Die Bastelrakete

Inzwischen ist die zweite Auflage der „Fotosafari durch den Raketenwald“ durch und wartet auf den Korrekturleser. 232 Seiten sind es geworden – 56 mehr als in der ersten Auflage. Mit 17 neuen Trägern und Startübersichten. Man stolpert dann auch über Träger, die man sonst nicht so im Blickfeld hat. Auf mein heutiges Thema kam ich durch die iranischen und nordkoreanischen Trägern. Nach allgemeiner Auffassung basieren diese auf der russischen Kurzstreckenrakete Scud. Diese wiederum ist nichts anderes als eine leicht verbesserte Wasserfall-Rakete, die wiederum eine verkleinerte A-4 ist. Auf gut deutsch – sie setzen die Technologie ein, die Wernher von Braun schon vor 70 Jahren entwickelte und wenn er damals die Mittel für eine Rakete bekommen hätte, die den Weltraum erreicht hätte. Die Nutzlast wäre wohl ähnlich gewesen. Vergleichen mit heute ist die Nutzlast klein. Die iranische Safir wiegt in etwa so viel wie eine Falcon 1, aber mit einem Zehntel der Nutzlast. Auf den Blogtitel kam ich durch Wolfgang Schmucker. Er ist NATO-Raketenexperte und hat sich die Reste einer nordkoreanischen Unha angesehen, die von Südkorea aus dem Meer gefischt wurde, und benutzte dabei Worte wie „Bastelei“ oder „Baumarktrakete“, weil die Verkabelung quer lief und nicht sauber gebündelt und vibrationsfest fixiert wurde.

Mit meiner Simulation habe ich mir mal vorgenommen, das zu rechnen. Was würde passieren, wenn man nicht nur Cubesats selbst bauen würde (es gibt sogar einen Shop dafür – das Teuerste ist übrigens ein Antriebssystem, das kostet so viel wie eine Eigentumswohnung). Nehmen wir an, eine Gruppe engagierter Amateure würde selbst eine Orbitalrakete bauen. Was könnte sie erreichen. So fern ist das nicht. Es gibt ja Kopenhagen-Suborbitals die versuchen zumindest suborbitale Flüge mit einer selbst entwickelten Rakete. Beschränkt man sich auf Feststoffe, so halte ich das sogar umsetzbar. Das Gehäuse kann aus Edelstahl bestehen. Daraus bestanden auch lange die Booster und die von Ariane 5 tun es immer noch. Im Prinzip ein Rohr in der benötigten Wandstärke reicht. Zur Düse hin dann ein konisches Stück und die Düse dann wieder ausweitend, wobei man zur Materialersparnis nach unten hin die Wandstärke reduzieren kann. Die Befüllung mit HTPB / Aluminium / Ammoniumnitrat kann ein kleineres Chemieunternehmen leisten. Gezündet kann elektrisch werden.

Problematischer ist die Stufentrennung. Sprengschnüre um einen Verbindungsring zu durchtrennen sind wohl Technologien, an die man als Privatperson nicht rankommt. Doch es ginge auch einfacher. Wenn die untere Stufe in einem Kreisring ausläuft und die obere genau in diesen eingestreckt werden kann so sollte das bei Schub von unten halten. Und wenn die obere Stufe zündet, dann zieht sie sich selbst aus dem Ring heraus.

