    Dann soll die Stufe ausgestellt werden, wo ist unklar.

    wie geht weiter bei SpaceX ?
    neben Flügen zur ISS versucht SpaceX die USAF als Kunde ans Land ziehen.
    nach erfolgreiche Gericht Prozess gegen ULA vertrag mit Pentagon, haben spaceX ihren fuss in Tür der USAF.
    Doch letzter will bessere Resultate und hoher Nutzlast nach den letzen Flüge der Falcon 9
    in 2016 soll zweite Falcon Heavy, 9 Satelliten für USAF in Orbit bringen
    2017 erste bemannter Flug der Dragon V2 zu ISS zu testen und später Besatzung Austausch

    ULA will ihre Vulcan Rakete ja den Triebwerk block bergen um die kosten zu drucken

    was Arianespace jetzt vorhat keine Ahnung
    sie haben zweimal die Ariane 6 neu entworfen, je nach SpaceX was anstellte
    es wurde mich nicht wunder wenn sie jetzt ankündigen Ariane 6 soll wieder verwendbar werden…

  10. Ich finde die ganze Wiederverwendungseuphorie vollkommen überflüssig, jedenfalls bei derzeitiger Technologie. Bei 10000m/s Ausströmgeschwindigkeit von Raketentriebwerken am Boden könnte man darüber vielleicht reden, aber jetzt finde ich das zweifelhaft (der Space X weg mit „partieller“ Wiederverwendung bei nicht ausgenutzter Maximalnutzlast kann aber vielleicht sinn ergeben da die Rakete nicht skalierbar ist.
    Meine Favoritenlösung wäre eine modulare Rakete in etwa wie folgt:
    Entweder Flüssigtreibstoff UdMH oder Kerosin als Erststufe in Angaragröße und Centaurartiger 30t Stufe mit möglichst Schubstarkem (150-200kN) starkem Expander Cycle Triebwerk als Zweitstufe. Erststufen können gebündelt werden (auch asymmetrisch) und Mittelstufe bezieht Treibstoff von den Außenstufen oder
    Feststoffträger mit CFK Hülle als Erststufe, wohl so etwa 200t Klasse und etwas vergrößerter Zweitstufe ähnlich wie Centaur bloß verstärkt wegen Vibrationen. Hier könnte hhe Endbeschleunigung aber das Kozept zunichte machen.
    Insgesamt ergäbe das eine Trägerfamilie die alles von Dnepr-Klasse über Sojus, Zenit, Ariane 5 bis zu Delta IV Heavy Klasse mit zwei Stufen abdeckt. Im Falle Russlands/Amerikas käme man wohl problemlos auf eine Produktion von 40-50 Hauptstufen pro Jahr wenn das der einzige Träger ist. Indem man Stufen geschickt zwischenlagert (sodass z.B. immer Stufen einer erfolgreich flugerprobten Charge vorrätig sind) kann man auch dafür sorgen das die Raumfahrt eines Landes nicht durch einen Zwischenfall für Monate gegroundet ist. Durch die hohen Produktionszahlen und die Kombinierbarkeit können auch kurzfristig Starts durchgeführt werden.

  11. Diese Artikel bringen mich immer in eine Situation in der ich eigentlich nicht sein will SpaceX verteidigen zu müssen, aber der Umgang mit Zahlen und Logik (ja auch die schon erwähnten Strohmänner) machts mir schwer nichts zu schreiben. Was solls, Feiertage, ich hab Zeit:

    Der Startkosten- und Gewinnfaktor scheint mir absichtlich nach obenhin korrigiert zu sein um den Anteil der ersten Stufe zu verkleinern.

    Für die Wiederverwendung der M1D wurden die beiden Orientierungswerte 7mal und 55mal zitiert und dann wurde 7mal für die Rechnung hergenommen. Tatsächlich wirft SpaceX mit der Zahl 40 um sich, allerdings so genau weiss mans noch nicht[1].

    Ganz klar ist dann die Rechnung nicht beschrieben, diese scheint sich auf auf die Kosten pro Nutzlast zu beziehen und nicht pro Launch, oder zumindest etwas vermischt? Realistisch ists billiger wenn man es pro Launch rechnet und nicht als Summe der max. Nutzlast pro Launch. Ja, das macht einen Unterschied, oft genug fliegen Raketen mit kleinerer Nutzlast (trotz secondary payloads) als diese theoretisch könnte. Wenn diese ungenutzte Nutzlast für Wiederverwendung eingesetzt wird, dann darf man diese nicht als Verlust rechnen (natürlich beschneidet man den möglichen Anteil am Launchmarktkuchen). Wenn eh so gerechnet wurde, dann gut, es ist halt nur nicht klar.

    Unterm Strich, absichtlich eine Worst Case Rechnung?

    Der Faktor 100 von Musk scheint utopischer Unsinn, da hat er wahrscheinlich irgendwelche Worst Case Payload Kosten (Delta4?) mit dem Optimum, dass man mit viel weglassen von anderen Faktoren am Papier erreichen könnte, verglichen und dann aufgerundet.

    Zum Kommentar der 40% Strukutreserve und warum dann die Streben bei einem 5tel der Nennbelastung brechen: Äpfel und Birnen, ein Strohmann mit einem Schuß Non-Sequitur. Dass eine ist die Zahl mit der Designed wurde, in der Annahme dass die Bauteile innerhalb der Toleranzen liegen. Das andere waren Bauteile bei denen ein paar in Tausend eben nicht innerhalb der Toleranzen liegen sondern deutlich weniger (und das stand nicht schon am nächsten Tag fest wie ich hier am Blog auch schon gelesen habe).