Für eine Privatperson komplex ist die Steuerung. Sie ist eigentlich nicht kompliziert, jedoch im einfachsten Fall schon eine Menge Feinmechanik. Das Grundprinzip setzte schon die A-4 ein. Eine Kreiselplattform wurde vor dem Start in Rotation gesetzt. Die A-4 startete vertikal. Nach einer bestimmten Zeit, diese konnte vor dem Start zur Reichweitenanpassung eingestellt werden wurde die Plattform um einen festen Betrag pro Zeiteinheit geneigt. Ein schnell rotierender Kreisel will seine Rotationsachse aufrechterhalten und da sie nun nicht mehr in die Bewegungsrichtung zeiget gibt er eine Kraft ab. Diese wurde verstärkt und genutzt um die A-4 zu drehen. Solange bis ihre Ausrichtung wieder der Kreiselplattform entsprach. Die A-4 drehte sich. Bei einer Trägerrakete verfährt man genauso. Die Oberstufen der ersten Träger waren dann ungeregelt. Sie wurden vor dem Start durch Rotation stabilisiert indem ein kleiner Antrieb sie aufspinnte und bei einem bestimmten Bahnpunkt gezündet. Im Prinzip nichts komplexes, aber vielleicht eben nichts für jemanden mit einer Werkbank um eine Raketenhülse zu drehen. Ich habe mir für die Bastelrakete ein anderes Verfahren ausgedacht, das wie folgt funktioniert:

Die Rakete startet schräg, das tun heute auch noch japanische Raketen. Der Startwinkel muss so bemessen sein, dass der Scheitelpunkt der Bahn nahe der späteren Minimalhöhe eines Satelliten liegt. Nach Ausbrennen der ersten Stufe kommt eine Freiflugphase, in der zwei kleine Feststoffantriebe die Rakete drehen. Der erste Stufe dreht sich in der Freiflugphase um einen bestimmten Betrag pro Zeiteinheit. Im Vakuum geht die Drehung endlos weiter, sodass sobald 0 Grad oder ein kleiner Winkel erreicht sind, ein zweiter Antrieb mit demselben Impuls die Drehung stoppt. Die Zeit dafür gibt es bei einer Freiflugphase. Dann zünden kurz hintereinander die Oberstufen. Sie bringen die Horizontalbeschleunigung auf.

Für die Rakete habe ich die Daten eines Castor IV Boosters genommen. Das war ein Low-Expensive-low Technology Booster, der im Prinzip nur aus einer Stahlhülse mit Treibstoff bestand. Keine schwenkbare Düse, keine CFK-Gehäuse. Er wog rund 4,5 t und kostet, wenn man den Preis auf heutige Verhältnisse hochrechnet, rund 600.000 Dollar. Nimmt man das Voll/Leermasseverhältnis von 7:1 und den niedrigen spezifischen Impuls so erhält man diese Rakete:

Rakete: Einfachrakete

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]
Inklination
[Grad]
17.910 50 7.891 1.359 0,28 140,00 200,00 400,00 90,00
Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]
300 28 90 20 160 86 80 10 0
Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez.Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]
1 1 14.000 2.000 2.500 300,0 350,0 85,71 0,00
2 1 3.000 410 2.600 80,0 80,0 84,17 198,00
3 1 700 180 2.600 25,0 25,0 54,08 293,17
4 1 140 20 2.600 5,0 5,0 62,40 353,25

 

Simulationsvorgaben

Azimuth Geografische Breite Höhe Startgeschwindigkeit Startwinkel Winkel konstant
90,0 Grad 28,3 Grad 10 m 0 m/s 86 Grad 87,0 s
Abbruch wenn ZielApo überschritten, Orbitsim wenn Kreisbahngeschwindigkeit erreicht
Perigäum Apogäum Sattelhöhe
Vorgabe 200 km 400 km 140 km
Real 177 km 402 km 140 km
Inklination: Maximalhöhe Letzte Höhe Nutzlast Maximalnutzlast Dauer
27,5 Grad 191 km 178 km 50 kg 58 kg 411,5 s
Umlenkpunkte Nr. 1
Zeitpunkt 207,0 s
Winkel 1,2 Grad