    Man kann davon ausgehen dass bei SpaceX keine kompletten Vollidioten arbeiten und irgendwer mal ein Excel Sheet bemüht hat, ob das Excel Sheet (oder was auch immer) sich realisieren lässt, mal schauen, alle Daten kennt man ja nicht (was ok, SpaceX ist eist eine private Firma und immer noch mitteilungsfreudiger als zB Blue Origin). ULA und Arianespace scheinen zumindest etwas nervös zu sein, die neuen Raketen eine direkte Antwort zu SpaceX und der „expandable“ F9. Die jeweiligen Wiederverwendungskonzepte scheinen spät/nachträglich hinzudesigned worden sein, so richtig wiess man noch nicht wie und was und obs wirklich was bringt. Was mich interessieren würde ob ein Konzept wie der Venture Star mit den jüngsten technologischen Fortschritten (Composite Tanks) plötzlich Sinn machen würde?

    1) http://m.aviationweek.com/blog/nasa-cnes-warn-spacex-challenges-flying-reusable-falcon-9-rocket

  12. Also ich würds so Rechnen:

    Von den bisherigen Launches Launches am Manifest, welche Payloads könnten wegen der Wiederverwendung nicht geflogen werden? Das, plus die Kosten für das eigentliche Landen und Refurbishment sind dann die wahren Kosten für die Wiederverwendung. Aus dem Verhältnis könnte man sich die Sinnhaftigkeitndann Ausrechnen. Nur über die maximale Nutzlast zu gehen halte ich eben nicht für Realistisch.

  13. Ich muss @laughninja recht geben! Du rechnest so, dass die Wiederverwendung nicht mal in der Theorie Sinn ergibt und das ist einfach falsch. Was sagst du denn eigentlich zu dem Argument, dass bei SpaceX genauso schlaue Ingenieure sitzen wie bei ULA und Ariane auch und trotzdem kommen sie zu dem Ergebnis das sie die Wiederverwendung für sinnvoll halten? Sind die blöd?

    Und das die Landung deiner Meinung nach nicht so schwer war, es gibt genug Leute in der Industrie, die bezweifelt haben, dass man eine Nutzlast in den Orbit bringen kann und gleichzeitig der Treibstoff reicht um wieder zu landen.

  14. Na dann liefert doch mal eure Ergebnisse und bitte auch abgesicherte.

    Ich habe mich auf offizielle Angaben bei Pressekonferenzen, Payload Users Guide und der Webseite bezogen und mit diesen gerechnet. Wenn ihr zu anderen Ergebnissen kommt, dann sagt mir bitte wie.

    Natürlich hat man bei SpaceX auch qualifizierte Leute, doch die treten nicht nach außen in Erscheinung. Die Webseite und die Äußerungen führender Angestellter erwecken den Eindruck dass sie im Besitz des Grals sind und alle anderen sind blöd.

    Das dabei kräftig gelogen wird ist mir schon vor Jahren aufgefallen. Ich hatte mal für die Falcon 9 die Nutzlast errechnet und kam nicht auf die damalige Angabe von SpaceX nachdem die erste Version ausgemustert wurde, bestätigte man, dass sie genau die Nutzlast hatte die ich errechnet hatte. So vertraue ich eher mir als Angaben von SpaceX. Andere glauben nicht mal SpaceX wenn die angaben nicht in ihr Weltbild fallen. In einem Forum glaubt man mir nicht mal dass im (für Kunden wesentlichen) Users Guide die Nutzlast auf 10,8 t beschränkt wird, obwohl jeder meinem Link folgen und Seite 15 lesen kann….

    Beim Manifest müsste man die Massen aller Nutzlasten kennen. Es gibt eine Menge die Bergung erlauben würden, z.B. alle LEO und SSO Flüge umgekehrt hat der nächste GTO Start 5,3 t Masse bei einer angegegebenen Nutzlast von 4,85 t – da wirds wohl nichts mit der Bergung werden.

  15. Daß die maximale Nutzlast nur ein selten erreichter Grenzfall ist, gilt natürlich auch bei einer Wiederverwendung.
    Wie Spacex auf die Zahl 40 für die Wiederverwendung der Triebwerke kommt ist mir bei den wenigen Bodentests ein Rätsel. Ausgewürfelt oder vom großen Märchenonkel angeordnet?

  16. Die gelandete Stufe jedenfalls scheint nach Prüfung soweit ok zu sein dass man sie jetzt nach „etwas“ Refurbishment einem Full Duration Burn Test auf LC-39A am Cape unterziehen will.

    https://twitter.com/elonmusk/status/682717803166695425

    http://www.nasaspaceflight.com/2015/12/yir4-spacex-orbital-atk-recover-succeed-2015/

    Wirtschaftlichkeit hin oder her, technisch scheint es mit der Wiederverwendung jedenfalls zu klappen, und dass es irgendwann auch wirtschaftlich sinnvoll werden kann ist das ja schon mal eine gute Ausgangsposition 😉

  17. Was waere denn guenstiger, um 4t ins LEO zu bringen:
    – Ein Traeger mit max. 6t Nutzlast und der Moeglichkeit, die erste Stufe z.B. 10x wieder zu verwenden (was 30% weniger Nutzlast mit sich bringt)
    – Ein entspr. kleinerer und guenstigerer Traeger mit 4t Nutzlast ohne Wiederverwendung

    Chris

  18. Elendsoft: ich vermute mal: Testen, Simulieren und Rechnen. Auf die selbe Art wie man bei den SSME/RS-25 auf die 55 gekommen ist.

    Wie gesagt bei obriger Rechnung find ich den Ansatz zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit falsch, es geht ja am Ende des Tages darum wieviel USD am Konto sind und nicht wie hoch die maximale Nutzlast ist.

    Nichtdestrotz müsste man obrige Darstellung noch um einen 12 „Satelliten“ korrigieren (einen Mass-Simulator für die Balance) und sollte zumindest erwähnen dass die zweite Stufe nochmal gezündet wurde um den Orbit zu verlassen.

    Auch wenn das für mich jetzt rote Heringe sind: wer Ihnen in einem nicht genannten Forum nicht glaubt ist jetzt nicht sonderlich relevant, beosnders wenn man jetzt nicht die Argumentation der Gegenseite lesen kann.

    Vergleichen Sie mal diese upto Angabe der F9 mit der F1.1 und der jetztigen Full Thrust Variante. Laut Shotwell haben die ja schnell gesehen was die Merlin Motoren leisten können, aber statt diese fertig zu Entwickeln, sich entschlossen die bestehenden Kunden mit dem zu bedienen was sie haben. Musk wird wieder die allerbesten theoretischen Zahlen der letzten Entwicklungsstufe posaunt haben. So wie Sie bei Ihren Rechnungen immer auf das Minimum zu optimieren scheinen, machts der M. aufs theoretische Maxmimum. Natürlich kenne ich nicht genau auf welche Aussagen Sie sich beziehen.

    Eine abgesicherte Rechnung kann Ihnen keiner liefern (tuns Sie ja nichtmal in Ihrem Model), keiner kennt genaue Zahlen. Ich könnte wie Sie nur versuchen einzelne Aussagen zusammen zu klauben, hoffen diese richtig zu interpretieren (meint M. jetzt wirklich die Kosten für die ganze Raketen oder nicht doch eig. für den Launch) und dazwischen schätzen. Dabei kommt halt dann irgendwas heraus, je nach gewählter Aussage, der Interpretation und Schätzung. Mein Vorschlag wär Limits anzugeben: bei diesen Kosten für die erste Stufe, bei diesen Kosten für die Landung und das Refurbishment, ab wann spart man mehr USD als man durch Launches, die man nicht fliegen kann, verliert.

    Musks Tweet dass die keinen Fehler gefunden haben und die Stufe gleich wieder feuern könnten, läßt auf einen schnellen Turnaround hoffen, muss man aber Medienkompetent mit Twitterfilter (sehr Kurz, keine Caveats) und Muskfilter (s.o.) interpretieren.

  19. @laughtninja

    Der Riesenunterschied zwischen Spacex und dem herkömmlichen ist ja gerade die Sache mit dem Testen. Die haben das extrem heruntergeschraubt. Man muss nur mal lesen wie viele Tests es für das Merlin !D bis zur Qualifikation (das der 1.1. Variante) gab. Die SSME hat man wirklich so oft getestet bis sie auch 55 Läufe absolviert haben. Ich glaube am Schluss haben alle Triebwerke über 600.000 s akkumuliert.Trotz 135 Einsätzen machten die Flüge nicht mal ein Drittel davon aus.

    Gerade das Shuttle zeigt auch, das zwischen theoretischer Wiederverwendung und praktischer Umsetzung ein Riesenunterschied ist – sie war dort nicht wirtschaftlich. Das beweist dann auch nicht ein Hot-Fire über 3,5 s Dauer. Wenn SpaceX das herausfinden will, dann wäre meiner Ansicht nach die beste Methode, die Stufe zu nehmen, ein Massenmodell drauf zu setzen und erneut starten – landen und das ein paar mal zu wiederholen, so oft zumindest wie man glaubt das man sie wiederverwenden will. So bekommt man Erfahrung und viel kosten sollte es auch nicht.

    Von der Wirtschaftlichkeitsrechnung macht es keinen Unterschied ob ein Triebwerk 7, 40 oder 55 mal verwendet werden kann. Ohne Zusatzkosten für die Wiederverwendung spart man bei einem ;al 50% des Preises. Bei zwei mal sind es nur 16% mehr nämlich 66% das nähert sich an langsam den 100% an ohne sie zu erreichen, doch der Gewinn wird imemr kleiner. Da aber die erste Stufe nur einen Teil der Kosten ausmacht und die Bergung auch was kostet ist der Nettogewinn bezogen auf den ganzen Start immer kleiner.

    Die Wirtschaftlichkeit ist eine Sache die kann man anders als Nutzlasten ohne Einsicht in die Herstellung nicht kalkulieren. So soll ja Ariane 6 auch billiger als Ariane 5 sein, obwohl die Vorschläge nun langsam in eine Ariane 5 „reloaded“ driften. (Nur um ein anderes Beispiel zu nehmen das nichts mit SpaceX zu tun hat). Damit denke ich auch ist die Frage von chris beantwortet

  20. Zum ersten Teil: ja, man weiss es nicht und ja obs wirklich sovile Cycles gibt steht offen. Die 40 Cycles ist allerdings die von SpaceX genannte Zahl. Man kann mit den Schultern zucken und einfach eine andere annehmen, das Bestimmt halt auch die Qualität der Abschätzung. Die SSMEs waren aber technologisch auch weniger für Wiederverwendung geeignet (LH2 is korrosiv und Closed Cycle hat höhere Drücke) und der Kostentreiber beim Shuttle waren die Hitzekacheln beim Orbiter, IRC.

    Zum zweiten Teil: Dass die Anzahl der Wiederverwendungen einen Untschied macht ist ja auch einer der Punkte wo ich kritisiert hab.

    Auch wenn mans über die Nutzlast rechnet hängts in erster Linie an zwei Zahlen, die Kosten der ersten Stufe und die Kosten für Landen und Refurbishment. Aber wenns um Wirtschaftlichkeit geht finde ich ist das Model der max. Nutzlast falsch, IMO muss man Kosten pro Launch den Erträgen gegenüberstellen. In erster Linie finde ich das Model falsch das zum Durchgerechnen aufgestellt wurde. Chris hat eh genau den Finger auf den Punk gelegt.

    Wirklich zeigen wirds wohl die Zeit, es bleibt Spannend.

  21. Weil ich grad über das Transkript zu der Telco nach dem Launch gestolpert bin, es erklärt einige der Fragezeichen die wir hatten, bezgl. der 100x Aussage, der Raketenmotor Wiederverwendung und wie Musk das Business Model auslegt: http://shitelonsays.com/transcript/postlanding-teleconference-with-elon-musk-2015-12-22

    Scheint, dass auch er so rechnet dass er zB von Orbcom oder der NASA gleich viel für den Launch bekommt, egal ob der Booster 15t oder 10t (mit Landung) leistet; zumindest interpretier ich das so, kann auch ein Fall von Confirmation Bias sein.