Wichtige Aufstiegspunkte

Bezeichnung Start Brennschluss 1 Rollprogramm Verkleidung Zündung 2 Winkelvorgabe Brennschluss 2 Zündung 3 Brennschluss 3 Zündung 4 Orbitsim Sim End Brennschluss 4
Zeitpunkt 0,0 s 85,7 s 87,0 s 160,0 s 198,0 s 207,0 s 282,2 s 293,2 s 347,3 s 353,3 s 410,5 s 411,5 s 415,6 s
Höhe: 0,00 km 50,01 km 51,96 km 137,78 km 162,96 km 167,74 km 190,76 km 191,27 km 186,10 km 185,26 km 178,25 km 178,26 km 0,00 km
Dist: 0,0 km 0,1 km 0,2 km 2,4 km 4,5 km 5,1 km 14,6 km 17,5 km 46,5 km 52,3 km 147,3 km 149,9 km 0,0 km
v(v): 0 m/s 1823 m/s 1814 m/s 1197 m/s 880 m/s 996 m/s 475 m/s 384 m/s 22 m/s -27 m/s -419 m/s -431 m/s 0 m/s
v(h): 410 m/s 542 m/s 542 m/s 535 m/s 530 m/s 550 m/s 3190 m/s 3189 m/s 5442 m/s 5443 m/s 7638 m/s 7699 m/s 0 m/s
v: 0 m/s 1910 m/s 1902 m/s 1404 m/s 1225 m/s 1338 m/s 3381 m/s 3383 m/s 5590 m/s 5597 m/s 7801 m/s 7865 m/s 0 m/s
Peri: -6378 km -6310 km -6309 km -6310 km -6310 km -6299 km -5696 km -5694 km -4108 km -4102 km 166 km 177 km 0 km
Apo: -6378 km 176 km 177 km 176 km 176 km 186 km 191 km 191 km 188 km 188 km 196 km 402 km 0 km
Zeit: 0,0 s 85,7 s 87,0 s 160,0 s 198,0 s 207,0 s 282,2 s 293,2 s 347,3 s 353,3 s 410,5 s 411,5 s 415,6 s

Parameter der Stufen

nr.: Geschwindigkeit Maximalhöhe Maximaldistanz Flugzeit Perigäum Apohgäum Inklination
1: 1.912,7 m/s 176,1 km 29,8 km 415,6 s -6.309,4 km 176,8 km 65,9 Grad
2: 3.384,8 m/s 191,3 km 83,4 km 415,6 s -5.694,2 km 191,3 km 32,8 Grad
3: 5.595,2 m/s 191,3 km 138,9 km 415,6 s -4.102,0 km 187,9 km 28,9 Grad

Diagramme

Wie man sieht, schafft sie rund in den Orbit, in etwa die Leistung der Safir. Das spezifische Programm erkennt man an der Abbildung, die beim Höhen-/Distanzprogramm diese schnelle Umlenkung zeigt. Die dritte Stufe ist für Steuerung, Batterien. Telemetrie etwas schwerer. Sonst könnte man noch etwas Nutzlast rausholen. Vier Stufen sind es weil die Leermassen hoch und spezifische Impulse recht ungünstig sind.

Nur als Vergleich: Mit einem optimierten Aufstiegsprogramm erreicht dieselbe Rakete eine Nutzlast von 90 kg, also 80 % mehr. Der Unterschied ist vor allem deutlich im Höhendiagramm erkennbar.

Die Nutzlast wird in einen elliptischen Orbit entlassen, wie ihn auch die ersten Satelliten auf Junos, Black Arrow und Diamant hatten. Es ist bei der Strategie sehr schwierig, Bahnen mit einem hohen Perigäum zu erhalten. Man müsste dazu die oberen Stufen erleichtern, was die Nutzlast reduziert. Der Satellit ist aber dann auf einer stabilen Umlaufbahn und kann selbst die Bahn anheben. 50 bis 90 kg reichen immerhin für Mikrosatelliten.