    Interessant auch dass die fertig Entwickelt die Wartung bloß auf das Auftanken beschränken wollen, auch wenn es lt. Ihm noch ein paar Jahre dauern wird bis die dort sind. Inzwischen werdens Booster sammeln.

    Man wirds sehen 😉

  22. Also für alle die eine positivere Rechnung sehen wollen:
    http://www.thespacereview.com/article/2893/1
    Der Autor rechnet damit das die erste Stufe 75% des Startpreises ausmacht (ich: Herstellungskosten, die Startdurchführung kostet ja auch was und Gewinn will die Firma auch noch machen) und dass eine wiederverwendbare Falcon 9 dieselbe Nutzlast wie eine nicht wiederverwendbare hat (das hat schon Musk dementiert).

    Lustig bei US-Autoren finde ich immer die Rechnung „Dollar pro Kilogramm“. Woanders rechnet man „Wie viel kostet es wenn ich meine x kg schwere Nutzlast in den Orbit gebracht haben will“, was zweierlei Maß ist (außer x = Maximalnutzlast).

    Er kommt am Schluss darauf, dass wenn SpaceX die Reduktion um den Faktor 100 hinbekommt der Transport ins all billiger ist als von den USA nach Australien per Schiff. So kann man natürlich auch rechnen.

  23. Einige schreiben hier von „full duration burn test“. Es waren bisher wohl aber nur 2 Sekunden, die die zurückgekehrte Unterstufe erneut gezündet wurde, und selbst während dieser kurzen Zeit wurden bei einem der neun Triebwerke Schubschwankungen festgestellt. Also hat SpaceX schon etwas, was sie untersuchen müssen.

    Die Abtrennung der Oberstufe erfolgte in der Tat bei (für die Falcon 9) sehr niedriger Geschwindigkeit von „nur“ 6000 km/h. Die im Stream angezeigte Geschwindigkeit interpretiere ich als Gesamtgeschwindigkeit, da sie nach dem Brennschluss der Unterstufe schnell absinkt und selbst nach Zündung der Oberstufe erstmal langsam weiter sinkt. Wäre es die Horizontalgeschwindigkeit, würde sie beim Freiflug im Vakuum praktisch unverändert bleiben und nach der Zündung der Oberstufe natürlich sofort wieder ansteigen.

    Berechnet man aus den angezeigten Höhenwerten dann noch die (ungefähre) Vertikalgeschwindigkeit, kommt raus, dass die Horizontalgeschwindigkeit sogar niedriger als die Vertikalgeschwindigkeit war! Dafür gibt es m.E. drei Gründe:

    A) Wir sind noch in einer recht frühen Flugphase
    B) Es wird ein Orbit in 630 km Höhe direkt angesteuert (ohne Freiflugphase)
    C) SpaceX wollte die Unterstufe in die Nähe des Startplatzes zurückfliegen

    Letztendlich hatte SpaceX auf DIESER Mission erhebliche Reserven. Bei anderen Missionen erfolgt die Abtrennung der Unterstufe erst bei 10000 km/h, nicht schon bei 6000 km/h. Dann geht der Rückflug zum Land nicht mehr, sondern muss die Landung auf dem Schiff erfolgen.

    Mit der Landung auf dem Schiff haben sie noch Probleme, wie man gestern gesehen hat. Ob die Rakete umgefallen ist, weil das eine Landebein nicht eingerastet war, oder, weil der Aufsetzer doch zu hart war und die Verriegelung oder das Landebein selber gebrochen ist, werden wir bei SpaceX sicher nie erfahren. Für mich sieht es jedenfalls danach aus, dass bei dem Landebein, das wegknickt, der kurze Teil des Beins, also die Verbindung zum Boden der Rakete, gerissen ist. Dieser Teil des Landebeins wird bei einem harten Aufsetzen auf Zug (nicht auf Druck!) beansprucht.

  24. Wenn das mit den 2 s stimmt, dann ist der Test abgebrochen worden. Ein Hot Fire Test (um das dürfte es sich wohl handeln) dauert 3,5 s so lange brauchen die Merlins um vollen Schub zu entwickeln. Wenn ein Triebwerk Probleme hat wird der Test vom Computer abgebrochen, das ist mal bei den Startversuchen der ersten Falcons passiert und man musste danach ein Teil in einem Triebwerk auswechseln.

  25. Noch ein Nachtrag zur Kostenersparnis: Nehmen wir mal an, die Unterstufe kann dreimal fliegen. Dann wird man ihr beim dritten Flug eine Nutzlast geben, die für eine Landung der Rakete eh zu schwer ist. Dieser dritte Flug wird von SpaceX natürlich zum vollen Preis verkauft.

    Beim ersten und zweiten Flug kann die Rakete nur 70% der Nutzlast tragen. Also erzielt SpaceX langfristig gesehen auch nur 70% des Verkaufspreises.

    In Summe macht SpaceX mit einer wiederverwendbaren Unterstufe also 240% des Umsatzes einer nicht wiederverwendbaren Unterstufe. Der Steigerung von 140% gegenüber stehen freilich zwei zusätzliche Oberstufen, zwei zusätzliche Startvorbereitungen, zwei zusätzliche Inspektionen, die zusätzlichen Komponenten der Unterstufe für die Landung (Landebeine, Grid Fins etc.), die Einsätze des Schiffs für die Landung bzw. die Miete für den Landeplatz an Land etc. pp.

    Die variablen Kosten (also Arbeitszeit Material) für die Produktion einer Unterstufe der SpaceX schätze ich auf unter 20 Mio. Euro., Triebwerke inklusive. Dass SpaceX deutlich mehr verlangt, hängt damit zusammen, dass sie Entwicklungskosten wieder reinholen wollen, und auch einen Gewinn erwirtschaften wollen. Zudem gibt es erhebliche sprungfixe Kosten: Wollte SpaceX mehr als die genannten 10 Cores pro Jahr produzieren, dann müssten sie eine neue Produktionshalle und möglicherweise auch mehrere kleinere oder größere Lagerhallen bauen, sowie neue Mitarbeiter einstellen, die sie für ihre Aufgabe ausbilden müssen. Für die genannten Maßnahmen (Bau der Hallen, Suche und Anlernen der Mitarbeiter) reden wir zusammen sicher über Kosten im dreistelligen Millionenbereich!

    Die Wiederverwendung ermöglicht SpaceX aber künftig, die Startrate nach oben zu skalieren, ohne die Produktionsrate deutlich erhöhen zu müssen. Da drin steckt nun die eigentliche Musik.

    Die gesamten Investitionskostenvorteile gibt es auch nur, wenn man wirklich die ganze Stufe landet. Die Fraktion „wir sprengen den Triebwerksträger ab und landen nur diesen“ muss weiterhin viele Tanks bauen und lagern, was entsprechend Platz braucht. Der Triebwerkbau ist hingegen nicht so platzintensiv, dafür besonders personalintensiv. Die Kosten für das zusätzliche Personal zum Triebwerksbau sparen sich natürlich auch die nur-Triebwerks-Wiederverwender.

  26. Dabei gibt es nur ein Problem: Dazu ist eine deutlich höhere Zahl von Starts nötig. Die gibt es aber nicht. Eine Wiederverwendung führt daher zu einer schlechteren Auslastung der Produktion, was die Kosten der Stufe erhöht. Personal muß auch bezahlt werden, wenn nichts produziert wird.

  27. Wie oft eine Stufe fliegen muss, bis es wirklich billiger wird, wird die Praxis zeigen. Da gibt es noch viele „wenn, dann“, die sich in jede Richtung erklären lassen.

    Zu Startzahl und Produktion:
    zunächst mal hat SpaceX reichlich Aufträge auf Halde, aber noch keine Stufe, die tatsächlich ein 2. mal fliegen soll. Es wird auch noch dauern, bis man nennenswert viele Stufen zurück hat. Dazu müssen ja erst noch eine ganze Anzahl normaler Starts incl. Landung erfolgreich abgewickelt werden.

    Darüber hinaus baut SpaceX ja noch eine weitere Rampe in Texas, auf der auch noch bis zu 12 Starts pro Jahr möglich sein sollen.

    Wenn überhaupt, wird sich das Geschäft mit Gebrauchtraketen nur sehr langsam entwickeln. Langsam genug um die Produktion anzupassen.
    Wer sagt überhaupt, dass die jetzige Produktionsrate das Optimum der vorhandenen Anlagen ist?
    SpaceX setzt offensichtlich auf anhaltendes Wachstum. Ob mit oder ohne gebrauchte Stufen.

  28. Könnte mir bitte jemand erklären welchen negativen Einfluss das Flugprofil beim SES-9 Flug auf die Landung haben soll.

    So lange genug Treibstoff für die Landung in der Stufe ist sollte das Flugprofil des Aufstiegs doch keinen Einfluss auf die Landung haben richtig?

    Für mich hört sich das wieder wie eine fadenscheinige Ausrede an und verschleiert ein Problem.

  29. Im Prinzip muss man bei der Seelandung nur zwei Dinge tun:
    Abweichungen der Bahn von der berechneten Sollbahn korrigieren, damit man auf dem Schiff landet und nicht nebenan im Wasser
    In der Endphase der Landung die Landegeschwindigkeit reduzieren. Den größten Teil der Geschwindigkeit wird die Luftreibung vernichten, selbst wenn die Stufe dann noch mit 720 km/h runter kommt sind das aber auch nur 200 m/s.
    SpaceX hat bei den ersten Flügen zusätzlich vor Eintritt in die dichtere Atmosphäre gebremst, wahrscheinlich um die Spitzenbelastung zu reduzieren, ob sie das heute noch so machen ist mir nicht bekannt. Wenn es das Ding bis zum Schiff schafft, dann dort aber hart landet dürften maximal 200 m/s fehlen, das wirkt sich auf die Nutzlast fast nicht aus. weil die Stufe nur einen Bruchteil der Masse ausmacht den die Rakete vor Abtrennung hat.

    Man kann daher davon ausgeben das die heutige Nutzlast das Maximum für diesen Orbit ist, was konsistent mit meinen Berechnungen ist.

  30. Ja so ähnlich habe ich das auch verstanden wollte nur noch einmal nachfragen.

    Also hat das Abbremsen aufgrund des steileren Eintrittswinkels zu viel Treibstoff gekostet.

    Also kann man zusammenfassen, dass eine Landung nach einem Start mit einem 5t Satelliten nicht möglich ist und außerdem schwerere Satelliten überhaupt nicht drin sind.

    Wenn ich richtig gelesen habe dann ist selbst mit der F9H kein Doppelstart von Satelliten möglich aufgrund des Nutzlastadapters und der Nutzlasthülle.

    Wird die Spitzenbeschleunigung nicht zu hoch wenn man nur einen 5-6t Satelliten auf die F9H packt?

  31. Es ist anzunehmen, das wir hier bei der maximalen Nutzlast sind. Nach ersten NORAD Daten landete SES-9 in eine 334 x 40648 x 28 Grad Orbit.
    https://twitter.com/planet4589/status/705947424032956416

    Auffällig ist vor allem die Inklination noch so hoch ist. Die Falcon 9 machte einen klassischen Übergang mit einer zweiten Zündung am Äquator, die sollte eigentlich die Inklination absenken. Ich errechne, wenn SES-9 5330 kg wiegt (höchste Gewichtsangabe, auch 5271 kg werden genannt) dann für den Standard GTO von 186 x 35887 km eine Nutzlast 5402 kg.

    Die Nutzlast ist aber nicht vergleichbar mit dem anderer LSP, da der Orbit nicht energetisch kompatibel ist. Dafür braucht der Satellit weiteren treibstoff, sodass dies 4770 kg in einen Ariane 5 / Proton kompatiblen Orbit entspricht. (oder rund 6-7 Jahren Lebensdauer).