Rakete: Einfachrakete

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]
Inklination
[Grad]
17.910 50 7.891 2.582 0,28 140,00 200,00 400,00 90,00
Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]
300 28 90 20 160 86 80 10 0
Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez.Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]
1 1 14.000 2.000 2.500 300,0 350,0 85,71 0,00
2 1 3.000 410 2.600 80,0 80,0 84,17 198,00
3 1 700 180 2.600 25,0 25,0 54,08 293,17
4 1 140 20 2.600 5,0 5,0 62,40 353,25

 

Simulationsvorgaben

Azimuth Geografische Breite Höhe Startgeschwindigkeit Startwinkel Winkel konstant
90,0 Grad 28,3 Grad 10 m 0 m/s 90 Grad 10,0 s
Abbruch wenn ZielApo überschritten, Orbitsim wenn Kreisbahngeschwindigkeit erreicht
Perigäum Apogäum Sattelhöhe
Vorgabe 200 km 400 km 140 km
Real 194 km 403 km 140 km
Inklination: Maximalhöhe Letzte Höhe Nutzlast Maximalnutzlast Dauer
27,5 Grad 195 km 195 km 90 kg 97 kg 331,6 s
Umlenkpunkte Nr. 1 Nr. 2
Zeitpunkt 161,8 s 240,0 s
Winkel 2,2 Grad -10,6 Grad

Wichtige Aufstiegspunkte

Bezeichnung Start Rollprogramm Brennschluss 1 Zündung 2 Verkleidung Winkelvorgabe Brennschluss 2 Zündung 3 Winkelvorgabe Brennschluss 3 Zündung 4 Orbitsim Sim End Brennschluss 4
Zeitpunkt 0,0 s 10,0 s 85,7 s 128,7 s 160,0 s 161,8 s 212,9 s 215,9 s 240,0 s 270,0 s 273,0 s 330,2 s 331,6 s 335,4 s
Höhe: 0,00 km 1,31 km 46,19 km 92,75 km 122,43 km 124,29 km 166,95 km 168,83 km 181,48 km 190,50 km 191,03 km 195,07 km 195,09 km 0,00 km
Dist: 0,0 km 0,0 km 0,2 km 1,6 km 3,9 km 4,1 km 16,0 km 17,3 km 31,1 km 60,2 km 64,2 km 181,8 km 186,0 km 0,0 km
v(v): 0 m/s 89 m/s 1534 m/s 1166 m/s 1346 m/s 1354 m/s 876 m/s 850 m/s 557 m/s 79 m/s 54 m/s -700 m/s -717 m/s 0 m/s
v(h): 410 m/s 407 m/s 1382 m/s 1373 m/s 1938 m/s 1982 m/s 3979 m/s 3984 m/s 4709 m/s 6052 m/s 6056 m/s 7664 m/s 7720 m/s 0 m/s
v: 0 m/s 451 m/s 2072 m/s 1839 m/s 2413 m/s 2455 m/s 4140 m/s 4141 m/s 4817 m/s 6130 m/s 6135 m/s 7791 m/s 7850 m/s 0 m/s
Peri: -6378 km -6369 km -6238 km -6239 km -6113 km -6102 km -5337 km -5334 km -4847 km -3440 km -3431 km 186 km 194 km 0 km
Apo: -6378 km 3 km 136 km 136 km 182 km 184 km 197 km 197 km 197 km 195 km 195 km 208 km 403 km 0 km
Zeit: 0,0 s 10,0 s 85,7 s 128,7 s 160,0 s 161,8 s 212,9 s 215,9 s 240,0 s 270,0 s 273,0 s 330,2 s 331,6 s 335,4 s

Parameter der Stufen

nr.: Geschwindigkeit Maximalhöhe Maximaldistanz Flugzeit Perigäum Apohgäum Inklination
1: 2.075,5 m/s 135,9 km 26,9 km 335,3 s -6.237,6 km 136,7 km 42,2 Grad
2: 4.145,3 m/s 197,3 km 114,0 km 335,3 s -5.334,0 km 197,3 km 31,1 Grad
3: 6.136,1 m/s 195,3 km 176,9 km 335,3 s -3.431,1 km 195,3 km 28,4 Grad

Diagramme

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