  32. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird SES-9 sowohl herkömmliche als auch Ionen-Triebwerke zum Erreichen des GEO verwenden. Erst wird mit einem herkömmlichen Apogäumsmotor das Perigäum so weit angehoben, dass die Umlaufzeit genau 24 Stunden beträgt, sowie die Inklination so weit wie möglich abgebaut. Anschließend dient der Ionenantrieb dazu, die Bahn zu zirkularisieren und die verbleibende Inklination abzubauen. Das im Vergleich zu einem Ariane-Start zusätzlich benötigte Δv wird also vom Ionenantrieb erbracht, nicht von zusätzlicher chemischer Treibstoffmasse. Ein interessantes Konzept 🙂

    Die Landung ist bei dieser Mission schwieriger als bei den beiden letzten Missionen, weil:

    A) Wenig Resttreibstoff. Man muss also alles genau durchrechnen. Hat man sich bei der Brenndauer der Triebwerke um ein oder zwei Sekunden verrechnet, scheitert die Landung schon deswegen!
    B) Wesentlich höhere Horizontalgeschwindigkeit der Rakete bei der Abtrennung der Oberstufe. Folglich fliegt sie viel weiter, und ganz normale natürliche Schwankungen in der Flugbahn (verursacht durch Wind, Schwankungen im Promille-Bereich bei der und der exakten Treibstoffmasse etc. pp.) wirken sich entsprechend stärker aus.
    C) Wenig Resttreibstoff bedeutet, dass beim Widereintritt vor allem aerodynamisch gebremst werden muss. Auch dabei gibt es natürlich mehr Schwankungen als beim kontrollierten Bremsen über die gezündeten Triebwerke.

    Aber ich gebe Bernd recht: Wenn sie es bis zum Schiff geschafft haben, fehlt zumindest nicht viel Δv in den Tanks, um komplett weich zu landen.

  33. Häh???
    Spinnen die jetzt total?
    Die Physik sagt, das ich das Perigäum nur mit kurzen, kräftigen Impulsen im Apogäum anheben kann. Sonst hebe ich das Apogäum ebenfalls an. Inklinationsabbau ist ähnlich.

    Es mag eine ausgefallen Strategie geben , um das in vertretbaren Zeitaufwand auch mit einem Ionenantrieb zu bewerkstelligen aber mir erschliesst sich der nicht. Zumindest nicht wenn es weniger oder zumindest nicht mehr Aufwand als ein chemischer Antrieb sein soll.

    Bitte um Aufklärung.

    Die anderen Punkte bedeuten nur eins:
    Entweder können die Ingenieure nicht genau rechnen (egal ob in der Gesamtbetrachtung oder in der Einschätzung der benötigten Reserven oder
    Das Steuerungsprogramm ist noch lange nicht ausgereift oder

    Sie wussten genau, daß die Landung in einer derart engen Konfiguration sowieso mit aller grösster Wahrscheinlichkeit in die Hose gehen wird aber…the Show must go on.

    Mutiger wäre vorher zu sagen, daß bei einer Nutzlast so dicht am max. Limit eine Landeversuch nicht wirklich sinnvoll ist.

    Der andere Bernd

  34. Es macht Sinn wenn man es nicht energetisch sondern von der Zeitdauer betrachtet. Das erste was man machen wird, weil es von der Ausgangsgeschwindigkeit abhängt ist im Apogäum die Inklination abbauen. Da spart man etwas weil man in 40 anstatt 36.000 km Höhe ist. Danach kommt das Anheben der Perigäums.

    Die Überlegung ist: in 40.000 km Höhe bin ich länger in einem Bereich wo ich das Perigäum anheben kann ohne das Apogäum zu stark anzuheben so kann ich die Triebwerke länger betreiben und verliere weniger Zeit. Danach muss ich die Bahnhöhe reduzieren, doch in der Summe gibt es einen Gewinn.

    Dei Falcon Heavy hat übrigens ihren zweiten Kunden verloren:
    http://spacenews.com/inmarsat-worried-about-spacex-falcon-heavy-delays-books-reservation-for-ils-proton-launch/

    Jetzt sind nur noch Intelsat und die USAF mit einem Demoflug übrig.

  35. Also Bernie, das hätte man aber mitkriegen können: SpaceX hat schon vor dem Start nicht mit einer erfolgreichen Landung gerechnet und das auch offen kommuniziert. Man wolte aber möglichst viele Erkenntnisse mitnehmen, wie bisher auch. SpaceX Steuerprogramm ist schon sehr weit ausgereift, wenn sie die Plattform auch unter schwierigsten Bedinungen treffen konnten. Aus de selben Grund konnten die dortigen Ingenieure sicherlich richtig rechnen und man hat auch keine Schwierigkeiten beschönigt. Die mutige Aussage, die du gefordert hast, wurde genauso gemacht, aber man wollte einfach sehen, was passiert.

  36. Das eine Landung vermutlich nicht klappen wird, war ja vorab schon in jeder SpaceX-Meldung gesagt worden.
    Diesmal musste man halt dem Kunden soweit entgegen kommen, dass alle Kapazität der Rakete ihm gehört. Insofern war es vermutlich noch ein Entgegenkommen des Kunden, dass der überhaupt ein paar Liter Sprit für ein Bremsmanöver übrig gelassen hat.

    Aber vielleicht hätte die Stufe sowieso nicht sinnvoll weiter beschleunigen können? (Ich kann sowas nicht rechnen)

    So überrascht es nicht, dass der Stufe kurz vor dem Boden der Saft aus ging. Vielleicht musste sie unterwegs mehr Wind oder horizontale Strecke kompensieren, als erhofft?

    Was aber ein positives Ergebnis ist, ist die Erkenntnis, dass es überhaupt möglich ist, eine mit maximum Speed und Höhe fliegende Stufe heil wieder zum Schiff zu bekommen, ohne das sie beim bremsen und Wiedereintritt in dichtere Luftschichten auseinander bricht. (Was ja durchaus üblich ist)
    Man kann also auch weiteren Kunden diese Strategie anbieten und muss nur 2 Sekunden eher abschalten um ein paar Liter mehr als Landereserve im Tank zu behalten.

  37. @bernie:
    Ich weiß nicht, warum die spinnen sollten. Der Satellit enthält „normal“ viel Treibstoff, mit dem er im Fall eines Ariane-Starts mit dem üblichen Apogäums-Δv direkt den GEO erreichen könnte. Der Falcon-9-Start liefert den Satelliten in einem Orbit ab, das ein höheres Δv braucht. Folglich kann der chemische Antrieb keinen kreisrunden GEO erreichen, sondern nur eine Ellipse, mit einem Apogäum nahe dem derzeitigen Apogäum von gut 40.000 km, und einem dazu passenden Perigäum, so dass die Umlaufzeit genau 24 Stunden beträgt. Neben dem falschen Perigäum/Apogäum ist dann auch noch die Inklination viel zu hoch.

    Vom Boden aus sieht so eine Bahn so aus, dass der Satellit binnen 24 Stunden eine Art Kreis oder „Ei“ rund um den Punkt beschreibt, an dem er final stehen soll.

    Anschließend dient der Ionenantrieb dazu, die Bahn wirklich kreisrund über dem Äquator zu machen. Wenn die Umlaufzeit bereits 24 Stunden beträgt, kann der Ionenantrieb dann die ganze Zeit arbeiten, also ziemlich effektiv: Im Apogäum arbeitet der Ionenantrieb so, dass er das Perigäum anhebt, im Perigäum so, dass er das Apogäum senkt. Beim Durchqueren der GEO-Kugel kann der Ionenantrieb sogar gleichzeitig Apogäum absenken und Perigäum anheben. Dazu muss er dann (fast) senkrecht zur aktuellen Flugrichtung schieben. An Punkten dazwischen wird der Schub dann entsprechend aufgeteilt.

    Dieselben Überlegungen gelten analog auch für den Abbau der verbleibenden Inklination.

    Noch hat SES-9 die eigenen chemischen Triebwerke aber nicht gezündet, das Perigäum ist also weiterhin bei gut 300 km:
    http://www.n2yo.com/satellite/?s=41380
    Das dürfte sich aber bald ändern. Wenn man nach dem Perigäum-Boost dann die weiteren Orbit-Änderungem mit dem Ionenantrieb im Lauf der Zeit verfolgt, wird man sehen, wie der Satellit immer weniger „hin- und hereiert“.

  38. Das SpaceX das so angekündigt hat, wusste ich nicht.
    Kann ich mich nur entschuldigen.
    Geht (ging) mir wie 99% der restlichen, meist nicht raumfahrtinteressierten Nachrichtenkonsumenten.

    Die haben jetzt PR-mäßig folgendes im Ohr:

    Letztens: Völliger Fehlschlag, Rakete explodiert.
    Die Tage: Hurra, die Landung hat geklappt!
    Gestern: Uhhg, die Rakete ist geflogen, aber am Ende ist die dann doch abgestürzt. War das die Stufe vom letzten Mal? Ist das immer so?

    Meine Meinung bleibt dabei: Die sonst sehr gute PR-Abteilung hat hier nicht gut ausgesehen. Meine Strategie wäre es gewesen, nicht die Barge an den Zielort zu schleppen sondern nur mit Leuchtfarbe die Stelle im zu markieren, ggfls. die nötigen Peilsender da auf ein kleines Floss mitten reinzusetzten und ein Beobachterschiff in passender Entfernung zu positionieren: Der Erkenntnisseffekt wäre so ziemlich derselbe gewesen und wenn die Landung gut ausgesehen hätte, hätte man noch Krokodilstränen weinen und „…hach, unsere Landungstechnik ist so viel besser als wir dachten. Hätten wir doch bloß die Barge mitgenommen“ rufen können.

    Zum Ionentriebwerk: Auch mir sagen die Grundbegriffe der Orbitalmechanik etwas. Gerade auch weil ich schon so lange mitlese: http://www.bernd-leitenberger.de/orbits.shtml

    Das Com-Satelitten prädestiniert für Ionenantriebe dank schon vorhandener Sonnensegel sind, haben wir hier im Blog auch gelernt.
    Trotdem erschliesst sich mir der Sinn nicht.
    Es muss ein so hoher Impuls aufgebracht werden, daß ich mit vorhanden elektrischen Kapazitäten immer noch sehr lange brauche. Ist der Netto-Nutzlast gewinn soviel grösser als ein Apogäumsmotor? Monatelange Verzögerung bis zur Inbetriebnahme und damit zum Ertragsgewinn?
    Ich würde mich z.B für einen Ionen-Antrieb als Manövertriebwerk und eine Feststufe als Apogäumsmotor interessieren. Für das Feintuning der Bahn habe ich ja dann die Ionentriebwerke.

    @ Kai Petzke:
    Könntest du das nochmal erklären? Ich war davon ausgegangen, daß Peri- und Apogäum mit den Bahnknoten zusammenfallen, da es üblich ist, Apogäums- und Inklinationsveränderung in einem gemeinsamen Manöver zu erledigen. Dein Vorschlag lässt auf ein komplett anderes Bahnregime schliessen. Ich hab die Daten leider nicht gegoogelt.

    Grüsse, der andere Bernd

  39. Bernie muss sich nicht entschuldigen, obwohl SpaceX einen „Social Media Manager“ hat kann man nicht von einer echten Kommunikationspolitik sprechen. Es gibt also nicht regelmäßig Pressemitteilungen wie z.B. von arianespace wo man in der Mission ist bzw. hinterher eine oder eine über gepante Starts pro Jahr. Geschweige denn das man die erreichten Bahndaten bekommt. Die muss man über NORAD TLE bekommen, leider ist die einzige öffentliche Quelle die ich kenne (celestrak) auf die letzten 30 Tage beschränkt.

    Die wichtigsten Informationen gibt es mündlich von Musk oder Shotwell bei Veranstaltungen oder von Musk auch per Twitter. Das war schon immer so und hat sich auch nicht geändert. Wenn man da was nicht mitbekommt ist es völlig normal.

    SES hat inzwischen sein Perigäum auf 5000 km angehoben. Das geht in dem Maße nur mit chemischen Antrieb sodass ich denke er wird mit chemischen Antrieb auch die inklination abbauen da das Hand in Hand geht. Dann wird er wahrscheinlich in einem sub-gto x super-gto landen den er mit Ionentriebwerk zirkularisiert.

    Wie ich schon schrieb und Kai auch geht es den satellitenbetreibern nicht um das geringste dV, es geht darum den Satelliten möglichst schnell einsatzbereit zu bekommen, denn er ist schon 8 Monate zu spät gestartet worden. Bei den spezifischen Impulsen von Ionentriebwerken spielt das keine große Rolle beim Treibstoffverbrauch.

  40. @ Bernd

    geht in dem Maße nur mit chemischen Antrieb sodass ich denke er wird mit chemischen Antrieb auch die inklination abbauen da das Hand in Hand geht. Dann wird er wahrscheinlich in einem sub-gto x super-gto landen den er mit Ionentriebwerk zirkularisiert.

    Ich war immer überzeugt, dass die Satelliten mit genug delta-v für GSO ausgestattet sind in dem Fall etwa 1.600 m/s <?

    Also sind Satelliten mit "deutlich" mehr delta v ausgestattet, oder wird die Inklination im Fall von SES lediglich mit dem Ionenantrieb abgebaut?

    Ich konnte leider keine Startlisten mit Nutzlastgewicht finden wie viele Satelliten sind im Bereich 5,5t-6t angesiedelt also entgehen SpaceX mit der F9 ?

    Gruß

  41. Wie genau SES-9 arbeitet weiss man nicht, deshalb sind Spekulationen nicht sehr sinnvoll.

    In jedem falle beträgt das dV bei einem normalen GTO schon 1818 m/s, verglichen mit 1500 m/s den Arianespace als Standard nimmt, nicht 1600 m/s. Wäre SES-9 ein normaler Satellit mit Hohmann-Übergängen so würde er im jetzigen Orbit 1692 m/s für die Anhebung der Perigäums und Absenkung der Inklination und 82 m/s zum Absenken des apogäums brauchen, zusammen also 1774 m/s. Etwas weniger als beim normalen GTO, aber deswegen gibt es ja SSGTO. Den Preis zahlt die Rakete die ihn um 70 m/s mehr beschleunigen muss.

    für die Startlisten würde ich die Liste der Ariane 5 und Proton Starts auswerten. Die FAA gibt auch jährliche Übersichten mit Statistiken aus, die beziehen sich aber nur auf ein Jahr was die Probenmenge klein macht.

  42. @bernie:
    Zu Deiner weiteren Rückfragen: Ja, Inklinitaions-Abbau und Anhebung des Perigäums erfolgen i.d.R. in einer Zündung. Bei SES-9 war aber nicht genug chemischer Treibstoff an Bord, um nach dem Falcon-9-Start den kreisrunden GEO über dem Äquator zu erreichen. Ich war daher davon ausgegangen, dass der Betreiber SES mit der chemischen Zündung vor allem das Perigäum so weit anheben wird, dass die Umlaufzeit anschließend 24 Stunden beträgt, und halt so viel der Inklination abbauen wird wie möglich. Tatsache ist, das anscheinend genug chemischer Treibstoff an Bord war, um den 24-Stunden-Orbit zu erreichen und zugleich die Inklination auf (fast) 0 zu bringen. Eine Satelliten-Tracking-Website gibt mir folgende Daten aus:

    NORAD ID: 41380
    Int’l Code: 2016-013A
    Perigee: 30,491.2 km
    Apogee: 41,099.9 km
    Inclination: 0.2 °
    Period: 1,436.2 minutes

    Die Umlaufzeit klingt zwar zu klein (ein Tag hat ja 1440 Minuten), ist aber richtig, denn ein Sterntag (also die Drehung der Erde um sich selber, relativ betrachtet zum Fixsternhimmel) dauert nunmal 1436,1 Minuten. Die Erde dreht sich ja im Laufe eines Jahres 366,242169… mal um sich selber. Wir zählen jedoch nur 365,242169… Tage im Jahr, weil die Erde sich in dieser Zeit auch genau einmal um die Sonne gedreht hat.

    Bis auf dass die Inklination schon fast 0 ist, entspricht die Bahn also meinen Erwartungen: Apogäum weiterhin das vom Start, also etwas über 40.000 km und das Perigäum so, dass die Umlaufzeit genau 24 Stunden beträgt. Jetzt muss der Ionenantrieb ran und die Bahn zirkularisieren.

    Warum macht SES das? Nun, wie schon geschrieben, ist SES-9 eigentlich zu schwer für die Falcon 9. Man kann jetzt auch nicht einfach den fehlenden Treibstoff in SES-9 laden, denn dann wird der Satellit ja noch schwerer und die Falcon 9 liefert ihn in einer noch schlechteren Bahn ab. Evtl. müsste man den Satelliten sogar umbauen, damit so viel Treibstoff überhaupt in den Tank passt usw. usf. Also muss was effizienteres her als der chemische Antrieb und das ist der Ionenantrieb. Indem SES diesen einsetzt, um die restliche Zirkularisation durchzuführen, gelingt es doch, den schweren Satelliten auf der billigen Falcon 9 zu starten. Zwar dauert das mit dem Ionenantrieb jetzt sicher noch einige Wochen, doch dürften die Verluste durch die spätere Inbetriebnahme geringer sein als die gesparten Kosten durch den Start mit SpaceX statt Arianespace.

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